The Irishman ist eine glatte Unverschämtheit. Alte Männer, die schon humpeln, aber meinen, sie können 40jährige spielen, wenn man ihnen elektronisch das Gesicht glatt zieht. Über die Leistung von Robert de Niro möchte ich nicht streiten, aber ich hätte ihn für intelligenter gehalten.
DVDs mit Kollegin getauscht... Gestern Abend: Die Friseuse Doris Dörrie / 2010
Ein charmanter, leiser Film über eine gewichtige Frau (Friseurin) , die versucht, vieles leicht zu nehmen und letztlich mit ihrer Form des Opti- und Opportunismus doch so manche Lebensklippe und fiesesten Alltagsterror (zumindest glimpflich) umschifft. Mitunter fällt selbst ihr es schwer, wieder aufzustehen, dennoch gelingt es ihr.
Dörrie verfilmte hier übrigens kein eigenes Drehbuch. Sie zeichnet ein tolles Portrait einer beeindruckenden Frau, die (und deren alltäglicher Kampf und auch ihre Etappensiege) uns in ihrer anonymen Marzahner Plattenwohnung nie aufgefallen wären. Es gibt reichlich Momente, die mit tiefgründigem Humor gespickt sind, gleichwohl mit leiser Melancholie und Tristesse. Jedoch keine Klischeebedienung.
Musik: LaBrassBanda Mit Gabriela Maria Schmeide perfekt besetzt. In einer Nebenrolle übrigens der späte Rolf Zacher.
Von Egon Günther mit Jutta Hoffmann und Jaecki Schwarz
"Beziehungsdrama" zählt keineswegs zu meinen Lieblingsgenres, aber dieses ist ziemlich toll. Ich meine Godard-Einflüsse zu erkennen, z.B. die eingestreute Interview-Aufnahme. Dass weder Jutta Hoffmann noch Egon Günther den Oskar bekommen haben, ist ein Skandal.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #2736arte hat mir einen wunderbaren filmabend bereitet:
nachts, wenn der teufel kam (robert siodmak, 1957)
vordergründig ein kriminal-thriller, der sich aber 1. ziemlich schnell aufklärt und 2. sich anschließend zu einem drama um die justiz unterm nazi-regime entwickelt - mit mario adorf in seiner ersten großen rolle. war für den oscar als bester fremdsprachiger film nominiert, aber an "die nächte der cabiria" kommt er nicht ganz ran. trotzdem: toller film.
la verité (henri-georges clouzot, 1960)
nochmal justiz, diesmal aber wirklich von anfang an ein gerichtsdrama. brigitte bardot spielt eine junge frau die ihren ex-geliebten getötet hat. und da sie eine unabhängige frau ist, die das leben genießt, sich an keine gesellschaftlichen konventionen hält und damit natürlich dem damaligen frauenbild vollkommen widerspricht, wollen ihr staatsanwaltschaft und nebenklage niedere beweggründe anhängen, um sie möglichst aufs schaffott zu bringen. der plot, der zum tod des jungen mannes führte wird in ausführlichen rückblenden beleuchtet und zusammen mit den aufwühlenden gerichtsszenen erzeugt das eine ungeheure spannung und zieht einen über die vollen 2 stunden komplett hinein, nicht zuletzt weil die bardot ein ereignis ist - sowohl optisch, als auch schauspielerisch. war ebenfalls für den auslands-oscar nominiert. diesmal hatte bergmans "jungfrauenquelle" die nase vorn.
Das war auch meine Abendgestaltungs-Planung für diesen Abend. "nachts, wenn der teufel kam" erstmals gesehen und auch für toll befunden, auch wenn es gegen Ende etwas ausfranst. Vielleicht war es zwölf Jahre nach Kriegsende noch anders, aber ich hoffe doch, dass man es heutzutage als bekannt voraussetzen kann, dass die Nazis Gewaltverbrechen vertuschten um das Image des "Law & Order"-Staates aufrecht zu erhalten. "la verité" dann leider für die Zuseher via Internet (die genausoviel Rundfunkgebühren zahlen, in meinem Fall eigentlich sogar gerne, wie die Eigentümer von Hightech-TV-Geräten) blockiert.
Caligula (Tinto Brass, 1979) Boah, was für ein Schund. Und trotzdem irgendwie faszinierend, auch als Zeitdokument. Absolut unvorstellbar, dass es heute noch so eine Produktion geben könnte, zumal mit namhaften Schauspielern. Wobei der Film wohl auch eine sehr bewegte Produktionsgeschichte hat. Auch interessant: Eine gewisse Ähnlichkeit beim Cäsar-Look zum zeitgleich entstandenen "Leben des Brian" ist nicht abzustreiten.
Der unsichtbare Gast Spanische Filme haben gefühlt gerade eine Hochphase und der hier ist mal richtig gut! Ein Geschäftsmann versucht sich von einem Mord reinzuwaschen, nachdem eine Leiche in einem abgeschlossenen Hotelzimmer gefunden wurde, in dem sich sonst nur noch der Mann aufhielt... Man denkt ja, man hat schon alle Szenarien mal gesehen, aber in diesem Film wird man häufiger auf die falsche Fährte geführt, als man gucken kann. Dazu gibt es einen Auflösung, bei der einem die Kinnlade runterklappt. Insziniert ist das ganze auch sehr stimmig in düsteren und ausgewaschenen Farben. Am besten ist aber, dass inhaltlich wirklich an jedes noch so kleine Detail gedacht wurde und man Logikfehler vergeblich sucht. Ein Thriller auf Top-Niveau (bei Netflix gestreamt). 9/10
a shaun the sheep movie: farmageddon (will becher/richard phelan, 2019)
wie immer herzallerliebst mit dem süßesten alien überhaupt.
una mujer fantastica (sebastian lelio, 2017)
sehr berührendes portrait einer transfrau, deren partner überraschend stirbt und die sich anschließend inmitten all ihrer trauer auch noch gegen ihr feindliches umfeld, v.a. die familie des toten, aber auch gegen staatliche institutionen behaupten muss. wie sie das durchsteht wird ganz ohne sentimentalität, z.t. mit traumartigen sequenzen wunderbar dargestellt. bewundernswert auch das schauspiel von daniela vega, die das gefühlschaos zwischen trauer, wut, verletzlichkeit und überlebenswillen überzeugend und v.a. sehr würdevoll zum ausdruck bringt. hat völlig zu recht 2018 den oscar für den besten fremdsprachigen film bekommen.
le deuxième souffle (jean-pierre melville, 1966)
klassischer gangster-thriller, der aber leider nicht an melvilles beste (le doulos, le samourai, le cercle rouge und nicht mal un flic) herankommt. es gibt viel leerlauf, völlig uninteressante handlungen (z.b. das verstecken der beute eines überfalls) werden in epischer breite gezeigt, während manche vermeintlich spannende momente eher hastig und beiläufig in szene gesetzt wurden, so dass sie einen nicht wirklich erreichen. neben soliden leistungen von lino ventura und v.a. paul meurisse gibt es auch viel hölzernes schauspiel (z.b. die manouche oder orloff) und quatschige dialoge. und das zieht und zieht und zieht sich über 2 1/2 stunden.
viel interessanter und spannender war die anschließende doku über melville. was der mann in seinem kurzen leben als völliger außenseiter und mit äußerst beschränkten mitteln auf die beine gestellt hat, ist schier unglaublich - auch wenn er wohl nicht der angenehmste mensch der welt war.
Die Story liest sich vordergründig eher als klassische Thriller-Handlung, aber Steve McQueen liefert wenig überraschend mindestens genausoviel Gesellschaftskritik mit: Rassismus, Waffenbesitz, Benachteiligung von Frauen. Jedenfalls ein wunderbar gespielter und super inszenierter Spielfilm mit gehörig Frauenpower.
Viola Davis geht ohnehin immer. Aber bei Liam Neeson muß man mal feststellen, daß er nur noch als Klischee seiner selbst durchs Bild läuft. Ich hab ihn langsam etwas über. Ansonsten fand ich den auch gut.
ME-Leser 1984 bis 2016 - ME-Forum seit 30.04.2003 - Erster Beitrag: "Wo kann ich mich hier wieder abmelden?" Heavy Rotation → ◉ Jake Bugg (2024) A Modern Day Distraction ◉ Julie (2024) The Ant-Aircraft Friend ◉ Towa Bird (2024) American Hero ◉ The Courettes (2024) The Soul Of... The Fabulous Courettes ◉ Noga Erez (2024) The Vandalist
Zitat von Lumich im Beitrag #2710Jetzt endlich: Parasite (2019) …nachdem die BluRay endlich erschienen ist. Eine Groteske über abgehängte Armut und abgehängten Reichtum - das Grundthema zieht sich durch alle Filme (bzw. alle, die ich kenne) von Bong Joon-Ho, mal mehr im Vordergrund, wie hier, mal weniger. Ich finde hier ist es ihm besonders gut gelungen, beide Seiten nicht zu gut oder zu schlecht aussehen zu lassen. Die Comedy-Elemente, die in frühen Filmen manchmal zu albern und klamaukig gerieten, sind hier deutlich dezenter und zielgerichteter eingesetzt. Das macht den Film nicht ganz so schwer wie bspw. Dogtooth von Lanthimos, an den ich an einigen Stellen denken musste. Parasite, zusammen mit Mother sehe ich bisher als seine Meisterwerker an.
Parasite fand ich recht unterhaltsam, mehr aber auch nicht. Overhyped ... 7/10
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)