Ich finde den Vergleich etwas unglücklich, weil einfach zu viele Fragen darin vermischt werden, die ich lieber auseinander halten würde. Zum einen beeinflusst das eine Strafmaß das andere nicht wirklich. Man könnte sowohl das eine erhöhen oder absenken, ohne dass das andere davon betroffen wäre (ist in der Vergangenheit auch passiert). Zum anderen stellt sich mir die Frage, was man sich von welcher Maßnahme verspricht, und da sind, im Falle von Sexualdelikten, Freiheitsstrafen sicherlich wichtig und notwendig, auf der anderen Seite nicht sonderlich tauglich, was die Verhinderung, bzw. Minimierung solcher Straftaten angeht.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
vor jahren hab ich mal einen artikel gelesen, in dem es darum ging, dass die wurzeln des bundesdeutschen strafrechts zum großen teil noch in der gesetzgebung des deutschen reichs liegen. conclusio war, dass im BGB bis heute das eigentum einen höheren stellenwert einnimmt als die körperliche unversehrtheit, was deutlich macht, wie sehr das damalige (?) wertesystem von einer besitzenden oberschicht geprägt war, die sich vom verlust ihrer arbeitskraft durch invalidität weniger bedroht sah als von entwendung, enteignung und reglementierung.
@tenno : klingt plausibel, danke für den Beitrag. Interessante Sichtweise.
@Lumich : ich bin ja in der Position, es beruflich mit Tätern wie auch Opfern zu tun zu haben. Mir ist es unbegreiflich, wieviel Geld und Energie in die angebliche Resozialisierung von Tätern gesteckt wird, die dann auch auf die Gefahr eines Rückfalls hin entlassen werden, während Opfer, die dieses Erlebnis komplett aus der Bahn wirft, irgendwann als austherapiert gelten und dann in Einrichtungen wie der unsrigen landen, komplett ohne Perspektive. Da könnte ich mich wieder in Rage schreiben. Würde man das Geld, das man in das Bemühen steckt, irgendwelche Täter wieder gesellschaftsfähig zu machen lieber dazu verwenden, die Opfer irgendwann zu resozialisieren, anstatt sie einfach irgendwann abzuschreiben und sich selbst (und den Verwahranstalten) zu überlassen. Ich bin mit Schicksalen konfrontiert ... Leute, die seit ihrer Kindheit wegen Traumata von einer Psychiatrie in die andere verschoben werden. Da geht mir bei manchem Streichelzoo für Täter das Messer im Sack auf.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Da haben wir m.E. wieder zwei Dinge, die sich nicht bedingen: Man kann die Mittel für Resozialisierung einsparen (viel Spaß mit den Konsequenzen), ohne dass nur einem Opfer damit geholfen wäre, man kann ebenso die Hilfen für Opfer von Straftaten erhöhen, ohne an den Maßnahmen für Resozialisierung zu sparen, abgesehen davon, dass ohnehin kein Spareffekt eintritt, da sich die dauerhafte Inhaftierung noch deutlich kostenintensiver gestaltet.
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Beim Diebstahl wird einer anderen Person etwas weggenommen. Bei der räuberischen Erpressung zwingt man ein Opfer dazu, die Beute selbst herauszugeben
Beim Raub wird einer anderen Person etwas weggenommen, aber unter Anwendung von Gewalt, zumindest aber unter Bedrohung von Leib und Leben. Das kann ein einfacher Handtaschenraub sein, der klassische Banküberfall oder ein Raubmord.
Raub und räuberische Erpressung sind jeweils Verbrechen. Damit liegt die Mindeststrafe bei mindestens einem Jahr Freiheitsentzug. Eine Geldstrafe kann es bei Raub oder räuberischer Erpressung nicht geben.
Bewährungsstrafen sind nur möglich, wenn die Strafe für den Raub bei maximal zwei Jahren liegt.
Für minderschwere Fälle gibt es sechs Monate Freiheitsstrafe.
Für schweren Raub beträgt die Strafe mindestens drei Jahre. Die ist der Fall, wenn bei der Tat eine Waffe (Pistole, Elektroschocker, Gaspistole, Schlagring, etc) oder ein gefährliches Werkzeug (Messer, Schraubenzieher etc.) oder Fesselwerkzeug (Klebeband, Kabelbinder, Handschellen etc.) mitgeführt wurden. Oder wenn die Gesundheit des Opfers dabei in Gefahr geraten ist oder wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt.
Kommt die mitgeführte Waffe oder das Werkzeug zum Einsatz, wird ein Opfer schwer misshandelt wird oder gerät in Lebensgefahr, beträgt die Mindeststrafe fünf Jahre Haft und bis zu 15 Jahre.
Verursacht ein Täter beim Raub den Tod eines anderen Menschen, wird er wie ein Mörder bestraft: lebenslange Freiheitsstrafe; mindestens jedoch zehn Jahre Haft.
Der sexuelle Missbrauch von Kindern zählt zur schweren Kriminalität. Der Gesetzgeber berücksichtigt hierbei die Folgen des sexuellen Missbrauchs für das Kind. Diese Folgen bilden ein erhebliches Gewicht bei der konkreten Strafzumessung. Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird mit Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. In schweren Fällen droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünfzehn Jahren. Bereits der Versuch ist strafbar. (Hinweis: das entsprechende Gesetz ist am 01. Januar 2022 in Kraft getreten)
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Bei Rauschmitteln ist wichtig: der Selbstkonsum von Betäubungsmitteln ist straflos. Denn der Konsum von Betäubungsmitteln erfüllt nicht den Tatbestand des § 29 BtMG.
Es gilt rechtlich das Prinzip der Straflosigkeit von Selbstschädigungen und Selbstgefährdungen.
Juristisch: nimmt man einen Joint an und zieht dran, dann bleibt dies völlig straffrei. Gibt man den Joint aber an eine dritte Person weiter, macht man sich augenblicklich strafbar. Kurios? Nun, das Mitziehen am Joint im Beisein des Besitzers und die anschließende Rückgabe an diesen sind kein verbotener Besitz eines BTM. Und auch keine verbotene Gebrauchsüberlassung.
Eine sog. Verbrauchsüberlassung liegt aber sogleich vor, wenn man den Joint weitergibt…. Derjenige, der den Joint als Nichtbesitzer weitergibt, macht sich wegen Überlassung nach § 29 Abs.1, Ziff. 6b BtMG strafbar.
Auch wichtig: der Eigenkonsum an sich ist zwar nicht strafbar. Der Besitz von BTM zum Eigenkonsum ist jedoch strafbar.
Alle Straftatbestände sind in den §§ 29-30b BtMG geregelt. Strafrahmen sind Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren.
§ 29 Abs. 1 BtMG gilt beim Umgang mit Cannabis nur für normale Mengen. Dies sind Mengen, die insgesamt weniger als 7,5 g THC enthalten. Wird die Menge überschritten, fällt die Bestrafung wesentlich härter aus.
Der Umgang mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge sieht als Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsentzug vor.
Bei bandenmäßigen Handel oder bei gewerbsmäßigem Handel mit nicht geringer Menge oder auch bei leichtfertiger Todesverursachung oder bei Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist eine Mindeststrafe von 2 Jahren vorgesehen.
Erfolgt das Verbreiten von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande oder inklusive dem Mitführen einer Schusswaffe oder eines gefährlichen Werkzeugs, ist dafür eine Mindeststrafe von 5 Jahren vorgesehen. Dies gilt auch für den Fall, dass jemand eine unter 18-jährige Person zum Handeltreiben mit nicht geringen Mengen bestimmt.
INFO Geringe Menge: zwischen 6 g und 10g (je nach Bundesland). Bei geringen Mengen KANN von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen werden (anders ist dies etwa bei wiederholtem Drogenbesitz).
Normale Menge: das Überschreiten der geringen Menge (hehe)
Nicht geringe Menge: beginnt bei 7,5 g reinem Wirkstoff (THC).
Zum Handel mit Drogen zählt der Verkauf mit Gewinnabsicht, der Ankauf mit Absicht eines Weiterverkaufs, die Vermittlung oder Vermittlungsbemühung, der Transport von BTM oder von durch BTM erlöste Gelder, Chauffeurdienste, Kurieranwerbung, Überwachung, Mitfinanzierung, die Aufbewahrung, Zubereitung, der Anbau, die Ernte, Abpacken, Abwiegen, Versenden, etc.
Wer also an der Vorbereitung von Drogen-Umsatzgeschäften mitwirkt oder Hilfstätigkeiten mit ausübt, wirkt strafrechtlich im eigentlichen Drogenhandel mit.
Strafverschärfend ist immer der gewerbsmäßige Handel mit BTM. Wenn sich also der Täter durch wiederholten Absatz von BTM eine fortlaufende Einnahmequelle verschafft.
Wer über 21 Jahre alt sit und BTM an Personen unter 18 Jahre abgibt, wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren bestraft.
Bandenmäßiges Handeltreiben liegt vor, wenn mind. drei Personen mit mehrfacher Tatbegehung aktiv werden. Der Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sieht dann eine Mindeststrafe von 5 Jahren vor (§ 30a Abs.1 BtMG.)
Drogenhandel inkl. Mitführen einer Waffe bedingt eine Mindeststrafe von 5 Jahren. Auch wer zu Hause Drogen anbaut, sollte keine Waffen oder gefährlichen Gegenstände mit im Haus haben!
Ach ja: verschenken könnte man die Drogen ja auch! ABER: eine Abgabe ist juristisch auch die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt ohne rechtsgeschäftliche Grundlage und ohne Gegenleistung an einen Dritten, sofern dieser über das Betäubungsmittel frei verfügen kann. Folglich: auch die unentgeltliche Weitergabe von Cannabis an Freunde ist eine Straftat.
Juristisch liegt KEINE Abgabe liegt vor, wenn das BTM den Freunden zum sofortigen Konsum in einer „verbrauchsgerechten“ Menge überlassen wird. Strafbar ist dann nicht mehr die Abgabe, wohl aber noch die Überlassung.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Zitat von Lumich im Beitrag #7819Man kann die Mittel für Resozialisierung einsparen (viel Spaß mit den Konsequenzen), ohne dass nur einem Opfer damit geholfen wäre,
Es gibt keine Konsequenzen. IMHO gehören solche Leute einfach nicht mehr in Freiheit. Wenn ich dann lese, das von 123 freigelassenen Sexualstraftätern 8 wieder rückfällig geworden sind, werden einige argumentieren, daß das nur ein geringer Prozentsatz ist und man als Gesellschaft das Risiko eingehen muß, wenn man einen progressiven Strafvollzug möchte. Wie es sich halt immer prima argumentiert, wenn man nicht selbst betroffen ist. Nochmal: wir haben genug Opfer, die nie mehr in der Lage sein werden, ein normales Leben zu führen und für immer in dieser Tat gefangen sind, ohne daß die dermaßen im Focus stehen wie die Täter. Warum soll es mich dann jucken, ob solche Typen je wieder in die Gesellschaft integriert werden können? Mit lebenslanger Sicherheitsverwahrung in beispielsweise Lippstadt - Eickelborn geht man noch humaner mit ihnen um als in anderen Ländern. Was da kostenintensiver ist? Das Verhindern eines Rückfalls und des Schaffens neuer Opfer steht für mich argumentativ über allen finanziellen Erwägungen.
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Zitat von Lumich im Beitrag #7819Man kann die Mittel für Resozialisierung einsparen (viel Spaß mit den Konsequenzen), ohne dass nur einem Opfer damit geholfen wäre,
Es gibt keine Konsequenzen. IMHO gehören solche Leute einfach nicht mehr in Freiheit. Wenn ich dann lese, das von 123 freigelassenen Sexualstraftätern 8 wieder rückfällig geworden sind, werden einige argumentieren, daß das nur ein geringer Prozentsatz ist und man als Gesellschaft das Risiko eingehen muß, wenn man einen progressiven Strafvollzug möchte. Wie es sich halt immer prima argumentiert, wenn man nicht selbst betroffen ist. Nochmal: wir haben genug Opfer, die nie mehr in der Lage sein werden, ein normales Leben zu führen und für immer in dieser Tat gefangen sind, ohne daß die dermaßen im Focus stehen wie die Täter. Warum soll es mich dann jucken, ob solche Typen je wieder in die Gesellschaft integriert werden können? Mit lebenslanger Sicherheitsverwahrung in beispielsweise Lippstadt - Eickelborn geht man noch humaner mit ihnen um als in anderen Ländern.
Eins der Dinge, die du da m.E. übersiehst ist, dass die Trennung zwischen Opfer und Täter so nicht funktioniert. Ein Täter ist nicht einfach ein Täter und sonst gar nichts. Gewalttäter haben in aller Regel selbst erhebliche Gewalterfahrungen erlitten. So oder so gibt es neben der individuellen Schuld auch immer eine soziale Komponente. Das ist keine Rechtfertigung oder Entschuldigung, es zeigt einfach, dass das Problem anders behandelt werden muss, als durch bloßes Wegsperren, was nicht zuletzt der Grundidee unserer Verfassung widerspricht, aber das ist wieder ein anderes Thema.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #7822Was da kostenintensiver ist? Das Verhindern eines Rückfalls und des Schaffens neuer Opfer steht für mich argumentativ über allen finanziellen Erwägungen.
Die Kosten hast du allerdings zuerst ins Feld geführt, als du meintest, man könne das Geld für Resozialisierungsmaßnahmen zugunsten der Opfer umschichten. Das haut aus beschriebenen Gründen nicht hin.
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http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
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