essen ist mir auf jeden fall lieber als autos, elektronische gadgets oder sneaker. außerdem nehme ich es eher so wahr, dass der mehrheit, essen bzw. dessen qualität völlig wumpe ist. diejenigen, die essen und dessen zubereitung religionsähnlich zelebrieren sind zwar medial ungeheuer auffällig und - ja - sie nerven, sind aber - denke ich - immer noch eine verschwindende minderheit.
Essen ist halt ein Teil des Distinktionsspiels, das heutzutage ziemlich eklig omnipräsent auch in Lebensbereichen gespielt wird, wo es vielleicht früher weniger spürbar war. Ich empfinde das auch immer mal wieder als sehr unangenehm, wenn z. B. auf einmal meine Lieblingssüßigkeit Lakritze in fancy Boutiquen verkauft wird und ebenfalls Distinktionsmerkmal wird.
Wer das Spiel spielt, erhöht Essen auf einen übertrieben Status, genau wie auch Kleidung, Computer, Handys, Urlaube, Kulturgüter, letztlich aller Konsum auf einen übertrieben Status gehoben wird. Genau darum geht’s ja bei alledem: Status.
Unterm Strich ändert das aber nichts daran, dass extrem gutes Essen einfach extrem gut ist.
Wahrscheinlich essen die meisten Leute lieber als gut schlecht, ähnlich wie die meisten lieber in einer schönen als in einer hässlichen Wohnung wohnen oder lieber gute als schlechte Musik hören/Bücher lesen/Filme sehen. Der Unterschied ist neben dem Geschmack, wie wichtig man es nimmt und ob man auch Leute respektieren kann, die es weniger wichtig nehmen. Für mich z.B. ist Essen halt in erster Linie etwas, das mich am verhungern hindert. Wenn es gut schmeckt, ist es ein Plus, wenn das Ambiente unangenehm ist, ist es ein Minus. Weshalb ich Probleme mit dem Feinschmeckertum habe. Erschwerend kommt hinzu, dass man dort immer Arroganz und Elitismus mitgeliefert bekommt. Deshalb wird mir der Chipshop im County Limerick immer lieber sein als das Sternelokal im Elsass.
einspruch: "IMMER arroganz und elitismus" trifft halt ganz und gar nicht zu. sowas törnt mich auch ab, aber zum glück finden sich immer wieder etablissements, wo ich mich einfach willkommen fühle, auch wenn ich mit meinem ollen zuhause-hoodie da reinspaziere. am sonntag bin ich mit mehreren generationen meiner familie nach einem gemeinsamen kreativtag noch halb farbverschmiert ins landleben potsdam am sacrower see eingefallen, und habe mich dort keine sekunde fehl am platz gefühlt. und das hirschgulasch war mal wieder sensationell.
Zitat von Anorak Twin im Beitrag #5319Für mich z.B. ist Essen halt in erster Linie etwas, das mich am verhungern hindert. Wenn es gut schmeckt, ist es ein Plus, wenn das Ambiente unangenehm ist, ist es ein Minus.
Genau das. Hab mich ja an anderer Stelle schon ausführlich darüber ausgelassen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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WIE gut so ein richtig, richtig gutes Essen eigentlich ist, merke ich immer, wenn ich es vor mir habe. Man gewöhnt sich schnell an die Mittelmäßigkeit und die reine Notwendigkeit. Wir zerschießen uns aber auch den Geschmack mit dem ganzen Rotz, den wir so permanent essen. Und deshalb kann ich da Olsen auch nicht so ganz zustimmen. Essen spielt doch insgesamt eine sehr geringe Rolle, was man doch daran merkt wie egal es vielen ist, was da so in den Körper kommt. Ich schließe mich da oft nicht aus.