Zitat von Berthold Heisterkamp im Beitrag #5307Man muss nicht in Köln studieren, es gibt eine Menge Alternativen. Auch Verlage und Medienunternehmen gibt es auch anderswo. Köln ist attraktiv, keine Frage. Welches System der Wohnungsverteilung wäre denn sinnvoller und mit weniger Ungerechtigkeit behaftet?
Ach komm, du weißt doch genau, dass man ein ums andere Mal eben doch keine Wahl hat. Dann muss man eben in eine bestimmte Stadt ziehen - ob man nun unbedingt in diese Stadt will oder nicht.
Es geht mir auch nicht darum, allumfassende Ungerechtigkeiten auszumerzen, sondern um einen Wohnungsmarkt mit wenigstens halbwegs realistischen Preisen, sodass Normalverdienende eine Chance haben, weniger als die Hälte ihres Verdientes an Miete abdrücken zu müssen. Das wird ja wohl noch möglich sein, selbst in Köln. (Und nein, ich verlange kein Zwölf-Zimmer-Penthouse mit Whirlpool auf der Dachterrasse und Domblick für 300 Euro. Aber zwei Zimmer unter 700 warm in Mülheim ist doch nicht utopisch!)
Ich sag's dir ja ungern, aber drei Zimmer unter 700 Euro warm sind selbst 35 Kilometer weiter südlich utopisch. Mehr kann ich leider nicht ausgeben wegen des hohen Unterhalts...
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Köln ist natürlich recht groß. Unabhängig von der Wohnung selbst (Alter, letzte Sanierung, Heizart, Badewanne, Garten, Zahl der Zimmer, etc.) spielt bei den Mietpreisen ja auch immer eine Rolle, wie so die Bus- und Bahn-Anbindung ist, welche Ämter in der Nähe liegen oder ggf. ein Krankenhaus, welche Einkaufsmöglichkeiten wie z.B. Supermärkte in Wohnungsnähe sind, wie weit die Innenstadt entfernt ist. & Co.).
Alle Wohnungen unter etwa 50 qm sind vergleichsweise sehr teuer. Eine Wohnung von 40 qm kann gut EUR 700-1400 kosten; also bis zu EUR 35/qm. Da ist dann selbst eine 70 qm Wohnung kaum teurer.
In Ortsteilen wie Lövenich, Weiden, Chorweiler, Wahn oder Grengel liegen die Mieten aber durchaus bei unter 10 Euro / qm. Zumeist ist es auch rechtsrheinisch günstiger als linksrheinisch.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Erwähnen sollte ich noch, dass die Mietpreiserhöhungen in Köln nicht allein durch erhöhten Zuzug bzw. stark angestiegene Nachfrage erfolgen. Eine Ursache ist tatsächlich auch die Entwicklung der Haushaltseinkommen. Die Einkommenshöhe ist bei den Mietern nämlich über die Jahre fast doppelt so stark angestiegen wie die zu zahlenden Mieten selbst. Ständig steigende Mieten haben also auch die Ursache darin, dass es immer mehr Personen gibt, die sich teurere Wohnungen durchaus leisten können bzw. wollen. Womit zugleich klar wird, dass Personen mit geringem Einkommen zunehmend das Nachsehen haben.
Man könnte es durchaus mit den Vinylpreisen vergleichen: nicht immer ist ein recht knappes Angebot schuld an hohen Preisen. Sondern es sind eben auch all jene, die bereitwillig höhere Preise für Alben oder Sondereditionen, Boxen, etc. zu zahlen bereit sind. Weil sie es sich leisten können und somit auch die Nachfrage stimmt…
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dir ist aber schon klar, dass die leute vor allem den bedürfnissen der wirtschaft hinterherziehen, die sich immer mehr in den großstädten konzentriert. ich bestreite nicht, dass da auch ein gewisser synergie-effekt vorliegt (gut ausgebildete und dadurch auch oft kulturell interessierte leute ziehen nun mal gern dorthin, wo das angebot am größten ist.). bei mir z.b. war das eine gemengelage: einen job in meinem metier zu bekommen, als schwuler vielleicht mal ein bisschen freier und offener leben zu können und letztendlich mit meinem freund zusammen zu ziehen. ja, ich war ein gottverdammter zuag'raster, aber bestimmt nicht daran schuld, dass sich in dieser stadt kaum noch jemand ein wohnklo leisten kann. nein, den schuh zieh ich mir nicht an.
Das sind ja alles verständliche Motive, so wie ich auch Mory verstehe, dass sie sicher aufgrund vielerlei guter Gründe eine Wohnung in Köln sucht. Aber natürlich seid ihr damit Teil des Problems. Solang es jemanden gibt, der sich die "unrealistischen" und "utopischen" Mietpreise leistet, wie legitim die Motivation auch immer sein mag, sorgt für den Fortbestand dieser Preise. Und insgesamt scheint es dir das wert gewesen zu sein, denn du zahlst den Preis ja seit geraumer Zeit.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
irgendwie hast du beths und mein argument noch nicht so ganz wahrgenommen, dass wohnraum eigentlich nicht gegenstand von spekulation und anderer wirtschaftsmechanismen sein sollte. du argumentierst immer noch ausschließlich auf der basis des überkommenen gebarens des marktes. ich wäre dafür, dass da einfach mal ein umdenken stattfinden muss. ansonsten werden in absehbarer zeit immer mehr leute auf der straße landen oder im pick-up oder mini-van hausen ("nomadland" gesehen? das wäre schon mal ein warnung vorab)
Zitat von gnathonemus im Beitrag #5316irgendwie hast du beths und mein argument noch nicht so ganz wahrgenommen, dass wohnraum eigentlich nicht gegenstand von spekulation und anderer wirtschaftsmechanismen sein sollte.
Ich hab beths und dein Argument wahrgenommen. Und offen nach Alternativen gefragt. Darauf magst du aber so gar nicht eingehen, weshalb es wieder wenig zielführend wird. Da bleibt auch das "überkommene Gebaren des Marktes" (wodurch) nur eine destruktive Behauptung. Ich mag dafür nicht wach bleiben.
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Zitat von gnathonemus im Beitrag #5316irgendwie hast du beths und mein argument noch nicht so ganz wahrgenommen, dass wohnraum eigentlich nicht gegenstand von spekulation und anderer wirtschaftsmechanismen sein sollte.
Ich hab beths und dein Argument wahrgenommen. Und offen nach Alternativen gefragt. Darauf magst du aber so gar nicht eingehen, weshalb es wieder wenig zielführend wird. Da bleibt auch das "überkommene Gebaren des Marktes" (wodurch) nur eine destruktive Behauptung. Ich mag dafür nicht wach bleiben.
äh, das hab ich dann wohl übersehen, überlesen, wo auch immer. alternative ist natürlich sozialer wohnungsbau, wenn möglich staatlich und solidarisch geführt. schlaf gut.
verordnest du nicht auch lieber medikamente, bei denen die kasse sagt: genau zu diesem preis und nicht zu dem, den novartis oder sanofi dafür gerne abgreifen würden?
... verzweifle zusehends an dieser neoliberalen scheiße, die den vermeintlichen losern einfach nur genau den dreck an den hals wünscht, den sie angeblich verdient haben, weil sie zu dumm oder zu schwach oder zu krank oder was auch immer sind, um bei diesem darwinistischen rauskegeln mitzuhalten und ich find es auch enttäuschend, dass diese "logik" einfach so auch von leuten übernommen wird, von denen man meint, dass sie es eigentlich besser wissen müssten.
Naja, die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.
Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass alle deutschen Großstädte am Empfängerende der Landflucht stehen. Gleichzeitig wächst auch der von Einzelpersonen in Deutschland durchschnittlich belegte Wohnraum seit Jahrzehnten immer weiter an. Das ist schon auch ein Teil der Erklärung für hohe Mietpreise bzw. schwierige Wohnungssuche in der Großstadt. Und da greift dann auch dein Medikamenten-Gleichnis nicht, denn wenn der Staat sagt „zu dem und dem Preis und nicht für mehr wird hier vermietet“ gibt es davon immer noch nicht mehr Wohnungen.
Es stimmt aber natürlich auch, dass der Markt durch den massenhaften Einstieg von Großinvestoren weit über jedes natürliche Maß hinaus vollends verdorben wird und dass es auf keinen Fall nur das Mietverhalten ausreichend betuchter Menschen ist, das zu diesen Problemen führt.
es ging aber genau deswegen damit los, dass sich der staat immer weiter aus dem immobiliengeschäft zurückgezogen und die preisentwicklung dem markt überlassen hat. und der vorwurf, dass sich ottonormalverbraucher daran orientiert, wie leute wohnen, die das glück hatten dass papi auf irgendeine art und weise ein vermögen gemacht hat, das in den meisten fällen auf zwielichtigen wegen angesammelt wurde, ist meines erachtens ganz schön perfide.
ich weiß nicht so genau, womit es "losging"; ich erinnere mich nur, dass schon meine allererste wohnungssuche mitte der 80er unter ähnlichen vorzeichen lief wie heute. und das war in noch-mauer-berlin, das nun sicherlich unter allen deutschen großstädten den reglementiertesten (und verfilztesten) wohnungsmarkt hatte. kaufkraftbereinigt zahle ich heute weniger für meine 40qm-butze als damals für mein wg-zimmer (ich hab aber auch echt schwein gehabt mit meiner wohnung, muss man dazu sagen; die bildet den momentanen markt nicht ab). münchen hatte damals übrigens auch schon den ruf, eine wohnung nur unter verkauf einer niere und nach sex mit dem makler bekommen zu können.
Ich bin froh, dass es eine privatwirtschaftlich organisierte Pharmaindustrie gibt, weil ich glaube, dass Wettbewerb tatsächlich auch gute Seiten hat und insgesamt Innovation und Effizienz fördert. Genau so glaube ich, dass jeder Markt Regeln braucht, um Fehlentwicklungen einzuhegen. Ob man das "neoliberale Scheiße" nennen muss, wage ich zu bezweifeln. Und ich finde schon, dass man zu einem sicher unperfekten System auch eine Alternative nennen sollte, wenn man es so verteufelt. Der Weg, der z.B. in der DDR gegangen wurde, führte zwar zu humanen Mietpreisen, aber eben genau so zu Wohnungsmangel insbesondere in attraktiven Gebieten, zu absurden Wartezeiten und -bedingungen und zu desolaten Zuständen der zu mietenden Wohnungen.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Es werden bei dieser Thematik verständliche und subjektiv berechtigte Partikularinteressen ("der Marktpreismechanismus soll für mich nicht gelten, ich möchte in Stadt/Stadtteil/Straße XY wohnen, aber kann/möchte maximal 50% der ortsüblichen Wohnkosten zahlen") irrtümlich zum gesamtstaatlichen Ziel erklärt, das gefälligst mit Milliardensummen aus Steuermitteln der gesamten Bevölkerung verwirklicht werden soll. Genau dadurch würden aber doch erst bestehende Ungleichgewichte massiv verstärkt und ganze Regionen und weniger begehrte Städte unumkehrbar abgehängt. Aus der Sicht eines Dorfbewohners findet die sog. Verkehrswende durch gezielte Verteuerung des Individualverkehrs bereits einseitig auf unserem Rücken statt (ich würde hier auch gerne mit irgendeinem hochsubventionierten ÖVPN-Monatsticket über die Runden kommen statt monatlich um die 1.000 € für zwei Autos samt Nebenkosten und Sprit auszugeben), finanzieren wir indirekt ein hochsubventioniertes Kulturprogramm in Städten, das man uns auch über die gezielte Verknappung von Parkplätzen ebendort am liebsten vorenthalten möchte, brauchen im Notfall 30 Minuten in ein ständig von der Schließung bedrohtes Provinzkrankenhaus, fast genau so lange braucht die Polizei zu uns und jetzt sollen wir auch noch tief dafür in die Kasse greifen, damit die Menschen, die von all diesen Entwicklungen und staatlichen Ausgabenprioritäten bereits überproportional profitieren, günstiger wohnen können? Die gleichen User, die diesbezüglich massive Markteingriffe fordern haben ja übrigens kein Problem damit, mir schulterzuckend zu erklären, dass sich Nahversorgung auf dem Land bei einem Mindestlohn von 12 € eben nicht mehr rechnet. Ich sehe da eine gewisse argumentative Schieflage.