Zitat von LFB im Beitrag #794Für mich ist das auch bei jeder Krise (2015, Covid, Ukraine Krieg) befremdlich, wie wenig gelassen wir in Deutschland grundsätzlich mit abweichenden Meinungen umgehen und insbesondere denjenigen, die sie vertreten. chwächt man unsere Demokratie statt sie zu stärken.
das ist jetzt vielleicht ein allgemeinplatz, aber wo soll die gelassenheit denn herkommen? das internet funktioniert mit schlagzeilen, jene sind oftmals schon dermaßen übersteigert, dass einem schwindelig wird (als clickmagnet ist beispielsweise ja "atomkrieg" momentan ungeschlagene nummer eins), fernsehen und rundfunk steuern ihren teil dazu bei. talkshows funktionieren heutzutage ja kaum anders, als früher eine schulhofschlägerei - möglichst gegensätzliche positionen kommen an den tisch (was gut ist), aber für mehr als gegenseitiges anblaffen bleibt kaum zeit (was schlecht ist).
eingeladen werden protagonisten, die dieses schema bedienen, strack-zimmermann, varwick ("ATOMKRIEG!") oder eben aktuell 24/7 sarah wagenknecht. mag ja sein, dass all diese menschen etwas zu sagen haben, man bekommt es in diesen formaten aber nicht mit. und draußen schaukelt sich die meinung hoch, die dann eben zu einem guten teil auf schlagzeilen und blaffen fusst. das ist alles nun wirklich nicht neu, aber mir fehlt gerade in den medien die streitkultur, die sich zeit für eine inhaltliche auseinandersetzung nimmt.
neulich habe ich auf youtube im kanal "streitklub" der goethe-universität frankfurt einen bühnentalk gesehen, der sich tatsächlich einmal knappe zwei stunden zeit genommen hat, menschen mehr oder weniger ausreden zu lassen (gäste waren varwick ("ATOMKRIEG!") und carlo masala, moderiert wurde von nicole deitelhoff und michel friedman). natürlich hat man da zwei protagonisten, die auf twitter etc. hinlänglich polarisieren, aber beiden zuzuhören, was sie eigentlich zu sagen haben, und worauf sie hinauswollen, war extrem spannend (und endlich hat jemand mal varwick so lange die richtigen fragen gestellt, bis klar wurde, was eigentlich die konsequenzen dessen argumentation sind).
genau das hätte ich mir in der aktuellen diskussion um schwarzer und wagenknecht auch gewünscht, sie einmal so lange reden lassen, so lange nachzufassen, bis auch dem letzten klar wird, dass ihr großer "friedensplan" nichts als eine belohnung des agressors ist. ich habe einfach angst, dass viele menschen nur das wort "verhandlungen" und "frieden" hören und denken "ach, verhandlungen sind doch immer besser als totschießen, da gehe ich mit". das war jetzt viel sinnloses blabla von mir, aber mir fehlt einfach die ebene in der diskussion, die die schlagzeilen mit inhalten füllt. dann käme die gelassenheit gegenüber, bzw. der respekt vor, abweichenden meinungen vielleicht von ganz allein.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
hier zwei sehr sachliche und um Welten informiertere , echte Experten: Krastev, als Quelle für die politisch-geschichtlichen Verhältnisse, und Reisner als ehrlicher militärischer Chronist der bisherigen Ereignisse.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #790Meine geliebte Christine Buchholz mal wieder:
Die Kundgebung »Aufstand für Frieden« war ein großer Erfolg. Die Veranstalter*innen sprechen von 50.000 Teilnehmenden. Sie kommen damit der Realität deutlich näher als die Polizei, die von 13.000 sprach.
Bin gerade schon wieder gestolpert.
DIE LINKE war über einzelne Fahnen, zwei Hochtransparente (eins gegen Aufrüstung, Waffenlieferungen und Krieg, ein anderes gegen rechts), sowie durch 120 Demoschilder, die zwei Berliner Bezirksverbände auf Eigeninitiative erstellt hatten, sichtbar.
Einzelne Fahnen, zwei Hochtransparente und 120 Demoschilder bei angeblich 50 000 TeilnehmerInnen? Nicht schlecht.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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