Gestern im Laden einen Riesling "feinherb" gesehen, mit dessen Kauf man die Winzer im Ahrtal unterstützen könnte. Glücklicherweise nach "feinherb" gegoogelt. Ist leider eine andere Bezeichnung für "halbtrocken".
„Feinherb“ wurde einst als Begriff von Winzern an der Mosel eingeführt. Die gesetzliche Bezeichnung „halbtrocken“ sollte so etwas positiver wahrgenommen werden. Erst nach einem Urteil des Oberlandesgerichts in Rheinland-Pfalz wurde der Begriff auf Weinetiketten erlaubt.
Ein feinherber Wein enthält mindestens 9 g Zucker. Er grenzt sich so von den trockenen Weinen ab. Der Zuckergehalt ist aber bei feinherben Weinen nicht gesetzlich geregelt und kann daher auch durchaus bei mehr als 18 g/L liegen.
Der Restzuckergehalt in trockenen, halbtrockenen, lieblichen und süßen Weinen ist hingegen gesetzlich geregelt.
Ein trockener Wein darf bis zu 4 g Zucker pro Liter enthalten. Der Zuckergehalt darf jedoch auf maximal 9 g/L ansteigen, wenn dabei die Gesamtsäure nicht mehr als 2 g/L niedriger ist als der Restzuckergehalt. Beispiel: trockener Wein mit 7 g Restzucker muss einen Säuregehalt von mindestens 5 g haben.
Ein halbtrockener Wein enthält maximal 12 g Zucker pro Liter. Der Zuckergehalt darf auf maximal 18 g Zucker pro Liter ansteigen, wenn dabei die Gesamtsäure höchstens um 10 g/L niedriger ist als der Restzuckergehalt. Beispiel: ein halbtrockener Wein mit 16 g Zucker muss mindestens 6 g Säure enthalten.
Liebliche Weine enthalten bis zu 45 g Zucker pro Liter.
Süße Weine müssen mehr als 45 g Zucker pro Liter enthalten
Ein Wein mit 8 g Zucker pro Liter kann also trocken, halbtrocken oder feinherb sein (abhängig auch vom Säuregehalt) Ebenso kann ein Wein mit nur 14 g Zucker pro Liter lieblich sein, aber auch halbtrocken oder feinherb. Letztlich entscheidend ist also das Zusammenspiel von Zucker- und Säuregehalt!
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Extra für zickzack wurde noch die Bezeichnung "furztrocken" eingeführt.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
in der DDR gab es wein mit einer restsüße unterhalb von fanta eigentlich nur als bückware. üblicherweise bekam man in konsum und gaststätten nur tropfen, gegen die der amselfelder aus dem untersten aldi-regal wie essig schmeckte. diese sozialisation führte in den 90ern (nicht nur) in meinem umfeld zu einigen culture clashs. unvergessen der tag nach dem mauerfall, als ich in meinem bevorzugten weinladen um die ecke jede menge ddr-bürger vorfand, die sich das dekadente angebot im kapitalismus besahen. ein älteres pärchen stand hand in hand vor einer auslage und betrachtete lange schweigend das gebinde chardonnay, bis er irgendwann meinte "zehn mork die flosche, un denn noch troggn!"
zum thema "bückware" ist übrigens anzumerken, dass diese zum großen teil aus erzeugnissen des anbaugebiets saale-unstrut bestand; bis heute bin ich nicht auch nur von einem einzigen tropfen enttäuscht gewesen, bei dem diese herkunft auf dem etikett vermerkt war. njam.
Zitat von tenno im Beitrag #698"furztrocken" ist allerdings nur die interne erläuterung für den önologischen fachbegriff "halbwegs trinkbar".
hihi, genauso ist's.
zum ddr-weinangebot: mit meinem grundkurs geschichte durften wir '87 eine von diesen gesponserten reisen in den harz, nach potsdam und berlin unternehmen. zum feierlichen abschluss hat unser geschichtslehrer zwei kisten algerischen rotwein spendiert, der zwar auch pappsüß war, aber vermutlich neben glykol auch noch jede menge schwefelsäure und sonstige aromastoffe enthielt. die kopfschmerzen, die der bei einem großteil der reisegruppe verursachte, waren legendär. ich weiß nicht, wieviel aspirin wir fressen mussten, damit dieses gefühl, er stehe kurz vor der explosion, halbwegs abgedämpft war. war also gut, dass wir uns vorher fast ausschließlich von bier ernährt hatten. das war trinkbar, nebenwirkungsfrei und bei durchschnittlich 17 pfennig pro flasche blieb vom zwangsumtausch noch jede menge alu für jede menge schrott übrig.
Den Begriff „feinherb“ kannte ich bisher nur von Schokolade. Ob es wirklich geschäftsfördernd ist, Wein mit einem Begriff aus der Schokoladenindustrie verkaufen zu wollen? Dann wundern sich die Winzer, dass deutscher Wein so einen schlechten Ruf hat. Die Flüssigzucker-Weine in den 1980ern kamen doch von der Mosel, die nicht im Osten liegt. Und ein Zitat einer westerwälder Cousine meiner Mutter fällt mir ein, die zu ihrer und ihres Gatten Vorliebe für süße Weine meinte, „daran erkennt man, dass wir Bauern sind“.
Eine Story, die einen im Sommer kurz mal an der Menschheit zweifeln ließ, mal von der anderen Seite erzählt. Kaum fassbar, dass die Betrachtungsweisen SO auseinander gehen. Dazugelernt habe ich vor allem: Diese Empörungsmaschine, die in den Medien gerade heißläuft, muss man echt gut im Auge behalten, damit man sich nicht die Finger dran verbrennt.