Man tötet jemanden wegen einer Bagatelle, und das nicht mal im Affekt, sondern nachdem man vorher nochmal daheim war, um sich vorzubereiten, und erhält 15 Jahre. Das ist völlig lächerlich.
Dieses populistische Gewäsch geht mir auf den Zeiger. Lebenslängliche Freiheitsstrafe heißt eben nicht automatisch nur 15 Jahre Freiheitsentzug, sondern heißt erstmal, dass jemand auf unbestimmte Zeit ins Gefängnis muss. Man kann aber nach 15 Jahren einen Antrag auf Bewährung stellen. Im Schnitt sitzen zu Lebenslang verurteilte ca. 19 Jahre im Gefängnis, es gibt aber auch welche, die bereits 40 oder 50 Jahre einsitzen.
Vermutlich sitzt er 19 Jahre. Sicher aber kommt er nicht automatisch nach 15 Jahren frei, wie oben suggeriert. Und dass 15 Jahre Knast „lächerlich“ sein sollen, finde ich schwer nachvollziehbar. Ich finde es unvorstellbar, für einen solchen Zeitraum eingesperrt zu sein. Die Möglichkeit, Einzelfälle länger zu inhaftieren, besteht ja offensichtlich, generell halte ich aber nichts von der „der darf nie wieder Tageslicht sehen“-Mentalität. Solang es keine handfesten psychiatrischen Diagnosen gibt, muss von einer Resozialisierbarkeit ausgegangen werden, und dafür muss auch irgendwann ein Ende der Haftstrafe absehbar sein. Was solche Kommentare anziehen, kann man ganz schön auf deiner Facebook-Seite sehen. Da sind wir jetzt schon bei „Dauervergewaltigern, die 1,5 Jahre bekommen“.
Lustigerweise sind das alles Leute, die tendenziell links sind und teilweise im sozialen Bereich arbeiten. Ich habe keine AfD - Wähler im Freundeskreis, beziehungsweise habe sie entsorgt. Ich finde es auch unvorstellbar, 15 Jahre um meinen Sohn zu trauern, ohne daß irgendwann jemand kommt und das Ganze für beendet erklärt.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Links sein bedeutet ja nicht automatisch, dass man was in der Birne hat. Oder in jeder Frage richtig liegt. Und wenn ich beim Autofahren abgelenkt bin und einen Unfall mit Todesfolge verursache, wird das Opfer auch nie wieder lebendig. Muss ich dann auch bis ans Ende meiner Tage in den Knast? Reicht das überhaupt? Immerhin kann ich dann fernsehen, rauchen, essen usw. Kann das Opfer nicht mehr. Wäre es nicht gerechter, wenn die Mutter des Opfers mich totfahren dürfte?
Ein Unfall ist ein Unfall und kann jedem passieren. Wenn dabei jemand zu Schaden kommt, bereuen Verursacher das im allgemeinen, teilweise bis an die Grenze des Erträglichen. Jemanden geplant und willentlich umzubringen, ist damit nicht zu vergleichen.
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Nein. Und da werden wir uns auch nicht einig. Für mich stehen Hinterbliebene (wie auch überlebende Mißbrauchs - und Gewaltopfer) in ihren Interessen und ihrem Wohlbefinden immer über dem/der TäterIn. Ich glaube auch - nach nun einiger beruflicher Erfahrung - auch nicht an die Resozialisierbarkeit aller Straftäter. Kenne mittlerweile einige, die auch nach über 20 Jahren in der Forensik noch gefährlich sind.
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Meines Erachtens widerspricht sich das mit deiner Aussage, bei einem Unfall sei das alles ganz anders, aber bitte, ich erwarte da auch keine großen Durchbrüche, freue mich aber, dass sowas dank Johnny Ryall hier nicht unwidersprochen stehen bleibt.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #4958Ein Unfall ist ein Unfall und kann jedem passieren. Wenn dabei jemand zu Schaden kommt, bereuen Verursacher das im allgemeinen, teilweise bis an die Grenze des Erträglichen. Jemanden geplant und willentlich umzubringen, ist damit nicht zu vergleichen.
das dürfte juristisch ziemlich exakt der unterschied zwischen fahrlässiger tötung und mord sein. totschlag als tötung im affekt läge dazwischen. die "besondere schwere der schuld" ist meines wissens gegeben, wenn die tat in besonders hinterhältiger weise von langer hand geplant wird, dritte ohne deren wissen dazu instrumentalisiert werden oder ähnliches. soweit meine laienhaften 5 cent; ich lasse mich gern durch fachkundige korrigieren.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #4948 Besondere Schuldschwere ist zu bejahen, wenn gegenüber vergleichbaren Taten ein deutlich höheres Maß an Schuld vorliegt – aufgrund der Tat (mehrfacher Mord, erbarmungslose Brutalität, höchst grausame bzw. qualvolle Behandlung des Opfers), der Motive (besondere Verwerflichkeit) oder der Täterpersönlichkeit (abartige sexuelle oder gewalttätige Neigungen).
Nochmal wiederholt.
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Zitat von Berthold Heisterkamp im Beitrag #4961Meines Erachtens widerspricht sich das mit deiner Aussage, bei einem Unfall sei das alles ganz anders, aber bitte, ich erwarte da auch keine großen Durchbrüche, freue mich aber, dass sowas dank Johnny Ryall hier nicht unwidersprochen stehen bleibt.
Ich sehe den Widerspruch nicht, kläre mich bitte auf. Ansonsten ist es natürlich klasse, daß solch populistischen Auswüchse hier nicht unwidersprochen stehenbleiben. Man kann sich nämlich immer so schön progressiv vorkommen, wenn man eine Meinung vertreten kann, ohne jemals mit deren direkter Konsequenz konfrontiert zu werden. Und wird man angeregt, sich über diese mal Gedanken zu machen, wird das als Totschlagargument abgetan. Kenne ich alles noch aus dem ME - Forum.
Ich frage trotzdem nochmal direkt und provokativ: ein verurteilter Sexualstraftäter, der mit - sagen wir - 22 Jahren Kinder mißbraucht hat, kommt nach dem üblichen Procedere (Forensik, Therapie) frei, weil ihm eine gute Prognose bescheinigt wird. Nun ist er 42. Untergebracht wird er in der unmittelbaren Nachbarschaft, weil er in eine ländliche Gegend soll, um die Rückfallgefahr zu minimieren. Bekannt ist, daß bei Pädophilen - im Vergleich zu Menschen mit akzeptierter sexueller Präferenz - die Libido im Alter nicht abnimmt. Man kann natürlich auf die Chance zur Resozialisierung pochen und dies der mit Sicherheit protestierenden Nachbarschaft auch entgegenhalten. Wenn es dann trotzdem schiefgeht, ist man dann halt der Arsch und kann seinen Wohnort wechseln, wenn es nicht gar die eigenen Kinder betrifft. Also: hätte man damit wirklich und wahrhaftig kein Problem? Oder hat man das nur nicht, wenn es möglichst weit weg passiert? Dieses Gedankenspiel kann man natürlich als Totschlagargument abtun; das ist nicht verwerflich. Man kann es aber auch einmal richtig betreiben und die Ernsthaftigkeit seiner eigenen Ansichten überprüfen, bevor man andere als Populisten anprangert; aber ich schätze, die meisten wären nicht sehr glücklich mit dem Ergebnis, weil es das eigene Fundament ins Wanken bringt. Ich habe mehrere Gespräche mit einem Sexualstraftäter geführt, den ich als äußerst manipulativen Charakter einschätze. Trotzdem befindet der sich mittlerweile in einem offenen Bereich, obwohl ihn mein komplettes Team noch für gefährlich hält. Aber seinen Betreuer und die Gutachter hat er überzeugt.
Ich stehe zu meinen Ansichten in diesem Punkt; seit ich 2005 im Forum gelandet bin, waren die noch nie anders. Mittlerweile kennt man mich glaube ich gut genug, um abzuwägen, ob ich ein simpler Populist bin; wenn man zu dem Ergebnis kommt, hab ich halt Pech. Mea culpa.
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Du verweist in diesem Punkt auf deine Erfahrungen mit Intensivtätern. Diese Erfahrungen hast in diesem Forum höchstwahrscheinlich nur du, also kannst du auch anders darüber berichten. Allerdings fehlt dir für ein vollständigeres Bild die Erfahrung mit den Straftätern, von denen nach Verbüßung ihrer jeweiligen Strafen tatsächlich keine Gefahr mehr ausgeht. Daraus zu schließen, dass dies wohl die große Ausnahme sein soll, halte ich für problematisch, und mir kommt da der Verdacht, dass du deine eigenen Erfahrungen mit der Lektüre von grellen Schlagzeilen ergänzt, in denen ausschließlich spektakuläre Fälle aufgeführt werden, die, gemessen an der Gesamtzahl von Fällen, nur einen sehr kleinen Teil ausmachen dürften. Um es in einem Bild zu beschreiben: Wenn du dich jahrelang ausschließlich mit Untertagebau beschäftigst, kannst du schnell zu dem Schluss kommen, dass wirklich jede und jeder einen Helm braucht.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ach King, ich kann dir jetzt auch eine Geschichte zusammenrühren (junger korsischer Separatist, das ganze Leben nur getreten und gegängelt worden vom Zentralstaat, macht mit bei der Besetzung einer Hotelanlage, im falschen Moment kommt der faschistische festlandfranzösische Sicherheitsmann um die Ecke und der Junge drückt ab; soll der jetzt auch verschimmeln bis ans Ende aller Tage oder wird sein Porträt dein neues Facebook-Titelbild? auch faschistische Sicherheitslmänner haben Mütter), wo führt uns das hin? Wie Lumich schon sagt, spricht dir keiner die Erfahrungen in deinem Fachbereich ab, aber es ist eben nur ein kleiner Ausschnitt des Gesamtbildes, den du beruflich serviert bekommst. Dass die anekdotische Evidenz da noch mehr verzerrt, als sie es ohnehin schon tut, sollte klar sein. Es geht auch nicht um die Resozialisierbarkeit aller Täter, für extreme Fälle gibt es ja, wie oben mittlerweile mehrfach geschrieben, auch andere Instrumente. Es geht um die Frage, ob unsere Gesellschaft mit einer „Leben verwirkt, für immer wegsperren“-Mentalität wirklich besser fahren würde, oder ob nicht nach einer langen Zeit der Gefängnisstrafe eine Resozialisation zumindest eine Option sein sollte. Übrigens ist diese „wenn ihr mal ehrlich zu euch seid, denkt ihr alle wie ich“-Wombat-Nummer ziemlich unfair, finde ich. Ich bin als Vater zweier Kinder potenziell deutlich eher indirekt Betroffener pädophiler Übergriffe als du, da ist ein von oben herabgeworfenes „einfach, wenn es einen nicht betrifft“ auch eher unpassend.
für mich ist unser modernes rechtssystem auch deswegen ein großer humanistischer fortschritt, weil es versucht, den blick auf die tat durch einen katalog an justiziablen aspekten unter eingehender betrachtung von täterperson und begleitumständen so objektiv und umfassend wie möglich zu halten. dass das mal mehr, mal weniger gut gelingt, ist fast allen menschlichen unternehmungen eigen. aber ich bin jedesmal heilfroh, dass volkes stimme nicht mitentscheidet.