Pyogenesis + Anchors & Hearts 11.03.17, Düsseldorf, The Tube
Ziemlich durchwachsene Geschichte. Ich hatte Flo Schwarz von Pyo vorher interviewt und dachte da schon: oha, das wird ein Spaß in diesem Laden. Und meine Skepsis hat sich dann leider bewahrheitet. Dieser Schuppen ist groß wie das Wohnzimmer meiner alten Wohnung, schlauchartig, warm und mit einer merkwürdigen Tendenz zur Übersteuerung von Bassfrequenzen gesegnet. Sogar die Musik, die in den Umbaupausen lief, war verzerrt. Man kann nirgendwo stehen, ohne dass sich permanent Leute an einem vorbeidrücken. Kommt auf die Liste der Herzensclubs ganz nach oben direkt neben das Luxor. Bin echt froh, da kein Geld für bezahlt zu haben.
Unter diesem matschigen Müllsound, der ausschließlich von der Bassdrum ausging, aber alles plattgemacht hat, litten dann sowohl Pyogenesis als auch in geringerem Ausmaß ihre Vorband. Pyo spielten zwei Sets, eine Überraschung. Erst traten sie unter dem Namen Ignis Creatio auf und spielten nur altes Röchelmetalzeug von ganz früher. Ich kenn mich mit dieser Phase überhaupt nicht aus, der Sound hat es mir auch unmöglich gemacht, da viel rauszuhören. Die ruhigeren Passagen hatten schöne Doppelgitarren. Danach betrat die eigentliche Vorband, Anchors & Hearts, die Bühne. Irgendjemand anderes muss euch sagen, was das für ein Stil ist, irgendwas mit -core. Bisschen Geschrei, bisschen Gehüpfe, bisschen Poppunk in den Refrains. Würde ich diese Art von Musik mögen, hätte es mir der Auftritt angetan, die machten ihre Sache sehr gut. Etwas viel Animation vom Sänger, aber naja, was soll's.
Dann noch mal Pyogenesis, dieses Mal mit den späteren Songs. Ich muss sagen, bei mir sprang der Funke einfach nicht mehr über. Lag's an der Atmosphäre im Club, an der Hitze, am Sound oder an allem, ich wollte nach einer Dreiviertelstunde einfach nur noch weg und bin dann auch gegangen. Meinem Kumpel war's auch nicht unrecht, aber der fand das Ganze besser als ich. Dennoch hatte ich sonst einen schönen Tag in Düsseldorf, wunderbares Frühlingswetter mit Sonnenschein und einer leckeren Pizza inklusive.
vorgruppe: box and the twins, völlig öder goth rock, die ihr limitiertes songwriting auch noch in ganz schlimmem matschsound ersäuften. da lag irgendwie der verdacht nahe, dass sie auserwählt wurden, um den hauptact in einem besseren licht dastehen zu lassen.
allerdings haben das klez.e absolut nicht nötig. schon lang keine so gut live-band mehr gesehen, die wirklich was aus dem anderen setting machten, so was von virtuos und ideenreich, dass es eine permanente freude war, obwohl der ton natürlich eher gedrückt bis depressiv war. die cure-referenzen waren nur am anfang wirklich prominent und wahrnehmbar, aber recht bald wurde klar, welch eigenständiger sound und genuines songwriting präsentiert wurde. ich könnte mich jetzt in details ergehen, will ich aber nicht, sondern lieber empfehlen: schaut euch diese band an. es ist ein echter gewinn.
skeptisch war ich, sehr skeptisch. die letzte platte war nicht mehr so ganz meins, aber live wollte ich sie mir doch nicht entgehen lassen, nachdem ich sie das letzte mal verpasst hatte. die muffathalle war gut gefüllt, aber es gab genügend platz und die leute waren größtenteil angenehm und bester laune. zufällig traf ich zwei bekannte, die doch tatsächlich warpaint mit savages verwechselt hatten und etwas ratlos da standen. auf die art und weise konnte die kleine ewigkeit, die zwischen vorgruppe (nicht besonders aufregender aber okayer waviger rock, name vergessen) und auftritt warpaint verging, wenigstens sinnvoll mit geblödel verbracht werden. es zeigte sich aber, dass sich der ausgiebige soundcheck tatsächlich gelohnt hatte. knalliges, aber nicht alles niederknüppelndes schlagzeug, klarer, ungrummeliger basssound, perlende gitarren und der gesang mit der richtigen dosis hall. gesungen haben sie alle und zwar absolut perfekt. die gesangsharmonien verpassten mir ab und zu eine ordentliche gänsehaut. tja, und da der sound so gut passte, strahlte das songmaterial um einiges heller als auf den z.t. etwas mumpfig abgemischten tonträgern. songs, die ansonsten eher an mir vorbei rauschten, entpuppten sich als veritable hits. zwischendurch gab's zwar mal über 2 - 3 songs einen kleinen hänger, aber bei fast 2 stunden programm kann man das schon verzeihen. zum schluss der zugabe gab es dann noch wie von mir erhofft "disco/very", womit das eh schon enthusiastische publikum auch noch komplett ausflippte (inklusive mich). alles gut, warpaint haben wieder einen stein im brett bei mir, aber die nächsten platten bitte genau so aufnehmen, wie das gestern klang.
p.s.: die zwei bekannten bereuten ihre verwechslung übrigens kein bisschen: 2 neue warpaint-fans.
Car Seat Headrest + TRAAMS, 18.03.17 - Schorndorf, Manufaktur
Zum ersten Mal in der Manufaktur. Tolle Location, auch wenn der Sound etwas ausbaufähig ist da drin. Für schlappe 13€ (!) konnte ich mir die Kombi auf jeden Fall nicht entgehen lassen. TRAAMS als Vorband gleich mal sehr geil. Voll auf die zwölf und richtig richtig laut. Mit noisigem Gitarren-Geschredder hat man bei mir sowieso meistens gewonnen. Der Drummer braucht auch sicher kein Workout während er auf Tour ist Bei dem Support ist es für Car Seat Headrest bestimmt gar nicht so einfach jeden Abend noch mal eine Schippe drauf zu legen. Die Jungs haben das aber dann recht souverän trotzdem hinbekommen. Immer mal wieder die Hits rausgehauen und dann etwas das Tempo gedrosselt. Alles in allem ein vollkommen überzeugender Auftritt, auch wenn mir persönlich "The Ballad Of The Costa Concordia" noch gefehlt hat. Der Bassist hat übrigens erstaunliche Ähnlichkeit mit unserem ehemaligen Forenuser Everlast!
Car Seat Headrest + TRAAMS, 19.03.17 - München, Hansa 39
danke für die vorwarnung wegen der lautstärke. das erste mal meine neuen ohrstöpsel dabeigehabt und bei den traams waren sie wirklich zwingend notwendig. brutaler basssound. meine begeisterung hielt sich allerdings in grenzen, v.a. wegen des gesangs, bzw. gebells und des manchmal zu ausufernden gedengels in der coda so manchen songs. aber es war okay.
bei car seat headrest konnte man die stöpsel dann getrost rausnehmen. der sound war perfekt. und nicht nur der. wie gesagt, die balance zwischen den hits zum ausrasten und den stilleren stücken war wohldosiert und hat den mosh pit, der sich nach kürzester zeit gebildet hatte, immer wieder gekonnt abgebremst, so dass es immer angenehm blieb. will toledo und sein gitarren-sidekick waren toll an ihren instrumenten und am gesang, die rhythmusfraktion nicht minder. ein ganz wunderbares konzert, das durch ein pixies-cover (motorway to roswell) sogar noch ein bisschen aufgewertet wurde.
ich gräme mich ja seit jahren, dass ich die wipers nie live gesehen habe. schön, dass es jetzt endlich mal geklappt hat.
aber der reihe nach. erstmal war ich stinksauer. einen eineinhalb stunden warten lassen, davon die letzte halbe stunde unter beschallung mit franz lamberts größten partyorgelhits (copacabana! a whiter shade of pale! la cucaracha! lara's theme!) - eine einzige qual. aber karies - endlich mal auf der bühne - haben den frust innerhalb von 2 minuten weggeblasen. definitiv die schnellste, lauteste, härteste band des deutschen indie rocks. die band - todernst - bis auf den schlagzeuger, der am anfang mit seinen grimassen wirkte, als trommelte da ein charakter aus der muppet show bei joy division. und dann reagierte er auch noch extrem unsouverän, als ein zwischenrufer forderte, dass doch mal schnelle songs gespielt werden sollten. der spack entblödete sich nicht, ins publikum zu springen, um den übeltäter herauszufordern. der rest der band hat ihn glücklicherweise zurückgepfiffen, aber als er sich wieder an sein arbeitsgerät zurückzog, musste er noch schmollend hinzufügen, dass es wohl gerechtfertigt gewesen sei, 2 jahre nicht mehr in münchen aufzutreten. mein "mi mi mi" wurde immerhin nur mit einem stinkefinger quittiert. egal, dieser zwischenfall hat die band nur weiter befeuert und - um zur einleitung zurück zu kommen - was dann kam, hätte tatsächlich den wipers zur ehre gereicht. fantastische endlosstücke im sinne von "youth of america", "when it's over" oder der live-version von "alien boy" folgten. brilliant! und letztendlich war dann auch die gesamte band versöhnt und gab props ans publikum. sehr schön!
Vorband in Nürnberg waren Karina Kvist, eine Emo-/Hardcore-/Indieband, bei denen für mich nahezu jeder Song gleich geklungen hat. Ich war froh, als dann um ca. 22 Uhr Karies die Bühne betreten haben. Das Nürnberger Publlikum war artig und hat sich keine schnelleren Songs gewünscht. Insofern blieb auch der aus der Muppet Show entliehene Trommler ruhig. Ein Sympathieträger wird der eh nicht mehr für mich. Ich fand den mal in einem Nerven-Interview recht unsympathisch und daran hat sich gestern auch nichts geändert. Aber trommeln kann er! Karies haben einen sehr kraftvollen, treibenden Auftritt hingelegt. Gerade in den längeren Intrumentalpassagen schaffen sie es eine wahnsinnige Atmosphäre aufzubauen. Geiler Auftritt jedenfalls
25 jahre intro mit lea porcelain, drangsal, dem berliner kneipenchor, wanda spielt nirvana und soulwax.
bereits um 19:45 gaben lea porcelain einen sehr angenehmen einstieg. im vergleich zu drangsal kann man sehr gut den unterschied demonstrieren zwischen "hörbaren einflüssen" und "abklatsch". dass die band gerne joy division hört und wahrscheinlich auch mindestens disintegration von the cure im heimischen regal haben, hört man deutlich heraus, genauso klingen tun sie allerdings nicht. ein bisschen dachte ich auch an die australische formation htrk, aber die sind noch düsterer.
bei drangsal ist der name programm. die spielen wie eine talentierte schülerband, die sich ordentlich mühe gibt. möglicherweise beschleicht den sänger ein ähnliches gefühl. so könnte man sein schnöseliges auftreten als kompensation verstehen. an dieser stelle genier ich mich ein bisschen, weil ich als knapp 40jähriger über ein paar höchstens anfang 20jährige lästere (mindestens zwei von denen sahen noch jünger aus). im grunde gehört sich das nicht, aber irgendeine plattenfirma hatte beschlossen, dass die mit den grossen mitspielen können. allerdings hat spätestens der letzte song im set das gegenteil bewiesen: sie haben nämlich for whom the bell tolls von metallica gecovert. urgh!
für die nächste umbaupause durfte der berliner kneipenchor ein paar indie-gassenhauer trällern. ich hatte jetzt schon zum zweiten mal unfreiwillig das vergnügen. wer will sowas hören???
wanda haben ein 45min. set fast ausschliesslich mit nirvana-covern gespielt. zum schluss gab es zwei eigene stücke (tu mir weh, luzia und bologna). das set liess sich besser überstehen als vermutet. zum einen sind die songs von nirvana einfach gut, auch wenn wanda sie spielen. zum anderen muss man wanda wirklich zu gute halten, dass sie sich nicht an die offensichtlichen hits gehalten haben (bis auf lithium), sondern mit stücken wie stain, negative creep, aneurysm, verse chorus verse sich als kenner und liebhaber präsentieren konnten. ebenfalls positiv zu vermerken, wie sehr sich der sänger ins zeug gelegt hat. kurios allerdings die rolle des keyboarders, den ich das ganze nirvana-set lang nur einmal gehört hatte, was allerdings nicht schlimm war. wer brauch schon ein keyboard bei nirvana, zumal die songs ja nicht wirklich neu interpretiert wurden.
zu guter letzt: soulwax. der bühnenaufbau war enorm: drei schlagzeuge und ein durchdesigntes labor aus verschiedenen modular-synths und sequenzern. hier und hier mal ein paar bildeindrücke. einer der drummer war übrigens igor cavalera (ex-sepultura). ihr 75minütiges set bestand zum grössten teil aus dem aktuellen album, das ohne pause in einem stück aufgeführt wurde. zusätzlich gab es aus dem vorgänger-album ny excuse, e-talking und miserable girl, jeweils in angepassten versionen. das set war ein einziger flash. mein bedarf an bass ist erstmal gedeckt. vor einigen jahren hatte ich soulwax gesehen, wie sie ihre 2manydjs nite versions live (also mit band) zum besten gaben, und ich fand, dass das nicht so richtig gut funktioniert hat. das aktuelle programm kann man als weiterentwicklung sehen. die dewaele brüder (plus bassist und einer weiteren keyboarderin) stehen heute vorwiegend hinter pulten und drehen knöpfe. daraus ein live-erlebnis zu machen, ist nicht ganz einfach. dies ist ihnen aber hiermit wirklich gelungen. sogar die drei drumsets, die mich normalerweiser eher skeptisch machen würden, ergaben hier sinn, weil sie den übermächtigen synthklängen etwas entgegengesetzt haben. alles in allen war es sehr clever durchdacht und ein grosser spass, anzusehen und zu hören.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
ach, apropos drangsal… auf der gitarre hatte der sänger so eine komische postkarte geklebt (siehe bild). kennt jemand das bild? weiss jemand, wer das ist oder von wo das kommt?
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Die neue Band von Indie-Legende Patrick Wagner. War natürlich wenig los an einem Sonntag-Abend, die Band hat es aber nicht gestört. Extrem lautes Konzert bei dem Wagner und zwei Begleiterinnen eine Wall-Of-Sound über Drumbeats auffahren und er immer mal wieder ins Mikrofon brüllt. Keine leichte Kost, aber interessant. Die Ansagen zwischendurch waren allerdings völlig gaga und wurden einzig durch lustige Antworten aus dem Publikum gerettet ("Kennt hier jemand das Berghain?" - "Nur von innen!").
Incite, Xtortya, Ektomorf, Ill Nino - Viper Room, Wien
Unter der Woche habe ich meinen Freund zu diesem Fest der Nu Metal-Schaurigkeiten geschleppt. Allerdings nur wegen Incite und Ektomorf. Ektomorf waren meine erste Lieblings-Band, die härtere Musik gemacht haben. Leider war der Abend musikalisch ein ziemlicher Reinfall.
Incite waren großartig! Die haben meine Erwartungen wirklich mehr als übertroffen. Wer etwas mit Songs wie "Stagnant" anfangen kann, darf die sich durchaus mal live gönnen:
Xtortya waren die mit Abstand schlechteste Band die ich jemals live gesehen habe - sogar Moneyboy war besser! Die spielen eine Mischung aus Metal, Rap, Elektro und den Backstreet Boys. Wir sind nach dem ersten Song an die frische Luft geflohen. Es war nicht zu ertragen.
Ektomorf hätte man sich leider auch sparen können. Die 12-jährige in mir war schwer geknickt. Die Instrumentals waren eigentlich klasse, aber Sänger Zoli Farkas muss sich in den letzten Jahren irgendwie die Stimmbänder versaut haben. Anstatt wie auf den Studioalben die Texte thrashig ins Mikro zu grunzen, hat er so eine Art Sprechgesang-Scheiß abgezogen. Pfui Teufel!
Ill Nino haben wir uns dann auch nicht mehr lange angeschaut. Die ersten zwei Songs haben wir uns anstandshalber angehört, aber dann sind wir die Heimreise angetreten. Zum Glück haben wir nur 22€ pro Nase gezahlt - darum war es nur halb so ärgerlich. Den Zwanni hätte ich für Incite sowieso liebend gerne hingelegt.
Heavy Rotation → ◉ Fleetwood Mac - Tango in the Night ◉ Bonobo - Black Sands ◉ The Decemberists - As It Ever Was, So It Will Be Again ◉ Interpol - Our Love to Admire ◉ Skeewiff - Something Like That?
puh, damit hab ich nicht gerechnet. ich dachte eher an gähnend leer bis mäßig gut gefüllt, aber ganz bestimmt nicht, dass man sich erstmal an einer ca. 30 m langen warteschlange anstellen muss. dementsprechend rappelvoll war es dann auch schon 1/2 stunde vor beginn. wir haben dann gar nicht erst den versuch unternommen, nach vorne zu kommen. immerhin hab ich den bassisten immer wieder mal sehen können und ein paar mal den pianisten ausmachen können. der schlagzeuger war seltsamerweise eh an den rechten rand der bühne gequetscht. schade, denn dem hätte ich ganz gern ein bisschen zugeschaut. toll, wie der sein spiel variiert, zwischen dezentem gezischel und berserkertum. war aber nicht weiter schlimm. dem genuss am zusammenspiel der drei war die mangelhafte sicht nicht abträglich. anfangs ging das noch ziemlich entlang der studioversionen. dann wurde aber zunehmend variiert (improvisiert eher nicht), aber nicht ohne den groove aus den augen zu verlieren. das beherrscht die band einfach meisterhaft und das ist auch der grund warum ich sie so schätze. begeisterung allerorten. nach einem absolut atemberaubenden closing track (protest) gab's dann noch 2 zugaben. die 2 stunden waren wie im flug vorbei. eine weitere hätte ich noch locker vertragen können. aber so oder so war es ein tolles konzert.