Oha, viel los hier - und ich hab mich vorhin beim Lesen schon wieder arg aufregen müssen*. Ehe ich mich also viel zu lang und vermutlich wenig eloquent auslasse, hier ein aufklärendes Merkblatt der Uni Hamburg, warum Gendern relevant ist und welche Varianten es gibt. Und wer sich wirklich - also nicht nur "Mir gefällt das aber nicht"-gefühlsmäßig - mit Sprache beschäftigen mag, dem sei der Linguist Anatol Stefanowitsch empfohlen, den man zu so ziemlich jedem sprachwissenschaftlichen Thema konsultieren kann.
*Denn ich als (Cis-)Frau fühle mich NICHT angesprochen, wenn beispielsweise von "Ärzten" die Rede ist, man aber natüüüüüürlich die zahlreichen Ärztinnen "mitmeint".
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #5282Als Cis-Mann/Cis-Frau werden diejenigen bezeichnet, deren Geschlechtsidentität dem Geschlecht entspricht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.
Das wäre also nun geklärt. Aber muß man das wirklich überall dazuschreiben?
Nein, aber bei Gender-Themen empfinde ich es als passend. (Zumal da offensichtlich noch Aufklärungsbedarf herrscht - siehe deine zitierte Definition.)
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Zitat von Olsen im Beitrag #5280Man kann sich aber auch einfach damit abfinden, dass "realisieren" inzwischen eine weitere Bedeutung bekommen hat und es so benutzen.
Dann kann man das bei "Sinn machen" auch. Entweder das Eine oder das Andere. Ich wähle das Vermeiden von solchem Unfug.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Mich stört "Sinn machen" kein bisschen und ich verwende es auch selbst, wenn ich mich nicht konzentriere. Läuft einfach flüssiger von der Zunge.
Was mich hingegen stört, ist so etwas wie "gendern", das finde ich einfach furchtbar. Die Deutschen hassen ihre Sprache anscheinend so sehr, dass sie sich nicht mal mehr die Mühe machen, englische Worte irgendwie einzudeutschen. "Gender gap", ja Mahlzeit.
Zitat von Olsen im Beitrag #5286Was mich hingegen stört, ist so etwas wie "gendern", das finde ich einfach furchtbar. Die Deutschen hassen ihre Sprache anscheinend so sehr, dass sie sich nicht mal mehr die Mühe machen, englische Worte irgendwie einzudeutschen. "Gender gap", ja Mahlzeit.
Ich kann mich irren, aber ist "gendern" nicht einfach ein Fachausdruck aus dem entsprechenden Fachbereich der Sozial- bzw. Sprachwissenschaft? In der Wissenschaft gibt es nun mal immer wieder Ausdrücke, die im "Original" treffender sind und deshalb verwendet werden. Oder die sich auch einfach nur durch Tradition durchgesetzt haben. Siehe Latein im medizinischen Bereich. Das hat meines Erachtens nichts mit "Hass auf die eigene Sprache" zu tun, sondern ist eben schlicht Fachsprache. (Oder auch "Funktiolekt" - wieder unter Vorbehalt, die Zeit der Linguistik-Kurse ist bei mir lange vorbei. Haben wir hier einen Linguisten, der das bestätigen oder widerlegen kann?)
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Haha, nächste Runde „was gerade nervt“: Die Deutschen tun immer dies und tun immer das, die Deutschen hassen sich und alles deutsche, und das ist mal wieder typisch deutsch, mimimimimi. Ich behaupte mal, dass die allerwenigsten Dinge, die als deutsch identifiziert oder gar gebrandmarkt werden, tatsächlich so typisch deutsch sind. Dazu gehört auch, Wörter aus anderen Sprachen der eigenen einzuverleiben. „Privacy“ z.B ist ein anerkanntes italienisches Wort, ebenso wie „Schadenfreude“ längst seinen Einzug ins Englische gefunden hat. Das so normal wie nur irgendwas. Und Klopapierhamstern war auch nichts typisch deutsches - das gab es in anderen Ländern auch.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Es geht mir ja gar nicht um das Verweigern der gendergerechten Sprache an sich, sondern um das Konstrukt der Umsetzung. Wenn ich mir dieses Merkblatt der Uni Hamburg ansehe, entscheide ich mich eben für die Beidnennung, auf die Gefahr hin, nicht binäre Personen (sprachlich) auszuschließen und dafür der Sprache ihren Fluss zu lassen.
Und wo Mory es gerade erwähnt: Für „Gender“ gibt es keine adäquate deutsche Übersetzung. Hier kann man bestenfalls vom „sozialen Geschlecht“ sprechen. Da wird kein griffiges Wort draus, das sich obendrein noch kombinieren ließe.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Olsen im Beitrag #5286Die Deutschen hassen ihre Sprache anscheinend so sehr, dass sie sich nicht mal mehr die Mühe machen, englische Worte irgendwie einzudeutschen.
Ich glaube zwar nicht, daß das was mit Selbsthaß zu tun hat, aber ich weigere mich trotzdem, farbige Menschen als poc zu bezeichen. Langsam wird dieser Akronymwahn in Verbindung mit Denglisch zur kompletten Pestilenz.
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Zitat von Von Krolock im Beitrag #5289Es geht mir ja gar nicht um das Verweigern der gendergerechten Sprache an sich, sondern um das Konstrukt der Umsetzung. Wenn ich mir dieses Merkblatt der Uni Hamburg ansehe, entscheide ich mich eben für die Beidnennung, auf die Gefahr hin, nicht binäre Personen (sprachlich) auszuschließen und dafür der Sprache ihren Fluss zu lassen.
Das ist ja auch genau das, was die Uni Hamburg sich wünscht: Auseinandersetzung mit dem Thema und eine informierte Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Art des Umgangs damit, die man dann auch begründen kann. Das hast du getan. Ich persönlich finde das sehr viel besser als ein kategorisches "Gendern ist Müll", denn so erhält man eine Diskussionsgrundlage. (Was im Übrigen der primäre Zweck von Sprache ist: Der Austausch zwischen den Sprecher:innen. Manchmal scheint mir das in den Diskussionen um Sprachthemen unterzugehen.)
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Zitat von Lumich im Beitrag #5288Dazu gehört auch, Wörter aus anderen Sprachen der eigenen einzuverleiben. „Privacy“ z.B ist ein anerkanntes italienisches Wort, ebenso wie „Schadenfreude“ längst seinen Einzug ins Englische gefunden hat. Das so normal wie nur irgendwas.
Aber auch in diesem Umfang? Ich wage es zu bezweifeln. In diesem Ausmaß sehe ich das nur im Deutschen, nicht in den anderen Sprachen, die ich gut oder zumindest ein bisschen spreche. Wie es im Russischen oder Kantonesischen aussieht, weiß ich nicht.
Obwohl, da fällt mir gerade ein, dass die das schöne Wort "Butterbrot" übernommen haben. Ist mir mal aufgefallen, als ich eine russische Serie mit Untertiteln angeschaut habe.
Zitat von Lumich im Beitrag #5288Haha, nächste Runde „was gerade nervt“: Die Deutschen tun immer dies und tun immer das, die Deutschen hassen sich und alles deutsche, und das ist mal wieder typisch deutsch, mimimimimi. Ich behaupte mal, dass die allerwenigsten Dinge, die als deutsch identifiziert oder gar gebrandmarkt werden, tatsächlich so typisch deutsch sind. Dazu gehört auch, Wörter aus anderen Sprachen der eigenen einzuverleiben. „Privacy“ z.B ist ein anerkanntes italienisches Wort, ebenso wie „Schadenfreude“ längst seinen Einzug ins Englische gefunden hat. Das so normal wie nur irgendwas. Und Klopapierhamstern war auch nichts typisch deutsches - das gab es in anderen Ländern auch.
diese deutschen! hassen ihre sprache so sehr, dass sie immer "nase" sagen, wenn sie "gesichtserker" meinen!
meine güldene grundregel lautet: alles, was der sprache nuancen hinzufügt oder sie präziser macht, ist willkommen; alles, was sie verarmen lässt, soll weggehen. aber letzten endes ist sprachentwicklung wie ein großes völkerball-spielfeld. man kann mit argumenten um sich werfen, und seine position verteidigen, aber wenn man abgeworfen wird, muss man auch verlieren können. bei "realisieren" hab ich noch nicht ganz aufgegeben, da würd ich wie trump noch mal vor gericht ziehen.
Zitat von Lumich im Beitrag #5288Dazu gehört auch, Wörter aus anderen Sprachen der eigenen einzuverleiben. „Privacy“ z.B ist ein anerkanntes italienisches Wort, ebenso wie „Schadenfreude“ längst seinen Einzug ins Englische gefunden hat. Das so normal wie nur irgendwas.
Aber auch in diesem Umfang? Ich wage es zu bezweifeln. In diesem Ausmaß sehe ich das nur im Deutschen, nicht in den anderen Sprachen, die ich gut oder zumindest ein bisschen spreche. Wie es im Russischen oder Kantonesischen aussieht, weiß ich nicht.
Obwohl, da fällt mir gerade ein, dass die das schöne Wort "Butterbrot" übernommen haben. Ist mir mal aufgefallen, als ich eine russische Serie mit Untertiteln angeschaut habe.
Ich kenne keine Vergleichsstudien dazu. Ich habe mal gehört, dass es besonders charakteristisch für Japan sein soll, kulturelle Aspekte anderer Länder mit den eigenen zu vermischen, was sich wohl auch in der Sprache niederschlägt. Ich sehe zumindest keinen Anlass dafür zu denken, dass im Deutschen in einem bestimmten Zeitraum mehr neue Fremdwörter entstünden als in anderen Sprachen. Im Französischen gibt oder gab es die Tendenz, sich gegen sprachliche Fremdeinflüsse zu wehren, nicht selten über jede Albernheitsgrenze hinweg. Solche Trottel gibt es hier auch vereinzelt, wie diesen obskuren wie erzreaktionären „Verein Deutsche Sprache“, der sich u.a. im „Internetz“ tummelt. Da lebe ich lieber mit vereinzelten Anglizismen, die ich als komplett überflüssig und penetrant empfinde, als mich mit diesen sprachlichen Reichsbürgern gemein zu machen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.