Die Frage ist doch, was es bedeutet, integriert zu sein. Muss man dazu zuhause und mit Freunden Deutsch sprechen? Mein bester Freund ist halber US-Amerikaner. Er spricht fließend Deutsch, arbeitet für den deutschen Staat, hat viele deutsche Freunde. Wir sprechen miteinander aber Englisch. Schon immer. Ist er nun weniger integriert? Integration kann vieles bedeuten, es muss aber nicht die Aufgabe von Gewohnheiten bedeuten, die man aus seinem Heimatland mitgebracht. Was nicht heißen soll, dass es nicht auch Probleme gibt, wenn Menschen Intoleranz mitbringen, zum Beispiel. Aber ich finde es wirklich schwierig, sich über gescheiterte Integration zu unterhalten und im Subtext mitschwingen zu lassen, dass integration bedeutet, dass man sich bloß zu verhalten habe, wie jeder andere Mensch in Deutschland.
Das meine ich z.B. absolut nicht mit Integration. Integration ist ja ungleich Assimilation.
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Der Begriff „Integration“ ist in vielerlei Hinsicht problematisch. Zum einen, wie bereits angesprochen, gibt es keine Definition ab wann ein Mensch wie weit integriert ist. Desweiteren wird von Integration nur im Zusammenhang von Einwanderern gesprochen. Ein AfD-Wähler, der den Rechtsstaat nicht akzeptiert, darf man getrost auch „schlecht integriert“ nennen. Und dann kommt noch noch die Frage, wer eigentlich wo integriert sein soll. Die Frage nach Integration impliziert, dass es eine Gesellschaft gäbe, in die alle, die von außen kommen sich einfinden müssen. Tatsächlich besteht jede Gesellschaft aus verschiedenen Gesellschaften, manche mit mehr, andere mit weniger Überschneidungen. Das Geschlecht, das Alter, die Bildung (!), Interessen, kulturelle Hintergründe, u.v.m. entscheiden darüber, in welchen Gesellschaften man sich bewegt, welchen Spachcode man pflegt, welcher Etiquette man sich bedient, welche Orte man bevorzugt aufsucht, u.s.w.. Also was heißt „Integration“ dann in diesem Zusammenhang?
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ich verstehe nicht, warum das ein Problem sein soll, dass sich die Mehrheitsgesellschaft aus mehreren Sub-Gesellschaften zusammen setzt? Und wieso sollte Integration in diesen Sub-Gesellschaften anders funktionieren?
Wenn ich auf ein Hardcore-Konzert gehe, kann ich Pogo tanzen. Beim 80. Geburtstag meiner Oma lasse ich das. Mikro-Mikro-Beispiel dafür, was Integration annähernd bedeuten kann, nämlich die eigene Anpassung an informelle Regeln in bestimmten sozialen Konstrukten, damit ebendiese Konstrukte funktionieren.
Dass der Begriff schwierig ist, sehe ich ja ein. Das hilft uns bei so einer Diskussion finde ich aber wenig weiter, weil die meisten Begriffe im Sozialen Definitionsspielraum lassen - nicht nur beim Thema Integration von wem auch immer.
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P.S. Klar, kann man bei Rechtsextremen auch von fehlender Integration gesprochen werden. Wäre ich eh dafür.
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Zitat von Marla Singer im Beitrag #3290Ich verstehe nicht, warum das ein Problem sein soll, dass sich die Mehrheitsgesellschaft aus mehreren Sub-Gesellschaften zusammen setzt? Und wieso sollte Integration in diesen Sub-Gesellschaften anders funktionieren?
Wenn ich auf ein Hardcore-Konzert gehe, kann ich Pogo tanzen. Beim 80. Geburtstag meiner Oma lasse ich das. Mikro-Mikro-Beispiel dafür, was Integration annähernd bedeuten kann, nämlich die eigene Anpassung an informelle Regeln in bestimmten sozialen Konstrukten, damit ebendiese Konstrukte funktionieren.
Dass der Begriff schwierig ist, sehe ich ja ein. Das hilft uns bei so einer Diskussion finde ich aber wenig weiter, weil die meisten Begriffe im Sozialen Definitionsspielraum lassen - nicht nur beim Thema Integration von wem auch immer.
Das Problem liegt z.B. darin, wenn über „Parallelgesellschaften“ gesprochen wird (jede Gesellschaft besteht aus Parallelgesellschaften) oder jemand, wie der Mister sich beklagt, dass Einwanderergruppen unter sich bleiben, und dabei ihre Herkunftssprache pflegen. Das ist ein Stück weit unehrlich, weil es Maßstäbe an Zugewanderte anlegt (selbst wenn sie gar nicht zugewandert sind, sondern hier bereits geboren sind), die an sonst niemanden angelegt werden. Wer fragt mich denn, mit wem ich wann und wie verkehre?
Das Problem liegt vor allem in der Unterscheidung zwischen denen und uns. Beides sind keine homogenen Massen. Außerdem trägt diese Kategoriesierung zu Ausgrenzungen bei. Anstatt über Integration hielte ich es für besser, sich über Inklusion zu unterhalten. Da stellt sich eher die Frage, wie allen gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden kann, und woran es wohl liegt, wenn jemand sich nicht beteiligen kann oder will.
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http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Zitat von Sugate im Beitrag #3294ich lerne an lumich gerade perfekt wie man angesichts einer drohenden deutungshoheit von solchen ansichten zum trump/afd-protestwähler werden kann.
Zitat von Lumich im Beitrag #3292Das Problem liegt z.B. darin, wenn über „Parallelgesellschaften“ gesprochen wird (jede Gesellschaft besteht aus Parallelgesellschaften) oder jemand, wie der Mister sich beklagt, dass Einwanderergruppen unter sich bleiben, und dabei ihre Herkunftssprache pflegen. Das ist ein Stück weit unehrlich, weil es Maßstäbe an Zugewanderte anlegt (selbst wenn sie gar nicht zugewandert sind, sondern hier bereits geboren sind), die an sonst niemanden angelegt werden. Wer fragt mich denn, mit wem ich wann und wie verkehre?
Ich habe gar nichts beklagt, sondern nur festgestellt und füge hinzu, weshalb ich das nicht gut finde im Sinne der "Integration" (was immer man darunter versteht).
Ja, es ist in Ordnung, wenn Leute die sich hier niederlassen (ich rede gerade nicht von Flüchtlingen, habe jene besagten Russen vor Augen) ihre Traditionen pflegen, die Heimat bewahren wollen. Was ich nicht okay finde ist, dass die Eltern unserer russischen Schüler seit fast 10 Jahren im Land sind, mittlerweile eine Vielzahl von Verwandten nachgeholt haben und immer noch kaum ein Wort Deutsch sprechen bzw. verstehen. Die Kinder müssen mit zu Arztbesuchen und Ämtern, um halbwegs verständlich zu übersetzen. Ich erinnere mich noch gut daran, wieviel Zeit und Nerven es mich mal gekostet hat, eine Mutter zu einem Elterngespräch einzuladen, die am Telefon immer nur wechselweise Da oder Ja sagte.
In meiner ex-Klasse ist ein Mädchen aus Albanien. Ihre Familie ist vor ein paar Jahren komplett mit Sack und Pack nach Deutschland ausgewandert. Grund? "Deutschland ist cool und die Schulen sind besser, Albanien ist scheiße." Nuja.
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