Zitat von Merseburg im Beitrag #102Ich habe Kunst nie mit dem Begriff der Radikalität verbunden. Radikalität ermöglicht Ausbrüche aus der Konvention. Ich halte mich lieber an die verlorengegangene Mitte. Als Gleichgewicht, das zwischen zu eroberndem Neuland und gesellschaftlicher Relevanz herrschen muss.
Was ist denn "die verlorengegangene Mitte", die du als Gleichgewicht bezeichnest? Beispiel(e) erwünscht. Aber wie du so richtig anmerkst, muss es Experimente nach oben, unten,... geben, sonst wäre deine "Mitte" nicht möglich.
Übrigens: Dein Vergleich mit der Zeit hinkt meiner Meinung nach. Zeit ist keine feste Konstante - siehe Relativitätstheorie. Die nachhaltige Bedeutung Künstler unserer Zeit kann man ja nur retrospektivisch beurteilen, was uns leider nicht vergönnt sein wird. Aus diesem Grund kann ich Bach und Co. nicht als Maßstab gelten lassen(Ich schätze Bach übrigens sehr). Es sei denn: Jemand wird 300 Jahre alt oder verfügt über eine sehr sehr gute Glaskugel. Wobei diese kein wissenschaftlich anerkanntes Messinstrument ist. Und selbst wenn einer unter uns das Wunder vollbringt und so unfassbar alt wird, muss er doch wieder mit Menschen diskutieren, die nicht aus dieser Epoche stammen.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #105OT: immerhin wurde die Platte vom damaligen DVU- Organ "Nationalzeitung" vertrieben, ohne daß Heino dagegen vorgegangen wäre. Seitdem ist er mir suspekt, und wird es immer bleiben.
"Vertrieben"? Wohl eher verkauft. Und es ist ein Unterschied ob ich das "Deutschlandlied" auf einer politischen Veranstaltung singe (oder singen lasse), oder als Interpret eine Tonaufnahme mache. Heine hat das komplette "Deutschlandlied" auf Wunsch der Baden-Württembergischen Landesregierung (Filbinger, natürlich) aufgenommen, für eine Single, die ausschließlich für den Schulunterricht bestimmt war. Nicos Version war ganz offensichtlich als Provokation (wohl hauptsächlich für den anglo-amerikanischen Markt) gedacht. Ungefähr so intellektuell anspruchsvoll wie Keith Moon in Nazi-Uniform im Pub.
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Nachdem von diesem Song heute schon die Rede war... Bei den Liveversionen auf YouTube gefiel mir die Tonqualität nicht, deshalb dieses "ausdrucksstarke" Video. Aber da bei diesem Lied der Text im Mittelpunkt(meine Meinung) steht,...
Zitat von Lulu im Beitrag #106 Die nachhaltige Bedeutung Künstler unserer Zeit kann man ja nur retrospektivisch beurteilen, was uns leider nicht vergönnt sein wird. Aus diesem Grund kann ich Bach und Co. nicht als Maßstab gelten lassen(Ich schätze Bach übrigens sehr). Es sei denn: Jemand wird 300 Jahre alt oder verfügt über eine sehr sehr gute Glaskugel. Wobei diese kein wissenschaftlich anerkanntes Messinstrument ist. Und selbst wenn einer unter uns das Wunder vollbringt und so unfassbar alt wird, muss er doch wieder mit Menschen diskutieren, die nicht aus dieser Epoche stammen.
Die Frage ist beantwortbar und dies schon auf den ersten Anhieb. Zwar kann niemand sagen: ich bin meiner Zeit voraus. Was Avantgarde ist, weiß keiner, nur was Avantgarde war, läßt sich feststellen. Doch viele große Künstler haben die Befriedigung gehabt, sich sagen zu dürfen, dass sie die Zeit hinter sich gelassen hatten. Arnold Schönberg z.B. hat es als alter Mann erlebt, dass das für ihn zentrale System, das der Zwölftonmusik, dominierend wurde. Die meisten großen Maler seit dem Impressionismus, deren Bilder geschmäht wurden, haben diesen Triumph erfahren. Gleiches gilt für Musiker wie Lou Reed oder Bob Dylan. Das schließt freilich nicht aus, dass nämlich unter Umständen zu ihren Lebzeiten ihre zeitweilig siegreichen Zentralsysteme überholt und durch andere abgelöst wurden.
@Merseburg [/quote] Die Frage ist beantwortbar und dies schon auf den ersten Anhieb. Zwar kann niemand sagen: ich bin meiner Zeit voraus. Was Avantgarde ist, weiß keiner, nur was Avantgarde war, läßt sich feststellen. Doch viele große Künstler haben die Befriedigung gehabt, sich sagen zu dürfen, dass sie die Zeit hinter sich gelassen hatten. Arnold Schönberg z.B. hat es als alter Mann erlebt, dass das für ihn zentrale System, das der Zwölftonmusik, dominierend wurde. Die meisten großen Maler seit dem Impressionismus, deren Bilder geschmäht wurden, haben diesen Triumph erfahren. Gleiches gilt für Musiker wie Lou Reed oder Bob Dylan. Das schließt freilich nicht aus, dass nämlich unter Umständen zu ihren Lebzeiten ihre zeitweilig siegreichen Zentralsysteme überholt und durch andere abgelöst wurden. [/quote]
Ich bezog mich mit meinem vorigen Beitrag auch auf deine "300 Jahre" These. Ob Schönberg dann noch Einfluss hat ist zu vermuten, aber nicht gewiss. Um das ging es mir auch gar nicht. Wenn Künstler zu Lebzeiten miterleben wie sehr ihr Werk andere Menschen inspiriert oder berührt ist das wunderbar. Aber ob sich in 275,5 Jahren noch jemand für Dylan oder Bowie oder... interessiert wissen wir doch nun wirklich nicht. Es ist schön zu lesen, dass du Reed und Cobain doch einen gewissen Rang zusprichst und diesen wohl auch anerkennst. Oder habe ich dich da etwa wieder missverstanden? edit: Der Begriff "Zwölftonmusik" ist mir durchaus ein Begriff. Wohl weiß ich, dass Schönberg andere Komponisten nachhaltig beeinflusst hat. edit: Das Zitat habe ich wohl falsch eingefügt, deshalb sieht das so seltsam aus. Entschuldigung! edit: Bitte, lass das jetzt einfach so stehen. Denk dir deinen Teil. Ich will heute nicht mehr diskutieren. Danke für dein Verständnis. Ich werde jetzt Musik hören.
Zitat von Mychael im Beitrag #20Kleine Anekdote: Eines meiner ersten Konzerte war Anfang/Mitte der 70er ein Lou Reed-Auftritt im Rheinland. Er war von Anfang an spürbar schlecht gelaunt, und nach zwanzig Minuten sprach er zum ersten Mal zum Publikum: er forderte jemanden vor der Bühne auf, den Saal zu verlassen ("You don't applaud, and obviously don't like my music…"). Laute Buh-Rufe aus dem Publikum, Lou bleibt hart – er würde erst weiterspielen, wenn der Kerl draussen ist. (Reeds Mit-Musiker sind inzwischen sichtlich irritiert.) Nach einer Ewigkeit hin und her und immer lauteren Mißmut-Äußerungen des Publikums, schreitet Mr. Reed zur Abstimmung: "OK, do you want me to continue and this guy leave the hall?" (Grummeln vom Publikum, vereinzelte Buh-Rufe). "Do you want ME to end the concert??" (Tosender Applaus und Jubel). Lou Reed stampft wie ein verstockter Bub von der Bühne und kehrt nicht mehr zurück. Nach ein paar Minuten schlurfen auch die anderen Musiker davon. Schließlich geht das Saal-Licht an und der Veranstalter erklärt das Konzert für beendet. (Einige "Fans" beginnen bereits damit, die Bestuhlung zu demolieren…)
Ich war auch mal vor etwa 10 Jahren ( oder noch länger her?) bei einem Lou Reed Konzert. Man hatte mich gewarnt, dass es genau so werden könnte, wie Du oben beschrieben hast. Und dann war Herr Reed erstaunlich gut gelaunt, hat aber konsequent nur verhältnismässig neue Sachen gespielt. Und er war sehr unpersönlich.
Zitat von Merseburg im Beitrag #111Arnold Schönberg z.B. hat es als alter Mann erlebt, dass das für ihn zentrale System, das der Zwölftonmusik, dominierend wurde.
Dominierend? Einflussreich in einer kleinen Sparte der Musik, das schon, aber dominierend?
ZitatDie meisten großen Maler seit dem Impressionismus, deren Bilder geschmäht wurden, haben diesen Triumph erfahren.
Was eine Tautologie! Natürlich haben die "großen Maler" einen Triumph erfahren, sonst wären sie heute nicht als "große Maler" bekannt.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Zitat von Merseburg im Beitrag #116...dominierend in der e- Musik. Uff.
für ungefähr zehn jahre. danach sackgasse.
(im übrigen ist die einteilung in u- und e-musik nicht nur von adornohafter arroganz, sondern auch massgeblich daran beteiligt, eine künstlich erzeugte avantgarde-oligarchie zu füttern, während die eigentlichen innovationen mittlerweile ganz woanders stattfinden, unsubventioniert)
dann sind sie aber, pardon, für den arsch. wer die "mitte" proklamiert, muss sich darüber im klaren sein, dass sie immer aus erfolgreicher innovation entsteht. mir ist kein auch noch so hochwertiger mainstream bekannt, der sich in irgendeiner weise auf duodekaphonie bezieht.