Zitat von Ninja_Hagen im Beitrag #434Rapshows mit lustlosen "Throw your hands up"-Anfeuerungsversuchen
Ätzend. Beliebt bei mir auch "Say Hooo". 1x ironisch, geh ich mit, aber 100x über den Abend übersteigt meine Empfänglichkeit. Man kann doch auch die Musik für sich sprechen lassen. Toll auch die vorher nie gehörten, Wortspiele, am besten im Kanon "Now the bros say hooo, and the hoes (hihi) say yeaah"
Bei der Gang Starr Foundation kürzlich war das so extrem. Afu-Ra hatte das nicht nötig, der hatte alleine durch seine Tracks geburnt und kam auch ohne Doppelung aus - aber Big Shug war so schlecht, dass er das ganze Sortiment auffahren musste, um überhaupt Resonanz zu bekommen. Den kannte ich vorher aus gutem Grunde nicht. Am Ende hat er einen Zuschauer beschimpft, der bei seinem miesen Gospelvortrag lachen musste. Jeru the Damaja ist eigentlich ne coole Socke und kann live durchaus was, aber er hat irgendwie nicht gemerkt, dass seine sexistischen Witze im 21ten Jahrhundert nicht mehr so gut ankommen.
Zitat von Ninja_Hagen im Beitrag #434Rapshows mit lustlosen "Throw your hands up"-Anfeuerungsversuchen
Ätzend. Beliebt bei mir auch "Say Hooo". 1x ironisch, geh ich mit, aber 100x über den Abend übersteigt meine Empfänglichkeit. Man kann doch auch die Musik für sich sprechen lassen. Toll auch die vorher nie gehörten, Wortspiele, am besten im Kanon "Now the bros say hooo, and the hoes (hihi) say yeaah"
Ich hab mir die Bezeichnung ehrlich gesagt auch bei dir abgeschaut.
fast pünktlich um viertel nach acht betrat markus acher die bühne und machte eine bescheidene ansage, von wegen lieblingsbands eingeladen und "schön, dass ihr gekommen seid" (da war es noch halbleer).
erste lieblingsband waren die sacred paws, 2 mädels aus glasgow, die eine art twee/punk version von vampire weekend spielen - hochenergetisches afrikanisch infiziertes geschrammel und -getrommel - ging direkt in die beine und hat einen riesenspaß gemacht. toller auftakt.
dann rübergemacht in die kammer 3 zu carla dal forno. ziemliches kontrastprogramm. kühle soundlandschaften und distanzierter gesang. sehr gut zum runterkommen, ... sobald man sich in ein eck verzogen hatte, wo keine quasselstrippen nerven - und das hat gedauert. es wundert mich immer wieder: warum geht ihr nicht in die kneipe und trinkt ein bier oder meinetwegen prosetscho, sondern löhnt 69 öre, um euch über die aufregende woche an der uni zu unterhalten? wie auch immer, hat mir gut gefallen, auch wenn das eher was fürs home listening ist, als ein essenzielles live-erlebnis.
dann raus und gewundert wie viele leute zu den tenniscoats drängten, die darauf folgten. muss ich wohl mal auschecken. aber wir wollten ja unbedingt wieder zurück in die kammer 1 zum sun ra arkestra. und ich krieg mich immer noch nicht ein darüber. wie schafft es eine combo von - geschätzt - durchschnittlich 63 jahren eine derartige energie auf die bühne und ins publikum zu bringen? allein bandleader marshall allen ist 92!!! und trötet ein derart beherztes saxofon und spielt außerdem ein seltsames elektronisches blasinstrument, dem er wunderbar außerirdische klänge entlockt, die sicherlich direkt vom saturn stammen. insgesamt gibt es 4 saxofone, trompete, posaune, gitarre, kontrabass, schlagzeug, percussion, 1 sängerin und 1 (männliches) mädchen für alles. die bläser wechseln auch mal zur percussion, flöte oder singen, einer der saxofonisten, sicher auch schon schwer in den 60ern legte bei einem stück einen akrobatischen breakdance hin, der einem zwanzigjährigen zur ehre gereicht hätte. immer wieder zieht ein teil als marching band durchs publikum - es ist die hölle los. musikalisch ist das eine äußerst abwechslungsreiche soul/jazz/funk-revue; das experiment wird dabei meist in äußerst infektiöse grooves verpackt - nach anfänglichen soundproblemen klappte das wunderbar und pflanzte sich immer weiter ins erst staunende dann nur noch tanzende und tobende publikum fort. es war ganz und gar unglaublich und so schön, zuzuschauen, wie jung die musik diese z.t. steinalten menschen hält. das lässt doch hoffen, oder? danach war alles gesagt und getan. es wäre natürlich weiter im programm gegangen, aber was ließe sich da noch hinzufügen? wir zogen es vor, nachhause zu schweben. durch die dröge welt. vorbei an leuten, die keine ahnung hatten, das sie gerade mit das größte verpasst haben, was einem widerfahren kann.
es begann wieder mit einer kurzen ansage von markus acher, die ich allerdings nur mit einem halben ohr von der garderobenschlange aus hörte. mit the notwist als hauptact war schon etwas mehr los als am freitag.
auftritt joanna gruesome, die anfänglich mit der technik und schlechtem sound zu kämpfen hatten - der gesang kaum zu hören, gitarren und bass viel zu laut, aber der mixer hat es ziemlich schnell in den griff bekommen. und dann hat es auch viel spaß gemacht. rotziger pop-punk bei dem der abwechselnde gesang das salz in der suppe ist - eine biestige shouterin, die in sich gekehrt abwechselnd den boden und das schlagzeug anschreit und ein träumerle, die eher die melodischeren parts übernimmt und herzallerliebst ins publikum lächelt, während die band einen unglaublichen krach fabriziert. nach einer guten halben stunde wurden schon die letzten 3 songs angekündigt und nach einer etwas kurzen feedback-orgie war's das gewesen. kurz, laut, schnell, geil.
dann die überlegung, zum x-ten mal the notwist oder was neues ausprobieren? aus faulheit und der angst, bei melt-banana einen hörsturz zu erleiden (die neu erstandenen ohrenstöpsel leider wieder mal zuhause liegen gelassen) entschied ich mich für ersteres und ich denke, das war kein fehler. wie immer war es wiederum besser als alle, die ich vorher miterlebt hatte. perfect sound forever! die tolle anlage der kammerspiele fügte dem ganzen noch mal eine dimension hinzu. jedes rasseln, klöppeln und zischeln war klar und distinkt zu vernehmen. so deutlich kamen ihre soundspielereien bisher noch nie zum ausdruck. außerdem wird mehr und mehr die coda der stücke zum star der notwist-auftritte. sie spielten nur eine handvoll stücke, aber mal wieder in dermaßen ausufernden versionen, dass das ganze beinahe wie ein techno-set mit eingestreuten indie-rock-intros wirkte. wie immer lag der schwerpunkt auf "neon golden" (pilot, pick up the phone, trashing days, one with the freaks, this room), 3 von "close to the glass" (kong, into another tune und als absoluter höhepunkt des abends run run run), 2 von "the devil, you + me" (gravity, gloomy planets) und zu meinem entzücken auch mal wieder "puzzle" von der "12". "shrink" (mein notwist-lieblingsalbum) wurde leider vernachlässigt, aber das störte wahrscheinlich nur mich und das auch nicht alll zu sehr. wie immer bei heimspielen war das publikum komplett aus dem häuschen. zum schluss wurden noch die tenniscoats auf die bühnen gebeten, mit denen sie eines deren stücke spielten. eine sehr nette geste, wenn auch der song nicht besonders aufregend war.
danach war erstmal großer exodus. leider sind eben doch sehr viele NUR wegen notwist gekommen. schade, denn es folgten noch zwei absolute höhepunkte. zunächst mark ernestus' ndagga rhythm force aus dem senegal (ernestus war nicht zugegen, zumindest nicht auf der bühne). der bandname ist keine übertreibung, denn die veranstalten ein dermaßen irres getrommel, das direkt ins tanzbein geht. zunächst war der kehlige gesang etwas gewöhnungsbedürftig (der gatte konnte sich nicht daran gewöhnen und wechselte die location), aber er fügte sich mit der zeit doch recht stimmig ins soundbild. und dann war da diese un-glaub-liche tänzerin, die nach den ersten paar stücken auf die bühne stürmte. man sah erstmal nichts anderes als umherschleudernde gliedmaßen (ich hätte schwören können, dass es mehr als 4 waren). ich glaube nicht, das ein solches ausmaß an beweglichkeit im anatomischen bauplan des menschen vorhergesehen ist. wie auch immer, ihr auftritt belebte das ohnehin schon quirlige bühnengebaren der band nochmals und sie bauten immer wieder auch kleine schauspielerische elemente in ihr set ein. für mich war das was völlig neues und außerdem ziemlich lustig.
trotzdem wechselte ich dann doch vorzeitig in die kammer 2 zu hyperculte, wo ich den bereits irre zappelnden freund wieder traf. kein wunder, bzw. doch, weil es schier unglaublich ist was für einen sound das duo aus genf mit 1. schlagzeug und 2. kontrabass produzieren. letzterer wird mit einer batterie von effektgeräten, loopern, usw. als unversalinstrument eingesetzt. manchmal als gitarre, dann wieder als synthi und manchmal sogar als - tadah! - kontrabass. die schlagzeugerin hat irgendwo im hirn ein perfekt funktionierendes metronom eingebaut. der abwechselnde gesang ist eher egalo, wird aber auch immer wieder ganz interessant manipuliert, geloopt, gepitcht und schlachmichtot. heraus kommt dabei (mit dank an reverend und extra für wombat) organischer techno, der sowohl äußerst tanzbar ist, als auch gut fürs sofa geeignet, wie sich gerade zeigt. ein toller abschluss zweier toller abende. danke notwist, danke kammerspiele, gerne wieder!
Kölner Kammerchor & Collegium Cartusianum - J.S. Bach Marienkantaten im St. Maria im Kapitol, Köln Ja, ganz freiwillig setze ich mich natürlich nicht bei eisigen Temperaturen in eine zugige Kirche und höre mir Bachkantaten an. Aber ich tat ihr den Gefallen und bin ja auch grundsätzlich offen, ja. Peter Neumann hat den Kölner Kammerchor 1970 gegründet und genießt offenbar seit langem internationalen Ruhm. Das kleine Orchester präsentierte außerdem Instrumente, die man wirklich nicht alle Tage sieht/hört, wie das Cembalo oder die Laute (!). Neben vier Bachkantaten gab es auch zwei Marienvesper von Claudio Monteverdi aus dem Jahr 1610 und einen Klagegesang nur für Tenor in englischer Sprache von Strawinsky. Was soll ich sagen? Diese pfäffische Gottesanbetung bzw Marienverehrung "muss man mögen". Musikalisch gefiel es mir immer dann, wenn der Chor ran durfte - die Arien der Solisten (Tenor, Sopran, Bass und Alt) haben mich kolossal gelangweilt. Das Strawinsky-Stück war echte Folter. Am Ende gab's aber immerhin einen von Bachs Greatest Hits, das war sehr schön.
Und wer hätte gedacht, dass Bach auch Schlagertext konnte? "Wie bin ich doch so herzlich froh, Daß mein Schatz ist das A und O"
Kult-User und Bach-Aficionado Merseburg vielleicht, aber ich doch nicht!
Übrigens auch im Publikum: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, allerdings verkleidet, nämlich im casual look, ohne Fliege.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
gnathonemus Wochenendbericht liest sich wirklich toll. Ich wollte da eigentlich auch hin, da ich aber dieses Wochenende auf zwei Weihnachtsmärkten zum Fotografieren gebucht war, musste ich es bleiben lassen. Dafür bin ich insgesamt 13 Stunden in der Kälte herum gelaufen. Und ich friere noch immer.
Aber der Bericht ist mal wieder eine gute Erinnerung daran, mich endlich mit Sun Ra bzw. Sun Ra Akestra zu beschäftigen ... aber die nahezu unübersichtliche Diskographie bremst mich immer wieder aus und ich weiß einfach nicht recht wo ich da beginnen soll
Diese extrem umfangreiche Singles-Sammlung, die jetzt erschienen ist, werde ich auch nutzen, mich mal besser in Sun Ra einzuarbeiten. Bisher kannte ich nur den einen großen Hit (Space Is The Place) und viele kleine, irrsinnige Sachen, die mich nicht unbedingt gefesselt haben.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
hm, bin mir gerade nicht mehr so sicher, ob ich mir die singles-box zulegen werde. hab gestern beim reinhören auf spotify festgestellt, dass die doch recht durchwachsen ist.
als einstieg kann ich auf jeden fall die von gilles peterson zusammengestellt compilation "to those of earth ... and other worlds"empfehlen. das ist eine gesunde mischung aus eher straighten soul/funk-stücken und dem abgedrehteren jazz-kram. das hört sich ziemlich gut durch.