Die andere Seite der Hoffnung Nicht Kaurismäkis bester Film, aber zusammen mit „Le Havre“ sein politischster. Oder sagen wir, sein offensichtlich politischster, alle seine Filme handeln ja von Leuten, die sich mit Malocherjobs durchschlagen müssen und irgendwie am Rande der Gesellschaft stehen. Alles, was man an Kaurismäki mag oder nicht mag, ist da: wortkarge Menschen, finnischer Tango, Rauchen bis zum Abwinken, altertümliche Technologie (obwohl sich dieses Mal einige Laptops eingeschmuggelt haben) und Restaurants, in denen die Zeit zirka 1962 stehen geblieben ist. Auch sein ultratrockener Humor scheint hin und wieder durch. Sehr gelacht habe ich beispielsweise, als jemand Sardinen und Bier bestellt, ihm umgehend eine halbgeöffnete Dose Sardinen hingestellt wird, er sagt „das ging schnell“ und die Replik lautet: „Wir haben Fusion-Küche.“ (8/10)
Die Legende vom Ozeanpianisten (I 1998, R: Giuseppe Tornatore, D: Tim Roth, Pruitt Taylor Vance) Es gibt Filme, die man Menschen zeigen sollte, die sagen, dass sie mit Filmen nichts anfangen können. "Die Legende vom Ozeanpianisten" ist - wie auch schon Tornatores zehn Jahre zuvor gedrehter Film "Cinema Paradiso" - ein solcher Film. Erzählt wird die fantastische Geschichte vom Findelkind 1900, das eben in diesem Jahr auf einem Schiff, das zwischen England und den USA pendelt, geboren wurde, in den ersten Jahren im Kesselraum aufwuchs, dann ein musikalisches Wunderkind wird und der zum besten Pianisten des Planeten aufsteigt - und das, obwohl er das Schiff nie verlassen hat. Erzählt wird diese Geschichte vom Trompeter der Schiffsband nach dem Zweiten Weltkrieg. Tornatore gelingt es, in zwei Stunden, den Zuschauer mit großartigen Bildern in den Bann zu ziehen, untermalt wird der Film vom Großmeister Ennio Morricone. Tim Roth mit seinem recht unnahbaren Spiel passt in die Rolle des Eigenbrötlers, der sich mit Trompeter Max anfreundet. Ein cineastisches Meisterwerk, dem man sogar ein paar Logiklücken verzeiht. 9/10
Shaun das Schaf - Der Film (GB/F/USA 2015, R: Mark Burton, Richard Starzak) In Serienform sind die Abenteuer des Knetschafs und seiner Herde gut anzuschauen und unterhaltsam. Ausgedehnt auf 85 Minuten gehen vielleicht zwischendurch ein wenig die Ideen aus. Schlecht ist das alles nicht, aber eben doch wie eine viel zu ausgedehnte Folge. Immer wieder begeistert bin ich allerdings von dem Aufwand. Jedes Teammitglied dreht pro Tag zwei Sekunden Film. Das ist der Wahnsinn. 6/10
Inferno (USA/H 2016, R: Ron Howard, D: Tom Hanks, Felicity Jones, Irrfan Kahn, Ben Foster, Omar Sy, Sidse Babett Knudsen, Ana Ularu) Der dritte Robert-Langdon-Film und irgendwie frage ich mich: Hätte es überhaupt einen gebraucht? "Sakrileg" fand ich zum Einstieg immerhin noch gut, aber "Illuminati" war dann schon nur noch okay. Und "Inferno" schließt sich da nahtlos an. Der Film wirkt wie eine einzige Hetzjagd, jeder betrügt jeden, man weil nicht, wem man trauen kann. Das ist einerseits geschickt von Ron Howard, denn der Zuschauer weiß dann genau so viel wie auch Robert Langdon, der nicht weiß, warum man hinter ihm her ist. Howard lässt seine Schauspieler von Florenz nach Venedig und dann nach Istanbul hetzen. Man sieht ein paar tolle Gebäude, ohne dass man sie wirklich genießen kann. Das wirkt teilweise wie hingerotzt. Es kommt zwar durchaus Spannung auf und die Schauspielerriege besteht ja durchaus aus guten Leuten. Aber ein wenig mehr Ruhe hätte dem Film vielleicht gut getan. 6/10
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Zitat von G. Freeman im Beitrag #4592Texas Chainsaw Massacre
Noch eine neue Zeitebene (die vierte), noch ein Legacy Sequel, noch ein neuer zweiter Teil, noch eine damals Überlebende, noch einmal die gleichen Tropes, noch einmal x, noch einmal y. Als Slasher ist das in Ordnung, aber warum das TCM heißt (außerhalb der ~brand recognition~), no idea. Mit der ekelhaften Stimmung, der terrorisierenden Wucht des ersten Teils, hat das wenig zu tun. Auch inszenatorisch macht der Film alles anders und hält bei allem die Kamera drauf, eben das, was das Original nicht brauchte. Es gäbe noch zig andere Macken, aber die sind kaum erwähnenswert... Immerhin nur 80 Minuten. Dass Legendary den verkauft hat, wundert mich nicht mehr. Bei Netflix.
Ich hab gerade das Original bei Prime gesehen. Ich verstehe, dass der früher auf dem Index stand, denn die Brutalität ist schon außerordentlich, auch wenn längst nicht alles offen gezeigt wird. Ein paar Dinge, wie das Augen-Close-Up gegen Ende und der Soundtrack, lassen den Film glänzen. Im Großen und Ganzen bleibt er allerdings recht stupide. Natürlich war dieser Hinterwäldler-Horror zu der Zeit etwas weniger abgenudelt als heutzutage. Die Opa-Maske war natürlich ein Brüller, so schlecht wie sie gemacht war. Allerdings ist es auch nicht unbedingt fair, sich über einen Low-Budget-Film lustig zu machen, wenn die Effekte poplig sind. Unbegreiflich bleibt es allerdings, warum ein behäbiger Fettsack mit einer schweren Kettensäge fast so schnell rennen kann wie eine schlanke, athletische Frau, aber diese Unschlüssigkeit gibt es in zigtausend Filmen. Alles in allem tut der Film, was er soll. Er ist prägend fürs Genre, aber ein stückweit fühle ich mich zu alt dafür.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Vorgestern haben wir den dritten James Bond gesehen und er war wieder mal ultra fad, rassistisch und sexistisch. Diesmal hat er einfach so eine Frau vergewaltigt und ich hab echt keinen Bock mehr, mir Filme über einen derart ekligen Typen anzusehen. Wie zur Hölle wurde das überhaupt je für gut befunden?
2/10 Sternen für die Ente auf dem Kopf und den blauen Strampler aus Frottee
Dann muss das ja "Goldfinger" gewesen sein. Der gilt ja allgemein als bester Bond-Film aller Zeiten und für die Reihe als revolutionär, weil - trotz des bescheuerten Namens - mit Pussy Galore eine starke Frau gezeigt wurde.
Aber ja, du hast Recht: Die Bondreihe war bis einschließlich der Brosnan-Filme ultrasexistisch, sie sind aber offenbar auch ein Sinnbild ihrer Zeit und als solche zu sehen. Klingt komisch und ist ein billiges Argument, ich weiß.
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Aber daran kann man auch sehen, dass unsere Gesellschaft sich durchaus entwickelt hat. Heute würdest du so ein Drehbuch in Hollywood nicht mehr verfilmt bekommen.
Sonderpunkte muss es natürlich für diesen Dialog geben:
"Do you expect me to talk?" "No, Mister Bond, I expect you to die."
Zitat von JackOfAllTrades im Beitrag #4610Der gilt ja allgemein als bester Bond-Film aller Zeiten und für die Reihe als revolutionär, weil - trotz des bescheuerten Namens - mit Pussy Galore eine starke Frau gezeigt wurde.
Wenn man jetzt bedenkt, dass auch 40 Jahre später Bond noch genau so drauf war - und es hat keinen gestört. Erst mit Daniel Craig wurde es anders - allerdings auch nicht sehr.
Da hat #metoo einiges ausgerichtet. Ich hatte zuletzt "Stirb an einem anderen Tag", den letzten Brosnan-Bond, gesehen und fand das auch eher unerträglich in seinem Sexismus.
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"Frau im Dunkeln" Netflix, nach einem Roman von Elena Ferrante (die ich endlich mal lesen sollte). Uniprofessorin Leda macht Urlaub auf einer griechischen Insel & flirtet ein wenig, arbeitet ein wenig, fühlt sich okay. Dann wird sie allerdings von einer unangenehmen, sehr lauten New Yorker Großfamilie gestört, die sie gleichermaßen abstößt wie fasziniert. Leda erinnert sich an das eigene Familienleben und all die Entscheidungen, die sie zu treffen hatte - oder nicht mehr treffen konnte.
Es ist schwer, zu erklären, worum es in dem Film geht. Am ehesten wohl um Frauen, um Mütter und um Ledas persönliche Revolte gegen all die Rollen, die Frauen aufgedrückt werden. Ein wahnsinnig schöner, berührender Film ist es auf jeden Fall und Olivia Colman spielt die skurrile, schwer greifbare Leda unfassbar intensiv. Eine echte Perle, die sehr viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Ich wollte der beth nur mitteilen: Nur noch 22 Bonds, dann hast du es geschafft.
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Zitat von Mory im Beitrag #4615"Frau im Dunkeln" Netflix, nach einem Roman von Elena Ferrante (die ich endlich mal lesen sollte). Uniprofessorin Leda macht Urlaub auf einer griechischen Insel & flirtet ein wenig, arbeitet ein wenig, fühlt sich okay. Dann wird sie allerdings von einer unangenehmen, sehr lauten New Yorker Großfamilie gestört, die sie gleichermaßen abstößt wie fasziniert. Leda erinnert sich an das eigene Familienleben und all die Entscheidungen, die sie zu treffen hatte - oder nicht mehr treffen konnte.
Es ist schwer, zu erklären, worum es in dem Film geht. Am ehesten wohl um Frauen, um Mütter und um Ledas persönliche Revolte gegen all die Rollen, die Frauen aufgedrückt werden. Ein wahnsinnig schöner, berührender Film ist es auf jeden Fall und Olivia Colman spielt die skurrile, schwer greifbare Leda unfassbar intensiv. Eine echte Perle, die sehr viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
The Batman Eigentlich habe ich Superheldenfilme ein wenig über. Uneigentlich schaue ich doch die meisten, weil laute bunte Blockbuster halt so schön den Kopf ausknipsen. Und noch uneigentlicher bin ich halt seit Kindheitstagen ein riesiger Batman-Fan und würde sowieso alles im Kino angucken, wo eine Fledermaus draufklebt. In diesem Fall hat es sich allerdings zum ersten Mal seit langem Mal wieder wirklich gelohnt, einen Superheldenfilm zu schauen, bzw. einen Batman-Film zu schauen. Die Ausbeute war ja zuletzt eher mau. Robert Pattinson funktioniert als Batman und Bruce Wayne in diesem sehr düsteren, sehr schmutzigen, sehr „schweren“ Film Noir ausgezeichnet. Stilistisch wird der Film die Richtung für das Franchise sicher für die absehbare Zukunft vorgeben. Der Film ist sicher nicht perfekt (Andy Serkis ist zum Beispiel verschenkt und harmoniert nicht mit Pattinson) und mit etwas mehr als drei Stunden auch einwenig zu lang. Aber er macht so vieles richtig, dass man sich nicht beschweren mag, zumal als Fan. Und wenn die Person, die Colin Farrels Maske zu verantworten hatte, dafür nicht mindestens eine Oscarnominierung bekommt, dann weiß ich auch nicht.
Sicher nicht Ozons größter Film, aber ich fand diese schick gefilmte 80er Jahre Sommerflirt-Story dennoch sehr sehenswert. Zumal der Film jugendliche Ungestümheit und Begeisterungsfähigkeit gut zu erzählen weiß und genügend trockener Humor enthalten war. Tolle Schauspieler auch vor dieser wunderschönen nordfranzösischen Kulisse