Etwa einen ähnlichen Gedanken wollte ich zu dem Thema hier auch mal kundtun. Was erwartet man bitte von Querdenkern und Künstlern wie Morrissey? Dass sie stets ein Vorbild in politischer Correctness abgeben oder belanglose Nullaussagen von sich geben? Gratulation, das machen ja schon die Künstler von den Pop-Akademien oder Castingshows, die ohnehin inhaltlich gar nichts mehr zu sagen haben...
Anderer Gedanke: Ich finde ja auch, dass es teilweise Doppelstandards gibt, was Musikszenen betrifft. Ganz konkret: Viele Rapper können in Texten (da sowieso) und auch Interviews Müll und verachtendes Zeug ohne Ende labern und keiner stört sich groß daran - ist halt so?! Wenn dann aber Wannda ein, zwei Doppeldeutigkeiten in Texte einbaut oder ein Morrissey mal (wieder) mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, dann kommt der Aufschrei und man echauffiert sich noch und nöcher. Ist jetzt vielleicht meinerseits ein wenig überspitzt dargelegt, aber will ich mal zur Diskussion stellen.
e: Ich finde es einfach ein bisschen scheinheilig, die "brisanten" Aussagen in eine Reihe zu stellen mit der Hoffnung auf ein paar Klicks.
Diese "interessante andere Sichtweise" des Autors ist übrigens identisch mit meiner Sicht dieser Thematik. Eine selbsternannte kulturelle und intellektuelle Elite, deren größte Sorge ist, dass jemand eine abweichende Meinung vertritt oder (in unserem Fall) die Bundeskanzlerin kritisiert, das ist schon absurd. Ein eindeutigeres Indiz für die Notwendigkeit einer fundamentalen geistigen Wende kann ich mir nicht vorstellen.
gegen eine weltoffene politik und die aufnahme von flüchtlingen zu wettern ist ja sowas von rock'n'roll, yeah! der mann hat echt den durchblick.
und bevor missverständnisse entstehen: unsere kanzlerin sehe ich nicht für erstere stehen. sie hatte nur eben mal kurz einen anfall in die richtung. und der ist schon lang wieder vorbei. von mir aus kann die olle weg.
Ich stehe auch nicht absolut hinter den Aussagen von ihm. Ich kenne ja nichtmal den (kostenpflichtigen?!) Originalartikel. Nur nervt mich eher dieser Mechanismus, der immer einzutreten scheint, wenn sich der ehemalige Smiths-Sänger mal zu Wort meldet. Ein scheinbar eingeübtes Spiel. "Er hat wieder was gesagt", "Jetzt aber endgültig weg mit dem".
Zum einen ist abzuwarten, ob es eine Klärung in Form einer Offenlegung der "Quelle" - sprich Transkript oder Audioaufnahme - gibt. Zum anderen kann ich mir schon auch vorstellen, dass Morrissey sein Geschwätz von gestern nicht mehr interessiert, also dass er etwas übertreibt. Sein neues Statement ist ja auch pointiert/überspitzt formuliert. Wahrscheinlich stört mich eher dieses "die Sau durchs Dorf treiben". Oder andererseits: warum muss man als "Rocker" umbedingt "weltoffen" und für die Aufnahme von Flüchtlingen sein?
Wenn man differenzierter mit dem Mann über die Themen sprechen würde, dann könnte ich mir vorstellen, dass man auch differenziertere Antworten erhält. Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen und zu einem Clickbait-Artikel zusammenzuwürfeln, das finde ich halt etwas fragwürdig und schwach - va wenn man sich in einem Atemzug dann sofort moralisch empört.
Außerdem: Ich finde es durchaus ok, dass ein Künstler wie Morrissey nicht absolut kohärent in seinen Aussagen ist. Er hat Launen und die darf er als bunter Vogel und Künstler mE haben. Manchmal gewinne ich echt den Eindruck, dass ein "common sense" momentan sehr stark eingefordert wird. Wehedem, jemand macht da nicht mit. Klar darf man ihn kritisieren und sollte das vielleicht auch für gewisse Aussagen. Aber immerhin hat er den Mut, seine Klappe aufzumachen. Selbst wenn das nicht immer zu seinem Vorteil ist.
ja, man merkt schon, dass du das interview nicht gelesen hast. ich habe und denke, da braucht's keinen mechanismus, sondern gesunden menschenverstand, um seine ansichten teilweise als seltsam bis bedenklich. tu's einfach mal. dann sehen wir weiter:
Und ich merke, ich habe gerade nicht Lust mir das sofort in Gänze anzuhören. Also muss ich wohl etwas zurückrudern: Natürlich macht es grundsätzlich Sinn, dass Interviews und Artikel auf das Wesentliche gekürzt werden.
Andererseits finde ich seine Aussagen zu Land und Kultur jetzt nicht so krass, dass man daraus einen rießen Skandal machen müsste:
Zitat "It’s very important for every country to retain the identity it has because it doesn’t come easy. Millions of people died for the German identity. Millions of people died for the British identity. And if you respect all those people and the loss of their lives, then you must protect your own country to a great extent. You cannot say that the identity of your country is nothing—you cannot say that!—and that seems to be happening throughout Europe."
Dieses Zitat wurde zum Beispiel in einem Pitchfork Artikel hervorgehoben.
Die Aussage mit der "Vergewaltigungshauptstadt" scheint mir dagegen wenig fundiert.
und weil morrissey sich natürlich schon wieder als opfer sieht und den artikel diskreditiert hat haben sie's auch noch mal als audio-datei online gestellt:
Zitat von aalpaca im Beitrag #126 Andererseits finde ich seine Aussagen zu Land und Kultur jetzt nicht so krass, dass man daraus einen rießen Skandal machen müsste:
Zitat "It’s very important for every country to retain the identity it has because it doesn’t come easy. Millions of people died for the German identity. Millions of people died for the British identity. And if you respect all those people and the loss of their lives, then you must protect your own country to a great extent. You cannot say that the identity of your country is nothing—you cannot say that!—and that seems to be happening throughout Europe."
Dieses Zitat wurde zum Beispiel in einem Pitchfork Artikel hervorgehoben.
niemand hat behauptet, dass alles was er sagt müll ist, aber was er zur #metoo debatte äußert, halte ich schon für sehr starken tobak.
Zitat von aalpaca im Beitrag #126Die Aussage mit der "Vergewaltigungshauptstadt" scheint mir dagegen wenig fundiert.
Ich muss mir das morgen wohl nochmal in Ruhe zu Gemüte führen. Sonst kann ich hier meinem eigenen Anspruch ebenfalls nicht gerecht werden (also wegen aus dem Zusammenhang reißen und verkürzen;)
Das Englisch der Interviewerin ist ja auch schrecklich btw
PS: Bekanntermaßen hat der Mann ja auch psychische Probleme und er ist für seine Art bekannt. Ich weiß gar nicht, warum ich ihn so verteidige. Wahrscheinlich finde ich den Non-Konformismus und "seine Meinung sagen" in der Sache gut. Über den Inhalt kann man streiten.
Zitat von aalpaca im Beitrag #129PS: Bekanntermaßen hat der Mann ja auch psychische Probleme und er ist für seine Art bekannt. Ich weiß gar nicht, warum ich ihn so verteidige. Wahrscheinlich finde ich den Non-Konformismus und "seine Meinung sagen" in der Sache gut. Über den Inhalt kann man streiten.
nun, non-konformismus kann man halt auch in beiden richtungen haben und die des herrn morrissey geht leider zu großen teilen in die falsche.
und: natürlich darf er das alles sagen, aber was wundert er sich über den gegenwind und zieht sich in die schmollecke zurück? so geht freie presse. das könnte er so langsam mal gelernt haben.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #128[quote="aalpaca"|p110414]
niemand hat behauptet, dass alles was er sagt müll ist, aber was er zur #metoo debatte äußert, halte ich schon für sehr starken tobak.
Hmmm. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass er sich da arg ungeschickt ausdrückt. Als sensibler Feingeist müsste er dafür ja eigentlich vollstes Verständnis haben.
Andererseits gab es ja auch diesen Zwischenfall am Flughafen vor ein paar Jahren, als er selbst einen Mitarbeiter des Flughafens der sexuellen Belästigung bezichtigte - was sich dann aber als "Falschaussage" herausstellte? Oder eben als nicht so schlimm angesehen wurde im Rahmen der Körperkontrolle. Man wird wohl nicht ganz schlau aus dem Herren und ich habe das Gefühl, vielleicht reicht es dann für heute mit dem Lanzen brechen für alternde britische Sänger
e: Ihn für öffentliche Aussagen zu kritisieren ist natürlich legitim. Die Tonbandaufnahme gibt nun natürlich auch Aufschluss über den Wahrheitsgehalt. Erinnert mich gerade ein wenig an Christoph Daum und seine Haarprobe. Der Schuss ging bekanntermaßen auch nach hinten los...
Zitat von aalpaca im Beitrag #129PS: Bekanntermaßen hat der Mann ja auch psychische Probleme und er ist für seine Art bekannt. Ich weiß gar nicht, warum ich ihn so verteidige. Wahrscheinlich finde ich den Non-Konformismus und "seine Meinung sagen" in der Sache gut. Über den Inhalt kann man streiten.
nun, non-konformismus kann man halt auch in beiden richtungen haben und die des herrn morrissey geht leider zu großen teilen in die falsche.
Hmmm. Gerade das ist ja mein Punkt. Die "falsche" Meinung finde ich schwierig... aber vielleicht führt das jetzt alles zu weit und wir reden ein wenig aneinander vorbei;)
Die Debatten um #metoo und um die Zuwanderung von Flüchtlingen haben mE verschiedene (demokratisch) legitime Standpunkte und müssen im Detail und differenziert diskutiert werden. Mich stört wohl eher diese "Polarisierung", die auch durch soziale Medien voran getrieben wird. Fällt Morrissey jetzt in die Kategorie "schwarzes Schaf"?
Jimi Hendrix hat Frauen geschlagen, David Bowie mit minderjährigen Mädchen geschlafen. Wie sieht es hier aus?
Zitat von aalpaca im Beitrag #129PS: Bekanntermaßen hat der Mann ja auch psychische Probleme und er ist für seine Art bekannt. Ich weiß gar nicht, warum ich ihn so verteidige. Wahrscheinlich finde ich den Non-Konformismus und "seine Meinung sagen" in der Sache gut. Über den Inhalt kann man streiten.
nun, non-konformismus kann man halt auch in beiden richtungen haben und die des herrn morrissey geht leider zu großen teilen in die falsche.
Hmmm. Gerade das ist ja mein Punkt. Die "falsche" Meinung finde ich schwierig... aber vielleicht führt das jetzt alles zu weit und wir reden ein wenig aneinander vorbei;)
na ja, kann man sich vielleicht darauf einigen, dass z.b. veteidigung bzw. relativierung von vergewaltigung(sversuchen) irgendwie nicht so gut kommt?
Zitat von aalpaca im Beitrag #132Die Debatten um #metoo und um die Zuwanderung von Flüchtlingen haben mE verschiedene (demokratisch) legitime Standpunkte und müssen im Detail und differenziert diskutiert werden. Mich stört wohl eher diese "Polarisierung", die auch durch soziale Medien voran getrieben wird. Fällt Morrissey jetzt in die Kategorie "schwarzes Schaf"?
bei #metoo sehe ich das nicht so (ich wüsste nicht, was es da zu diskutieren gibt), was zuwanderung betrifft ja, aber er hat selbst - schon recht undifferenziert - kund getan, wessen geistes kind er ist. das ist meinetwegen demokratisch legitimiert, aber er selbst legt ja z.b. hinsichtlich tierverzehr höchste moralische standards an (und vergleicht nebenbei tierhaltung mit kz's). daran muss er sich dann schon messen lassen.
Zitat von aalpaca im Beitrag #132Jimi Hendrix hat Frauen geschlagen, David Bowie mit minderjährigen Mädchen geschlafen. Wie sieht es hier aus?
bitte nachschlagen unter "whataboutism, klassischer".
Wer von nationalen Identitäten spricht, die es zu erhalten gilt, der verbreitet nun mal rechtsextreme Standpunkte. Da beißt die Maus halt keinen Faden ab. Und wer sowas in der Öffentlichkeit äußert, der darf sich nun wirklich nicht wundern, wenn er dafür kritisiert wird. Egal ob er Musiker ist, Straßenbahnschaffner oder sonst was. Gleiches gilt für sexuelle Belästigung usw. Warum sollten Musiker da Narrenfreiheit haben? Ich würde sogar sagen: Wer behauptet, Musiker können doch sagen was sie wollen, ist doch egal, der nimmt sie überhaupt nicht ernst.
Es gibt halt mindestens drei Möglichkeiten der Rezeption und nicht nur die eine, die uns die WiWo vorschreiben möchte. Einigen macht es halt keinen Spaß mehr seine Musik zu hören, wenn sie sie an seine rechtsextremen Statements erinnert. Wer solche Standpunkte teilt, der hat natürlich keine Probleme und manchem gelingt ja auch die Trennung zwischen Künstler und Werk.
Das Morrissey dann auch noch a la Trump in pegidaeskes Verhalten verfällt und opfermäßig rumjammert wie ihn die pösen printmedien usw. usf. - das passt halt auch ins Bild. Mal sehen ob seine neuen identitären Freunde für mehr Plattenverkäufen sorgen. Oder wieder abspringen, weil er ja jetzt wieder alles dementiert hat.
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig