Auch wenn das für mich nicht das Unbehagen über diese merkwürdige, unangenehme, schwer einzuordnende Aziz-Ansari-Geschichte aufhebt und ich mir wünschen würde, dass man mal wieder anderes, noch klareres Fehlverhalten in den Mittelpunkt rücken würde, finde ich dies hier recht gut: https://www.theguardian.com/commentisfre...lenti?CMP=fb_gu
die berliner zeitung schreibt eine nachlese auf die letzte maybritt illner-sendung. eingeladen war u.a. svenja flaßpöhler, die ich zuvor schon mit ihrem kritischen statement zu #metoo erwähnt hatte. traurig irgendwie, weil sie sich mit den durchaus klugen argumenten leider im falschen film befindet. auch scheint sie nicht verstanden zu haben, dass die entfernung von kevin spacey aus house of cards und alles geld der welt keine politischen statements waren, sondern rein ökonomische entscheidungen. da gibt es im übrigen auch keine unschuldsvermutung.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Man kann an der #MeToo-Kampagne herumnörgeln - was auch geschieht, was auch in Ordnung ist -, und doch ist sie nur eine weitere kleine Aktion im Kontext eines revolutionären Umbruchs von Machtverhältnissen, und das nervt mitunter, ermüdet, langweilt. Und das wird nicht die letzte ermüdende Aktion gewesen sein. Shit happens, wenn eine Hälfte der Weltbevölkerung als zweitrangig behandelt wird. Irgendwann ist halt gut. Irgendwann wird es Zeit, etwas Neues zu probieren.
Der immer wieder gehörte Vorwurf, dass Frauen nerven, dass sie Wut und Argumente nicht trennen können - ja nun. Die Ablösung alter Systeme erfolgt nicht durch Höflichkeit. Einigen Frauen wie Männern ist nicht einsichtig, warum sich irgendetwas ändern muss auf der Welt. Es lief doch recht behaglich, so wie es bisher nie war. Mit klar verteilten Zuständigkeiten. Mit der Herrschaft der Männer über den weiblichen Körper, ihrer Macht zu deuten, zu strafen, ihrer Macht über Finanzen und Produktionsmittel.
Was viele gerade als Backlash wahrnehmen, ist nicht mehr als ein ratloser Versuch, den Status quo der Ungleichheit zu erhalten. Mein großes Verständnis dafür. Es ist nicht einfach, Macht abzugeben. Es ist verwirrend, plötzlich verschiedene Geschlechter oder gar deren Uneindeutigkeit mitdenken zu müssen. Es ist unerfreulich, auf klare Ansagen, die man als Führungsperson gewohnt war, Widerspruch zu bekommen.
Es fällt den meisten Menschen sehr schwer, Gewohnheiten zu verändern, selbst wenn man weiß, dass sie schädlich sind.
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig
sehe ich genauso, nur mit der ergänzung, dass es nicht reicht zu fordern, dass die eine seite macht abgibt, wenn die andere seite die schon vorhandene macht nicht ausreichend wahrnimmt. die vorstellung, die existenzielle sicherheit beim starken (und wohlhabenden) mann zu suchen, ist leider nicht nur unter solarium-tussis verbreitet, die sich ihren freund anhand seines autos aussuchen. die hegemonialen verhältnisse im geschlechterverhältnis werden nicht nur durch männer aufrecht erhalten. daher hat mir auch die #aufschrei-kampagne damals nicht gefallen, weil im grunde genommen von männern gefordert wird, ihr neandertaler-erbe aufzugeben, aber die strukturen völlig ignoriert, die dieses erbe bis heute aufrecht erhalten. die fähigkeit, zumindest partiell sehr rücksichtslos zu handeln ist integraler teil unserer wettbewerbsgesellschaft und führt nicht nur in der beruflichen karriere zu mehr erfolg, sondern eben auch im geschlechtlichen verhältnis. das aggressivere männchen hat noch immer die grösseren aussichten zur paarung, als die zurückhaltenderen männchen. und das ist genau der punkt, an dem frauen deutlich mehr macht hätten, als sie tatsächlich wahrnehmen.
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Veränderte Idealbilder von Männern sind auch ein Teil des Wandels, der mir manchmal fehlt, aber ich glaube, die Natur der Sache bringt es ein wenig mit sich, dass es schwierig ist, in dieser Diskussion Verhaltensänderungen von Frauen zu fordern. Denn es ist ja schon lange so, dass es immer an der Frau ist, was zu unternehmen, um die Situation zu ändern. Schneller ginge es vielleicht, wenn auch auf dem Level noch deutlicher ein Umdenken stattfinden würde. Aber man gerät auch ganz schnell wieder in die Falle, auf einem niedrigen Level Victim Blaming zu betreiben (was ich dir nicht vorwerfe, sondern nur als Gefahr sehe). Insofern bin ich einfach froh, dass die Verschiebung der Machtverhältnisse - langsamer als vielleicht möglich - auch eine Erosion der Verehrung toxischer Männlichkeitsverhaltensmuster mit sich bringt. Und dass das passiert, habe ich schon den Eindruck. Vielleicht liegt es auch nur an den Kreisen, in denen ich mich inzwischen so bewege, oder am Alter, aber ich habe schon den Eindruck, dass typisches Männlichkeitsgebaren weniger abverlangt wird als früher, um ernst genommen zu werden.
Zitat von Quork im Beitrag #130Veränderte Idealbilder von Männern sind auch ein Teil des Wandels, der mir manchmal fehlt, aber ich glaube, die Natur der Sache bringt es ein wenig mit sich, dass es schwierig ist, in dieser Diskussion Verhaltensänderungen von Frauen zu fordern. Denn es ist ja schon lange so, dass es immer an der Frau ist, was zu unternehmen, um die Situation zu ändern.
es muss sich an allen seiten etwas ändern. ich denke das ist die stufe, an der wir uns gerade befinden - möglicherweise die schwierigste. wenn man an die frauenbewegung der 70er und 80er denkt, wäre diese forderung absurd gewesen, aber zu diesem zeitpunkt steht es m.e. an, aus den errungenschaften der vergangenen jahrzehnte etwas zu machen, um gemeinsam den nächsten schritt zu gehen. ich habe immer gesagt, dass man es dem rücksichtslosen proll nicht begreiflich machen kann, dass er sein verhalten, ja sogar seine einstellung ändern soll, denn für den läuft alles super, so wie es ist. die notwendigkeit einer änderung entsteht für ihn erst dann, wenn sein typ nicht mehr gefragt ist. sein typ ist aber gefragt - sowohl unter männern, als auch unter frauen.
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"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig
ZitatEin Museum in Manchester nimmt ein Bild von der Wand und behauptet, so eine Debatte über die Geschlechterdarstellung auslösen zu wollen. Kritiker sprechen dagegen von Zensur.
Von Thomas Spickhofen, ARD-Studio London
Sinnlich ist "Hylas und die Nymphen" und mit viel nackter Haut - und jetzt hängt das Bild nicht mehr an der Wand der Manchester Art Gallery. Nur vorübergehend natürlich, verspricht Clare Gannaway. Und es gehe auch gar nicht um dieses einzelne Bild, betont die Kuratorin der Manchester Art Gallery. Ihr passe die ganze Richtung nicht, mit der ihr Museum diese Bilder ausstellt. Das sei ein hausbackener viktorianischer Bereich, in dem sich seit dem Umbau vor 16 Jahren nichts mehr geändert habe.
Die Art Gallery hat sich auf englische Künstler spezialisiert - einer davon ist John William Waterhouse. Von ihm stammt auch eines der bekanntesten Werke im Museum - "Hylas und die Nymphen", gemalt 1896. weiter auf tagesschau.de
dazu auch ein beitrag in der 3sat-kulturzeit. bin mir aber nicht sicher, ob die da nicht etwas in den falschen hals bekommen. die reaktionen anhand einer aktion wie dieser zu erforschen, halte ich erstmal nicht für verkehrt. das kann sehr aufschlussreich sein.
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Zitat von Quork im Beitrag #714Ich würde übrigens vorschlagen, diese Diskussion in den Thread über Hollywoods Skandale zu verschieben und eine gemeinsame Überschrift zu finden (MeToo oder so). Da gehts ja auch viel um das Ausloten, wann bestimmte Verhaltensweisen Aggressionen oder Sexismus sind.
Die merkwürdige Doppelbotschaft, die diese Trotzreaktion sendet, ist schon ein Ding. Was #metoo und alles darum herum ausmacht, ist ja gerade die Tatsache, dass endlich mal nicht mehr über Probleme geschwiegen wird, die millionenfach auftreten. "Jetzt seid halt endlich wieder still." Das muss jetzt nicht gewollt sein, ist aber doch ganz schön schief.
wenn ich mir überschriften wie "der traurige sieg eines bauchgefühls" oder "die ASH entscheidet gegen die kunst" unterm artikel finde, sehe ich a) den erhobenen vorwurf, die debatte sei übersachlich geführt worden, zumindest für diese publikation nicht bestätigt, und b) mich selbst aber erleichtert, dass die "berliner zeitung" sich ja schon vor jahren zielgerichtet in die irrelevanz geführt hat, und besagte artikel daher wohl kaum noch bei irgendwem wellen schlagen werden.