Ich mag den Martenstein ja nicht, aber er hat da neulich einen Text geschrieben, den ich schon ein bisschen verstehen kann. Grob zusammengefasst war das Argument, dass es schon irgendwie natürlich sei, dass Gewalt durch Geflüchtete oder Eingewanderte eben anders bewertet wird, als durch Landsleute. Weil man als Gesellschaft (mehr oder weniger widerwillig) seine Tore öffnet und als Gastgeber fungiert, womöglich Schutz gewährt. Von meinen Gästen erwarte ich auch im wahren Leben ein korrekteres Verhalten, als von meiner Familie, wenn sie mich besucht. Man kann das anders sehen mit Blick auf die Tatsache, dass auch diese neu hinzukommenden Menschen eben Menschen sind, noch dazu oft schwerst traumatisierte und in einem zermürbenden System gefangene. Aber als Erklärung, warum so viele Leute eben doch so bewerten, fand ich das sehr hilfreich. Das meinte ich mit „nachvollziehbar“. Wenn man dann daraus den Schluss zieht, gemeinsames Marschieren mit Hitlergrüßenden sei irgendwie ok, ist mir das unverständlich.
Dem Mister stimme ich dafür zu. Nimm das, Inquisition! ;)
Was man von „Gästen“ erwartet (komischer Begriff, da Gäste üblicherweise willkommen geheißen und gastlich behandelt werden), sei mal dahingestellt. Es erklärt nur nicht, warum Opfer unterschiedlich „betrauert“ werden, je nach dem welchem Herkunftsland man den Täter zuordnet. Klingt nach einem typischen Martenstein-Argument für mich.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ich bin eigentlich bei Gästen eher bereit, ein Fehlverhalten zu tolerieren, als im eigenen Verwandtenkreis.
Das unterschiedliche Betrauern zeigt halt sehr deutlich auf, dass es sich zumindest bei den Organisatoren nicht um ehrliche Trauer handelt, sondern dass sie ein Einzelereignis für ihre Zwecke ausschlachten wollen. Das ist aber auch nicht wirklich schwer zu erkennen.
Betrauern ist ohnehin eine merkwürdige Reaktion auf das Ableben eines Unbekannten. Ich glaube, was da passiert, ist eine Projektion von Ängsten, die es nun mal gibt, ob man die teilt oder gerechtfertigt findet oder nicht, auf einen Einzelfall. Ausgenutzt wird der Fall auch, aber vor allem, weil er eine so gute Projektionsfläche für Emotionen bietet. Und dass die Emotionen echt sind, glaube ich schon. Nicht falsch verstehen: ich halte das alles auch nicht für gerechtfertigt. Ich kann nur nachvollziehen, dass einen das emotional stärker anpackt, als andere Morde, wenn man diese Ängste eh hat. Aber wie gesagt: alles kein Grund für Menschenjagden durch die Chemnitzer Innenstadt.
Wahrscheinlich meinst du das nicht so, aber mich stört dieses Narrativ von den quasi Unschuldigen, Naiven, die ehrlich ihre Bestürzung zum Ausdruck bringen wollen, die irgendwie in eine Demonstration hinein geraten sind, mit rechten Hools, mit denen sie eigentlich nichts zu tun haben wollten. Von der Verantwortung, sich wohl auszusuchen mit wem man zusammen demonstriert und mit wem nicht, kann und will ich niemanden freisprechen. Ich konnte Leute sehen, die auf Presseleute eingeschrieen haben, dass sie die nicht da haben wollen. Eine entsprechende Reaktion hätte ich mir bei den Nazis gewünscht, die auf dem Trauermarsch ihre voluminösen Hinterteile entblößt haben, von den offenen Bekenntnissen zum Nationalsozialismus ganz zu schweigen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von LFB im Beitrag #1145(Und natürlich waren in Chemnitz wirkliche Nazis dabei, die meisten Menschen, die über den Mord und viele vergleichbare schockiert sind und eine aufzuarbeitende politische Dimension darin erkennen, sind aber keine Nazis).
Egal, wie offensichtlich irgendwelches Gesocks zutage tritt, wird mit Hinweisen auf das Fehlverhalten einiger politischer Gegner sowie Querverweisen auf angeblich linkes Meinungsmonopol und der Gemeinmachung von Rechtskonservativen mit Nazis wirklich alles von dir gerechtfertigt. Mittlerweile kann ich da nur noch den Kopf schütteln, und ich sehe mich wirklich als gemäßigt. Mir geht es hauptsächlich um Leute, die offen neonazistisch auftreten und ihre Apologeten, die es vor allem in der AfD gibt, die du ja trotz einer mittlerweile gehäuften Ansammlung dubioser Gestalten offenbar immer noch für eine zu unrecht übel beleumundete wählbare Alternative hältst.
Ich frage mich echt, was noch alles passieren muß, bevor auch du Dinge beim Namen benennst, ohne sie mit allerlei Argumenten zu relativieren. Man hat fast schon den Eindruck, sogar ein uniformierter Fackelzug durch's Brandenburger Tor wäre nicht weiter wild, solange es eine verfehlte Einwanderungspolitik gibt und die Zuschauer am Straßenrand nicht komplett rechtsextrem sind.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Oha. Jeanette Biedermann und Karat werden bei der Gala der Goldenen Henne (28. September 2018 | 20:15 Uhr, MDR) den Song "1 mit dir" vom Debut-Album ihrer Band Ewig singen. Für das neue Karat-Album, das am 19. Oktober erscheinen wird, haben Jeanette und Karat-Sänger Claudius Dreilich das Lied gar neu aufgenommen.
(MDR)
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)