Die flüsternde Muse Laura Purcell Der bisher letzte viktorianische Thriller von Purcell - leider! Aber wieder ein echtes Brett: Spannend, atmosphärisch dicht, mit starken, nachvollziehbaren Figuren und einer interessanten Geschichte. Die junge Jenny muss sich allein um ihre drei kleinen Geschwister kümmern. Geld ist immer knapp, da kommt ihr das großzügige Angebot von Mrs. Dyer gerade recht: Jenny darf in Dyers Londoner Theater als Garderobiere anfangen. Nachteil: Sie ist für Lilith Erikson verantwortlich, die exzentrische, übermäßig ehrgeizige und die meiste Zeit ausgesprochen unfreundliche Hauptdarstellerin. Dass die eine Affäre mit Mrs. Dyers Mann hat, führt zu Jennys eigentlichem Job. Sie soll Lilith im Auge behalten und ihrer Chefin alles erzählen, was sie so mitbekommt. Am besten derart belastendes Material, dass Dyer Lilith endlich loswerden kann. Es kommt dann natürlich anders, als Lilith durch die Taschenuhr eines verstorbenen Schauspielkollegen dem Wahn verfällt, die Muse des tragischen Theaters Melpomene würde ihr Erfolg bescheren. Aber ist das wirklich ein Wahn oder ist das Übernatürliche im Mercury Theatre eingezogen? Der Roman ist ein wenig blutiger als die anderen Werke der Autorin, aber auch nicht schlimmer als die klassischen Stücke, die am Mecury zur Aufführung kommen. Zusammen mit dem Aufbau als klassischer Fünfakter ergibt sich so ein stimmiges Bild. Das Spiel mit Intertextualität und Intermedialität trägt zum Lesevergnügen bei. Ich hatte Spaß!
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Ein sehr merkwürdiges und interessantes Buch. Der Name des Autors fiel mir während der L.A. - Riots 1992 zum erstenmal auf, da er häufig über das LAPD schreibt, in dem er 14 Jahre lang gearbeitet hat; vor kurzem sah ich ihn dann auch als Beiträger in "Medical Detectives". Mittlerweile ist er gepflegte 87 Jahre alt.
Der "Delta - Stern" ist härtester Hardboiled, blutig, politisch inkorrekt, voll zynischem Humor. Und das bei einer völlig durchgeknallten, abstrusen Geschichte mit genauso absonderlichen Protagonisten, die einem trotz aller Gestörtheit im Lauf der Lektüre irgendwie ans Herz wachsen, da es Wambaugh schafft, Sympathie für sie zu wecken. Wie erwähnt, ist die Story komplett Banane; eine Mischung aus Copthriller und Monty Python's Flying Circus. Ich hatte meinen Spaß und hätte gern mehr davon, allerdings sollte man das im Original lesen. Die Übersetzung, noch dazu aus den 80ern, hat deutliche Probleme mit dem Slang, bei dem man sich die vermutlichen Originalzitate gut herleiten kann.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Ploppte immer mal wieder in Empfehlungslisten für dystopische/post-apokalyptische Bücher auf. Aber bisher ließ ich mich immer von ein paar Punkten, die in den Zusammenfassungen standen, abschrecken (Army, medizinische Experimente, XY als Hauptwidersacher). Irgendwann war die Neugier dann doch größer als die Vorurteile und ich bin sehr froh darüber. Richtig tolles Buch. Schön aufgebaut und erzählt, stimmungsvoll, Pathos und Kitsch in einem erträglichen Rahmen, spannend... mehr kann man von einem Buch in dem Genre eigentlich nicht verlangen. Fans von Stephen King sollten da mal ein Auge riskieren. 800 - 1.000 Seiten auf Englisch (je nach Ausgabe) sind natürlich schon eine Hausnummer, aber alternativ gibt es ja auch eine deutsche Übersetzung. Und das beste ist (Stand jetzt): Es ist eine Trilogie!
Zum Inhalt verrate ich jetzt mal nichts Näheres. Ist ja schön, wenn man im Leseverlauf angenehm überrascht wird und die Kurzzusammenfassung auf dem Buchrücken nur ein erster Anhaltspunkt ist. Die wichtigen Stichwörter (dystopisch / post-apokalyptisch / Stephen King) habe ich ja genannt. Seht das hier einfach als Empfehlung und nicht als Besprechung.
I'm a septic tank half full kind of guy / got a twinkle in my eye / that I've been told is just astigmatism / I've got a s-skip in my step like / the undead half risen
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ich kopiere mal die Beschreibung des Herausgebers, denn sie trifft es gut: "Wer sich gerne gruselt, wer schaurige, dystopische, seltsame und übernatürliche Geschichten mag, für wen Andreas Eschbach, Christian von Aster oder Luci van Org bekannte Namen sind, für den ist dieses Buch gemacht. Viele exklusive, neue Geschichten sind geschrieben worden; es geht um Hexen im Hochhaus, Zombies im Keller, einen Mann, der sein Bett nicht verlassen möchte, frühstückende Trolle, eine Frau, die eine Mentalistin werden will oder eine Besucherin aus einer anderen Realität."
2020 hat Buchblogger Florian Jung eine Startnext-Kampagne für dieses Buch gestartet: 50 handgebundene, signierte Sammlerstücke, 500 Taschenbücher (von denen ich eins gewonnen habe, als teilnehmender Autor Vincent Voss einst eine kleine Verlosung startete). Die Kampagne war ein voller Erfolg, ich glaube, es folgte noch ein zweites Phantastikum. Wie bei Anthologien üblich gibt es hier ein paar richtige Knaller - die Geschichten von Sonja Rüther (mein Highlight!), Vincent Voss und Luci van Org zum Beispiel - und einige Ausfälle. Der Großteil bewegt sich im Mittelfeld, was mich ein bisschen enttäuschend hat. Allerdings ist das natürlich meine rein persönliche Meinung, andere Lesende mögen das anders sehen.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Neulich las ich "Populärmusik aus Vittula" von Mikael Niemi. Eine Reihe von ziemlich absurden Kindheitserinnerungen, bei denen mir einige schon fast zu bizarr waren, aber speziell das Wett-Saunieren wird in Erinnerung bleiben. Las sich unterhaltsam runter, würde es aber nur bedingt weiterempfehlen. Aber das ist mehr so ein Gefühl.
Nach zehn Seiten abgebrochen habe ich "Das Memorial" von José Saramago. Das ist sicher was für Liebhaber der Sprache, aber für mich leider viel zu gestelzt und mit null Prozent Lesevergnügen versehen.
Zitat von Mory im Beitrag #2257Das Phantastikum (Anthologie)
Klingt recht interessant. Sehe/Verstehe ich das richtig, dass das eine recht exklusive Sache war und jetzt nicht mehr erhältlich ist? Naja, vielleicht besser so. Die Leseliste ist eh viel zu lang.
I'm a septic tank half full kind of guy / got a twinkle in my eye / that I've been told is just astigmatism / I've got a s-skip in my step like / the undead half risen
Zitat von Mory im Beitrag #2257Das Phantastikum (Anthologie)
Klingt recht interessant. Sehe/Verstehe ich das richtig, dass das eine recht exklusive Sache war und jetzt nicht mehr erhältlich ist? Naja, vielleicht besser so. Die Leseliste ist eh viel zu lang.
So sieht es aus. Sollte sich die Leseliste mal leeren, gib bescheid: Ich wäre bereit, mich von dem Werk zu trennen.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Zitat von Olsen im Beitrag #2258Neulich las ich "Populärmusik aus Vittula" von Mikael Niemi. Eine Reihe von ziemlich absurden Kindheitserinnerungen, bei denen mir einige schon fast zu bizarr waren, aber speziell das Wett-Saunieren wird in Erinnerung bleiben. Las sich unterhaltsam runter, würde es aber nur bedingt weiterempfehlen. Aber das ist mehr so ein Gefühl.
Nach zehn Seiten abgebrochen habe ich "Das Memorial" von José Saramago. Das ist sicher was für Liebhaber der Sprache, aber für mich leider viel zu gestelzt und mit null Prozent Lesevergnügen versehen.
bei beiden absolut bei dir... die "populärmusik" kann man mal im urlaub locker weglesen, das unterhält, viel bleibt aber nicht hängen. bei saramago triffst du exakt mein gefühl: so sehr ich "stadt der blinden", "alle namen" oder "das zentrum" auch weglesen konnte, am "memorial" oder dem "steinernen floß" bin ich gescheitert - das ist wie steine kauen.
Zitat von Mory im Beitrag #2257Das Phantastikum (Anthologie)
Klingt recht interessant. Sehe/Verstehe ich das richtig, dass das eine recht exklusive Sache war und jetzt nicht mehr erhältlich ist? Naja, vielleicht besser so. Die Leseliste ist eh viel zu lang.
So sieht es aus. Sollte sich die Leseliste mal leeren, gib bescheid: Ich wäre bereit, mich von dem Werk zu trennen.
Ist im Hinterkopf notiert, für den Fall, dass ich mal wieder etwas Platz geschaffen habe. Was schon seit Jahren der Plan ist... Danke jedenfalls!
I'm a septic tank half full kind of guy / got a twinkle in my eye / that I've been told is just astigmatism / I've got a s-skip in my step like / the undead half risen
Das Licht ist hier viel heller (Mareike Fallwickl)
"Ein soghafter Roman über das Gelingen und Scheitern von Beziehungen, über Macht und Machtmissbrauch, über Männer und Frauen und alles, was sie einander antun."
Die Geschichte wird im Wechsel aus der Perspektive eines Vaters (alternder, weißer Mann) und dessen feministischer Tochter erzählt. Vielleicht will der Roman manchmal ein wenig zu viel, aber die Geschichte wird sehr klug erzählt. Obwohl das Grundthema rund um Missbrauch düster ist, hat das Buch auch immer eine Spur Humor dabei und seine hoffnungsvollen Momente. Ich habe das sehr gerne gelesen und freue mich jetzt auf die anderen Bücher von Mareike Fallwickl.
Zitat von oasupp im Beitrag #2261am "memorial" oder dem "steinernen floß" bin ich gescheitert - das ist wie steine kauen.
Kann ich nicht nachvollziehen. Fand das "Memorial" sehr großartig, auch in seinem recht sarkastischen Humor. Man sollte es definitiv nicht schon nach zehn Seiten abbrechen. Hab das sehr gerne gelesen, auch wenn es seine Zeit gebraucht hat, es entwickelt aber eine ziemliche Sogwirkung, wenn man mal reingekommen ist.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Zitat von oasupp im Beitrag #2261so sehr ich "stadt der blinden", "alle namen" oder "das zentrum" auch weglesen konnte, am "memorial" oder dem "steinernen floß" bin ich gescheitert - das ist wie steine kauen.
Das klingt so, als sollte ich mal ein anderes Buch probieren. Das "Memorial" habe ich genommen, weil es halt gerade im offenen Bücherschrank rumstand.