Zitat von zickzack im Beitrag #753Nö, ich werde ganz subtil, wie es so meine Art ist, mitteilen, ob mir die Bücher gefallen haben oder nicht. ;-)
Ich bitte darum! (Und bin recht gelassen - die Schwermer, finde ich, kann was.)
Hier las sich gestern Abend und heute Morgen eine Leihgabe meines Nachbarn, seines Zeichens größter Fan der Elsner:
Otto Rölz, "Tierbetreuer" in einer Ungeziefervernichtungsmittelfabrik, hat sich mal stolze fünf Aktien besagter Fabrik zugelegt und freut sich jedes Jahr über die Dividenden-Ausschüttung - die jedoch nicht mal für ein paar kleine Runden in seiner Stammkneipe reicht. Dann erfolgen Umstrukturierungsmaßnahmen in der Firma, und obwohl sich Otto nach massiven Arbeitszeitverkürzungen ganz naiv sogar als Testperson für Giftgas (!) zur Verfügung stellt, muss er sich nach und nach von seinen Aktien trennen. Ein erstaunlich locker lesbarer, kleiner Roman, in dem sich Gisela Elsner erstmals mit der Lebenswelt der Arbeiter auseinandersetzte - ich finde, gelungen, weil Stück für Stück immer bedrückender zutage tritt, wie hart Otto und seine Frau kämpfen müssen und mit wie viel Gleichmut sie die Zwänge und Ausbeutungen hinnehmen, die von außen auf sie eindringen. Da der Roman zu Elsners Lebzeiten niemals erschien, kann man allerdings davon ausgehen, dass sie (oder ihre Verleger) das anders sah.
Patchett - Die Taufe. Geschichte einer Patchwork-Familie mit sechs Kondern. Viele Zeitsprünge, aber elegant erzählt. Wer Familiengeschichten mag, sollte auch diese mögen.
Britiischer Humor vom feinsten. 4 ältere Damen überfallen eine Bank und flüchten quer durch Frankreich in Richtung Südamerika. Unter anderem wegen der etwas unfähigen Polizei sind laute Lacher vorprogrammiert.
Richard Laymon - Das Spiel Ich bin ein großer Laymon-Fan und verschlinge jedes seiner Bücher in kürzester Zeit. (Zum Gück konnte ich gerade vier Stück billig erstehen - die nächsten Zugfahrten sind gerettet!) "Das Spiel" ist unterhaltsam, spannend, ein bisschen schmutzig (wie bei Laymon üblich - man darf bei sexuellen und bisweilen auch sexistischen Anspielungen nicht zimperlich sein) und in der Ausführung einfallsreich. Der Plot ist in verschiedenen Varianten bekannt: Eine junge Frau bekommt einen anonymen Brief, in dem sie ein Unbekannter zu einem Spiel einlädt. Als kleine Anfangsmotivation liegen 50 Dollar bei, die die Frau rasch verdoppeln kann. Anfangs verwirrt, findet sie mehr und mehr Gefallen an den skurrilen Aufgaben, die der Fremde ihr stellt, und spielt freudig mit. Bis es dann - wie könnte es anders sein - zu weit geht. Ich hatte meinen Spaß, wenn auch der Blood&Gore-Faktor für Laymon-Verhältnisse recht niedrig war.
Ein stilles, poetisches Buch der Frau (bzw. ex) von dem Knausgard. Ein Mädchen hört auf zu reden, nachdem sie zu Gott gebetet hat, dass ihr depressiver, gewalttätiger vater stirbt (das Bündnis hat funktioniert). Sie ist wohl auch depressiv und beschreibt die hellen und die dunklen Tage und Seiten des Lebens.
Reza: Babylon. In den meisten Kritiken wird ihr vorgeworfen, immer wieder auf die alte Masche zu setzen (bürgerliche, heile Fassade wird durch ein banales Ereignis - hier ein Streit ums Biohuhn - durchbrochen und dann gibt es Verwicklungen - hier erwürgt ein Nachbar im Streit seine Frau und will sie dann mit Nachbarinnenhilfe im Koffer davon schaffen). Mag sein, ich habe erst eins von ihr gelesen. Aber das ist - eher Kammerspiel oder Novelle als Roman - elegant, leicht satirisch, mit feiner Beobachtungsgabe im französischen Plauderstil erzählt. Kein Jahrhundertwerk, aber die 200 Seiten kann man gut mal zwischendurch lesen.
Winkler - Blauschmuck. Beeindruckendes Debüt. Die authentische Geschichte einer Kurdin, die von ihrem Mann misshandelt wird (wie die anderen Frauen im Dorf auch, alle bis auf eine tragen Blauschmuck). Erschütternd.
Endlich "Panikherz" von Benjamin von Stuckrad-Barre durch. Der Anfang war ja noch recht witzig (der Einstieg ist grandios!), am Ende wird es aber doch schwer erträglich, BVSBs Niedergang durch Drogensucht und Kotzattacken "mitzuerleben". Brillant geschrieben ist das allemal.
Die Fallhöhre war gigantisch, aber derzeit lese ich das Buch eines ehemaligen Mitschülers. In der "11 Freunde" wurde es besprochen mit dem freundlichen Hinweis, dass dem in Eigenverlag veröffentlichten Buch ein Lektorat gutgetan hätte. Ich kann mich dem schon nach der ersten Seite anschließend. Sprachlich erbärmlich, Kommas eher zufällig gesetzt, inhaltlich belanglos. Nur wie verpacke ich das freundlich. Ach ja: "Ich schließe mich der Kritik in der 11 Freunde vollumfänglich an."
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Das habe ich sehr gern gelesen. Man kennt die Geschichte ja ua von dem berühmten Bild. Das ganze kommt als Seefahrer-Abenteurer-Geschichte daher, relativ leichtfüßig aus der Heute-Perspektive erzählt, ist aber von der Thematik (Wozu ist der Mensch fähig, wenn die ersten zivilisatorischen Zügel in der Not wegfallen) her ewig aktuell. Ich habe mich auch an die Trump-Clique erinnert gefühlt.
Man sollte nicht zu sensibel sein, wenn sich Menschen gegenseitig aufessen (oder ihre Pickel, ihpfuibäh).
Sehr beeindruckendes, mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnetes Buch über Viernam, einen Spion, Revolutionen, Bastardsein (Begriff aus dem Buch) und nirgendwo ganz dazugehören.
Schorsch Kamerun - Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens
Liest sich gut weg mit seinen kleinen, kompakten Kapiteln. Irgendwie ist das Buch ganz unterhaltsam, Kamerun erzählt die ein oder andere ganz witzige Geschichte. Und es sind auch interessante Beobachtungen und ganz kluge Sätze zu lesen. Aber andererseits ist dies auch eine etwas krude Mischung aus Roman und Biografie, dem dann doch ein wenig das Konzept fehlt. Aus dieser Mischung hätte eigentlich was Spannendes entstehen können, aber das war es dann zumindest für mich auch nicht. Ich glaube, eine richtige Autobiografie von ihm wäre mir lieber gewesen.