Leif Randt: Allegro Pastell (2020) Größtenteils ja sehr euphorisch besprochen und das zurecht. Ein Paar in Fernbeziehung kuratiert sein Leben, immer bedacht auf Distinktion und das leidenschaftslose, gleichbleibende Glücksgefühl. Spielt in der Gegenwart (2018/19) – fühlt sich aber an wie eine Dystopie, aber auch lustig. Generationenporträt, dass wohl jetzt schon als ein Buch des Jahres gesetzt ist.
Ich habe es mir auch wegen der begeisterten Kritiken gekauft. Bin gespannt. (Ice Cream Star habe ich gerade abgebrochen, das mache ich selten. Die Geschichte ist interessant, und es liest sich trotz des krassen Stils eigentlich gut. Aber über 800 Seiten ist mir das gerade zu anstrengend. Da gibt es zb sehr viele Phantasiebegriffe für irgendwelche Gruppen, mir da immer zu merken, wer da was ist, ist mühsam.)
Ich mag Romane mit Handys, Startups, Pitches und Tinder an sich nicht so. Der hier ist aber schon gut. Gespiegelt wird das mit der Geschichte eines Künstlerpaars in den 1920ern. Mit kleinen Schwächen (Die Briefe!)
Ich verstehe sowohl die positiven Kritiken (interessante Geschichten, die Frauen genau gezeichnet), als auch die Kritik (die sich vor allem auf die Auswahl der Fälle bezieht. Frauen eher als Opfer, bzw Begehrende).
Ich liebe Max Frisch, würde aber lügen, würde ich behaupten, das Buch wäre nicht größtenteils furchtbar öde, trotz seines geringen Umfangs. Hier arbeitete er auch mit Collagen (hineinintegrierten Lexikonausschnitten etc), was die Lektüre ähnlich zäh macht wie der unaufgeregte Stil des erzählenden Textes. Zumindest hat es - so wie ich verstanden habe - die Grundaussage, daß die Erde sich weiterdrehen wird, auch wenn die Menschheit dereinst spurlos verschwunden sein wird. Ob ich das für diese Erkenntnis aber lesen mußte, sei mal dahingestellt.
Ein Vater, dessen Vater und Großvater Suizid begangen haben, ist mit seinem Sohn unterwegs. Bewegendes, auch stilistisch gutes Buch. Besser als Auerhaus.
Till Lindemann hatte zu DDR-Zeiten als 19-Jähriger oder so ein Jahr bei seinem Vater gewohnt. Der ist Dichter in der DDR gewesen und schrieb über die Zeit ein Buch, was Till anfangs nicht sehr recht war. In der Neuauflage ist ein Interview mit ihm angehängt. Der Stil ist manchmal poetisch, manchmal bissl sperrig (der Vater war Dichter), die Konstellation in jedem Fall interessant.
Zitat von kafkaktus im Beitrag #1366Leif Randt: Allegro Pastell (2020) Größtenteils ja sehr euphorisch besprochen und das zurecht. Ein Paar in Fernbeziehung kuratiert sein Leben, immer bedacht auf Distinktion und das leidenschaftslose, gleichbleibende Glücksgefühl. Spielt in der Gegenwart (2018/19) – fühlt sich aber an wie eine Dystopie, aber auch lustig. Generationenporträt, dass wohl jetzt schon als ein Buch des Jahres gesetzt ist.
Oh. "Planet Magnon" von Leif Randt ist mir noch als relativ belanglos und komplett spannungsarm in Erinnerung. Damit hatte ich Randt eigentlich abgeschrieben, aber die Handlung klingt iwie doch nach ganz interessanter Materie – in einem wirklich ganz anderen Setting. Hmmm...
Hans Woller: Gerd Müller oder Wie das große Geld in den Fußball kam (2019) Sehr interessantes und vielschichtiges Buch abseits des „Mythos der Erinnerungsromantik“, das mich sicher nicht interessiert hätte, wenn es sich auf das Abfeiern Müllers und des FC Bayern beschränkt hätte. Man merkt, dass der Autor Historiker ist, der hier sehr akribisch und – soweit ihm Quellen offen standen – umfassend die Verbindungen zwischen Politik und Fußball (sprich: der CSU und dem FC Bayern) in den 60er und 70er Jahren beschreibt und damit ein kleines Panorama des sich entwickelnden Fußballgeschäftes bietet. Außerdem zeichnet er sehr sensibel und empathisch Müllers Leben nach. Wer vorher kein Bayern-Fan war, wird es nach dem Lesen sicher auch nicht werden.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Natürlich, wenn man vollumfänglich an der Geschichte seines Vereins interessiert ist. Und generell ist es einfach Fußballgeschichte. Die Verbindung zwischen CSU und FC Bayern ist zwar sicher schon besonders, aber vermutlich sieht das bei vielen Vereinen ähnlich aus. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist Müllers Außenseiterposition als jemand, der eher aus bildungsfernen Schichten stammt und dementsprechend Probleme hatte, seine Positionen unter den Alphatieren im Verein zu finden. Da erfährt man viel über das Binnenverhältnis einer Mannschaft, insbesondere natürlich des Teams um Beckenbauer, Müller, Maier, Breitner, Hoeneß... Der Verein selbst hat Woller übrigens keinen Zugang zum Archiv gewährt.
Weniger eine Geschichte um die unkonventionelle Liebe eines 19jährigen zu einer dreißig Jahre älteren Frau, die ein recht böses Ende nimmt, als philosophische Betrachtungen über das Wesen der Liebe, verpackt in einen tragfähigen Handlungsrahmen. Die Hauptprotagonisten sind mir allerdings nicht übermäßig sympathisch, so daß mich ihr Schicksal weitgehend kaltläßt. Lesen läßt es sich allerdings trotzdem gut, hatte die 300 Seiten in gut einer Woche durch (was allerdings auch der derzeitigen Gesamtsituation geschuldet war).
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Eines der Highlights: ein erfundenes komplett beknacktes Radiointerview. Ich mag ja eigentlich solche szenischen Texte überhaupt nicht (ich lese auch ungern Theaterstücke), aber bei "Vom Munzinger - Trash zum Drall nach QQ" mußte ich ein paarmal herausprusten. Ganz großartig dadaistischer Schwachsinn. Freue mich schon auf das andere Max - Goldt - Buch, das hier noch des Gelesenwerdens harrt.
P.S.: man sollte mal einen Thread mit den schönsten Max - Goldt - Titeln eröffnen. "Gattin aus Holzabfällen" ist definitiv weit vorne, genauso wie "Gemeine Gentechniker wollen Ute Lemper wegen der Hitze in eine Euterpflegecreme - Fabrik auf Helgoland verwandeln".
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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