Wir können lange herumrechnen… Verteilt werden kann bei Spotify immer nur das Geld, was eben per Abo im großen Topf bereitlegt. Selbst wenn es wochenlang lauter tolle Alben hageln würde und die User millionenfach streamen bis die Leitungen glühen, werden die Künstler nur ihre jeweiligen prozentualen Anteile aus eben jenem Geldtopf erhalten. Fakt ist, dass beim per Abo organisierten Streaming der eigentliche Musikkonsum keinen weiteren Cent in die Kasse bringt.
Dies könnte man nur ändern, wenn neben der Basis-Abogebühr zur Nutzung des Dienstes auch eine zusätzliche Gebühr pro Streaming erhoben würde. Oder wenn man für manche Streams zusätzliche Gebühren verlangen würde. Das bestehende Modell arbeitet ja auch deshalb noch mit Verlusten, weil es eben noch nicht genügend Abonnenten gibt. Hebt man aber die Zahlungen für die Künstler an, erfordert auch dies zur Kostendeckung weitere Abonnenten. Oder aber eine Erhöhung der Abo-Gebühren. Es ist absehbar, dass es da zum Konkurrenzkampf zwischen Anbietern kommt.
Wenn dann alle für zehn Euro im Monat beliebig viel Musik hören, Filme schauen, Bücher und Zeitschriften lesen, Spiele spielen, Online-Museen besuchen oder per Bahn durch Deutschland fahren können, wird sich die Frage stellen, ob das Geld im großen Topf auch für alle reicht. Was ich damit etwas überspitzt sagen will: letztlich will ja niemand auf seinen Kosten sitzen bleiben.
Man könnte hier jetzt sogar noch Vergleiche zur, ähem, Pornoindustrie ziehen. Eine recht große Nachfrage gab und gibt es auch dort, aber eben pro Film kaum noch Einnahmen. Was mit dazu führt, dass nun Billigproduktionen angesagt sind, da sich ein „mehr an Qualität“ letztlich einfach nicht mehr rechnet. Hoffen wir also, dass Musikproduktionen nicht zum Füllmaterial für Streamingportale verkommen, um ein großes und immerzu neues Angebot zu suggerieren, dessen Qualität aber abwärts geht…
Nachdenklich stimmt mich zuletzt noch, dass ich erst kürzlich im Kölner Zoo war. Und die Tageskarte dort so viel kostete, wie Spotify-User für über 28 Monate Musikhören an die Künstler zahlen. Und ich war nur fünf Stunden im Zoo; ich weiß jetzt nicht, wie viele Stunden Musik man sich in 28 Monaten so per Stream anhört…
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Zitat von LFB im Beitrag #1031Ich ebenso. Ich hätte auch gar kein Zeit, ein Streamingabo halbwegs vernüntig zu nutzen.
Wir haben es als Familien-Abo, weil meine Frau dann doch Spotify auf dem Handy nutzt (grausam, aber nun gut).
Und ich nutze es immer, um zuerst in ein Album komplett reinzuhören. Das Geld sitzt nicht mehr so locker, dass ich alles, was mir nur ansatzweise interessant erscheint, direkt kaufe. Da höre ich lieber erstmal richtig rein - und entscheide dann über Daumen senken oder heben.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von LFB im Beitrag #1031Ich ebenso. Ich hätte auch gar kein Zeit, ein Streamingabo halbwegs vernüntig zu nutzen.
Wir haben es als Familien-Abo, weil meine Frau dann doch Spotify auf dem Handy nutzt (grausam, aber nun gut).
Und ich nutze es immer, um zuerst in ein Album komplett reinzuhören. Das Geld sitzt nicht mehr so locker, dass ich alles, was mir nur ansatzweise interessant erscheint, direkt kaufe. Da höre ich lieber erstmal richtig rein - und entscheide dann über Daumen senken oder heben.
haha, so hab ich mir das auch vorgestellt. ergebnis: ich kaufe mehr platten als je zuvor.
Zitat von LFB im Beitrag #1031Ich ebenso. Ich hätte auch gar kein Zeit, ein Streamingabo halbwegs vernüntig zu nutzen.
Wir haben es als Familien-Abo, weil meine Frau dann doch Spotify auf dem Handy nutzt (grausam, aber nun gut).
Und ich nutze es immer, um zuerst in ein Album komplett reinzuhören. Das Geld sitzt nicht mehr so locker, dass ich alles, was mir nur ansatzweise interessant erscheint, direkt kaufe. Da höre ich lieber erstmal richtig rein - und entscheide dann über Daumen senken oder heben.
haha, so hab ich mir das auch vorgestellt. ergebnis: ich kaufe mehr platten als je zuvor.
Ich nicht. Es gibt viele Alben, die auf meiner Merkliste landen, die mir dann über die gesamte Länge nicht so gut gefallen, dass ich sie kaufe.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Nachdem ich die Debatte hier gerade überflogen habe, muss ich mich nun auch mal dazu äußern. Mein Abo ist zwar nicht von Spotify, aber ich schätze, Apple zählt auch. Ich greife mal ein paar Punkte auf, die haften geblieben sind. Sorry, es ist lang geworden.
Zunächst einmal möchte ich mich hiermit als ausschließlichen Streamer outen. Gekaufte Alben 2017 (Vinyl, CD, Download): Null.
Bin ich jemand, der vor dem Streaming nur Radio oder gar nichts gehört hat? Nein, überhaupt nicht. Ich habe früher jahrelang Vinyl gesammelt, bis mir die Plattenkisten auf meinen damals 20 qm den Raum streitig gemacht haben und ich mir ca. 2009 einen iPod gekauft habe. Ab da habe ich mp3s gekauft. (Ich glaube, ich habe im Leben nie auch nur ein einziges Album illegal heruntergeladen.) War halt auch sehr praktisch: iPod per Klinke an die Anlage und nie wieder CD wechseln. Beim Vinyl hatten mich schon lange die Doppel-LPs mit vier Seiten gestört, die immer öfter vorkamen. Da habe ich mir, etwas schweren Herzens, auch das Vinyl-Kaufen abgewöhnt.
Als Spotify aufkam, war ich skeptisch, weil ich eigentlich eine Sammler-Natur bin. Apple hat mich dann gekriegt: Ich hatte ohnehin schon iPod gegen Telefon getauscht und jetzt konnte ich das Streaming sogar in derselben App haben. Und drei Monate gratis testen. Danach war klar, dass das für mich aus Konsumenten-Sicht das reine Paradies ist. Von einem Verlust der Leidenschaft kann bei mir keine Rede sein. Endlich habe ich die Möglichkeit, in alles ausführlich reinzuhören, was mich anspricht und kann außerdem ein paar historische Lücken füllen. Ich kann alles direkt aufs Telefon laden, über die Anlage hören und wenn ich rausgehe, ziehe ich das Telefon ab und nehme alles mit. Total praktisch. Und – ja, Geld spare ich auch.
Mir ist, zunächst einmal aus meiner Konsumenten-Sicht (zu dem moralischen Punkt komme ich gleich gesondert), überhaupt nicht klar, warum ich auch nur noch ein Album kaufen sollte. Meine CDs kamen mir beim letzten Umzug wie ein Haufen Plastik-Schrott vor. Und das Vinyl von vor 2009 steht ungehört rum. Ich müsste auch erst eine neue Nadel, vielleicht einen neuen Plattenspieler kaufen usw. - nee, ich bin irgendwie drüber weg.
Nun also der schwierige Punkt: Ja, das Abo ist pervers günstig. Ich zahle 99 Euro im Jahr, noch dazu wird es günstiger, wenn man Rabatt-Aktionen für iTunes-Karten nutzt. Ich hatte es irgendwann mal ausgerechnet, es waren glaube ich ca. 6,87 Euro pro Monat. Da stellt sich natürlich die Frage, wie man damit umgeht.
Zur Bewertung müssen meines Erachtens folgende Punkte unterschieden werden:
1. Die Konsumenten-Sicht: Aus Konsumenten-Sicht ist zumindest für mich das Kaufen von Tonträgern keine Lösung. Ich würde sie nicht nutzen und bei mir steht ohnehin zu viel Kram in der Wohnung. Soll ich mir wirklich etwas kaufen, von dem ich weiß, dass ich es nicht benutze? Das würde sich ziemlich absurd anfühlen.
2. Die künstlerische Vielfalt: Oben kam das Argument vor, dass die künstlerische Vielfalt abnimmt, wenn zu wenig Geld ins System fließt. Das Argument gibt es schon länger, spätestens seit Napster. Mein Eindruck ist aber, dass die Vielfalt in den letzten Jahren eher zugenommen hat. Vielleicht ist auch mein Blickwinkel weiter geworden. Auf jeden Fall sehe ich da gerade keinen Mangel und auch keine Gefahr eines Mangels. Die Produktions- und Distributions-Möglichkeiten sind ja in den letzten 10-20 Jahren in erheblichem Maße demokratisiert und vergünstigt worden, was zu einem deutlichen Gegeneffekt führen dürfte.
3. Der moralische Punkt: Ja, hier wird es natürlich schwierig. Gibt es für mich als ausgiebigen Nutzer eines Streaming-Abos eine moralische Pflicht, einen Betrag zur Unterstützung an die Künstler zu entrichten, der über das hinausgeht, was ich zahlen muss, um das Angebot legal nutzen zu können? Dies ist der einzige Punkt, bei dem ich unsicher bin. Meine Antwort ist eine, die mich selbst nicht zufriedenstellt. Ich stelle lediglich ein paar Gegenfragen, um zu verdeutlichen, dass es sehr schwierig wäre, dann noch eine Grenze zu ziehen. Also, wie sieht es aus: Geht es nicht vielen Menschen auf dieser Welt schlechter als Künstlern in den Industrie-Nationen? (Ja klar.) Spendet ihr so viel Geld für Entwicklungshilfe wie für Musik? (Ich nicht.) Oder für Opfer von Unwetter-Katastrophen? (Ich nicht.) Wenn Ihr Euch ein Handy kauft, kümmert Ihr Euch dann darum, dass ein bisschen Extra-Geld fließt und bei den Minen-Arbeitern ankommt, die unter hohem Gesundheitsrisiko die seltenen Metalle ausgraben? (Ich nicht.) Spendet Ihr beim Kauf von Kleidung für die Textilarbeiter in Pakistan? (Ich nicht.) Wenn Ihr eine Flugreise macht, spendet Ihr dann immer auf so einer Umwelt-Ausgleichszahlungsseite oder wie das heißt? (Ich nicht.) Oder ein bisschen Extra-Spende an eine Umwelt-Organisation für jeden Liter verbranntes Auto-Benzin? (Ich habe kein Auto – Check!) Wollen wir kurz über unseren Fleischkonsum und das Leiden der Tiere reden? (Ich nicht.) Wie sieht es eigentlich mit Print-Medien aus: Habt Ihr noch eine Tageszeitung abonniert oder wenigstens eines dieser inzwischen bei Online-Medien verbreiteten „+“-Abos? (Ich nicht.) Usw.
Was ich sagen will ist zweierlei: Erstens gibt es viele noch wichtigere Fragen als die der Vergütung von Künstlern. Da sind einige Fragen dabei, bei denen ich mich wesentlich schlechter fühle als bei meinen 6,87 Euro/Monat fürs Streamen und da sollte ich eher ansetzen. Und zweitens – und da nehme ich mich nicht aus – neigen Menschen offenbar in der Regel dazu, nicht mehr zu zahlen, als sie müssen. Die Lösung ist meines Erachtens nicht ein Appell an Freiwilligkeit, sondern das Erheben von unfreiwilligen Abgaben, etwa in Form von Steuern. Deshalb bin ich etwa auch für die Rundfunkgebühr, auch wenn ich selber kaum schaue. Wie man das bei Musik genau zu regeln hätte, ist mir aber nicht klar. GEMA ist ja so etwas. Vielleicht muss man an der Schraube drehen und dadurch Streamen verteuern.
Zu Punkt 2 lässt sich eine prima lange Liste mit Pro- und Contra Argumenten anfertigen. Die Hindernisse professionell Musik aufzunehmen sind erfreulicherweise viel geringer geworden. Das resultierende Überangebot führt natürlich schnell zu anderen Problemen. Ich bin nicht immer glücklich mit der Schnelllebigkeit, die in den letzten Jahren entstanden ist. Da könnte man nun aber lange darüber diskutieren. Die Betrachtung von Punkt 3 wird noch schneller müßig. Ich überlege auch immer wieder, an welchen Stellen ich Halt mache und mal lieber von kleineren Erzeugern kaufe, oder statt mit dem Auto mit der Rad zum Einkaufen fahre, etc.. Letztlich sitze ich hier aber auch hinter dem apple-Rechner, habe ein apple Musik-Abo und lande schnell bei der Doppelmoral beim eigenen Verhalten.
Aktuell kaufe ich aber wirklich genügend Musik und ziehe den Kauf (wenn möglich und ich nicht zu faul bin) bei kleineren Shops oder direkt beim Label vor. Dennoch verspüre ich an manchen Tagen den Wunsch, ich könnte mich komplett mit Streaming arrangieren. Die ganzen CD-Stapel sind auch Last und das Budget nicht endlos. Die immer opulenter werdenden VÖ-Freitage empfinde ich zunehmend mehr als Last, was irre genug ist. Zumal mit Film und Büchern weitere Leidenschaften da sind, die befriedigt werden wollen.
Aber im Gegensatz zu Trondheim habe ich mit einigen Aspekten einfach Schwierigkeiten
- Da wäre z. B. tatsächlich der Angst vor Verlust. Ich höre nicht die neue Bon Jovi und Helene Fischer. Bei einigen Sachen fürchte ich tatsächlich, dass sie irgendwann in keiner Streaming-Plattform mehr vorhanden ist. Oder man irgendwann fünf Abos haben muss, um auf alles zugreifen zu können - siehe Film/Serien
- Der Klang … aber gut, letztlich könnte ich hier umorganisieren und selbst apple wird irgendwann Losless im Angebot haben
- Die eigene Oberflächlichkeit beim Streaming. Eine CD mit dem haptischen Element des Booklets hilft mir dabei, einer Platte mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Gibt es eine Platte nur digital, muss ich damit leben. Aber ich höre sie meist wirklich seltener, da sie eben nicht im Stapel vor der Anlage liegt.
- Die Ordnung: Ich bin irgendwie zu blöd dazu, mit dem uferlosen Überangebot der Datenbanken klar zu kommen. Eine CD im Regal ist immer auch ein Stück Erinnerung daran, ein Album mal wieder auszupacken. Beim Streaming höre ich meist Neuheiten, Neuheiten, Neuheiten, wenn mir nicht gerade eine bestimmte Platte in den Sinn kommt. Ich weiß einfach nicht, wie ich mich hier organisieren soll. Hunderte Playlists anlegen?
Dennoch, ich schätze es schon auch sehr, Neuheiten in aller Ruhe anzuhören und mal ältere Sachen nachzuhören, die ich neu entdecke oder z. B. aus Budgetgründen irgendwann liegen gelassen habe.
jepp, ich liebe es vor meinem vinyl- oder cd-regal zu stehen, die coverrücken zu scannen und dann rauszuziehen, auf was ich gerade lust habe. vor spotify sitze ich oft genug ratlos, weil ich nicht weiß, was ich als nächstes spielen soll.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #130jepp, ich liebe es vor meinem vinyl- oder cd-regal zu stehen, die coverrücken zu scannen
Erst alles schön auf Vinyl kaufen, dann aber umständlich jedes LP-Cover einzeln per Hand einscannen, nur um dann doch wieder alles digital zu haben - nee, das wäre mir echt zu krass.
Das sollte nur ein Witz sein. Ich habe noch kurz die zur Verfügung stehenden Emoticons "gescannt" und mal wieder festgestellt, dass ich mit den Dingern nichts anfangen kann. Und dann dachte ich, das geht vielleicht auch so.
Jetzt verklagt der Musikverlag Wixen (kein Scherz!) Spotify, weil die angeblich Musik des Verlags nutzen ohne Lizenzgebühren abzuführen. Die besitzen u.a. die Rechte an Santana, The Doors und Neil Young. Der Verlag fordert nun eine moderate Entschädigung von Höhe von 150.000 Dollar pro Song. Macht dann insgesamt etwa $ 1,6 Mrd. Das würde spotify wohl kaum überleben, oder?
Auch interessant: streamen vs. besitzen ab 0:50 geht es los (davor "Sponsorinfotainment").
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig