Die Neubauten hatte ich mit wohlwollendem Interesse am Rande verfolgt, fand aber das meiste, was ich zu hören bekam, ziemlich schwer genießbar. Das änderte sich mit "Yü Gung" aber schlagartig, mit seinem hypnotischen Groove, den geschickt platzierten Noise-Begleitgeräuschen und vor allem Blixa Bargelds intensivem Vodka-Delirium hat mich dieser Track gewaltig in den Bann gezogen.
Die von Adrian Sherwood sanft optimierte Maxi-Version ist sogar noch besser als die Albumversion. Besonders wirkungsvoll, wenn draußen ein Gewitter tobt.
Sie war zu jener Zeit ganz ohne Zweifel die schönste Frau der Welt, und zwar mit Abstand. Ihr Boyfriend war ein gewisser Simon Cowell, der extra die Plattenfirma "Fanfare Records" gründete, damit sie ihre Single "So Macho / Cruising" veröffentlichen konnte, die dann nach mehreren Versuchen tatsächlich zum Hit wurde. Nach kurzer Zeit landete sie dann im PWL-Lager bei Stock Aitken Waterman, und legte eine sehr ordentliche Hit-Serie hin.
Nicht nur war sie die schönste Frau der Welt, sie trug auch die kürzest möglichen Miniröcke und bestach noch dazu durch ihre ungemein positive Ausstrahlung. Und als Tochter der Disco-Queen Miquel Brown hatte sie auch das musikalische Talent in die Wiege gelegt bekommen, sie sang ja gerne auch in Musicals. Aber am besten gefallen mir immer noch die schamlos eingängigen Pop-Hits, und ganz besonders LIEBE ich "Love On A Mountain Top" - so schlecht kann ich gar nicht drauf sein, dass dieser Song mich nicht in kürzester Zeit wieder hochziehen könnte.
Auch andere erkannten, dass Sinitta die schönste Frau der Welt war, so hatte sie z.B. eine heftige Affäre mit Brad Pitt. Dennoch kehrte sie immer wieder zu diesem gewissen Simon Cowell zurück, der dann so obskure Sachen wie "X-Factor", "Britain's Got Talent" und "Pop Idol" und wurde damit steinreich. Und Sinitta ist bis heute Presenterin und Co-Moderatorin bei seinen Formaten und deren Ablegern.
Erwähnte ich bereits, dass Sinitta damals die schönste Frau der Welt war? Heute, schlappe 25 Jahre später, sieht sie so aus
Und dann gab es plötzlich einen Hype, der seinesgleichen suchte. Eine ziemlich schräg glam-mäßig aussehende Band namens Sigue Sigue Sputnik schlug in den Charts ein, mit einem seltsamen Song namens "Love Missile F1-11", und sie propagierten Dinge wie "High-Tech Sex" und "Designer Violence". Die Reaktionen waren entsprechend, das war zeitweise blanker Hass und Verachtung... leider hatten diese Leute den Witz und den Satire-Aspekt nicht verstanden. Der Musikexpress ebenso, neben Häme gab es einen Wettbewerb, die Initialen SSS möglichst lustig zu interpretieren.
Aber eigentlich waren SSS die Vorläufer von Acts wie The KLF, mit ihrer Art von Parodie auf das Pop-Business. Mastermind Tony James hatte schon einschlägige Erfahrung gesammelt, als Bandmitglied von Generation X (mit Billy Idol), und sich mit seinem Kumpel Neil X das Konzept ausgedacht. Gesignt wurden sie dann vom Major EMI und erhielten schlane 7 Mio Pfund Vorschuss, und bedachten im Gegenzug die Plattenfirma mit Hohn und Spot. Eine B-Seite hieß "Buy EMI (7 Million Pounds Mix)", und kurz darauf veröffentlichten sie frech auf einer Indie-Firma Remixes ihrer Songs unter dem Namen Sci-Fi Sex Stars. Das Logo war das gleiche, nur dass das Kürzel SSS durch $$$ ersetzt war, das Label hieß WhoMI statt EMI, und auf der Cover-Rückseite stand "The thorn in EMI's side" (Thorn EMI war das Label, unter dem EMI damals Videos veröffentlichte).
Aber richtig genial fand ich ihren Sound, den es so weder vorher noch nachher geben sollte (als Vergleich fallen mir höchstens noch Pop Will Eat Itself oder Das Psych-Oh Rangers ein). Die Songs waren im Prinzip purer Rock'n'Roll, aber mit Tony James' unvergleichlichen Space Guitar als Fundament, garniert mit wirren Dub-Effekten, irren Gitarrensoli und vielen Film-Samples. Als Produzent fungierte ein gewisser Giorgio Moroder, der sich da allerdings eher ratlos zeigte. Kein Wunder, denn wie die Demos zeigen, hatten Tony James und Neil X praktisch alles schon vorher fertig, Moroder durfte da höchstens noch ein bisschen polieren. Auf dem ersten Album hatten übrigens alle Songs das gleiche Tempo - mit Ausnahme von "Atari Baby", das war genau halb so schnell.
Ich fand und finde sowohl Konzept als auch Sound ganz große Klasse. In meinem Auto rotiert regelmäßig meine selbst zusammengestellte CD mit den besten Maxis, denn gerade die Maxi-Versionen haben dem ganzen noch die Krone aufgesetzt, und immer ist dann ein breites Grinsen auf meinem Gesicht. Das verlinkte Live-Video entspricht im wesentlichen der ersten Maxi-Version von "Love Missile" und ist insofern dem offiziellen Video weit überlegen.
ZitatIch kann mich noch erinnern, wie Thomas Gottschalk das spielen musste, weil da immer die UK-Charts-Neueinsteiger vorgestellt wurden. Er war so irritiert, dass er kaum Worte fand, und das will was heißen. "Und damit ist der Chronistenpflicht Genüge getan."
Von Krolock:
ZitatDa müssen aber Plastic Bertrand oder Benny noch kommen
tenno (Über Life's What You Make It):
Zitatauch wenn bei mir der versponnene nachfolger zum zuge kommt - diese platte ist so toll, dass man kaum worte findet.
King Bronkowitz (über Disco Band):
ZitatIch habe vor ein paar Jahren die Single erstanden. Für 50 Cent. Wohingegen ich, auch nach näherer Betrachtung unter Einbeziehung des Nostalgiefaktors, Sigue Sigue Sputnik für kompletten Müll halte.
Hach... Wendy James. Ansonsten war das unglaublich eingängiger Glam-Pop-Rock, den man problemlos gut finden durfte. Und der Bassist hatte den coolsten Künstlernamen aller Zeiten: Tex Axile. Aber... hach, Wendy James.
Leider zoffte sich die Band gerne mal mit der Plattenfirma, und als die Leadsingle des dritten Albums floppte, wurde dieses in UK gar nicht mehr veröffentlicht. James' erstes Soloalbum, mit Elvis Costello aufgenommen, erhielt zwar gute Kritiken, floppte aber vernichtend. Vor einigen Jahren tauchte sie plötzlich wieder auf, und legte als Racine zwei gute, aber ebenso erfolglose Alben vor. Zudem bevozugt sie inzwischen den gefürchteten Karpfen-Look mit heftig aufgespritzten Lippen. Da halte ich mich lieber an diese Sachen.
Aus heiterem Himmel war da in UK plötzlich ein Song auf der #1, der mich total von den Socken riss. Ich hatte zwar mal beiläufig "The Celts" gehört, aber "Orinoco Flow" war traumhauft, romantisch und verzaubernd, und Enya, die ja aus dem Clannad-Clan stammte, hatte ihre ganz eigene Vision von Musik, die sie in der Folgezeit konsequent durchzog. Basierend auf irischem Folk, teilweise auch auf gälisch gesungen, aber angereichert mit elektronischen Klängen und vielfach übereinandergeschichteten Vocals.
Viele halten das ja - speziell heutzutage - für überzuckerten New-Age-Kitsch, ich aber finde ihre Musik nach wie vor verzaubernd. Enya lebt übrigens inzwischen in einem Schloss und gilt als reichste Frau Irlands.
ZitatAbseits vom Herr-der-Ringe-Soundtrack läuft es mir bei Enya ja immer kalt den Rücken runter. Freut mich trotzdem, dass man davon ein Schloss finanzieren kann
JoseLopez:
Zitat"Orinoco Flow" ist ein furchtbarer Song. Aber ich habe auf den Aida-Schiffen schon gestandene Männer heulen sehen, wenn das Lied erklingt und der Dampfer einen Hafen verlässt. Wie sollte ich da was gegen die Ausgeburt der Hölle sagen?
Krautathaus:
ZitatDanke. Enya ist und bleibt das Grausen für mich. Die haben mir auch mit ihrem Abschlußsong fast noch den tollen "Gladiator" madig gemacht.
Lostflowerboy:
ZitatDie gute Nachricht daran: Die Cranberries konnten keinen zweiten Welthit landen
Sisty:
Zitattransvision vamp die wären auch in meiner liste
Eigentlich galt die Israelin mit jemenitischen Vorfahren eher als Schlagersängerin, sie hate ja auch schon den ESC (damals Grand Prix Eurovision) gewonnen. Dann brachte sie plötzlich ein Album mit Songs aus dem Land ihrer Ahnen heraus, auch recht traditionell arrangiert, und ich war fasziniert. Eine Remix-Maxi (auf Teldec in grünem Vinyl) gabs auch.
Etwa anderthalb Jahre später, im Fahrwasser von Norman Cooks Remix von "Paid In Full", versuchte man es dann nochmal mit einem Remix des ebenfalls auf "Yemenite Songs" vertretenen "Im'nin alu", der dann urplötzlich zum Megahit wurde. Für mich war aber immer "Galbi" der bessere Song. Interessant ist auch, welche Entwicklung er durchgemacht hat, denn der wurde dann nochmal geremixt und kam als Nachfolgesingle zu "Im'nin alu" auf den Markt. Hier der ursprüngliche Remix:
ZitatAlso manchmal hast du wirklich........ Das ist für mich die Hölle, "Für immer" ist das schlimmste in diesem Forum jemals gepostete Lied. Ofra war okay
tenno:
Zitathab dich nicht so. andere leute kriegen ein bein abgenommen.
Basierend auf einer TV-Dokumentation bastelte Paul Hardcastle - ansonsten eher jazzig-chilligen Klängen zugetan - dieses frühe Stück Sample-Pop, das in Kombination mit dem Video eine durchaus verstörende Wirkung hatte. Entsprechend groß waren auch die Diskussionen, die dieser Song auslöste, und es folgten unzählige Remixes und internationale Versionen in unterschiedlichen Sprachen, darunter auch deutsch (mit einem Heute-Nachrichtensprecher). Und selbst in den USA wurde das zum Hit.
Von den Tantiemen sah Paul Hardcastle erst mal nicht viel, da Mike Oldfield wegen der zu großen Ähnlichkeit der Synthie-Melodie zu "Tubular Bells" klagte, entsprechend fehlte die auch auf späteren Versionen.
ZitatWas für ein geiler Track. Immer noch großartig.
tenno:
Zitatwas hab ich das damals gehasst. siehe picasso.
King Bronkowitz:
ZitatIch finde es nicht nur tanzbar, sondern es ist auch eine dermaßen geschickte Collage, daß es ohne Text eine klare Aussage enthält.
drosophila:
Zitatoh ja. kannte ich gar nicht, finde ich aber super.
King Bronkowitz:
ZitatErsteres erstaunt mich jetzt. Du bist zwar ein paar Jahre jünger, aber in den 80ern war das ein derartiger Riesenhit, daß man daran auch 5 Jahre später kaum vorbeikam. Nun gut, ob es in der Schweiz dermaßen eingeschlagen hat wie hier (wo es sogar eine deutsche Version gab, die auch von Paul Hardcastle produziert wurde), weiß ich nicht.
drosophila:
Zitatich habe nach wie vor grosse lücken in meinem musikwissen, was man ja auch immer wieder bei den "ich habe noch nie gehört"-spielen merkt.
Ich:
ZitatDie deutsche Version ist auch immer noch das Hinhören wert:
@tenno: Die Musik von Sigue Sigue Sputnik war ja im Prinzip sogar handgemacht. Denn was da klingt wie ein Sequencer ist in Wirklichkeit Tony James' Space Guitar, wo die gespielten Töne abgenommen und in elektronische Klänge umgewandelt wurden. James hat damals ja mal herausgestellt, wie sauschwer es ist, so dermaßen präzise zu spielen. Der Hammer waren für mich aber immer die Maxis, hier nochmal ein kleiner Nachschlag:
Letzterer ist übrigens von der unter dem Namen Sci-Fi Sex Stars veröffentlichten EP. Hat es eigentlich seither noch eine andere Band gebracht, bei einem Album die Pausen zwischen den Songs für Werbung zu verkaufen?
Eine Gemeinschaftsproduktion der 4AD-Labelkollegen Colourbox (Soul-Pop) und AR Kane (Noise), die unerwartet zum weltweiten Hit wurde und die Ära des Sample-Pop einläutete, "MARRS" waren die Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen. Elend lange habe ich gesucht, bis ich endlich die raren Maxi-CDs hatte (die erste davon musste ich dem WOM wieder zurückbringen, da eine Fehlpressung, bei der seltsame Chill-Out-Klänge auf der CD waren).
Leider kam es zum heftigen Disput zwischen der Plattenfirma und den Künstlern, die sich angesichts der Verkaufszahlen um viel Geld geprellt sahen. 4AD existiert auch heute noch als hoch angesehenes Label, aber weder von Colourbox noch von AR Kane habe ich je wieder etwas gehört.
MARRS hatten es vorgemacht, und bald bevölkerte Sample-basierter Dance-Sound die Charts, vor allem in UK. Stilprägend waren vor allem die Acts des Mute-Sublabels Rhythm King, wie Bomb The Bass, Baby Ford und eben auch S-Express. Ich war begeistert von dieser Musik, die im Grunde recht simpel, aber vor allem äußerst effektiv war und selbst Steine zum Tanzen bringen konnte.
Mastermind von S-Express war Mark Moore, der später auch mit Prince zusammenarbeitete, und eine Reihe toller Hits ablieferte (auch "Mantra For A State Of Mind" zählt zu meinen All-Time-Favoriten). Die dritte Single "Hey Music Lover" bekam sogar einen Remix von Philip Glass (!) verpasst, meines Wissens der einzige, den jer jemals gemacht hat.