Mich würde an dieser Stelle mal interessieren, von wie vielen Menschen wir da eigentlich sprechen, die sich jährlich widerrechtlich über einen dieser Grenzübergänge bewegen und wie man die von den vielen übrigen Menschen unterscheiden möchte, die ganz legal ihre innereuropäische Reisefreiheit nutzen.
Ich habe mit dem Begriff der illegalen Migration ohnehin meine Schwierigkeiten. Es zeigt sich, dass manche kein Bleiberecht haben. Aber hierherzukommen ist nicht automatisch illegal.
Ansonsten halte ich auch den Begriff der „wirklich Bedürftigen“ für reine Heuchelei. Es soll ja gar niemand mehr ins Land kommen.
Zitat von LFB im Beitrag #3166Dann ist die Zusammenarbeit zumindest effektiv. Ansonsten: Keine Goldrandlösung, aber ein hinnehmbarer Kompromiss. Die (wie ich finde teilweise sehr irrationale) Abneigung gegen Seehofer teile ich natürlich nicht, er hat mit Rückgrat für seine Überzeugungen gekämpft und in wenigen Wochen mehr bewegt als Merkel und sein Vorgänger in den Jahren zuvor. Dass er bereit war, für seine (im übrigen sachlich, moralisch und juristisch richtigen) Ziele die Koalition zu beenden und auf sein gut bezahltes Amt zu verzichten, widerlegt alle, die ihm Opportunismus und Machtgeilheit nachsagen. Dass Deutschland nur ein tolerantes, weltoffenes, solidarisches Land bleiben kann, wenn die von Schlepperbanden organisierte illegale Einwanderung v.a. junger Männer aus Afrika und der arabischen Welt mit leider häufig antisemitischem, frauenfeindlichem und religiös intolerantem Weltbild konsequent unterbunden wird, diese Erkenntnis wird auch bei dem/der einen oder anderen hier irgendwann noch reifen. Denn nur dann haben wir die Ressourcen und die gesellschaftliche Akzeptanz, die wirklich Bedürftigen und Verfolgten zu unterstützen und aufzunehmen sowie zielgerichtet vor Ort Hilfe zu leisten.
Seehofer erfindet eine Krisensituation um die Koalition an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen, aus rein machtegoistischen Gründen. Die "illegale Einwanderung" ist seit 2015 um 95% zurückgegangen (siehe EU Gipfelpapier vom vergangenen Wochenende), de facto ist die Ausnahmesituation von 2015 genau das geblieben. Und anstatt jetzt auf einen europäischen und solidarischen Weg zu gehen, der dringend notwendig ist um die wirklich betroffenen Länder (und das ist nicht Deutschland, sondern Italien und Griechenland) zu stützen und einen solidarischen Weg zu finden geht er mit Kurz, den Visegrad-Nationalisten und Salvini auf große Abrisstour. Genau den selben Mummenschanz veranstalten die Protofaschisten in der österreichischen Bundesregierung.
Ich würde außerdem gerne genauer wissen, was er bewegt hat und was seine Ziele waren. Das ist mir nämlich beides komplett schleierhaft geblieben.
Zitat von LFB im Beitrag #3166Die (wie ich finde teilweise sehr irrationale) Abneigung gegen Seehofer teile ich natürlich nicht, er hat mit Rückgrat für seine Überzeugungen gekämpft
Ich glaube, dass ich Rückgrat noch mal googeln muss. Der Begriff wäre mir jetzt im Zusammenhang mit Seehofer, eher nicht eingefallen.
Zitat von Quork im Beitrag #3167Habe mich schon gefragt, wann das kommen würde.
Mich würde an dieser Stelle mal interessieren, von wie vielen Menschen wir da eigentlich sprechen, die sich jährlich widerrechtlich über einen dieser Grenzübergänge bewegen und wie man die von den vielen übrigen Menschen unterscheiden möchte, die ganz legal ihre innereuropäische Reisefreiheit nutzen.
Wenige: "Im laufenden Jahr wurden Berichten zufolge bis Mitte Juni 18.349 Asylsuchende in Deutschland aufgenommen, die bereits in der europäischen Fingerabdruckdatei Eurodac erfasst waren. Das wären im Durchschnitt etwa 110 Menschen pro Tag, die bereits woanders registriert wurden. Es geht also nicht um besonders viele Fälle, aber der CSU ging es auch um ein Zeichen, dass der Staat nach den Turbulenzen 2015 zeigt, dass er an den Grenzen stärker durchgreift." http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...-a-1216312.html
Ich kann das grundsätzliche Problem "illegale Einreise" schon verstehen, wenn Menschen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus eine Residenzpflicht haben bzw. gar nicht im Besitz von Papieren sind, die sie zur Reise berechtigen. Ich glaube aber eben nicht, dass das eine zahlenmäßig ernstzunehmende Problematik darstellt. Deshalb kann man sich da ja auch leicht drüber profilieren - ein nicht existentes Problem kann man hervorragend lösen.
Von der CDU/CSU-Einigung einmal abgesehen finde ich es mit Blick auf den EU-Deal eine absolute Frechheit, wenn an allen Ecken und Enden von "humanen Auffanglagern" in Nordafrika geredet wird. Wer sich nur ein bisschen mit den Zuständen in Libyen auseinander setzt, der weiß, dass das nahezu unmöglich - menschenwürdig - umzusetzen sein sollte. Man muss nicht einmal so weit reisen. Man muss sich nur mal die Zustände in den Auffanglagern in Südeuropa vor Augen halten. Moria zum Beispiel. Ja, Europa steckt, was dieses Flucht-Thema angeht, in einer Krise. Aber es ist eine Krise der Menschlichkeit, des Mitgefühls, des minimalen Anstands, den man von einer europäischen Wertegemeinschaft erwarten dürfte. Es ist keine Krise der Flüchtlinge.
Man muss vorsichtig sein mit dem Begriff „illegal“.
Um in Europa überhaupt einen Asylantrag stellen zu können, ist es nach der EU-Aufnahmerichtlinie notwendig, zunächst einmal persönlich nach Europa einzureisen. Um genau dies „legal“ zu tun, benötigt man jedoch ein Visum.
Menschen in Krisengebieten stehen jedoch vor der Situation, dass die diplomatischen Vertretungen dort zumeist geschlossen werden. Zudem ist die Vergabe eines Visums immer an die Bedingung geknüpft, auch ausreichende finanzielle Mittel für einen EU-Aufenthalt nachzuweisen. Ohne Visum kann man kein Flugzeug besteigen. Nach geltender EU-Richtlinie (2001) macht sich eine Fluggesellschaft bei Mitnahme von Flüchtlingen ohne Visum strafbar. Somit bleibt vielen Flüchtlingen bzw. Asylsuchenden nur der „illegale“ Seeweg bzw. die Mitwirkung von Schlepperbanden.
Aktuell ist auch immer noch ein Problem, dass die Bearbeitungszeiten in Deutschland recht lang sind. Im Februar 2018 gab es rund 4.800 Asylbewerber, die seit mehr als zwei Jahren auf eine Entscheidung vom BAMF warten. Ende Mai 2018 stand beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für noch rund 50.400 Asylanträge eine Entscheidung an. Zudem waren gegen Ende 2017 an den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten rund 372.000 Verfahren im Bereich Asyl anhängig! Tendenz stark steigend.
Da eine Überstellung in ein anderes EU-Land nach Artikel 29 Dublin-Verordnung binnen sechs Monaten erfolgen muss, verbleiben viele Asylsuchende letztlich einfach in Deutschland, weil die eingeleiteten Verfahren vor Ablauf dieser Zeit gar nicht bearbeitet werden (können). In der Folge muss Deutschland dann statt einer Überführung eigene Asylverfahren durchführen.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Es besteht ja eine bittere Ironie, dass Merkel in dem Moment ein Alleingang vorgeworfen wurde, wo sie die Flüchtenden nicht von den offenen Grenzen wieder verjagen ließ. Der Alleingang der reichen innereurpäischen Länder lag doch eher in dem unsäglichen Dublin-Abkommen, der die Last ausschließlich den wirtschaftlich schwachen Südländern aufbürdete. Ich weiß nicht, ob jemals ein uneuropäischeres Abkommen getroffen wurde als dieses. Und da wundern sich einige, warum Deutschland keiner zu Hilfe eilen möchte, wo es sich doch so überfordert fühlt mit einem Bevölkerungszuwachs in einer Größenordnung von ungefähr einem Achzigstel. Da sprechen doch allen ernstes rechte Hitzköpfe davon, dass Deutschland von Flüchtlingen „geflutet“ worden wäre.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Falls jemand des badischen oder pfälzischen Dialekts nicht mächtig ist, ich stimme den beiden zu und bedanke mich, dass ich das nicht hinschreiben muss.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Zitat von Quork im Beitrag #3174 Ja, Europa steckt, was dieses Flucht-Thema angeht, in einer Krise. Aber es ist eine Krise der Menschlichkeit, des Mitgefühls, des minimalen Anstands, den man von einer europäischen Wertegemeinschaft erwarten dürfte. Es ist keine Krise der Flüchtlinge.
Man kann natürlich immer viel beschließen, um es sich so bequem wie möglich zu machen und sich das Unangenehme vom Leib zu halten. Man muss nur dabei ausblenden, dass es dabei um Menschen geht und nicht um Containerladungen mit Sondermüll. Das scheint aktuell nirgends mehr eine Rolle zu spielen.
@faxe: Die Zahl von 100-130 Fällen pro Monat habe ich auch mitbekommen, sie wurde auch von CSU-Seite nicht bestritten.
Wenn ich das nicht völlig falsch verstanden habe, geht es bei dieser Einigung zwischen CSU und CDU ja ausschließlich um die sog. Sekundäre Migration, also um all jene Asylsuchenden, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben oder zumindest registriert wurden und dann vor Anerkennung der Schutzbedürftigkeit weiterreisen. Das verstößt in der Tat gegen die Regeln. Ob man das unterbinden will ist die eine Frage. Wie die Umverteilung registrierter Asylsuchende auf die EU-Länder offiziell organisiert wird, ist eine andere. Die zwei Dinge hängen zusammen, sind aber nicht das gleiche. Diese Trennunschärfe ist es unter anderem, die diese Diskussion so bizarr macht. Denn es wird über ein nachgelagertes Problem diskutiert, als löse man damit das Problem der „Flüchtlingskrise“. Diese Regelung betrifft aber eben nur wenige Hundert Menschen, siehe faxes Post.
Zitat von LFB im Beitrag #3166Die (wie ich finde teilweise sehr irrationale) Abneigung gegen Seehofer teile ich natürlich nicht, er hat mit Rückgrat für seine Überzeugungen gekämpft und in wenigen Wochen mehr bewegt als Merkel und sein Vorgänger in den Jahren zuvor.
Someone still loves you, Horst Seehofer.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.