Habe mich zuerst gesperrt, aber mittlerweile hab ich soviel drüber gehört, daß ich neugierig bin; habe es auch einem Freund geschenkt, der davon ebenfalls angetan war.
Gut, daß ich grad Urlaub habe, das hier auch gleich in einem Rutsch niedergemacht. Ganz unterhaltsam mit schönen Photos; natürlich nicht gerade eine literarische Offenbarung, der Stil ist schon sehr steif und eigentlich fast humorlos, aber das stellt einen interessanten Kontrast zum Clan her. Interessant auch, nachzuvollziehen, wie sich Menschen, deren Lebensrealitäten unterschiedlicher nicht sein könnten (eine relativ gutbetuchte, bodenständige und studierte Businessfrau aus Mannheim und der Wu - Tang Clan) in einer Zwangsgemeinschaft gelernt haben, aufeinander zuzugehen und respektvoll miteinander umzuspringen, trotz aller Konflikte, um die ich sie wirklich nicht beneide ... kam mir teilweise vor wie ein Erlebnisbericht aus meinem vorherigen Job. Aber sich hat sich in den Wu - Kosmos eingefunden (wie auch ihr sehr schöner Nachruf auf ODB zeigt), und der Clan hat auch gelernt, sich äußeren Einflüssen zu öffnen. Kein Buch für die Ewigkeit, aber eine recht kurzweilige Lektüre.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Was für ein Klotz. An den 650 Seiten habe ich wochenlang gelesen. Trotz des harmlosen Titels ist das anspruchsvoller, aber ziemlich harter Stoff, unfaßbar brilliant recherchiert und erzählt. Es geht um eine Art menschliches Chamäleon, das ständig seine Identität wechselt, dabei lügt, betrügt, stiehlt und mordet und gar nicht in der Lage ist, Schuld oder Reue zu empfinden. Teilweise abstoßend, teilweise mit einem sehr bösen Humor. Gegen Ende fasert der Roman dann ins Surreale aus und wird etwas anstrengend (das ist er vorher aber auch hin und wieder), ansonsten kann man sich an skurrilen Einfällen und ständigen ungeahnten Twists freuen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Hatte ich auch gern gelesen. So bissl Richtung Schelmenroman, aber dann doch schwerer. Köhlmeier taucht als Gatte auch in „Löwenherz“ auf, eines meiner Lieblingsbücher in diesem Jahr.
Köhlmeier scheint es eh mit Querverweisen auf seine anderen Bücher zu haben, sah ich in den Rezensionen. Man kann das aber trotzdem lesen, ohne sein Gesamtwerk zu kennen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Für Köhlmeiers "Abendland" habe ich auch eine Weile gebraucht. Leicht runterlesen lässt sich sein Zeug jedenfalls nicht. Den "Spazierer" habe ich auf der Liste, weil ich dennoch beeindruckt war.
"Die drei Sonnen" von Cixin Liu liest sich absolut faszinierend und fesselnd, hat mich intellektuell aber massiv überfordert. Aber ich dachte, ich gebe Science Fiction noch mal eine Chance. Bemerkenswert, dass es ein solcher Roman auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft hat. Er dürfte 99 Prozent der Bevölkerung zu hoch sein. Ob ich mir die anderen beiden Bände auch noch gebe, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Mal sehen, ob ich dieses Jahr meine Literaturlust beibehalte. 2022 habe ich einen alten Rekord überboten und 43 Romane gelesen. (Also das, was Faxe in etwa einem Monat schafft.)
Roman von 1948 über die Eroberung der fiktiven Pazifikinsel Anopopei durch US - Truppen. Und das ist mal richtig harter Stoff. Mailer schildert die US - Soldaten nicht als Helden; teilweise sind sie Säufer, Zocker, Hurenböcke, Frauenschläger, also mehr oder weniger alltägliche Typen, geprägt auch durch ihr Umfeld, das in Rückblenden geschildert wird. Es kommt auch zu Kriegsverbrechen gegen gefangene Japaner. Mailer schildert gut Entmenschlichung, moralische Konflikte und Sinnkrisen; er bringt einem den Patrouillenzug, den er schildert, menschlich trotz allem näher und zwingt uns somit dazu, latent mit den Männern mitzuleiden und ihre Schmerzen, Ängste und Entbehrungen ansatzweise zu teilen. Je mehr man beginnt, um die Soldaten zu bangen, desto spannender wird das Buch; ich wollte irgendwann nicht mehr, daß jemand fällt und war bei jeder Gefahrensituation aufgeregt, ähnlich wie bei einem Film. Leider ist die erste deutsche Übersetzung recht antiquiert; es fällt einem sogar selbst auf, wie bärtig vermutliche Slangausdrücke übersetzt sind, und ich denke, mit der Neuübersetzung von 2018 fährt man besser. Wirr sind auch manchmal die Konflikte zwischen einzelnen Diensträngen; manche psychologische Kräftemessen bleibt da einfach zu vage, wie auch diverse Dialoge nur schwer nachvollziehbar sind.
Aber egal, definitiv eine Empfehlung.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Claire Keegan: „Small Things Like These“ (2021) Ich bin Ende letzten Jahres etwas in der zeitgenössischen irischen Literatur versackt und habe zum Sebastian Barry („Tage ohne Ende“!) oder Erzählungen von Claire Keegan gelesen. „Small Things Like These“ blieb jetzt noch für den Januar übrig und passt bestens in den Winter. Keegan erzählt eine geradlinige Geschichte: Es ist Weihnachten 1985, der Kohlehändler Bill Furlong erledigt letzte Arbeiten und seine Familie bereitet sich auf das Fest vor. Bei einer seiner letzten Lieferungen hat er an einer Klosterpforte eine merkwürdige Begegnung. Auf etwas mehr als 100 Seiten fächert Keegan hier neben der Handlung die persönliche Geschichte ihres Protagonisten auf, zeichnet ein gesellschaftliches Panorama der irischen 1980er Jahre und wirft Licht auf ein dunkles Kapitel der irischen Geschichte (Magdalenen-Wäschereien). Sehr anrührend und wundervoll geschrieben – hier ist kein Wort zu viel.
Nagib Machfus: „Zwischen den Palästen“ (1956) Auftakt zur „Kairo-Trilogie“ des bisher einzigen arabischen Nobelpreisträgers. Sehr interessante Innenansicht einer muslimischen Familie zum Ende des Ersten Weltkriegs. Der konservative, autoritäre Vater führt ein hartes Regiment gegenüber seiner Frau und seinen fünf Kindern, predigt Wasser und säuft abends nicht wenig Wein. Die Kinder suchen ihren Weg ins Leben, was für die Töchter heißt, die Ehe herbeizusehnen, und für die Söhne, eine eigene Karriere zu finden und eine eigene Familie zu gründen. Das ist großartig erzählt, die Angst vor dem Vater, das Hadern mit der scheinbar festgelegten Rolle sind spürbar. Allein schon die unterschiedlichen Perspektiven der Familienmitglieder machen den Roman sehr abwechslungsreich, die knapp 700 Seiten hätte es vielleicht aber nicht ganz gebraucht. Der Roman gibt einen Einblick in die ägyptische Gesellschaft und die Rollenbilder dieser Zeit. Gerade im zweiten Teil erfährt man einiges über den Unabhängigkeitskampf der Ägypter, was sicher auch Gegenwärtiges besser verstehen lässt.
Volker Weidermann: „Ostende. 1936, Sommer der Freundschaft“ (2014) Schmales Büchlein, das eine kurze Episode der deutschen Literaturgeschichte aufgreift: Im Sommer 1936 treffen sich deutsche Autorinnen und Autoren, die ins Exil gehen mussten, im belgischen Badeort Ostende. Man diskutiert, schreibt und macht sich Mut. Häufig versucht man, der Situation mit Humor zu begegnen, aber die verzweifelte Lage schimmert überall durch. Die Heimatlosen, die häufig auch ihre Lebensgrundlage verloren haben, da sie nicht mehr verlegt werden dürfen, sind hier in einer Zwischenwelt gelandet und suchen nach einer neuen Richtung. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen Stefan Zweig und Joseph Roth, daneben tauchen beispielsweise Irmgard Keun, Egon Erwin Kisch oder Ernst Toller auf. Gut recherchiert und empathisch erzählt, lädt dazu ein, sich näher mit einigen Biographien weiter zu beschäftigen.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag BuchgeplauderIch habe mittlerweile auf meinem Nachttisch so einen Riesenstapel Bücher, die man eigentlich nicht am Stück lesen muß. Sachbücher, Gedichtbände, Kurzgeschichtenbände ... ständig fange ich etwas an, lege es dann ab und vergesse es, weil ich dann einen Roman anfange und mich vertiefe. Habe mir jetzt geschworen, da mal Ordnung zu schaffen ... hier liegen 15 angelesene Bücher, einige davon schon seit mindestens zehn Jahren und schreien danach, beendet zu werden. Klingt nach einer Aufgabe zum Jahresbeginn.
Ein gewaltiger Anfang ist gemacht; hab da schon über drei Jahre häppchenweise daran rumgekaut und die letzten 450 Seiten jetzt in einer Woche runtergedroschen. Zerfällt in drei Teile: Teil 1 ist unfaßbar zäh, interessiert mich allenfalls rudimentär und vieles kapiere ich ehrlich gesagt auch nicht. Mit philosophischen und sprachwissenschaftlichen Texten habe ich seit jeher Probleme. Teil 2, beginnend ungefähr bei "Hoch, Simba" (die McCain - Wahlkampftour) ist dann doch streckenweise sehr interessant und läßt sich gut lesen; wobei Teil 3, beginnend bei der Illinois State Fair, absolut brilliant ist und sich wegliest wie nichts. Hier wie auch beim Bericht über die Kreuzfahrt und die Pornomesse mußte ich einige Male lauthals herauslachen. Das "Maine Lobster Festival" transportiert einige hochinteressante Gedanken; bei mir, der sich immer geweigert hat, Krustentiere zu essen, weil ich nicht damit klarkomme, daß sie lebend gekocht werden, rennt er damit das offenste Scheunentor ein, das sich finden läßt. Alles in allem überwiegt die positive Wahrnehmung bei mir doch extrem. Gut, das fertiggelesen zu haben.
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Lag hier auf selbigem Stapel auch schon ewig vergessen herum. Kurztexte und Gedanken, überwiegend ansprechend und interessant. Wie das meiste, was er so fabriziert.
Zu dem kam ich übrigens, als mir das eine gute Bekannte in der Bar Milano mit den Worten in die Hand drückte: "Kennst du den? Das schenk ich dir, von dem solltest du mal was lesen, den find ich grad ziemlich gut." Als ich ihr dann erzählt habe, daß ich ihn nicht nur sehr gut kenne, sondern mit ihm nach einer gemeinsamen Lesung auch schon trinkenderweise im Milano war (lustigerweise "die Bar Milano", aber man sagt, "ich gehe ins Milano"), hat das die Aktion schön abgerundet. Sie konnte das fast nicht glauben. Nach Dirks letzter Lesung in Karlsruhe wollte ich die beiden mal bekanntmachen, aber da war sie leider verhindert.
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Zerfällt in drei Teile: Teil 1 ist unfaßbar zäh, interessiert mich allenfalls rudimentär und vieles kapiere ich ehrlich gesagt auch nicht. Mit philosophischen und sprachwissenschaftlichen Texten habe ich seit jeher Probleme.
tja, da bin ich seinerzeit hängen geblieben und seitdem liegt es und liegt es und ... . aber vielleicht wage ich mich doch noch mal ran, angesichts deines überwiegend positiven urteils.
Kleine Anekdote noch: der Silberfolien - Einband ist mittlerweile ziemlich abgeschmirgelt, aber als ich damit angefangen habe, war er noch recht jungfräulich ... und als ich bei strahlendem Sonnenschein an einer Straßenbahnhaltestelle darin las, packte ich es weg, weil ich unangenehm berührt feststellen mußte, daß er Umstehende geblendet hat.
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Beschrieben wird die letzte Schicht einer Red Lobster-Filiale, die auf Anweisung der Konzernzentrale schließen muss. Das alles vor dem Hintergrund eines heftigen Schneesturms und einer unglücklich geendeten Affäre unter Arbeitskollegen.
Das Buch liest sich zwar angenehm und ich habe mich gerne in der Beschreibung der Schicht treiben lassen, aber schlussendlich bleibt alles zu sehr an der Oberfläche (was bei einer Länge von etwas mehr als 150 Seiten nicht völlig verwundert). Weder die Interaktionen mit der Kundschaft noch die Eigenheiten/Beweggründe der Belegschaft werden tiefergehend beschrieben. Selbst die beiden Hauptpersonen (die Ex-Verbandelten) bleiben blass und lassen einen ein wenig kalt. Gut gefallen haben mir die Beschreibungen der Arbeitsabläufe, die einen gewissen Sog entwickelt haben. Wenn man dem Buch den doppelten Umfang und den Protagonisten dadurch mehr Tiefe gegeben hätte, hätte das ein echt schönes Buch werden können. So war es ein netter Happen zwischendurch.
I'm a septic tank half full kind of guy / got a twinkle in my eye / that I've been told is just astigmatism / I've got a s-skip in my step like / the undead half risen
Erich Maria Remarque - Zeit zu leben und Zeit zu sterben
Zuletzt vor ca. 25 Jahren in einer (was mir damals nicht bewusst war) gekürzten Fassung gelesen, nachdem mich Im Westen nichts Neues (Schullektüre meiner Schwester) total gepackt hatte.
Alleine der Einstieg ins Buch ist schon beeindruckend. Das erste Kapitel ist einfach gewaltig in seiner fast schon beiläufigen Schonungslosigkeit. Wüsste nicht, wie man einen Leser besser packen und auf den Ton eines Buches vorbereiten könnte. Ein tolles Buch, gespickt mit wundervollen Sätzen. Motiviert mich, noch die ein oder andere Remarque betreffende Lücke zu schließen.
I'm a septic tank half full kind of guy / got a twinkle in my eye / that I've been told is just astigmatism / I've got a s-skip in my step like / the undead half risen