Zitat von faxefaxe im Beitrag #4416„2015 darf sich nicht wiederholen“ ist in dieser Situation für mich das ekelhafteste, was ich seit langem von einem ernstzunehmenden Politiker gehört habe.
Ich habe hinter diesem Zitat ja eine AfD-Pappnase vermutet („ernstzunehmend“ habe ich überlesen), aber das kam ja von Laschet. Weiterhin sprach er noch von „Unterstützung vor Ort“ im Gegensatz zur Aufnahme von Flüchtenden… also Unterstützung in Afghanistan. Wie unterstützt man dort jemanden, der von den Taliban mit dem Tod bedroht wird? So ein Arsch.
Middelberg äußerst sich da ähnlich: »Es sendet falsche Signale, wenn die Grünen bei jedem Konflikt in der Welt sogleich die Aufnahme sämtlicher Flüchtlinge in Deutschland oder in der EU einfordern.«. Beschämend
Aber macht man es sich andererseits mit einer de fakto Forderung einer Neuauflage von 2015 nicht auch sehr einfach? Wo fängt man denn bitte an, wo hört man auf, wen nimmt man konkret auf? Unsere Helfer vor Ort und ihre Familien? D'accord. Bedrohte Intellektuelle und Künstler? Lehrerinnen? Berufstätige Frauen? Die schiitische Minderheit? Frauen und Kinder allgemein? Jeden, der jetzt aus Afghanistan weg möchte? Wir reden von einem Land mit 38 Millionen Menschen, wie viele sollen wir denn nun aufnehmen? 300.000? 3 Millionen? Und wie und wann soll man irgendeine Steuerung denn jetzt noch umsetzen? Einfach signalisieren, dass wir sie schon irgendwie aufnehmen werden, wenn sie es nur irgendwie an unsere Grenze schaffen? Welche Rolle bei der Versorgung von Flüchtlingen sollen denn diesmal die Nachbarländer spielen (ich nehme an, diese meint Laschet mit "vor Ort")? Natürlich sind die Bilder aus Afghanistan schrecklich und der überhastete Abzug war ein schlimmer Fehler. Allerdings hat der globale Dauersündenbock namens Westen in den letzten 20 Jahren eine gewaltige Summe an Geld investiert und zahlreiche Menschenleben (auch der in Deutschland so gerne ignorierten Bundeswehr) geopfert, um dadurch die Taliban 20 Jahre von der Macht fernzuhalten und Afghanistan eine reale Zukunftsoption zu bieten. Dass alles, was man dort (auch an einer staatlichen Sicherheitsarchitektur) aufgebaut hat in wenigen Tagen kollabierte, kann doch weder bedeuten, dass wir das Rad wieder auf 2001 zurückdrehen und alles von vorne beginnen lassen, noch, dass wir jetzt in der moralischen Verantwortung stehen, beträchtliche Teile der afghanischen Zivilgesellschaft zu uns aufzunehmen. Unser globale Verantwortung findet auch in der bloßen Machbarkeit ihre Grenzen und darf auch die Entwicklungen in Deutschland nicht komplett ignorieren. Dass das komplette linke Spektrum jetzt auf das hohe Ross der moralischen Überlegenheit steigt, finde ich so vorhersehbar wie nervig.
Mich nerven auch diverse Sachen. Zum Beispiel dieses ewige "Deutschland kann nicht die ganze Welt retten". Das war nie der Plan und darum geht es auch gerade nicht. Es geht auch nicht um 300.000 oder 3.000.000 Menschen, sondern es geht um diejenigen, die in den letzten 20 Jahren für die Deutschen gearbeitet haben (und deren Familien), die jetzt in großer Gefahr sind. Im übrigen steht inzwischen die Zahl 10.000 im Raum.
Apropos deutsche Soldaten, gefühlt in jedem zweiten Bericht oder Artikel wurde erwähnt, dass die Bundeswehr seit fast 20 Jahren vor Ort ist und dort einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Und dass in der Zeit 59 Soldaten getötet wurden. Und ich schaue und lese nur Mainstreammedien. Das würde ich dir auch mal empfehlen.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
bitte, lfb, hör auf, schon wieder von der vermeintlichen moralischen überlegenheit zu reden (die übrigens nicht nur im linken spektrum zu finden wäre, sondern z.b. auch in den kirchen, die nicht gerade unter verdacht stehen, fans linker ideen zu sein). hier geht's ums nackte überleben. das ist einfach unsere pflicht als (menschliche) menschen (und in vielen fällen als ehemalige arbeitgeber). es geht jetzt darum, die staaten, die bereit sind, flüchtende aufzunehmen, zusammen zu trommeln und aktionen zu koordinieren und hierzulande haben viele schon wieder schiss vor überfremdung (oder "umvolkung") und terrorwellen, während die deutsche wirtschaft händeringend nach leuten sucht, die sie zu fachkräften ausbilden können (oder bereits welche sind). win-win-situation würde ich mal sagen und für die paar echten verrückten, die mit rüber kommen, gibt es genügend einheimische entsprechungen. also werden wir auch das verkraften.
Zitat von LFB im Beitrag #4437Wo fängt man denn bitte an, wo hört man auf, wen nimmt man konkret auf? Unsere Helfer vor Ort und ihre Familien? D'accord.
Das muß ich jetzt doch mal zitieren und sehe darum in diesem Punkt keinen Diskussionsbedarf. Da sind wir uns offenbar alle einig.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Ich hatte hier schon ganz viel geschrieben und mich dann doch dagegen entschieden. Daher jetzt nur in Kurzform: Die Messlatte für hohe Rösser hängt mir momentan ehrlich gesagt zu tief.
Ne, war gallig und meine Haltung wahrscheinlich bekannt. Schlecht gelaunt sollte man nicht zu viel ins Internet schreiben. Außerdem haben einige andere die Grundbotschaften dann eh auch gut getroffen.
Tja, bei dem „hohen Ross“ muss ich daran denken, wie die Rechten und Rechtskonservativen sich gerne mit dem großen C schmücken und das christliche Abendland mit seinen Werten verteidigen möchte, aber wer diese Werte tatsächlich einmal einfordert, der oder die reitet plötzlich das hohe Ross und schwingt den riesigen Zeigefinger.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
"Integrity is doing the right thing, even when no one is watching". C. S. Lewis
daran versuche ich mich zu halten, aber je größer die Versuchung ... erst dann zeigt es sich. Menschen in Machtpositionen sind da besonders gefährdet und gefordert.
Gestern lief eine Doku über Joseph McCarthy, und es dauerte Jahre bis dieser als Demagoge geächtet wurde, bis dahin profitierte man (die Partei, Medien, Feindbildsucher) von ihm.
"Träumend plant der Geist seine eigene Wirklichkeit ..."
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Sehr traurig. War so gar nicht meine Ecke von Berlin, weshalb ich die Besuche bei Pedro auch an einer Hand abzählen kann, aber gelohnt hat es sich immer.