Zitat von LFB im Beitrag #3025Jetzt die volkswirtschaftlichen Milliardenschäden durch weitere Verschärfungen nochmal zu potenzieren und viele Menschen auch psychisch komplett gegen die Wand zu fahren um damit die Infektionen von 20.000 auf vielleicht 18.000 am Tag zu senken, das scheint mir die Sache nicht wert. In ein paar Monaten haben wir es ja geschafft.
Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ein Absenken der täglichen Infektionen von 20.000 auf vielleicht 18.000 eben auch bedeutet, dass es täglich 2000 Infizierte weniger und damit auch täglich etwa 44 Tote weniger gibt. 1300 Tote im Monat – dies ist eine Größenordnung, die in ganz anderen Bereichen des Lebens durchaus Beachtung finden würde!
Aber wir sind ja längst in einer Situation angekommen, in der Menschenleben nur als ökonomische Kollateralschäden zu gelten haben. Würden diese 44 Menschen täglich irgendwo in einem Bergwerk verschüttet, in einer Höhle eingeschlossen oder in einer brennenden Lagerhalle gefangen sein, würde man vermutlich analog zur Coronasituation aktuell sagen: Aufwändige Rettung? Und auch noch jeden Tag woanders? Na, das ist diese Sache aber nicht wert… das nehmen wir besser mal eine zeitlang so hin. Zumindest, wenn die Gesellschaft aus lauter LFBs bestünde… (das musste jetzt sein )
Unabhängig davon gibt es für die Maßnahmen ja Gründe. So ein Virus überträgt sich nun einmal durch Kontakte. Und die finden eben noch viel zu häufig statt. In den letzten drei Monaten hat sich die Zahl der Infektionen in Deutschland immerhin verachtfacht. Zuletzt starb in Deutschland alle 80 Sekunden ein Mensch an oder mit Corona. An drei Tagen sterben 2021 so viele Menschen an Corona wie etwa im ganzen Jahr 2019 im Straßenverkehr.
Warum Ausgangssperre? Weil so auch größere Zusammenkünfte oder gar Partys in Privatwohnungen besser unterbunden werden können. Bei völlig freier Bewegungsmöglichkeit am Abend ist zudem der Besuchskontakt untereinander viel höher als bei einer strikten Zeitbeschränkung. Ein gemeinsames Essen oder ein Filmabend entfällt bei einer Ausgangssperre eben eher einmal.
Studien aus China zeigen, wie wichtig frühe radikale Maßnahmen sind. Und wie wichtig es ist, die Erkrankten zu isolieren und Kontaktpersonen nachzuverfolgen. Contact Tracing hat in China höchste Priorität. Aber: Contact Tracing bedeutet, dass im Schnitt für jeden Infizierten immerhin 36 Personen nachverfolgt werden müssen. Dies bringt Gesundheitsbehörden an ihre Grenzen. Genau deshalb werden letztlich die sozialen Kontakte auch für alle Gesunden möglichst stark beschränkt. Je weniger Kontakte es untereinander überhaupt noch gibt, desto besser und auch schneller lassen sie sich ggf. nachvollziehen.
Die extrem hohen Kosten einer Quarantäne werden von den volkswirtschaftlichen Folgekosten einer noch stärkeren Ausbreitung bei weitem übertroffen. Die Corona-Kosten werden übrigens auf viele Jahre verteilt. NRW etwa will dies alles auf die kommenden 50 Jahre verteilen. Das ist gar nicht so ungewöhnlich. 2010 etwa zahlte das Bundesfinanzministerium letztmals eine Rate von 200 Millionen Euro. Und zwar für eine deutsche Anleihe aus dem Ersten Weltkrieg - also 92 Jahre nach dem Ende der Kriegshandlungen. Corona und die Folgen bezahlen also ohnehin noch mehrere Generationen.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Zu den Grenzen der Gesundheitsämter frage ich mich übrigens, warum da der Gedanke an Wochenend-Arbeit noch nicht mal angesprochen wurde. Ständig heißt es zu den oh-so-superwichtigen Zahlen, die sie uns mehrmals täglich um die Ohren hauen, dass sie nicht verlässlich und/ oder nicht vergleichbar seien,weil Feiertage und Sonntage ohne Meldungen vergehen. Mehr Leute einstellen, sieben Tage die Woche arbeiten, verlässliche Zahlen. Oder?
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Zitat von Mory im Beitrag #3032Zu den Grenzen der Gesundheitsämter frage ich mich übrigens, warum da der Gedanke an Wochenend-Arbeit noch nicht mal angesprochen wurde. Ständig heißt es zu den oh-so-superwichtigen Zahlen, die sie uns mehrmals täglich um die Ohren hauen, dass sie nicht verlässlich und/ oder nicht vergleichbar seien,weil Feiertage und Sonntage ohne Meldungen vergehen. Mehr Leute einstellen, sieben Tage die Woche arbeiten, verlässliche Zahlen. Oder?
Das könnte ein reines Personalproblem sein. Schon im Dezember unterstützte die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe 297 Gesundheitsämter in allen 16 Bundesländern mit mehr als 6.000 Angehörigen.
Hier in NRW leistet die Bundeswehr in den Städten Aachen, Düsseldorf, Köln, Herford, Siegburg, Unna, Dortmund, Viersen-Dülken, Solingen, im Rheinisch-Bergischen Kreis, Gelsenkirchen, Gummersbach, Heinsberg, Wesel, Wuppertal, Bonn, Hagen, Düren, Warendorf, Grefrath, Solingen, Wesel, Duisburg, Mettmann, Leichlingen, Bielefeld, Bergisch Gladbach, Bottrop, Gütersloh, Siegen, Olpe, Herne, Kleve, Leverkusen, Herford, Lemgo, Lüdenscheid, Lippe, Minden, Euskirchen, Recklinghausen, Lüdenscheid, Paderborn, Coesfeld, Remscheid, Mönchengladbach und Gronau eine Amtshilfe zur Nachverfolgung in den jeweiligen Gesundheitsämtern. (Stand: 15.01.2021 - 10:30 Uhr)
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Also unser Gesundheitsamt meldet zumindest am Wochenende auch Zahlen.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Noch ein Hinweis: die Zahlen sind deshalb meist nicht so gut vergleichbar, weil es an Wochenenden oder an Feiertagen deutlich weniger Arztbesuche gibt und auch weniger Tests. Das „wahre Ausmaß“ zeigt sich dann erst mit etwas Verzögerung.
Zudem sind die Corona-Testlabore in den einzelnen Bundesländern auch sehr unterschiedlich verteilt. In Bayern gibt es z.B. 76 Testlabore, in Niedersachsen kein einziges. Die meisten werden privat betrieben...
Je nach Auslastung muss man auf ein Testergebnis bis zu vier Tage lang warten. Die eigentliche Analyse dauert drei bis fünf Stunden, hinzu kommen die Zeit bis zur Probenentnahme, der Transport zum Labor und die Validierung durch den Arzt. Besonders lange dauert es teils bei Personen, die montags einen Corona-Test machen, weil die Nachfrage an diesem Tag besonders hoch ist.
Zumeist werden nach den Vorgaben des RKI die "Proben mit höherer Priorität" zuerst abgearbeitet - also die von direkten Kontaktpersonen oder akuten Corona-Verdachtsfällen.
Jedes Bundesland arbeitet dabei auch nach eigenen Vorgaben. In Bremen etwa haben alle Kliniken, das Gesundheitsamt und symptomatische Personen immer Vorrang vor symptomfreien Personen wie Urlaubern. Kommt es etwa zu einem Ausbruchgeschehen in einer Pflegeeinrichtung, wo vulnerable Gruppen betroffen sind, hat die dortige Bearbeitung zunächst einmal Vorrang. Wichtig ist auch die Transportroute. Bei einem Test etwa zur Mittagszeit erfolgt der Probentransport erst am Nachmittag und im Labor wird dann frühestens am Folgetag ausgewertet. Viele der Labore haben zudem schon am Freitag geschlossen und nur etwa in Hamburg, Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg wird auch am Wochenende noch gearbeitet.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Auch das beobachte ich hier genauso. Die höchsten Zahlen sind standardmäßig mittwochs und donnerstags, weil dann die Ergebnisse der Montagsproben ankommen.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ich glaube, die Siebentageschnitte reichen für politische Entscheidungen. Nur, um den Wochenendeffekt auszuschalten würde ich die Gesundheitsämter nicht am Wochenende arbeiten lassen. Wäre für Kontaktverfolgung was anderes.
Da stimme ich zu. Würde mein sich täglich auf eine Personenwaage stellen, jeweils sein Körpergewicht notieren und zudem auch noch immerzu das Durchschnittsgewicht der letzten 7 Tage berechnen, würde man auch nicht plötzlich und unerwartet zum Leichtgewicht, nur weil man einmal zwei Tage nicht ganz korrekt auf der Waage stand.
Die Werte seit November sprechen ja durchaus für sich… (Corona-Todesopfer in Deutschland)
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Zitat von faxefaxe im Beitrag #3038Ich glaube, die Siebentageschnitte reichen für politische Entscheidungen. Nur, um den Wochenendeffekt auszuschalten würde ich die Gesundheitsämter nicht am Wochenende arbeiten lassen. Wäre für Kontaktverfolgung was anderes.
Vollkommen richtig.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Hier arbeitet das Gesundsheitsamt auch am Wochenende. Eine Bekannte von mir bekam am 03.01.2021 (Sonntag) einen Anruf durch die Kontaktnachverfolgung mit der Aufforderung, die nächsten 5 Tage in häuslicher Quarantäne zu bleiben.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von akri im Beitrag #3031 Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ein Absenken der täglichen Infektionen von 20.000 auf vielleicht 18.000 eben auch bedeutet, dass es täglich 2000 Infizierte weniger und damit auch täglich etwa 44 Tote weniger gibt. 1300 Tote im Monat – dies ist eine Größenordnung, die in ganz anderen Bereichen des Lebens durchaus Beachtung finden würde!
Aber wir sind ja längst in einer Situation angekommen, in der Menschenleben nur als ökonomische Kollateralschäden zu gelten haben. Würden diese 44 Menschen täglich irgendwo in einem Bergwerk verschüttet, in einer Höhle eingeschlossen oder in einer brennenden Lagerhalle gefangen sein, würde man vermutlich analog zur Coronasituation aktuell sagen: Aufwändige Rettung? Und auch noch jeden Tag woanders? Na, das ist diese Sache aber nicht wert… das nehmen wir besser mal eine zeitlang so hin. Zumindest, wenn die Gesellschaft aus lauter LFBs bestünde… (das musste jetzt sein )
Der typische, selbstmitleidige Akri-Populismus (das musste jetzt sein ). Du hast auch nach einem Jahr Pandemie offenbar noch nicht begriffen, dass ein absoluter Schutz des Lebens weder moralisch noch rechtlich gefordert ist und auch gar nicht durchführbar ist. Wenn wir die Todesrate im Straßenverkehr auf Null setzen möchten ("um die Menschen nicht den Interessen der Ökonomie zu opfern") muss jeglicher Straßenverkehr abgeschafft werden. Wenn wir die Zahl der Opfer von Flugzeugabstürzen global auf Null setzen möchten, müssen wir den Flugverkehr komplett abschaffen. Wenn wir tödliche Sportunfälle abschaffen möchten, müssen wir jeglichen Sport verbieten, diese Liste lässt sich endlos fortsetzen. Wenn wir während einer globalen Epidemie durch stringente Maßnahmen bei uns die Infektionszahlen stabil in einer Größenordnung halten, die verhindert, dass das Gesundheitswesen kollabiert, dann ist das ein Erfolg, um den uns viele Länder zu Recht beneiden. Der Grenznutzen weiterer Maßnahmen ist erwiesenermaßen gering (gibt es übrigens eine gute Studien zu), die Grenzkosten (nicht nur in ökonomischer Hinsicht) sind sehr hoch (auch weil dann deutlich rabiatere Eingriffe in die Grundrechte als jetzt nötig werden und die Versorgung der Bevölkerung dann eine Herkulesaufgabe wird). Deshalb wird es immer um ein Abwägen und als Gesellschaft ein "Leben mit dem Virus" gehen, zumindest bis die Impfungen greifen. Eine Ausrottung ist mit Blick auf die Situation in unseren Nachbarländer, unsere geografische Lage (in Island würde meine Bewertung anders aussehen), unsere strengen Vorgaben in Bezug auf den Datenschutz und die Sturheit mancher Bevölkerungskreise (die dafür auch das Risiko einer Infektion tragen) einfach nicht realistisch. Natürlich war es beispielsweise rein in Bezug auf Corona (trotz meines neuen negativen Tests und entsprechender weiterer Maßnahmen) gestern grenzwertig, Squonks Frau zu treffen und mit ihr zu Squonk in die Klinik zu gehen. Trotzdem habe ich es gemacht, das ganze nennt man ein Abwägen von Interessen und Risiken, dem müssen wir uns als Individuen stellen und auch als Gesellschaft insgesamt.