Ich bin absolut bei dir, was diese Art von französischem Kino angeht. Auch so ein Spezi ist Eric Rohmer. Und dann hacken die Leute immer auf deutschen Filmen rum.
Ich könnte ja provokant sagen: Alles nur Pseudointellektuelle, die solche Filme gut finden, dann aber das Werk von Roland Emmerich nicht anerkennen.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Das Biest muss sterben (F/I 1969, R: Claude Chabrol, D: Michel Duchaussoy, Caroline Cellier, Jean Yanne) Erneut könnte ich sagen: Sie reden gerne ausschweifend, die Franzosen. Aber: Der Film ist deutlich packender als "Der Riß" vom Vortag. Und als Vater sind die Gedanken von Hauptfigur Charles durchaus nachvollziehbar. Sein Sohn wird auf einer Kreuzung totgefahren, der Fahrer begeht Unfallflucht. Charles hat sich geschworen, ihn ausfindig zu machen und zu töten. Die Spur führt zu einer Schauspielerin, die mit im Wagen gesessen hat. Über sie kommt Charles an den Fahrer heran. Chabrol verfilmt hier eine Geschichte aus den 30er-Jahren. Es geht um die Tatsache, dass wohl jedes Elternteil den Mörder ihrer Kinder umbringen will. Gleichzeitig stellt man sich als Zuschauer dann aber auch die Frage: Ist jemand, der selber mordert, besser? 7/10
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Elle (F/D/B 2016, R: Paul Verhoeven, D: Isabelle Huppert, Laurent Lafitte, Anne Consigny, Charles Berling, Virginie Efira, Christian Berkel) Was für ein verstörender Film mit einer brillanten Isabelle Huppert. Eine Frau wird von einem Einbrecher vergewaltigt. Aufgrund traumatischer Kindheitserlebnisse - ihr Vater ist ein Serienmörder - geht sie nicht zur Polizei, sondern beginnt selbst mit Nachforschungen. Ansonsten ändert sie ihr Leben nicht, sondern macht stoisch weiter mit ihrem Leben. Sie fickt den Mann ihrer besten Freundin, die gleichzeitig ihre Partnerin bei der Leitung einer Videospielefirma ist, und sie begehrt ihren Nachbarn. Parallel dazu erzählt Verhoeven in einem Nebenstrang noch die seltsame Geschichte des Sohnes. Verhoeven führt den Zuschauer in der ersten Szene in die Irre. Was klingt, wie leidenschaftlicher Sex, ist eben die brutale Vergewaltigung - und es wird nicht die letzte Szene sein. Stellenweise hat man das Gefühl, die schräge Welt der Videospiele ist normaler als das Leben von Michèle. Schonungslos erzählt Verhoeven die Geschichte einer Frau, von der man nicht weiß, ob sie sehr stark oder einfach nur sehr emotionslos ist. 8/10
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Richard Jewell Solche Filme dreht heutzutage wirklich nur noch Clint Eastwood. Ruhiges Schaupieler:innen-Kino, das elegant erzählt und dabei dennoch spannend ist. Kathy Bates Performance hat mich zu Tränen gerührt, sie ist wirklich ganz fabelhaft. Aber die ganze Besetzung ist formidabel, auch speziell Neuentdeckung Paul Walter Hauser in der Titelrolle. Ich glaube, der Film hinterlässt einen bleibenderen Eindruck, wenn man nicht weiß, worum es geht. (8/10)
Nomadland Noch stärker als bei Chloe Zhaos vorherigem Film verschwinden hier die Grenzen zwischen Spielfilm und Dokumentation. Das irritiert erstmal, sorgt aber auf Länge gesehen für eine unglaubliche Authentizität. Zhao hat ein hervorragendes Gespür dafür, Geschichten aus den Teilen von Amerika zu erzählen, geographisch und sozial, von denen man hier nichts mitbekommt. Menschen, die tagelöhnermäßig durch die USA ziehen und in ihren kleinen Bullies leben. Einen kleinen Beigeschmack hatte für mich die unkritische Darstellung dieser Amazon-Drecksjobs. (8/10)
Zitatich war so dankbar dafür - keine rührselige familiengeschichte, keine lovestory - nicht mit was man unweigerlich menschlich "connecten" muss - ertragen zu müssen.
tja, damit geizt leider das original überhaupt nicht. zwar respektiere ich den film für monsterdesign und -action, die tricktechnik, die für die zeit erstaunlich gut aussehende effekte produzierte, sowie die verarbeitung des nuklearen traumas, unter dem die japaner litten, aber die story ... meh! oben genannter "shin godzilla" ist und bleibt also mein favorit.
sur mes lèvres (jacques audiard, 2001)
carla (emanuelle devos) und paul (vincent cassel) sind ein ungleiches paar - sie gemobbte graue büromaus, er ex-knasti, der versucht, wieder auf die füße zu kommen -, das zunächst als zweckgemeinschaft funktioniert und sich immer näher kommt, während sie zusammen versuchen, einen riskanten coup zu landen. fängt harmlos an und nimmt dann langsam aber sicher fahrt auf. die chemie zwischen den beiden außenseitern ist fantastisch und auch mit dem subtilen, rabenschwarzen humor konnte ich viel anfangen. sehr zu empfehlen!
the crazies (breck eisner, 2010)
ach, warum nicht mal wieder einen film über eine fiese seuche? hier verwandelt ein virus die bewohner einer ländlichen gemeinde zunächst in apathische, dann aggressive und mordlüsterne ... nein, nicht zombies, aber übel drauf sind sie trotzdem. der sherriff (timothy olyphant) und seine schwangere frau (radha mitchell) und noch ein paar andere versuchen zu entkommen. ich kenne das original von romero nicht, aber das ist auf jeden fall ein sehr okayes remake. ganz klassischer, straighter horror, der es auch ohne große twists and turns, dafür aber mit umso mehr action und gore, schafft, gut und unpeinlich zu schocken und zu unterhalten. ich war angenehm überrascht.
Zitat von Olsen im Beitrag #4647Interessant, dass du "Stonewall" so schlecht fandest. Ich gehe mal davon aus, dass du über das Thema deutlich mehr weißt als ich, aber ich fand den ganz in Ordnung.
das ist es. daran ist einfach so vieles falsch - da konnte ich gar nicht anders.
Mußte den erstmal nachgoogeln. Bei der Kritik schnitt der erstaunlich gut ab und hätte mich thematisch dazu gebracht, mir den anzusehen. Warum rätst du ab?
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Pig Das ist der erste Film in Dekaden, in dem ich Nicolas Cage schauspielerisch ernst nehmen kann. Das liegt daran, dass „Pig“ weder einer von den typischen B-Filmen ist, in denen er sonst so agiert, noch Blenderkram wie „Mandy“ oder „Color Out Of Space“. Die Handlung ist zwar etwas krude, aber das Ding kann man als Gesamtwerk tatsächlich durchwinken. Auch schön, Adam Arkin mal wieder zu sehen. (7/10)
Nightmare Alley Es ist immer wieder bemerkenswert, welchen inszenatorischen Aufwand Guillermo Del Toro betreibt, welche Stars er für seine Filme ranholen kann, wie schick seine Bilder aussehen – und wie emotional flach dann das Endergebnis ausfällt. Dabei hätte auch hier wieder mehr dringesteckt, als eine optisch hübsche, aber letztlich durchschnittliche Hommage an den Film noir. Die Leblosigkeit der Figuren lässt das leider nicht zu. Wie immer bei Del Toro, mit Ausnahme von „Pan’s Labyrinth“. (6/10)
Zitat von Olsen im Beitrag #4647Interessant, dass du "Stonewall" so schlecht fandest. Ich gehe mal davon aus, dass du über das Thema deutlich mehr weißt als ich, aber ich fand den ganz in Ordnung.
das ist es. daran ist einfach so vieles falsch - da konnte ich gar nicht anders.
Mußte den erstmal nachgoogeln. Bei der Kritik schnitt der erstaunlich gut ab und hätte mich thematisch dazu gebracht, mir den anzusehen. Warum rätst du ab?
welche quelle(n) hast du denn da zu rate gezogen? bei imdb hat er 5,3/10, bei metacritic 30% und bei rotten tomatoes sagenhafte 9%. erstaunlich gut geht anders. vielleicht hast du bei einem anderen film gleichen titels geschaut. da gibt es nämlich so einige.
meine probleme damit: die hauptfigur ist mit einem all american white guy besetzt, was zunächst mal kein problem wäre, aber emmerich hat auch noch wert darauf gelegt, dass er ein "straight actor" ist, also eh nicht groß auffällt, wenn man ihm auf der straße begegnet. auch solche leute gab es sicherlich unter den gästen des stonewall inn, aber die absicht dahinter war, dass heteros, die sich den film anschauen, nicht durch tuntiges oder "verweiblichtes" verhalten oder aussehen abgestoßen werden - sprich er wollte sich wie immer dem mainstream anbiedern. und das ist nicht nur homophob, sondern auch gleich noch misogyn dazu. in der hauptsache war das greenwich village ein ort, wo sich schwule, lesben, transen getroffen haben, um sich eben nicht verstecken zu müssen, weil sie es zum teil gar nicht konnten. natürlich ist emmerich nicht dazu verpflichtet, jemanden aus diesen personengruppen ins rampenlicht zu stellen, aber den schwerpunkt auf diesen jungen und sein coming out zu verschieben, die riots eher als hintergrundkulisse dafür zu verwenden und ihn dann auch noch den ersten ziegelstein werfen zu lassen, muss man schon als grob geschichtsverfälschend bezeichnen. und dann tut der film auch noch so, als ob nach den geschehnissen alles supi gewesen wäre, aber da ging's ja gerade erst los. abgesehen davon sind die dialoge furchtbar schlecht geschrieben, der look ist viel zu clean und die personen sind fast ausnahmslos austauschbare abziehbilder aus dem katalog "wie wir uns die lgbtq-communtity vorstellen". und das alles von einem offen schwulen regisseur. nee, also so viel fremdschämen wie bei "stonewall" musste ich mich in einem film selten.
Ein ganz schöner Brocken von Film. Teilweise ist dieses Familienportrait nur schwer zu ertragen, sowohl was die vordergründig erzählte Geschichte betrifft, als auch die Sachen, die da mehr so nebenher einfließen. Filmlook, Schnitt und Einsatz von Musik sind einfach nur brillant. Auch wie der Film erzählt ist, fand ich beeindruckend. Zudem erzeugt die Kombination aus Erzählweise und den optischen Filmmitteln eine ungemeine Sogwirkung.
The Father (GB/F/USA 2020, R: Florian Zeller, D: Anthony Hopkins, Olivia Colman, Mark Gatiss, Imogen Pots, Rufus Sewell, Olivia Williams) Filmische Umsetzungen von Theaterstücken finden ich nicht immer gelungen. Zu oft wirkt das ganze dann eben doch zu sehr nach Theater. Andererseits gibt es auch Gegenbeispiele: "Die zwölf Geschworenen" und "Der Gott des Gemetzels" zum Beispiel. "The Father" gehört definitiv in letztere Kategorie, denn Florian Zeller ist es in seinem Film-Regiedebüt tatsächlich gelungen, das von ihm verfasste Stück brillant für die Leinwand umzusetzen. Das liegt hauptsächlich an den beiden Hauptdarstellern: Anthony Hopkins und Olivia Colman sind zwei Meister ihres Fachs und es ist eine Wonne, ihnen zuzusehen - und das, obwohl der Inhalt des Films alles andere als einfach zu ertragen ist. Anthony ist dement, seine Tochter holt ihn zu sich in die Wohnung. Er vergisst immer mehr, verlegt Dinge, erkennt Personen nicht mehr. Kurzum: Er ist alleine nicht mehr lebensfähig. Zeller gelingt das Kunststück, den Film aus Anthonys Perspektive zu erzählen. Er dekonstruiert und fügt neu zusammen, er vermischt Personen, er vertauscht zeitliche Abläufe. Als Zuschauer muss man höllisch aufpassen in diesen gut anderthalb Stunden, um jeden Zusammenhang zu verstehen. Und am Ende bleiben doch noch ein paar Fragen offen, über die man herrlich im Anschluss diskutieren kann. "The Father" ist ein kleines Meisterwerk über das Altwerden und vor allen Dingen über das Thema Demenz. Verdammt stark! 9/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed