Nicolette war durch ihre Zusammenarbeit mit Shut Up And Dance bekannt geworden, die auch ihr erstes Album produzierten. Darauf befand sich ein kurzer Intro-Song namens "No Government". Diesen überarbeitete sie in der Folgezeit, und er wurde für ihr zweites Album neu aufgenommen, mit Plaid als Produzenten, die dem Song einen ausgesprochen interessanten Sound verpassten. Nicolettes sanfte, einschmeichelnde Stimme tat ein übriges, sodass dieser Song einer meiner ganz persönlichen Klassiker ist.
Das musikalisch sehr abenteuerlustige Album "Let No One Live Rent Free Inside Your Head" wurde allgemein ziemlich abgefeiert, manch einer verpasste ihr den Titel "die schwarze Björk". Und kurz darauf lieferte sie beim zweiten Album von Massive Attack Gastvocals ab, bei den tollen Songs "Sly" und "Three". Leider verlor sich ihre Spur danach, erst viele Jahre später kam ein ziemlich gutes, leider auch ziemlich erfolgloses drittes Album.
In den ersten Jahren der 90er ging der Rave-Sound in UK ganz gewaltig ab, und eine unerschöpfliche Quelle an innovativen Künstlern schien da zu sprudeln. Große Favoriten von mir waren Altern 8, mit ihrem engergiegeladenen, von Breakbeats nach vorne gepeitschten Sounds. Berühmt waren sie auch immer für ihre Uproars, wie hier "Top one, nice one, get sorted".
Mit "Frequency" und "Infiltrate 202" (das auf "Pacific 202" basierte) hatten sie schon Achtungserfolge vorzuweisen, aber "Activ-8" ging dann ab wie eine Rakete und verpasste nur knapp die #1 in UK. Und mit "Evapor-8" legten sie dann nochmal gleichwertig nach. Ganz weit vorne waren sie auch beim klau... äh samplen, "Evapor-8" enthielt ausgiebige Passagen, von "Strings Of Life", und "Brutal-8-E" basierte auf dem Clubhit "Let's Get Brutal".
Nach dem Album "Full On - Mask Hysteria" kam leider nichts mehr, aber das gehört für mich immer noch zu meinen absoluten Kultalben. Und "Activ-8" wurde kürzlich ja nochmal zum Hit, als man es per Facebook-Kampagne zur Weihnachts-#1 pushen wollte.
Ein weiterer Vertreter dieser jungen innovativen Acts waren The Prodigy, die mit ihrer zweiten Single "Charly" aus dem Nichts einen riesigen Hit landeten. Im Vergleich zu Altern 8 waren sie allerdings noch mehr dem Breakbeat / Drum & Bass verschrieben, was in den Folgesingles noch deutlicher herauskam. Diese waren dann oft auch noch deutlich schneller, yeah!
In der Folgezeit wurden The Prodigy ja sogar zu echten Megastars, mit Hits wie "Firestarter" oder "Omen", und sie sind ja immer noch vorne dabei. Ich hoffe, dass bald mal wieder was kommt...
Zitat"Charly" fand ich eher nervig, aber "Your love" von der gleichen Maxi, das wäre der 101. Track in meiner Liste, einer meiner ersten richtigen"Lieblingssongs" überhaupt.
p.s. (kannte ich bisher nicht):
Ich:
ZitatEin guter Tipp für junge Eltern wie JOAT oder (demnähx) JoLo.
Mehr oder weniger interessanter Fact zu "Firestarter": Die "Hey"-Samples stammen aus "Close (To The Edit)" und Art Of Noise wurden deswegen als Mitkomponisten genannt (oder mussten genannt werden).
Yeah, und auch die Deutschen konnten Techno! Ich hätte hier auch das monumentale "Acperience" von Hardfloor bringen können, aber Westbam erdachte seine eigene Version von Rave-Techno aus seiner DJ-Sicht, und rief das Zeitalter des DJ-Mixers und später die Raving Society aus. "And Party" wurde wohl zum ersten Techno-Hit in Deutschland, und der Tracktitel zum geflügelten Wort.
Underworld nahmen eine seltsame Entwicklung. Unter dem Namen Freur als Synthipop-Gruppe gestartet ("Doot Doot" habe ich noch als 12"), kam bald die Umbenennung in Underworld, zunächst blieb der Sound aber noch eher konventionell, und ein bisschen unbeholfen funkig-rockig. Nach der nächsten Umbesetzung zog es die Band stark in Richtung Techno, der oft und gerne auch ziemlich episch geriet, siehe z.B. den Doppel-Track "Rez / Cowgirl" oder das je nach Version bis zu 20minütige "Dark & Long".
Den kommerziellen Durchbruch schafften sie dann mit "Born Slippy.nuxx", das ihnen praktisch Superstar-Status einbrachte. Diesen zementierten sie mit ihren legendären, energetischen Livesets und weiteren Hits wie "Pearl's Girl". Zuletzt machten sie sich eher rar, aber einen unverhofften Top-20-Hit landeten sie vorletztes Jahr mit "Caliban's Dream" - aus ihrem Soundtrack zur Eröffnung der olympischen Spiele in London.
Schon in den 80ern hatte Prince Rogers Nelson gezeigt, wie nahe Genie und Wahnsinn beieinanderliegen. Auf der einen Seite veröffentlichte er eine beindruckende Liste großartiger Songs (When Doves Cry, I Would Die 4 U, Kiss, Sign O' The Times, Alphabet St., Batdance...), auf der anderen Seite aber auch grausames Gejaule und scheußliche Katzenmusik (Raspberry Beret, Scandalous, Glam Slam, ca. 2/3 des Sign O' The Times Albums).
Anfang der 90er war er aber - trotz plötzlicher Rebellion gegen seine Plattenfirma, die ihm einen irrsinnig gut dotierten Vertrag gegeben hatte - auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Alben wie "Diamonds & Pearls", "Symbol Album", "Black Album" oder "The Gold Experience" lassen sich auch heute noch ganz hervorragend anhören, und auf dem zweitgenannten ist auch sein mit Abstand bester Song "Sexy MF", dessen knackigster aller Grooves zielsicher in den Unterleib trifft. Schade, dass es danach rapide bergab ging und er sich vollends verzettelte.
ZitatToller Track! Aber doch nicht nur. Emancipation! The rainbow children! Und die letzten drei Alben waren auch wieder ok.
Ich:
ZitatOk schon, aber vom Meister erwartet man halt doch ein bisschen mehr...
Squonk (über "Katzenmusik"):
ZitatDas war aber nicht ernst gemeint, oder?
Von Krolock:
ZitatKann und darf nicht ernst gemeint sein, vor allem das mit "Raspberry Beret" nehme ich persönlich
Ich:
ZitatOh doch. Mit dem "Sign O' The Times" Album hat man mich sogar mal aus einem Plattenladen vertrieben (bei Michelle Records in München). Da drehen sich einem teilweise wirklich die Zehennägel auf. Aber wie gesagt, er hat ja andererseits auch viele wirklich geniale Songs rausgebracht.
Von Krolock:
ZitatStimmt, und die meisten davon sind auf "Sign O' The Times" und "Around The World In A Day"
Nullerbank:
ZitatHier muss ich dem Kollegen von Krolock in der Tat recht geben. Die Sign o´the Times - Doppel-LP habe ich damals 20 km freihändig mit dem Radl von Rosenheim nach Brannenburg auf dem Inndamm transportiert, damit ja keine Beschädigung des Covers zustande kommt. Diese Tortur hat sich nach den ersten Durchläufen gerechnet.
King Bronkowitz:
ZitatAuf Plattenlänge wollte Prince nie zu mir. Sollte mir mal die beiden "Best Of"s zulegen. "Purple Rain" und "Sign O' The Times" fand ich ziemlich nervig und hab sie wieder verkauft. Ja, schlagt mich.
Hach, Saint Etienne... die Band, die die Popmusik im Herzen trägt
Schon das erste Album "Foxbase Alpha" hatte es mir angetan, und "Only Love Can Break Your Heart" war die erste Maxi-CD, die ich mir von ihnen kaufte. Der Beginn einer bis heute andauerden Beziehung, die sich für meinen Geldbeutel erschütternd ausgewirkt hat. Mit dem zweiten Album "So Tough" legten sie dann noch einen Drauf, das ist Pop-Kunst vom Allerfeinsten und lässt sich auch heute noch ohne Wertverlust anhören. Gerade das traumhafte "Avenue" bringt mich immer wieder zum Schwelgen.
Mit der Zeit bekam ich mit, dass Saint Etienne auch einen sehr rührigen Fanclub betrieben, dessen Mitglieder regelmäßig CDs angeboten bekamen, die randvoll mit unveröffentlichten Songs waren. Diese waren zudem sehr limitiert und wurden auf eBay zu Irrsinnspreisen gehandelt. Also trat ich da ein, und nenne heute eine schöne Sammlung dieser (übrigens durchweg sehr guten!) Alben mein Eigen.
Saint Etienne sind auch heute noch aktiv. Meine nächste Anschaffung wird das demnächst herauskommende Fotobuch sein, dessen limitierter Auflage eine exklusive 7" beiliegt und die ich glücklicherweise rechtzeitig bestellt habe. Und sie arbeiten an neuem Material, womöglich kommt noch in diesem Jahr ein neues Album!
Beim Thema Prince scheint es ja die eine oder andere "Controversy" zu geben.
75. Björk - Human Behaviour
Mit "Debut", ihrem - ähm - zweiten Soloalbum, trat Björk endgültig aus dem Schatten von Sugarcubes und 808 State und etablierte sich als eigenständige, innovative Künstlerin. Ihr Faible für elektronische, dance-orientierte Klänge lebte sie dabei ungeniert aus und erreichte so einen kaum mehr überbietbaren Hipness-Status, aber auch die Qualität ihrer Werke spricht für sich.
Die großartige erste Single "Human Behaviour" entsprach so gar nicht den damaligen Pop-Hörgewohnheiten, wurde aber dennoch zum Hit, dazu kamen Remixes von Leuten wie Underworld. Und sie begründete da auch ihre Tradition, kreative und innovative Videoclips abzuliefern. Aber vor allem: Auch aus heutigem Blickwinkel ist das ein toller Song.
Jam & Spoon waren Rolf "Jam El Mar" Ellmer und Markus "Mark Spoon" Löffel, der leider viel zu früh von uns gegangen ist. Die Nachricht von seinem Tod war für mich ein Moment, den andere vielleicht bei Kurt Cobain oder Michael Jackson hatten.
Jam El Mar ist einer der verdammt besten Produzenten unter dieser Sonne, das dürfte jeder bestätigen, der seine Werke mal über eine richtig gute Anlage gehört hat. Und Mark Spoon, der eigentlich vom Hip Hop kam, wurde mit seinen energetischen DJ-Sets - u.a. im Münchener Ultraschall - zur Legende. Mit "Stella" legten sie den Grundstein für die Verehrung, die ihnen aufgrund der vielfältigen Glücksmomente entgegengebracht wird.
ZitatYeah! Ich habe sogar beide 99'er Remix-Maxis dieser Perle von Track. Und alle Maxi-CDs zu den Tripomatic-Alben ("Die Kraft der vier Herzen" wuhuu!). Hach. Ich muss noch 10 Eurodance-Songs an meine Top 100 ranhängen, es geht nicht anders.
Ich:
ZitatIch bin ja ein großer Fan der "Angel" Maxi-CD (der normalen, nicht der Remix-CD). Die erste lange Version klingt wie die Single, nur eben länger, und vom Aufbau her absolut meisterlich. Die zweite ist etwas langsamer und eher im "klassischen" J&S Stil, sogar mit Stella-Anspielungen. Und der Zusatztrack "Can You Feel It" ist ein echter Techno-Hammer.
Lostflowerboy:
ZitatJa, "Can you feel it" ist ein ordentlicher Kracher. In die gleiche Kerbe hat ja auch das 12-minütige "Follow me" (von der "Right in the night"-Maxi) gehauen
tenno (über Rez):
Zitatich war kurz davor, genau das auf meine liste zu tun! (es wird jetzt was anderes, aber das war sehr knapp.)
€: auch björk findet natürlich mein höchstes wohlgefallen. und an der prince-controversy möchte ich auch noch kurz teilnehmen: ja, die "symbol" ist tatsächlich die letzte wirklich substantielle veröffentlichung, nein, "sexy m.f." ist nicht der mit abstand beste track darauf, denn den ersten platz teilt er sich mit "my name is prince". und nein, die "sign of the times" ist natürlich nicht zu 2/3 gejaule, sondern zu 9/10 pures genie. was täte ich ohne diese platte! (und ohne die "parade"! und ohne "around the world in a day"! und ohne ca 1/3 der "purple rain"!)
Die Mayday, die jedes Jahr am Vorabend des 1. Mai ausgerichtet wird, hatte sich 1994 schon als größtes Rave-Festival etabliert, das regelmäßig 20-30.000 Raver anzieht. Und Westbam, der das erste "Mayday Anthem" produziert hatte (noch unter eigenem Namen), brachte dann zuverlässig die neue Hymne dazu heraus. Mit "Rave Olympia" hat er ein Werk abgeliefert, das mich sofort in den Bann zog und das ich auch mich auch heute noch vom Sitz reißt. Und mit "Sonic Empire" hat er ja ein paar Jahre später einen richtigen Megahit gelandet.
Die Mayday findet auch heute noch statt, manchmal zeitlich um ein paar Tage verschoben, und manchmal in einer anderen Location als Dortmund, aber sie ist immer noch ein Großereignis. Nur Westbam hat sich letztes Jahr leider verabschiedet.
Mitte der 90er hatte der deutsche Rave-Sound endgültig die Charts erobert, dominiert von Westbams Low Spirit Label. Der für mich mit Abstand beste Act darauf war RMB, benannt nach Soundmeister Rolf Maier-Bode, dessen Produktionskünste ihre Veröffentlichungen einzigartig machten. Mit dem geschäftstüchtigen Farid Gharadjedaghi hatte er dann auch den kongenialen Produktionspartner gefunden. Und auch ihre Liveshows waren legendär.
RMB war ursprünglich ein Hardcore-Projekt, nur bestehend aus Rolf selbst. Mit dem Einsteigen von Farid wurde der Sound melodiöser, ohne jedoch die schnellen, mitreißenden Grooves zu verlieren, und mit "This World Is Yours" schufen sie das erste Rave-Bestselleralbum. Mit dem Nachfolger "Widescreen", der auch atmosphärischere Sounds beinhaltete, legten sie noch einen drauf. Die zugehörigen Singles, allen voran "Spring", bringen mich auch heute noch zuverlässig über die Euphorieschwelle. Muss unbedingt über eine gute Anlage gehört werden!
Ein paar Jahre später zerstritten sich die beiden leider. Rolf komponiert heute hauptsächlich für die Werbeindustrie und nimmt hin und wieder neue Alben auf, die er über seine Webseite vertreibt (ziemlich gut, übrigens). Und Farid, lange Zeit schwer krank, hat seinen Platz im Musikbusiness gefunden.