Da bin ich ganz beim Gnathonemus. Ich bin kein Sprachforscher, aber ich habe schon das Gefühl, dass es zum Abgrenzen von Menschen oder -gruppen immer sehr schnell Wortschöpfungen gibt
Zitat von gnathonemus im Beitrag #2236das heißt ja nicht, das man kulturelle unterschiede negieren soll, um die es m.e. eher geht. aber geht mir bitte mit dieser blut und boden-scheiße weg.
es geht mir ja auch darum, die diskussion auf diese ebene zu bringen. natürlich bedeutet "migrationhintergrund" ja effektiv auch nix anderes; und realistischerweise muss man nur sehen, dass kulturelle unterschiede bei vielen zuwanderern nach ein bis zwei generationen verwischen, während sie bei anderen auch noch in der dritten und vierten generation deutlich spürbar sind (inwieweit das ein problem darstellt oder nicht, ist ja noch mal ein anderes thema). ich würde auch den wenigsten anwendern solcher wörter wie "biodeutscher" unterstellen, tatsächlich anhänger einer völkischen rassenlehre zu sein; den meisten dürfte es eben auch um den culture clash gehen. nur dass das für viele eben im selben topf schwimmt, weil sie sich nicht in so vielen akademisch-antifaschistischen linguistikschlachten bewähren mussten wie unsereins, und daher gar nicht diese sprachsensibilität entwickelt haben.
Was Mory und mich angeht: wir betonen unseren Migrationshintergrund, denn er ist uns wichtig. Ihn zu verschweigen und uns einfach als Deutsche zu sehen, auch wenn es noch so gut gemeint ist, fände zumindest ich unangemessen, da ich mich schon zu gleichen Teilen als Kind zweier Kulturen sehe. Finde es immer niedlich, wie sich autochthone Deutsche stellvertretend um Begrifflichkeiten streiten, deren Klassifikation als "diskriminierend" man zum Teil auch denen überlassen sollte, die direkt davon betroffen sind. Ich finde, als wie "deutsch" sich jemand empfindet, der einen Migrationshintergrund hat, sollte jedem selbst überlassen bleiben, denn das ist individuelles Empfinden. Lernte schon Türkischstämmige der dritten Generation kennen, die sich weitaus deutscher fühlten als ich und Leute, deren Migrationshintergrund weiter entfernt war als meiner, die sich aber zur Identitätsstiftung daran festklammerten. Wann er was wie diskriminierend findet, ist darum meiner Meinung nach die Sache jedes Einzelnen und nichts, was sich generalisieren läßt. Und ja, ich bin weder farbig noch Moslem; trotzdem mußte ich mir auch schon Scheiße anhören, genauso wie mein Vater, als er 1968 nach Deutschland kam.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Na gut King, bei dir ist es aber ja auch der fremdstämmige Dialekt, der dich als Migrant brandmarkt. :D
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Ich bin zwar Mannheimer, aber aufgrund meines schwäbischen Nachnamens und meiner schwäbischen Eltern eben kein Biomannheimer. Das bekomme ich, trotz weitestgehender Assimilation auch immer wieder zu spüren. (Mein kleiner Anteil an der Trivialisierung von Rassismus).
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #2239Was Mory und mich angeht: wir betonen unseren Migrationshintergrund, denn er ist uns wichtig. Ihn zu verschweigen und uns einfach als Deutsche zu sehen, auch wenn es noch so gut gemeint ist, fände zumindest ich unangemessen, da ich mich schon zu gleichen Teilen als Kind zweier Kulturen sehe.
Nein, ich will da nix betonen. Tatsächlich tue ich mich mit der ernsthaften Verbalisierung meiner Herkunft immens schwer; klar betone ich im Scherz immer mal wieder, dass ich doch "Italienerin bin", aber schon in Italien belehrt mich meine Ahnungslosigkeit alltägliche Verrichtungen betreffend regelmäßig eines Besseren. Was auf jeden Fall stimmt, ist, dass ich meinem Vater sehr nahestehe und mit ihm zusammen gerne unsere italienische Herkunft erforsche, was meine Schwestern beispielsweise nicht in dem Maße tun. (Mir war das schon früh ein Bedürfnis; aus mir unbekannten Gründen fühle ich mich weder besonders "deutsch" noch besonders "italienisch"; das hat mich belastet, ich sehnte mich immer nach Identität und einer Art Heimat. Beides ist mir immer noch einigermaßen fremd.)
Es stimmt ebenfalls, dass man Kind mehrerer Kulturen ist, wenn man Eltern unterschiedlicher Herkunft hat - noch mehr, wenn das eigene Geburtsland nicht dem Geburtsland der Eltern entspricht; noch viel mehr, wenn das eigene Geburtsland nicht das ist, in dem man im Endeffekt lebt. (Ihr seht: Es gibt irrsinnig viele Möglichkeiten, fremd im eigenen Land oder zwischen Kulturen gequetscht oder ganz einfach "nicht biodeutsch" zu sein. So viele, dass ich es lieber verweigern will, meinen eigenen Migrationshintergrund als solchen ganz allgemein anzunehmen, da er sich schlicht nicht mit einem Türken der dritten Generation oder einer Kurdin ohne Deutschkenntnisse oder einem Schweden im VW-Vorstand vegleichen lässt.)
Im Grunde scheint mir meine Herkunft aus einer Arbeiterfamilie - so schien es zumindest an der Uni - sehr viel prägender zu sein.
so ists. in meinem (größtenteils zugezogenen) bekanntenkreis gehen die wenigsten davon aus, dass ich "bio-berliner" sein könnte; man kennt die gebürtigen einfach vor allem als taxifahrer und alkoholiker. wenn es dann zur sprache kommt, ist (zumindest in meiner generation) das thema ost-west als kulturelle distinktion ein viel wichtigeres als die frage, wieviel generationen es her ist, dass meine eltern aus schlesien hierherkamen (eine). im übrigen ist das auch für die assimilierten "bio-türken" meines umfeldes ein thema, und kein geringes. mit dem mauerfall ging für sie ein gerade erst verebbender kampf noch mal von vorne los.