Woher kommt bei manchen von euch eigentlich diese extrem ablehnende Haltung diesen Tools gegenüber bzw. - so lese ich eure Einlassungen dazu - dem Gedanken gegenüber, dass es sich hierbei um extrem disruptive Technologie handeln könnte?
Ist ChatGPT wirklich die disruptive Technologie oder nicht eher die KI, die hinter diesem Tool steckt? Abgesehen davon ist eine Einordnung, was die tatsächliche Leistungsfähigkeit aktueller KI-Systeme betrifft, nicht so einfach. Ich denke das ganze wird abwechselnd über- und unterschätzt.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
disruptiv? keene ahnung was du damit meinst. für mich ist das einfach langweilig/banal. wie ich schon schrub: wenn da mal was interessantes rüberkommt, bin ich an bord, aber bisher: nö.
mir ist die disruptivität der dahinterstehenden technologie durchaus bewusst; das betrifft ja auch nicht nur texte und stehende bilder. in meiner branche geht schon vielen der arsch auf grundeis, und das überwiegend nicht zu unrecht. viele kollegen arbeiten auf einem niveau, das vermutlich in einigen jahren von der KI eingeholt wird; ein großteil der übersetzungen ist jetzt schon entweder direkt von deepL, oder sogar so dürftig, dass ich den verfassern den gebrauch anraten würde. mehrere firmen arbeiten an technologien, um urheberrechtsfreie sprecherstimmen zu generieren; von der option, brad pitt mit seiner eigenen stimme deutsch sprechen zu lassen, mal ganz abgesehen. nach meinem jetzigen wissensstand geb ich der KI maximal 5 jahre, bis sie zumindest bei den qualitativ nicht so hochwertigen produkten einen großteil der jobs in der synchronbranche überflüssig gemacht hat. ob sie bei top-arthouse-produkten jemals mithalten kann, bezweifle ich (noch); das wäre ab einer gewissen qualitätsstufe ja auch eine frage des interfaces - wie genau kann ich mit einer technologie emotional arbeiten, die emotionen nur aus dritter hand extrapolieren kann, und (bislang) kein echtes assoziationsvermögen hat?
Weiß nicht, wo für dich (Lumich) die Technologie beginnt oder endet - ChatGPT ist doch nur der Name für ein Interface, mit dem ich mit der KI kommunizieren kann, oder?
@gnatho: Disruptive Technologien sind solche, die massive Änderungen im Alltag der Menschen hervorrufen, reihenweise alte Jobs unnötig machen und möglicherweise durch neue ersetzen, Kulturpraktiken komplett verändern, die Sichtweise auf die Welt beeinflussen usw. Künstliche Intelligenz ist in diesem Sinne ja schon seit Jahren sehr präsent. Mit einem Tool wie ChatGPT wird das meiner Meinung nach aber nochmal auf eine neue Stufe getrieben, weil die Aufgaben, die hiermit weitgehend zufriedenstellen gelöst werden können, so vielfältig sind, was bei anderen KI bisher nicht so sehr der Fall war. Wenn man an Webdesign und ähnliche Programmierungs-Jobs denkt, kann laut Expert*innen extrem viel Arbeit für mittelmäßige Programmierer zum Beispiel in Sekunden von der KI erledigt werden. Ebenso Übersetzungsdienstleistungen und geringere Kreativleistungen. Das wird Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Aufgaben in Schulen und Unis werden sich verändern müssen, weil es inzwischen Klassen gibt, in denen 3/4 der Schüler Aufsätze abgeben, die von ChatGPT geschrieben wurden. Und das sind alles nur erste Ideen.
Von diesen Sprach-Generierungs-Modellen einmal abgesehen gibt es natürlich noch ganz andere Anwendungsgebiete, zum Beispiel Kartographie, medizinische Diagnosen, Fehleranalysen und Muster-Suche in großen Datenmengen, usw usf.
Ich glaube zum Beispiel, dass sehr viele Menschen sehr viel Zeit damit verbringen, mittelmäßig komplexe, überhaupt nicht kreative, sondern repetitive Pflichtaufgaben zu erfüllen. ChatGPT und vergleichbare Programme werden sehr viele solcher Aufgaben semi-automatisiert erledigen. Da kommt dann an sich nichts faszinierendes bei raus - ebenso wenig wie wenn ich den Kram selbst erledige. Hoffentlich aber eben mehr gedanklicher Freiraum bei den Nutzer*innen der Tools, um Zeit für die wichtigen Dinge zu haben.
Leute, die mit solchen Werkzeugen gut umgehen und Effizienz-steigernde Wege der Nutzung finden können, werden sich das Leben in vielen Aspekte sehr vereinfachen können.
Zitat von Quork im Beitrag #66Weiß nicht, wo für dich (Lumich) die Technologie beginnt oder endet - ChatGPT ist doch nur der Name für ein Interface, mit dem ich mit der KI kommunizieren kann, oder?
Ich will jetzt nicht so tun, als ob ich mich so super damit auskennen würde. Was ich meinte ist, dass ChatGPT lediglich eine Anwendung ist, die auf KI-Technologien basiert. KI insgesamt findet sich seit langem in zahlreichen Anwendungen. Alles zusammen würde ich eher als disruptiv einschätzen als eben nur diese eine Anwendung, aber so intensiv habe ich mich mit dem Thema nicht beschäftigt.
An ChatGPT selbst hat mich zunächst überrascht, wie schnell man dort auf Grenzen prallt. Ich hatte anderes erwartet. Im zweiten Schritt versuche ich diese Grenzen zu dehnen und empfinde das als inspirierende Spielerei. Es gäbe natürlich unzählige andere Möglichkeiten, dieses Tool zu benutzen, die sich für mich bisher nicht anbieten, insofern beschränkt sich mein Blick lediglich auf einen winzigen Ausschnitt.
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ich hab kein problem damit, dass ki demnächst dienstleistungs-jobs übernehmen, die eher öde bis erniedrigend sind, so wie roboter ebensolche arbeiten im produzierenden gewerbe übernehmen, aber - bitte - kreativität will ich mit solchen 0-1-maschinen nicht vorgegaukelt bekommen. das wäre perfide, aber ich fürchte, dass netflix oder amazon bereits solche pläne in der schublade haben.
Ich glaube, solche KI-Tools werden halt in ein paar Jahren genau so ein Werkzeug zur Umsetzung kreativer Energie sein, wie es heute Photoshop, Autotune und Special Effects im Film sind. Es kommt immer drauf an, wie man sie nutzt.
Der kreative Prozess liegt für mich in der gezielten Auswahl der Ergebnisse und in der Entwicklung der jeweiligen Fragestellungen. Das ist für mich ein bisschen wie Digitalphotographie, wo man unter zahlreichen mal mehr, mal weniger gezielt geschossenen Bildern am Ende die guten herauspickt. Klar, hatte ein Ausnahme-Könner wie Cartier-Bresson so etwas nicht nötig, aber deshalb muss ich es nicht schlecht finden.
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nein, aber es muss ein kreativer prozess dahinter erkennbar sein. und das sollte auch für den relativen laien einigermaßen nachvollziehbar sein. ansonsten wäre es für mich billiges besserwissen a.k.a. betrug.
Letztendlich braucht man noch immer gute Ideen für gute Ergebnisse. So war es bei allen anderen technologischen Neuerungen auch, die sich auf die Kunst ausgewirkt haben, wie zuletzt die Entwicklung von Musik-Software und -Hardware, die es auch Leuten möglich macht zu musizieren, die nicht viel Wissen oder Können mitbringen.
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