Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #89Ich versteh' nicht so recht, wohin du die Diskussion lenken möchtest. Geht's etwa darum, dass du "die anderen da" nicht auf "unseren" Konzerten haben willst? Überhaupt sind auf den letzten zwei Seiten derart viele Schlagwörter gefallen, dass ich mich ernsthaft frage, worum es in diesem Thread eigentlich geht, um problematische Bands, problematische Fans, oder inhaltlich problematische Musik?
an der stelle zerfasert die diskussion. mir ging es lediglich darum, dass ich das bild, wie j. haussler es gezeichnet hat, von einem angetüterten publikum umgeben zu sein, dass laut "hure" gröhlt, so nachvollziehbar wie unangenehm ist. kraftklub ist für mich eine band, der ich prinzipiell nichts schlechtes wünsche, auch wenn ich die musik nicht sonderlich mag. allerdings kann ich mich in die lage johnny haussler's als fan hineinversetzen und würde mich ebenso unwohl fühlen, wenn ich plötzlich das gefühl hätte, jemand hätte mich unvermittelt in ein micki-krause-konzert gebeamt.
desweiteren sehe ich die konzerte, die ich besuche nicht als meine konzerte an, und masse mir insofern auch nicht an zu beurteilen, wer jetzt da sein darf und wer nicht. gleichwohl fühlte ich mich auf verschiedenen konzerten verschieden wohl, was das restliche publikum betrifft. ich denke, soweit dürfte das auch für jeden nachvollziehbar sein.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Nun ja, wenn Herr Haussler oder du die Vorstellung, dass demnächst 1000e Konzertbesucher der Band Kraftklub lautstark "Hure" brüllen, als unangenehm empfinden, ist das ja sein/dein ganz privates Problem. Den Micki-Krause-Vergleich halte ich obendrein für reichlich schräg, ich glaube, dass dem Mann und seiner Zunft diesbezüglich Unrecht getan wird, auch wenn Ballermann-Veranstaltungen sicherlich kein Literaturkurs sind. Ich halte den Vergleich mit den befreundeten K.I.Z. da für naheliegender, weil man sich der Rap-Combo mit dem neuen Song inhaltlich stark annährt. Auf deren Konzerten findet sich auch der übliche Anteil von Stiernacken, die nicht anders können, als jeden, aber auch wirklich jeden Song der Band wörtlich zu verstehen. Das ist aber weder die Schuld von K.I.Z. noch mein Problem, man kann auch auf Konzerten solchen Idioten problemlos aus dem Weg gehen.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Herrje, jetzt hab ich mir den Text von J. Haussler mal durchgelesen, weil's mir doch keine Ruhe gelassen hat und kann behaupten: Der Mann macht so ziemlich alles falsch. Angefangen mit dem gleichen Fehler, den die bereits erwähnte Bianca H. gemacht hat, über eine Musterinterpretation, die den Autor als genau das entlarvt, was er dem imaginierten Publikum unterstellt bis hin zu (immer anmaßenden) Erklärungsversuchen, warum die Band sich diesen Song wohl ausgedacht hat. Vom lyrischen Ich scheint der Mann ebensowenig zu wissen wie vom uneigentlichen Sprechen. Was schade ist, denn dann wüsste er vielleicht auch davon, dass Letzeres weder Brechung noch Kommentar benötigt, um zu funktionieren. Im Grunde genommen ist der Artikel all das, was der Song nicht ist: Ein einziger reaktionärer Scheißdreck. Natürlich ist ein Diskurs als Reaktion auf den Song wünschenswert, aber dann doch bitte ein bisschen reflektierter.
Natürlich gibt es auch noch die andere Seite. Stark pubertierende 15-jährige, die von all den Dingen, von denen Herr Haussler nichts weiß, auch nichts wissen. Man muss aber deswegen nicht unterstellen, dass jetzt Abertausende Jugendliche infolge der Veröffentlichung dieses Songs verrohen. Die können ebenso gut daran wachsen. Half chance also, so wie Kunst im Grunde genommen immer ist.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Zitat von Lumich im Beitrag #94was genau wäre besser daran, wenn das ich in diesem text nur das lyrische ist?
Wir können damit auschließen, dass hier die persönliche Meinung/ein wie auch immer geartetes Frauenbild der Band wiedergegeben wird. Aber meiner Meinung nach handelt der Song auch nicht davon, dass es okay ist, Frauen als Hure zu bezeichnen. Ich erkenne da auch nicht zwangsläufig einen Rachesong, auch wenn es sicherlich Anzeichen dafür gibt.
Ich will im Übrigen weiter ausschließen, dass jeder Hansel Hassbotschaften verbreiten und sich dabei auf das lyrische Ich berufen darf. Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Kraftklub, die "Du Hure" schmettern und einschlägig bekannten Rechts-Rock-Bands, die auf AfD-Veranstaltungen davon singen, dass alle Flüchtlinge Vergewaltiger sind.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
okay, nehmen wir mal, der text ist nicht persönlich (wodurch das jetzt genau ausgeschlossen werden soll - geschenkt): was genau wäre die essenz? dass es nicht schön ist, die ehemals angebetete an den be-he-hesten freund zu verlieren ist bestenfalls banal. dazu alle mal kräftig "hure" mitbrüllen zu lassen… vielleicht nicht doch ein wenig unappetitlich?
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Lumich im Beitrag #96okay, nehmen wir mal, der text ist nicht persönlich (wodurch das jetzt genau ausgeschlossen werden soll - geschenkt): was genau wäre die essenz? dass es nicht schön ist, die ehemals angebetete an den be-he-hesten freund zu verlieren ist bestenfalls banal. dazu alle mal kräftig "hure" mitbrüllen zu lassen… vielleicht nicht doch ein wenig unappetitlich?
1) Wenn das deine Interpretation des Textes ist, dann ist das so. Ich werde jetzt nicht darüber richten, ob die richtig oder falsch ist, ebensowenig werde ich jetzt versuchen, dir meine Interpretation überzustülpen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob meine Interpretation naheliegend oder an den Haaren herbeigezogen ist, die speist sich nämlich nach wie vor aus dem ersten Höreindruck. Aber soviel: In der Literaturwissenschaft geht man davon aus, dass die Interpretation mehr über den Leser als über den Urheber aussagt. Ich warne außerdem davor, nur einzelne Teile des Textes zu interpretieren, das ist etwas was die BILD-Zeitung macht, Zitate entkontextualisieren und auf dieser Grundlage eine Meinung bilden, und sei es die des Lesers.
2) Was Haeusler da in seinem Text indirekt zusammenphantasiert ist ein Komplettaustausch des Publikums. Der wird aber de facto nicht stattfinden. Lustigerweise teilt der Mann sich damit die Sorgen und Nöten mit dem AfD-Publikum, nur mit einem anderen Setting und anderen Protagonisten. Und wenn es Kraftklub mit ihrem Song schaffen, solche Leute aus der Reserve zu locken und als selbstgefällige Blender zu entlarven, dann ist es ein gutes Lied (vgl. hierzu Böhmermanns Schmäh-Gedicht und die Folgen).
So, das sind meine 5 Cents. Ich mach mir jetzt Gedanken darüber, warum eine Gesellschaft, die angeblich so weit entwickelt ist, ein derart unentspanntes Verhältnis zum Wort Hure hat, hatten käufliche Damen im Mittelalter doch ein weitaus höheres Ansehen als heutzutage. Aber heutzutage sind die irgendwie iih-bah, und da wirkt schon die reine Nennung des Wortes unappetitlich. Das hat jetzt aber nun wirklich nichts mit dem Song zu tun.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #98 Ich mach mir jetzt Gedanken darüber, warum eine Gesellschaft, die angeblich so weit entwickelt ist, ein derart unentspanntes Verhältnis zum Wort Hure hat, hatten käufliche Damen im Mittelalter doch ein weitaus höheres Ansehen als heutzutage. Aber heutzutage sind die irgendwie iih-bah, und da wirkt schon die reine Nennung des Wortes unappetitlich. Das hat jetzt aber nun wirklich nichts mit dem Song zu tun.
Da kann ich dir weiterhelfen und es hat durchaus mit dem Song zu tun: Wenn eine Frau als "Hure" bezeichnet wird, weil sie nicht (mehr) mit einem Mann schlafen will, der seinerseits mit ihr schlafen will, dann ist das unappetitlich, weil ein kompletter Berufsstand auf "untreute Schlampe" reduziert wird, einfach nur aufgrund er Tatsache, dass keinem einzelnen Mann Exklusivrechte am Körper der Frau eingeräumt werden. Weiterhin werden alle nicht als Prostituierte tätigen Frauen, die nicht ihr komplettes Leben mit ein und demselben Mann verbringen wollen, gerne mal "Hure" genannt, um ihre freie Entscheidung, wer denn nun ihr Sexualpartner sein soll, zu diskreditieren: Eine Hure schläft im Geschäftsleben (!) bekanntermaßen nicht nur mit Männern, die sie mag oder die ihr auch nur minimal sympathisch sind, sondern eben mit (fast) allen, die entsprechend bezahlen. Damit wird der Frau in dem Lied die Fähigkeit abgesprochen, sich auf Gefühlsebene für oder gegen eine sexuelle Beziehung zu entscheiden. Der Songschreiber unterstellt niedere Motive, wegen der er verlassen wurde.
Da er das offensichtlich recht leichtfertig & lautstark tut, gehe ich stark davon aus, dass die Exfreundin es sooo falsch nicht gemacht hat ...
Huihuihui, Huren sind also nicht in der Lage, sich auf Gefühlsebene auf sexuelle Beziehungen einzulassen? Und haben niedere Motive, weil der Sex nicht rein vergnüglich, sondern geschäftlich ist? Glauben wir daher, Hure sei ein Schimpfwort? Weil wir genau dieses verzerrte Bild von denen haben?
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #100Huihuihui, a) Huren sind also nicht in der Lage, sich auf Gefühlsebene auf sexuelle Beziehungen einzulassen? b) Und haben niedere Motive, weil der Sex nicht rein vergnüglich, sondern geschäftlich ist? Glauben wir daher, Hure sei ein Schimpfwort? Weil wir genau dieses verzerrte Bild von denen haben?
du drehst dir das aber auch alles so, wie es dir passt, oder? weder a) noch b) hat mory je behauptet. auch glaube ich nicht, dass irgendwer hier mit deinem "wir" gemeint sein könnte (ausser vielleicht merseburg). ich kann mir nur beim besten willen nicht vorstellen, dass jemand seiner exfreundin dieses wort als freundlich-anerkennendes kompliment hinterherschreit. dass dieser jemand stattdessen ein verzerrtes bild von huren hat, mag beklagenswert sein. noch beklagenswerter allerdings - und hier setzt mory argumentativ an, und ich stimme zu - ist das verzerrte bild von frauen und intersexuellen beziehungen im allgemeinen, das er durch diese kontextuelle vereinnahmung einer soziologisch verhandelbaren pauschalaussage offenbart. oder auf deutsch: warum das wort eine beleidung sein sollte, ist diskutabel. dass es aber in diesem fall als solche gemeint ist, ist wohl unstrittig. und der blick in die gedankenwelt des urhebers, den dieses wort eröffnet, macht mich schwindeln und schaudern.
Zitat von Mory im Beitrag #99 Damit wird der Frau in dem Lied die Fähigkeit abgesprochen, sich auf Gefühlsebene für oder gegen eine sexuelle Beziehung zu entscheiden. Der Songschreiber unterstellt niedere Motive, wegen der er verlassen wurde.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #100Huihuihui, a) Huren sind also nicht in der Lage, sich auf Gefühlsebene auf sexuelle Beziehungen einzulassen? b) Und haben niedere Motive, weil der Sex nicht rein vergnüglich, sondern geschäftlich ist? Glauben wir daher, Hure sei ein Schimpfwort? Weil wir genau dieses verzerrte Bild von denen haben?
du drehst dir das aber auch alles so, wie es dir passt, oder? weder a) noch b) hat mory je behauptet.
ich wüsste nicht, wie ich obiges zitat anders verstehen könnte.
Zitat von tenno im Beitrag #101auch glaube ich nicht, dass irgendwer hier mit deinem "wir" gemeint sein könnte (ausser vielleicht merseburg).
es geht mir nicht um "hier" und "da". es geht darum, dass sich bei 99,5% der leuten, die das wort hören, eine bestimmte vorstellung im kopf formt...
Zitat von tenno im Beitrag #101 oder auf deutsch: warum das wort eine beleidung sein sollte, ist diskutabel. dass es aber in diesem fall als solche gemeint ist, ist wohl unstrittig.
...und das ist ja ungefähr das, wo ich mit mory hinwollte. dass dieses wort im laufe der zeit eine konnotation erhalten hat, die ursprünglich gar nicht in dem wort steckte.
Zitat von tenno im Beitrag #101und der blick in die gedankenwelt des urhebers, den dieses wort eröffnet, macht mich schwindeln und schaudern.
welcher blick ist das (bittte bei bedarf ersetzen durch welche gedankenwelt oder welcher urheber)? ich frage, weil mich an dem song eben nichts schwindeln und schaudern macht. wenn du aber mit "urheber" jeden meinst, der dieses wort in verletztender absicht benutzt, sind wir da ja auf einer linie.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
ich glaube tatsächlich, dass wir uns gedanklich jetzt irgendwo in diesem argumentationsdreieck treffen. aber ich bin gerade zu faul, das weiter zu durchdenken.
Zitat von Mory im Beitrag #99 Damit wird der Frau in dem Lied die Fähigkeit abgesprochen, sich auf Gefühlsebene für oder gegen eine sexuelle Beziehung zu entscheiden. Der Songschreiber unterstellt niedere Motive, wegen der er verlassen wurde.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #100Huihuihui, a) Huren sind also nicht in der Lage, sich auf Gefühlsebene auf sexuelle Beziehungen einzulassen? b) Und haben niedere Motive, weil der Sex nicht rein vergnüglich, sondern geschäftlich ist? Glauben wir daher, Hure sei ein Schimpfwort? Weil wir genau dieses verzerrte Bild von denen haben?
du drehst dir das aber auch alles so, wie es dir passt, oder? weder a) noch b) hat mory je behauptet.
ich wüsste nicht, wie ich obiges zitat anders verstehen könnte.
es ist doch unübersehbar, dass nicht mory der meinung ist, dass prostituierte beziehungsunfähig wären, sondern dass sie diese unreflektierte haltung dem textverfasser des kraftklub-songs unterstellt.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ich dachte eigentlich auch, dass man das nicht missverstehen kann, wenn man es nicht gerade entschieden darauf anlegt... Aber gut, sowohl der Haeussler-Text als auch Lied gefallen mir nicht, insofern bin ich sowieso falsch in dieser Diskussion. Ist vermutlich wieder die Feministin mit mir durchgegangen.
Aber ein kleiner Hinweis auf das ausgesprochen beschissene "Miststück" von Megaherz sei noch angefügt. Seht ihr hier eine vergleichbare Problematik, oder darf man eine Frau "Miststück" nennen, aber nicht "Hure"? Oder ist das Thema ausreichend unterschiedlich, weil hier nur "allgemein" auf eine untreue Frau geschimpft und nicht eine bestimmte Dame angesprochen wird? (Zu finden hier: https://www.youtube.com/watch?v=cCGfLsMixnc)