Als Unterlegene muß die Angeklagte auf jeden Fall die Kosten des Verfahrens tragen. Das allein ist schon nicht billig und weit weg von verhältnismäßig. Ich wundere mich überdies über Gerichte, die wegen einer derartigen Bagatelle überhaupt ein Verfahren zulassen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Abmahnungen gegen private eBay-Verkäufer, die "Graumarkt"-Live-CDs verkaufen, die sie in den 90ern legal im regulären Handel gekauft haben, sind wohl gang und gäbe. Hat nicht auch hier schon jemand gepostet, dass ihm das passiert ist? Es dürfte eher Zufall sein, dass es eine Clapton- und keine Genesis-CD war, bei der der Verkäufer das nicht akzeptieren wollte und ein Gerichtsverfahren in Kauf nahm.
Vor über zwanzig Jahren habe ich Vergleichbares über Iron Maiden gelesen. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das Gang und Gäbe ist, dass es allerdings einzelne KünstlerInnen und Managements gibt, die AnwältInnen mit der Jagd auf Bootlegs-VerkäuferInnen beauftragen.
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Zitat von Lumich im Beitrag #1667Das allein ist schon nicht billig und weit weg von verhältnismäßig.
Ja, aber die angedrohten 250000 sind jetzt noch nicht fällig, wenn ich das vor ein paar Tagen richtig gelesen habe. Dass es Clapton nicht liebenswerter macht ist eh klar.
Zitat von Lumich im Beitrag #1670Vor über zwanzig Jahren habe ich Vergleichbares über Iron Maiden gelesen. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das Gang und Gäbe ist, dass es allerdings einzelne KünstlerInnen und Managements gibt, die AnwältInnen mit der Jagd auf Bootlegs-VerkäuferInnen beauftragen.
Metallica sind solch eine Band, und Lars Ulrich die treibende Kraft. Die Angaben zu seinem Vermögen schwanken zwischen 250 und 350 Millionen Dollar. Es hat es also wirklich nötig.
Man sollte alles nüchtern betrachten! Musikbands wie etwa Genesis, Pink Floyd oder Iron Maiden haben ihre Urheberrechte längst an Verwertungsgesellschaften abgetreten. Die Künstler selbst besitzen diese Rechte also gar nicht mehr.
Und die Gesellschaften beauftragen ihrerseits Kanzleien damit, dass Verstösse gegen die Rechtslage per Abmahnung geahndet werden. Dazu sitzen ganztags Mitarbeiter in den Kanzleien, die etwa Angebote bei ebay, discogs oder amazon filtern und analysieren. Oft setzen Kanzleien den angeblichen Schaden dann viel zu hoch an, um so für sich eine höhere Rechtsanwaltsgebühr zu kassieren.
Die Kanzleien verdienen also gut daran und die Gesellschaften sehen zugleich ihre Rechte durchgesetzt. Wie viel davon noch von den Künstlern selbst mit gesteuert wird… nun, wohl eher nicht so viel.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Übrigens: verboten ist alleine die illegale Verbreitung von Bootlegs. Die reine Wahrnehmung eines Werkes (aka Besitz) wird nicht vom Urheberrecht unterbunden. Wer eine Bootleg-CD besitzt, darf diese somit auch weiterhin besitzen und anhören.
Keinesfalls aber darf man Bootlegs verkaufen! Aka Verbreitung! Auch nicht solche Tonträger, von denen man dies nicht wußte. Ein Verkauf ist juristisch immer eine Nutzungshandlung, die vom Rechteinhaber erlaubt werden muss.
Der Streitwert für den Unterlassungsanspruch bemisst sich am Dreifachen des entstandenen Lizenzschadens. Der Schaden durch den Verkauf eines einzigen Bootlegs ist nicht mit Filesharing vergleichbar, wo teils massenhaft heruntergeladen wird.
Daher wurde etwa vom LG Flensburg 2015 für den Verkauf eines Bootlegs ein Lizenzschaden von 750,00 € als angemessen erachtet. Woraus sich (Verdreifachung) ein Streitwert von 2.250,00 € ergibt. Angemessene Anwaltskosten sollten daher maximal 350,00 € betragen. Damit wurde vom LG Flensburg indirekt eine Obergrenze des Streitwertes für den Verkauf eines Bootlegs festgesetzt. (Beschluss vom 17.03.2015, Az. 78 O 29/15)
Im vorliegenden Fall muss man berücksichtigen, dass die Frau aufgrund der Abmahnung nicht zahlen wollte. Es kam zu einem Gerichtsverfahren. Da sie dort in erster Instanz unterlag, muss sie nun die Prozesskosten tragen. Das Landgericht Düsseldorf hat gegen die Frau eine einstweilige Verfügung bestätigt: sie muss 250.000 € Strafe zahlen, falls sie nochmals versucht, die in den 80er-Jahren erworbene CD zu verkaufen.
Die Frau will weiter klagen. Bislang sind im Rechtsstreit schon 3.400 € an Mahngebühren, Anwalts- und Gerichtskosten angefallen. Da ein Sachverständiger hinzugezogen werden soll, könnte es in einem Hauptsacheverfahren zu noch weitaus höheren Kosten kommen.
Es gilt ja evtl. ein Tatbestandsirrtum gem. §16 StGB: „Wer bei der Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.“
Nach § 17 StGB handelt man ohne Schuld, wenn einem bei Begehung der Tat die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun, soweit dieser Irrtum nicht vermeidbar gewesen ist.
Unwissenheit schützt auch im Falle von Fahrlässigkeit also nicht vor Strafe, soweit der Irrtum vermeidbar gewesen wäre! Es wird bestraft, dass man die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außeracht gelassen hat.
Bezogen auf den Bootleg-Verkauf spielt also eine Rolle, dass die Frau wohl fahrlässig gehandelt hat. Von einem Vorsatz ist ja eher nicht auszugehen. Die Frage ist aber auch, ob sie vor dem Verkauf sorgfältig genug geprüft hat, was sie da verkauft. Es hätten ja auch alte Videokassetten eines ex-Partners sein können. Teils randvoll mit Kinderpornographie. Oder die alte Kaffeedose der Oma voller Kokaintütchen.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
mir kann keiner erzählen, dass clapton, metallica und konsorten keine ahnung haben, was ihre verwerter da tun oder dass sie da keinen einfluss darauf haben. arschlöcher beauftragen arschloch-firmen. und bzgl. sorgfaltspflicht und so: es gibt immer noch die möglichkeit, ein verfahren wegen geringfügigkeit einzustellen bzw. die verhältnismäßigkeit der klage abzuwägen. aber nö, die grafen von und zu rotz müssen klagen, haben selbst rein gar nix davon, lieschen müller muss blechen und es ist mal wieder ein exempel statuiert.
Ich fürchte, dass es zumindest den Rechteverwertern bei alledem auch um eine abschreckende Wirkung geht. Wer etwa Bootlegs im Net verkauft, muss ja ggf. mit Konsequenzen rechnen. Das könnte manche auch abschrecken. Den Kanzleien dürfte es eher um eine lukrative Einnahmequelle gehen. Abmahnungen sind schnell verfasst und die gesamte Arbeit kann vom Schreibtisch aus vom Praktikanten erledigt werden.
Bei den Musikern ist es schon die Frage, ob sie nun wegen einer 10 Euro-CD einen Imageschaden riskieren möchten. Da muss man wohl schnell sagen: denen dürfte das egal sein mit den Rechten, die werden bei so etwas sicher nicht gerne genannt. Die Rechte haben sie eh abgegeben bzw. verkauft.
Interessant ist ein Fall beim Amtsgericht Köln (Urteil vom 20.10.2014 – 125 C 75/14).
Ein Familienvater hatte beim Flohmarkt eine alte Musik-DVD der Gruppe „Pink Floyd“ gekauft. Diese DVD sollte einige Jahre später bei einer Entrümpelung seiner Musiksammlung im Rahmen einer eBay-Auktion versteigert werden. Schon vor dem ersten Gebot erhielt der Verkäufer ein Abmahnungsschreiben einer bekannten Hamburger Rechtsanwaltskanzlei. Die DVD würde unerlaubte Livemitschnitte eines Konzertes der Musikgruppe „Pink Floyd“ enthalten - ein sogenanntes „Bootleg“. Man verlangte die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadens- und Kostenersatz von insgesamt 900 Euro.
Der Empfänger der Abmahnung verweigerte nach Abgabe einer von ihm abgeänderten Unterlassungserklärung jede Geldzahlung. Daraufhin verklagten die Rechtsanwälte den Empfänger der Abmahnung.
Das Amtsgericht Köln urteilte, dass sich die Abmahngebühren, die nach § 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. zu erstatten sind, auf 46,41 € belaufen. Die Schadensersatzforderungen der Kanzlei bzw. Rechteinhaber wurden aber abgelehnt.
Die Begründung: „Auch in Kenntnis des Umstandes, dass seine Obergerichte bei der Bejahung des Verschuldens bei Urheberrechtsverletzungen keinerlei Einschränkungen machen, verneint das Gericht eine Pflicht zur Prüfung der Legalität solcher Vervielfältigungsstücke beim Weiterverkauf. Eine solche Recherchepflicht erscheint beim gewöhnlichen Umgang mit legal wirkenden Vervielfältigungsstücken überzogen, solange kein Hinweis auf ein urheberrechtswidrigen Umgang des Vervielfältigungsstücke besteht. Dies ist hier nicht vorgetragen oder ersichtlich.“
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Die Liste lässt mich mal wieder staunen, was so alles an mir vorbeigeht, vor allem als Außenseiter, was soziale Medien angeht. Allerdings fehlte mir ABBA auf der Liste.
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