Hier hat es ein Familientreffen in einem Restaurant gegeben mit etwa zehn Leuten, das sich schließlich zum Spreading-Event entwickelt hat. Ungünstig war vor allem, dass sich auch MItarbeiter angesteckt haben, aber was sich natürlich erst herausgestellt hat, nachdem einige Familienmitglieder getestet worden waren, also nach zehn Tagen und mehr. Insgesamt zog sich diese Infektionskette einige Tage - möglicherweise bis heute und sie ist für ca. 20 Positivtests verantwortlich.
Zitat von Vermooste_Pfote im Beitrag #2235Mich ermüdet die Argumentation, dass Gastronomie, Tourismus etc. bislang keine große Rolle bei der Ansteckung gespielt haben. Natürlich ist es schlimm für diese Branchen. Aber es hilft ja auch nicht, einfach zu sagen "Hier steckt man sich nicht an". Man weiß es doch gar nicht genau. Laut RKI kann man nur 25% der entdeckten Infektionen einem Ausbruch zuordnen.
Im Moment, ja. Aber man hatte jetzt viele Monate Zeit, um sich bei recht geringen Corona-Infektionen genau anzuschauen, wo die Ansteckungen herkommen und wie sie weiter verlaufen. Meines Wissens gab es dort keinerlei Erkenntnisse, dass dafür der Veranstaltungsbereich oder die Gastronomie verantwortlich wären. Und ein "könnte aber doch sein" reicht mir wirklich nicht aus, um da nun rigoros die Schotten dicht zu machen.
Noch absurder ist es bei der Hotellerie. Dort sammeln sich keine Massen an, sondern sie übernachten in kleinen Einheiten. Dazu kommt noch, dass das Beherbergungsverbot in mehreren Bundesländern von Gerichten gekippt wurde. Jetzt führt man es einfach bundesweit wieder ein.
Was am Ende fehlt ist eine echte Strategie. Die jüngst beschlossenen Schließungen sollen unser Weihnachten retten, aber für Neujahr gibt es schon keinen Plan mehr. Ein Shutdown nach dem anderen kann ja wohl nicht die Lösung sein.
Die allgemeine Akzeptanz für die staatlichen Maßnahmen ist derzeit noch sehr hoch, aber schon deutlich niedriger als am Anfang der Pandemie. Das wird sich auch nicht bessern, wenn noch mehr Beschlüsse gerichtlich gekippt werden.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ja, bei den Hotels sehe ich das auch so. Bezüglich der Gastro fand selbige bis vor kurzem ja überwiegend draußen statt, entsprechend gewonnene Daten hätten für den November also nur eine geringe Aussagekraft gehabt.
Wir haben 75 Prozent Grauzone, man weiß also nicht, wo die meisten Ansteckungen erfolgen. Man macht ja Hotels und Gastro auch nicht zu, weil sie bekannte Hotspots sind. Sondern weil man die Zahl der Kontakte insgesamt deutlich verringern will. Wenn man gleichzeitig den Großteil der Arbeit und die Schulen offen lassen will, bleibt ja nur „alles andere“. Wer in die Kneipe geht oder eine Dienstreise macht, nutzt ja teilweise auch den Nah- und Fernverkehr zb. Es geht also nicht um Einzelmaßnahmen, sondern den Gesamteffekt. Man kann den gesamten „Lockdown soft“ diskutieren oder die Frage, ob Schulen und Fabriken auf sein sollten. Es ist aber eher sinnlos, jede Einzelmassnahme des „alles außer Schule und Arbeit“ zu diskutieren.
Wobei dieses "über Bande spielen" zuletzt juristisch meist keinen Bestand hatte, sondern nur zielgerichtete Maßnahmen als legal bewertet wurden. Das dürfte auch jetzt spannend werden (auch wenn es aufgrund der in Aussicht gestellten 75% Erstattung des Umsatzes nur eine geringe Klagewut geben dürfte, damit fahren ja alle Betriebe besser als wenn sie inmitten der Pandemie offen bleiben).
Vor allem schließen jetzt die Betriebe, bei denen eine Rückverfolgung noch am ehesten funktioniert. Dass die Gesundheitsämter nicht mehr hinterherkommen, hat ja auch mit Planungsversäumnissen zu tun. Dass die Zahlen in den kalten Monaten steigen würden, konnte man bereits im Frühjahr ahnen. Und da kommen wir wieder zu meinem Punkt von oben:
Zitat von Lumich im Beitrag #2238Was am Ende fehlt ist eine echte Strategie. Die jüngst beschlossenen Schließungen sollen unser Weihnachten retten, aber für Neujahr gibt es schon keinen Plan mehr. Ein Shutdown nach dem anderen kann ja wohl nicht die Lösung sein.
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Die Rückverfolgungwahrscheinlichkeiten in der Gastronomie halte ich für sehr begrenzt. Und es wird eher die Ausnahme sein, dass sich nun 50 Leute halt jeden Abend in einem Privatraum treffen. Das fehlende langfristigere Konzept ist natürlich richtig. Habe bislang aber auch kaum überzeugende Alternativen gelesen.
Zitat von faxefaxe im Beitrag #2243Die Rückverfolgungwahrscheinlichkeiten in der Gastronomie halte ich für sehr begrenzt.
Ich nicht. So lange, wie kontrolliert wird, dass die Listen wirklich geführt werden, ist da viel möglich. Bei der Hotellerie geht ohne Registrierung ohnehin nichts. Das Fehlen von Alternativen halte ich auch für ein schwaches Argument, vor allem vor Gericht.
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Eine Anfang September vorgeschlagene Strategie von Drosten ist ja, sich auf Quellcluster zu konzentrieren. Einzelfallverfolgung ist bei so hohen Fallzahlen nicht mehr zu leisten. Bei neuen Fällen würde dann abgefragt, ob man an einem Clusterevent teilgenommen hat (größere Ansammlung wie Feier, Schulklasse, etc.). Wenn das der Fall ist müssen sofort alle Teilnehmer dieses Clusters für 10 Tage in Isolation. Ohne vorherige Testung. Nach 5 Tagen könnte man sich "freitesten" und bei niedriger Viruslast die Isolierung aufheben. Das System wäre sehr schnell und man verhindert Superspreading. In Japan war man damit sehr erfolgreich. Allerdings braucht man für die Verhängung der Isolation des Quellclusters einen Beschluß, um es umsetzen zu können. Ich denke daran wird es scheitern.
Aber ohne eine Änderung der Strategie befürchte ich, dass wir schnell wieder im exponentiellen Wachstum sein werden.
In der Gastronomie müssen sich die Leute daran erinnern, dass sie vor einer Woche in einem Café waren, die Listen müssen ordentlich geführt sein, die anderen Besucher müssen ihren echten Namen angegeben haben. Ein sehr wackliges System. Wenn Deine Nachbarin erkrankt ist, und Du sie besucht hast, lässt Du Dich testen. Kein Wunder, dass die meisten Infektionsketten im privaten Umfeld gefunden werden. Gibt kaum noch Situationen, in denen sich 50 Menschen stundenlang redend in einem Raum aufhalten - außer in der Gastronomie. Wenn Übertragung tatsächlich auch über Aersole stattfindet, gibt es keine „überzeugenden Infektionskonzepte“.
Ich bin auch skeptisch, ob der aktuelle Lockdown wirklich sinnvoll ist. Aber die Heiligsprechung der Gastronomie als sicheren Ort finde ich albern.
Es geht hier nicht um Heiligsprechung, sondern um die Beweislast. Alles andere wäre Willkür. Und es gibt auch noch die Hotellerie, ebenso wie Theater und Kinos. Alle haben schlüssige Konzepte entwickelt, haben teilweise erheblich investiert und werden dafür in den Allerwertesten gekniffen. Die Geldzahlungen mögen das schlimmste abfedern, je nach dem wie gut das funktioniert, aber wenn der Topf leer ist, ist er leer. Was passiert dann?
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Es ist natürlich keine Willkür, wenn das öffentliche Leben soweit wie möglich heruntergefahren wird, um eine Pandemie zu stoppen. Auch Fitnessstudio-Betreiber, etc pp haben Hygienekonzepte (und auch dort müssen die Leute irgendwie hinkommen).
Man mag es ja für untauglich halten, eine Pandemie alle drei Monate mit dem Hammer zu stoppen, weil man danach immer wieder in die selbe Situation hineinläuft.
Aber aktuell steigen sowohl die Infiziertenzahlen als auch die belegten Intensivbetten (auf niedrigem Niveau) stark an. Wenn ich daraus den Schluss ziehe, die Zahl der Kontakte drastisch reduzieren zu wollen, ist sowohl die Schließung von Theatern als auch Gaststätten ein logischer Schritt und keineswegs Willkür. Von tieferem Niveau werden sie dann wieder mit Hygienekonzept geöffnet.
Aber was soll man machen? Es geht ja nur a) alle bleiben komplett für vier Wochen zu Hause und b) wir machen so weiter wie bisher, was nicht funktioniert. Und da muss eben ein Mittelweg gefunden werden, der eben private Treffen unterbindet. Das geht eben nur in Gastro und Kultur. Merkel hat ja gesagt, dass die Hygienekonzepte nicht mehr ausreichen.
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