@LFB: Aber der Krieg dauert ja nun schon über vier Jahre, und dass Assads Armee mittlerweile (ich spreche also nicht von den von Dir gelisteten Gerüchten und Propagandanachrichten aus allerlei Richtungen, die es natürlich gab - allerdings gab es auch immer wieder, v.a. in britischen und US-amerikanischen Medien, seriöse Nachrichten, die was anderes erzählt haben) für einen Großteil der Toten unter der Zivilbevölkerung verantwortlich ist, bestreitet aber doch auch niemand mehr, oder? "Verzichtbarer Polizeistaat" klingt doch in diesem Zusammenhang etwas arg milde. Als solcher wäre ja mittlerweile fast eher die Türkei zu bezeichnen. Man kann die Zukunft Syriens (wenn es denn überhaupt eine staatliche Lösung gibt) nicht planen, ohne Assad hinter Gittern bringen zu wollen. Deshalb war mE auch das westliche Zögern so falsch, das ja Russland und Iran, die Assad stützen, ermöglicht hat, militärische Voraussetzungen zu schaffen und Assad einigermaßen stabil zu halten.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Richard Herzinger (DIE WELT): "In der aktuellen Ausgabe von "Das Parlament", der Wochenzeitung des Deutschen Bundestags, habe ich noch einmal knapp die fatalen Konsequenzen einer möglichen Kollaboration des Westens mit dem Assad-Regime zusammengefasst. Indessen zeichnet sich ab, dass der Westen gegen ein vages Versprechen Moskaus, irgendwann einmal die Figur Assads gegen andere ihm ergebene Baathisten auszuwechseln, die russischen Bedingungen für ein - vermeintliches - Bündnis gegen den IS akzeptieren wird. Dieses würde aber in Wahrheit bedeuten, dass der Westen die russisch-iranische Vormacht über einen Teil Syriens anerkennt und in diesem Land, wenn nicht in der ganzen Region, kein westliches Agieren mehr ohne die Erlaubnis Wladimir Putins möglich wäre. Es werden sich hierzulande aber genügend Einfaltspinsel (von den hiesigen Propagandalautsprechern des Kreml auf der Linken wie Rechten ganz zu schweigen) finden, die das als einen Triumph der "Realpolitik" feiern werden, was in Wirklichkeit Unterwerfung unter die gobalstrategischen Pläne des Putinismus ist. Im übrigen ist mit den Kommunawahlen in Frankreich nun auch die Putinisierung Europas einen weiteren großen Schritt vorangeschritten..." http://www.das-parlament.de/2015/50_51/m...nungen/-/398460
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Das Abschneiden von Front National überrascht mich nicht. Wenn scharfe Lösungen zum Schutz von Außen versprochen werden, greifen in diesen Tagen wohl nicht Wenige zu. Wenn selbst auch noch die Regierung Kriegsrethorik verwendet und diese ganzen "Je taime" Solidaritätsbekundungen oftmals nicht mehr als leere, pathetische Gesten sind. Da wird dann wohl bei Vielen nur noch emotionalisiert und wenig reflektiert. Michel Houellebeqc hat im Januar in einem Interview anlässlich seines Buchs „Unterwerfung“ ja auch davon gesprochen, dass die Franzosen mittlerweile so politisch wie ein Handtuch seien. Das ist dann alles eher leichte Beute für FN oder AFD oder wie sie alle heißen.
" - The apocalyptic discourse and the rise of populism are two sides of the same coin. People feel more threatened, and they feel that traditional politicians are not up to the challenge. Populists and demagogues seem to provide an alternative: people who don't shy away from the drastic measures these dramatic times seem to call for.
- Journalism is part of the problem. There is nervousness in the journalistic class because the old business model is not working anymore, and a new has yet to be found (elements of it are in place). Journalists who are nervous about their status are more inclined to draw a dark picture of the future. And the new online journalism is often dominated by young journalists who are badly paid and haven't studied anything else than journalism. They often lack the ability to put things into context. Online journalism is in the hunt for click rates, sensationalism often beats seriousness.
- The west has for the last 25 years lived in a mental world of supposed self-sustaining progress: after the Cold War ended, globalization would progress almost naturally and lead to a Kantian world of eternal peace. All countries would become liberal democracies over time. The current generation of policy- and opinion-makers lived with the promise that things would fall in place by themselves, thanks to some hidden hand. Now they -- we -- have some serious challenges: aggressive Russia, breakdown of order in the Levante, perhaps a much more aggressive China in the years to come. But instead of addressing these issues, many people feel overwhelmed: that's not how it was supposed to be.
- The liberal-democratic world has all advantages, economically and politically. What is lacking is a more self-assertive pro-democracy, pro-market economy, pro-liberal order discourse and policy. Putinism, Le Pen-ism, Isis all can be easily defeated. They have nothing to offer than lies. Those who care for the liberal order just need to move beyond complacency, need to rediscover their values and principles and start to fight for them."
Die Anmerkung zum Onlinejournalismus (der ja auch andere Effekte hat) kann ich teils nachvollziehen. Dass die klassischen Medien negativer berichten, weil sie auf dem absteigenden Ast sind, halte ich für einen künstlichen Zusammenhang.
Ja, ist eine etwas steile These. Entspricht aber ungefähr dem, was im Slate-Artikel steht: Panik, Katastrophen und Kriege sind nun mal ein dankbareres Thema für Journalisten als Vertragsabschlüsse, Gesetzesänderungen, parlamentarische Debatten, geschweige denn langfristige gesellschaftliche Prozesse zu begleiten. Wenn die Auflagen sinken, wird der Druck auf gute Zahlen natürlich größer.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Diese These vom Rückgang der Gewalt über die Jahrhunderte vertreten ja einige amerikanische Forscher, oft allerdings basierend auf sehr lückenhaften datensätzen. Manchmal mit hunderten von Jahren breiten Lücken. Unangenehm an diesen ideen finde ich, dass sie häufig mit sich immer weiter ausbreitenden und immer tiefer greifenden staatsgebilden begründet werden, die immer stärkere kontrolle durch waffengewalt ausüben.
Die Datenbasis ist in jedem Fall dünn, ich hatte da noch einen FAZ-Artikel zu seinem2011er-Buch gelesen. Mir schien aber nicht, dass er das zb auf den Einfluss der globalen Supermacht USA zurückführt.