Es ist halt nur eine Vermutung. Baerbock sagte heute ja auch, dass mehr geliefert wird, aber man es nicht kommuniziere (Stinger zum Beispiel). Mich erinnert es an die Debatte um das „Impfversagen“ im Dez/Jan, die mit der selben Gnadenlosigkeit geführt wurde.
Interessanter Beitrag über die Frage, ob tatsächlich in Deutschland ein Wirtschaftskollaps mit Massenarbeitslosigkeit drohen würde, täten wir vollständig auf russisches Gas verzichten, bzw. worauf sich diese Annahme stützt.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ich halte diese Einschätzung zumindest für fragwürdig. Da wird modelliert, dass die fünf energieintensivsten Industriezweige abgeschaltet werden, und ausgerechnet, wieviel das für das BIP ausmacht. Das mag in der Theorie richtig sein, die Wirtschaftswissenschaftler scheinen aber keine rechte Vorstellung davon zu haben, wie sehr die Produktions- und Lieferketten ineinander verzahnt sind.
Als Beispiel: Die chemische Industrie ist mit der größte Energieverbraucher im Land, mit teilweise riesigen Produktionsanlagen. Ich kann mir aber aus dem Stegreif keine andere industrielle Fertigung vorstellen, die ohne Vorprodukte der chemischen Industrie auskommt, und seinen es nur triviale Dinge wie Schmierstoffe. Auch Kunststoffe kommen ja von der chemischen Industrie, alleine schon der Pharmabereich wird wohl kaum ohne sie auskommen können. All diese Produkte dann eben aus dem (weit entfernten) Ausland zu beschaffen, halte ich für eine naive Vorstellung. Die fehlen dann halt woanders.
Mein Fazit: Sollte tatsächlich ein Gasboykott ernsthaft im Raum stehen, werde ich anfangen zu hamstern. Bis dahin bin ich froh über eine Bundesregierung, die besonnen und nicht emotional handelt. Bei all dem Schrecken in der Ukraine hat sie nämlich auch die Interessen dieses Landes zu vertreten.
Naja interessant finde ich ja zunächst, dass es für die Einschätzung, dass die Wirtschaft in genannter Größenordnung geschädigt wäre, durch keine Studie belegt ist. Da wünsche ich mir schon, dass offener über Alternativen gesprochen würde, bevor man die Diskussion mit einer Totschlag-Behauptung abwürgt.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Studien gibt es reichlich, es tobte ja auf Twitter ein heftiger Ökonomenstreit. Von minus 2 prozent bis minus 6 prozent bip findet man da eine Menge. Kettenreaktionen sind aber auch für Ökonomen schwer abzuschätzen, die Zukunft lag da ja schon öfter daneben.
Ich selber halte einen Gasboykott für knapp beherrschbar, weil ich davon ausgehe, dass die Unternehmen unter Druck ziemlich kreativ werden dürften bei der Suche nach alternativen Lösungen und passender Verteilung. Als Bundesregierung muss man aber halt auch immer das Restrisiko sehen, und das ist sicherlich hoch.
Kann mir auch gut vorstellen, dass die Firmen kreative Lösungen finden werden. Denke da an den Engpass von Kabelbäumen, die in der Ukraine produziert wurden, was zum Stillstand bei einigen Autobauern geführt hat. Die Produktion ist nun teilweise samt Mitarbeiter:innen und deren Familien nach Rumänien verlegt worden. Not macht erfinderisch.
Zitat von CobraBora im Beitrag #558Ich... die Wirtschaftswissenschaftler scheinen aber keine rechte Vorstellung davon zu haben, wie sehr die Produktions- und Lieferketten ineinander verzahnt sind.
Als Beispiel: Die chemische Industrie ist mit der größte Energieverbraucher im Land, mit teilweise riesigen Produktionsanlagen. Ich kann mir aber aus dem Stegreif keine andere industrielle Fertigung vorstellen, die ohne Vorprodukte der chemischen Industrie auskommt, und seinen es nur triviale Dinge wie Schmierstoffe. Auch Kunststoffe kommen ja von der chemischen Industrie, alleine schon der Pharmabereich wird wohl kaum ohne sie auskommen können. All diese Produkte dann eben aus dem (weit entfernten) Ausland zu beschaffen, halte ich für eine naive Vorstellung. Die fehlen dann halt woanders.
Wenn man bedenkt, wieviel heutzutage schon aus dem Ausland kommt wird das kein Hindernis sein. Auch andersherum ist das heute der Fall, DE exportiert große Mengen an Chemie. Es wird natürlich eine große zeitliche Verzögerung der Verfügbarkeit stattfinden und die Produkte werden sich weiter verteuern.
Nun also Gepard, erstmal fünf, bis Ende des Jahres dann bis zu fünfzig. Egal, die vorhandene Munition von 23000 Schuss, verballert ein Gepard in 20 Minuten. Läuft.
Innerhalb von zwei Monaten wurden viele Grundkonstanten der deutschen Politik der vergangenen Jahrzehnte völlig auf den Kopf gestellt. Dazu gehört auch, dass Waffen in Konfliktgebiete geliefert werden. Und Deutschland liefert insgesamt schon sehr viel, im Hintergrund haben sich zudem die Nato-Partner abgestimmt.
Dass sich die ganze deutsche Debatte nur noch um uns selbst dreht („Deutschland ist völlig isoliert!“, „alle liefern Waffen, nur wir nicht!“, „viel zu wenig, viel zu spät!“, halte ich schon für sehr deutsch.
Auch Munition ist schon einiges aus anderen Ländern wie Katar und Rumänien zusammengekommen, und es wird auch noch mehr werden. Ist wie beim „Impfversagen“: dauert hier manchmal zwei Wochen länger, dann läuft es aber effektiv (damit meine ich Bestellung und Logistik).
„Bloß dass ein Gepard nicht Dauerfeuer schießt, sondern programmierte Salven von 0,6 oder 1,2 sek. Macht also ca. 1900 kurze Salven je Panzer, also ca. 95.000 Salven gesamt. Selbst wenn nur jede 10. Salve trifft, reicht dass für 9500 Helikopter oder Drohnen.“
Mein Hauptärger ist nicht der Gepard oder die Munition. Es ist die Kommunikation oder besser gesagt, die nicht Kommunikation. Ja, nein, vielleicht, ach doch nicht. Marder geht nicht wegen Ausbildung, Gepard geht jetzt, die Ausbildung dauert aber viel länger, als beim Marder..., es ist zermürbend.
Ich verstehe, dass die Regierung da möglichst wenig kommuniziert. Die Aufgeregtheit läuft doch durch die sozialen Medien und die Medien. Das war immer die beiden Tage vor neuen Sanktionen genauso.
Man sollte die Sache mit dem Gepard nüchtern betrachten. Die Bundeswehr hat diesen Panzertyp vor rund zehn Jahren komplett ausgemustert. Viele dieser Panzer wurden jahrelang im Freien gelagert, sie waren Witterungseinflüssen ausgesetzt. Damit meine ich nicht etwa Flugrost oder zerstörte Gummidichtungen, sondern auch das Eindringen von Feuchtigkeit in die Systeme.
Im Kern handelt es sich um Panzer, die erst einmal instand gesetzt werden müssen. Aktuell wird dieser Typ nur noch in Rumänien genutzt. Die Instandsetzung dürfte im Einzelfall bis zu sechs Wochen dauern. Insbesondere die Elektrik, die Zielerfassung des Bordcomputers odder das Radarsystem beruhen ja auf älterer Technik der 80er Jahre. Da braucht es auch passende Ersatzteile, die man erst einmal geliefert bekommen muss oder die neu zu fertigen wären.
Man darf nicht vergessen, dass die Bundeswehr den Gepard 2012 letztlich komplett ausgemustert hat, weil eben keine Ersatzteile lieferbar waren und es Probleme in der Waffenanlage gab.
Der Transport des Gepards ist unkompliziert – das geht als normaler Schwertransport.
ABER: die Ausbildung am Gepard ist kompliziert, langwierig und auch übungsintensiv. Bei der Bundeswehr dauerte die Ausbildung mehrere Monate. Man muss eine komplizierte Bordelektronik beherrschen lernen und diese unter Gefechtsbedingungen bedienen. Bis zur „Nutzung“ könnten also mehrere Monate vergehen. Von daher ist die Lieferung des Gepard eher ein politisches Signal und keine echte Hilfeleistung für die Ukraine.
Funktioniert so ein Gepard, wäre er ideal für die Flugabwehr. Die beiden Maschinenkanonen können sehr viele Schüsse in sehr kurzer Zeit abgeben - mit hoher Wirkung auf Luftfahrzeuge. Der Gepard hat eine auf Radarsystemen basierende Zielerfassung, um schnelle Luftfahrzeuge treffen zu können. Gegen hochfliegende Bomber oder Raketen ist der Gepard jedoch quasi wirkungslos.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Zitat von faxefaxe im Beitrag #566Ich verstehe, dass die Regierung da möglichst wenig kommuniziert.
Es geht mir nicht um die Menge der Kommunikation, sondern was und wie kommuniziert wird. Das halte ich für ein Desaster, vor allem vom Kanzler. Ich für mein Teil muss nicht wissen, was genau in welcher Stückzahl geliefert wird, so lange ich davon ausgehen kann, dass es schnellstmöglich passiert.