Haha, es geht gar nicht um Verweichlichung oder Überlastung oder um Steinzeit oder Fortschrittstechnologie.
Es geht allein um die Frage, ob man heute mehr Freizeit für sich zur Verfügung stehen hat als früher. Und es (manchen; wie auch JOATs Mutter) daher auch so scheint, als würde man heutzutage weniger zu tun haben. Und eben deutlich mehr Zeit fürdas Filmeschauen, Musikhören, Freunde treffen und Herumreisen haben.
Ich habe ja auch noch regulär in 40-Std-Woche gearbeitet. Wenn bei uns heute phasenweise pro Tag eine Überstunde ansteht - das Gejammere solltet ihr euch teils mal mit anhören...
Das Kernproblem ist eben oft, das längst eine Reihe zeitfressender Freizeitaktivitäten fest und wie Standards mit in den Alltag eingebaut sind. Und da müssen wir jetzt nicht in eine Zet zurück, als es den Begriff Freizeit noch gar nicht gab, weil andere komplett über die Lebensinhalte bestimmt haben.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
ich arbeite in einem umfeld, in dem es komplett normal ist, zwischen 50 und 80 stunden die woche zu arbeiten. und in dem leute einem doch recht stolz erzaehlen, die wochenenden seien die tage, an denen sie ohne schlechtes gewissen mal zwei stunden spazieren gingen. in dem man sonntag nachts um 3 e-mails bekommt. und das nicht etwa, weil die bezahlung so gut ist, sondern weil es bei vielen auch einfach irgendwie dazu gehoert.
klar, viele suchen es sich selbst aus und verlangen es von ihren angestellten nicht. also, nicht aktiv. natuerlich hat es trotzdem signalwirkung, wenn man als vorgesetzte*r jeden tag 18 stunden arbeitet.
und jetzt habe ich den faden verloren. ich glaube, es ging mir um die von tenno angesprochenen aenderungen. es ist schon so, dass sehr viel der arbeit, die einen vor 20 jahren noch ins labor und zu nachtschichten gezwungen hat, inzwischen automatisiert werden kann. und dass man halt dann eben seine arbeitstage anders strukturieren koennte. aber passiert an vielen orten nicht.
Zitat von akri im Beitrag #5853 Das Kernproblem ist eben oft, das längst eine Reihe zeitfressender Freizeitaktivitäten fest und wie Standards mit in den Alltag eingebaut sind.
Das fällt mir bei meinen Aufenthalten in Afrika immer auf, dass ich da weitgehend problemlos ein Pensum von 65 bis 80 Wochenstunden stemme und zusätzlich noch beinahe täglich Sport mache. Aber es gibt dort eben neben der Arbeit kein Ehrenamt und keine familiären Verpflichtungen.
Zitat von drosophila im Beitrag #5854ich arbeite in einem umfeld, in dem es komplett normal ist, zwischen 50 und 80 stunden die woche zu arbeiten. und in dem leute einem doch recht stolz erzaehlen, die wochenenden seien die tage, an denen sie ohne schlechtes gewissen mal zwei stunden spazieren gingen. in dem man sonntag nachts um 3 e-mails bekommt. und das nicht etwa, weil die bezahlung so gut ist, sondern weil es bei vielen auch einfach irgendwie dazu gehoert.
in meinem job sind es zwischen 40 und 50 stunden/woche, das pensum halte ich für gerechtfertigt (stichwort: freien), den zahltag nicht. alle nicken wissend, wenn ich in der konferenz beispielsweise sage: "ich hab für diese projekt keine kapazität, das muss jemand anders machen. ich muss am wochenende schlafen." das ist dann aber auch einer der wenigen vorteile vom sozialbereich: wir ermahnen uns gegenseitig, wenn wieder eine mails in der nacht schreibt. wir planen so, dass wir die last möglichst gleich verteilen. wir schaufeln uns spielräume während der unterrichtszeit frei, um allfälliges zu erledigen. wir wissen, dass wir uns kaputtschuften und sind nicht stolz drauf, sondern wütend.
War das vielleicht Deine Mutter in weiß vor der Bank... 🤔
Nope!
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von beth im Beitrag #5857wir ermahnen uns gegenseitig, wenn wieder eine mails in der nacht schreibt. wir planen so, dass wir die last möglichst gleich verteilen. wir schaufeln uns spielräume während der unterrichtszeit frei, um allfälliges zu erledigen. wir wissen, dass wir uns kaputtschuften und sind nicht stolz drauf, sondern wütend.
bei uns schreiben manche ganz klar schon in die mails, dass sie aufgrund von kinderbetreuung, etc mails zu unzeiten schreiben, aber nicht erwarten, dass ausserhalb der normalen (also 9-5) zeiten darauf reagiert wird. ich verstehe ja auch, dass einer der grossen vorteile der akademischen arbeit ist, dass alle sich sehr frei ihre zeiten einteilen koennen und das soll auch so sein. aber ja, die diskussionen ueber die toxische arbeitskultur im akademischen umfeld fuellt buecher.
immerhin ist es bei uns nicht wie bei euch, dass die arbeit gleichzeitig noch mit staendiger praesenz und betreuung verbunden ist, das ist ja noch einmal ein ganz anderes level an belastung. ich kann mich 12 stunden komplett abkapseln und mit kopfhoerern arbeiten, wenn ich das will.
Zitat von drosophila im Beitrag #5854ich arbeite in einem umfeld, in dem es komplett normal ist, zwischen 50 und 80 stunden die woche zu arbeiten. und in dem leute einem doch recht stolz erzaehlen, die wochenenden seien die tage, an denen sie ohne schlechtes gewissen mal zwei stunden spazieren gingen. in dem man sonntag nachts um 3 e-mails bekommt. und das nicht etwa, weil die bezahlung so gut ist, sondern weil es bei vielen auch einfach irgendwie dazu gehoert.
klar, viele suchen es sich selbst aus und verlangen es von ihren angestellten nicht. also, nicht aktiv. natuerlich hat es trotzdem signalwirkung, wenn man als vorgesetzte*r jeden tag 18 stunden arbeitet.
Das ist in meinem Arbeitsumfeld ähnlich. Von 7 bis 23 Uhr ist zwar nicht die tägliche Regel, kommt aber immer öfter vor. Gerne wird dann über das Arbeitsaufkommen geschimpft, aber es werden untereinander annerkennende Worte gesprochen und der besondere Einsatz gelobt. Es hat sich mittlerweile etabliert den letzten Tag vom Urlaub bereits zu nutzen, um sich durch die Hunderte von Emails zu lesen, um am ersten Tag nach der Rückkehr einen leichteren Start zu haben.
Als Teilzeitbeschäftigte bin ich täglich im Zwiespalt, mache ich Überstunden, die mir weder bezahlt werden noch die ich abfeiern kann und helfe somit meinen Kollegen, damit diese weniger arbeiten müssen oder fahre ich mehr oder weniger pünktlich den Rechner runter, um mich meinen privaten Verpflichtungen nachzukommen (dafür verdiene ich ja auch nur 65%). Seit Corona mache ich idR jeden Tag ca. 1 Std extra (ich müsste nur 5 Std/Tag). Die Vollzeit-Kollegen mit den meisten Nachtschichten ziehen karrieremäßig regelmäßig vorbei. Ich wollte es nicht gleich wahr haben, aber in meiner Branche kann man (als Mutter) in Teilzeit die Karriereambitionen schnell ad acta legen, es passt einfach nicht zur Kultur.
Was gerade auch nervt und zum Thema Arbeitswelt passt... im Home Office ist es heutzutage verpönt krank im Bett zu bleiben und mal einen Tag nicht zu arbeiten. Wenn man nicht todkrank im Krankenhaus liegt wird eigentlich immer erwartet, dass man arbeiten kann. Egal ob Corona, Magen-Darm oder ein gebrochener Fuß. Das war vor einem Jahr noch anders.
Die Kurzfassung von Wikipedia: Schrecklicher Wolf oder Schrecklicher Hund.
Ich denke, die Langfassung über 14.000 Zeichen und Fettdruck wird gleich kommen.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed