Ich war eher darüber erstaunt, dass so einer wie Schulz überhaupt einen Hype auslösen kann. Die SPD ist seit 20 Jahren überflüssig - das Wunder ist, das die immer noch so viele Stimmen kiegen... wer wählt die denn aus welchen Gründen???
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig
die fdp ist auch ohne erkennbare begründung aus der versenkung wieder aufgetaucht. am parteiprogramm wurden lediglich formulierungen geschönt, aber das prinzip "sieh selbst zu, wo du bleibst - wir reichen machen das ja auch" ist im wesentlichen geblieben. ich würde auch sagen, dass der schulz-hype sich weniger auf die person bezog, als die hoffnung, die spd könnte wieder sozialdemokratisch werden, weil (vermeintlich) mal keiner von den agenda-köppen an der spitze steht.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Briefe an den Weihnachtsmann, sind ja mal grundsätzlich nichts schlechtes. Wünsche oder Vorstellungen für die Zukunft, sind ja immerhin mal ein Anfang für eine Diskussion. Von anderen Parteien kommt da eher nichts oder ich habe es nicht gehört oder es war so ein wachsweiches Wischiwaschi, dass ich es gleich wieder vergessen habe. Den "Vorwurf" SED-Nachfolgepartei, kann ich dann aber langsam nicht mehr hören. Natürlich sind sie es, aber ist das noch wichtig? Wenn sie jeden Tag ihre alte DDR wieder haben wollten, okay, dann kann man es wieder erwähnen oder vorwerfen...
wie relevant die sed-vergangenheit heute noch ist, kann man klar sehen, wenn in parteitagen themen aufkommen, die die ddr-vergangenheit betreffen. auch wenn sich in den letzten 20 jahren auch da einiges geändert hat, tun sich teile der partei noch immer schwer, das sed-regime als verbrecherisch anzuerkennen. und ich erinnere auch mal daran, dass eine sahra wagenknecht, die wirklich aus der finstersten ecke der pds stammt, es bis in den vorsitz geschafft hat. also ja, es ist noch relevant. und ich wage mal die these, dass ohne ddr-nostalgiker die partei kaum mehr relevanz besässe als bspw. die ödp.
was die frommen wünsche angeht, gebe ich dir ja so weit recht, dass visionen eben nichts pathologisches sind, wie ein ehemaliger bundeskanzler zu sagen pflegte, sondern eigentlich zu jeder partei gehören sollten. es gibt aber einen unterschied, zwischen dem formulierungen solcher vorstellungen und dem aufstellen von irrealen forderungen, die wie wahlversprechen formuliert werden. allein der wunsch, eine reine oppositionspartei zu sein - eine diskussion, die derzeit die partei spaltet - impliziert ja auch die weigerung, seine politschen vorstellungen jemals einer prüfung der realitätstauglichkeit unterziehen zu wollen. mit forderungen wie "30-stunden-woche für alle, bei vollem lohnausgleich" werden interessierte wähler schlichtweg verarscht.
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auch hier möchte ich lumich nahezu vollumfänglich zustimmen. bis auf:
Zitat von Lumich im Beitrag #2528und ich wage mal die these, dass ohne ddr-nostalgiker die partei kaum mehr relevanz besässe als bspw. die ödp.
es ist gut möglich, dass die partei ohne ddr-nostalgie in der nachwendezeit nicht so viele punkte gemacht hätte; man darf aber nicht außer acht lassen, dass das SED-parteivermögen (einer der hauptgründe für benamungspogo und zögerliche distanzierung) auch so für einen langen atem gereicht hätte; infrastrukturell war die partei in den neuen ländern ja ohnehin besser aufgestellt als die meisten altparteien im westen. und zu ihren gunsten spricht, dass halt viel altkader auch einfach pragmatiker waren, die auf kommunaler ebene auch überwiegend passable jobs abgeliefert haben. dass das ganze zum großteil mit der gleichen günstlingswirtschaft wie unter honecker ablief, hat nicht so viele gestört, man wars ja gewöhnt. (und in zB köln oder westberlin gabs ja ähnliches in grün schon vor dem mauerfall.)
dazu gebe ich mal zu bedenken, dass auch die reichste partei erstmal gewählt werden muss. ohne deren identitätsstiftende rolle als ostpartei wäre ihnen nie gelungen, die 5%-hürde zu überschreiten. zu der fusion der pds mit der damals nicht allzu stark aufgestellten "wasg" wäre es somit auch nie gekommen.
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Zitat von Lumich im Beitrag #2528wie relevant die sed-vergangenheit heute noch ist, kann man klar sehen, wenn in parteitagen themen aufkommen, die die ddr-vergangenheit betreffen.
Welche Themen sind das und wie äußert sich dieses klar sehen können? - Ich hoffe, dass du dich doch noch vom LFB unterscheidest und wenigstens den Versuch einer Antwort unternimmst.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
mit verlaub, ich glaube nicht, dass noch jemand in diesem forum schwierigkeiten hat, mich und lfb zu unterscheiden.
zur frage an sich: eins dieser themen ist beispielsweise der mauerbau. es war ein einziges trauerspiel zuzusehen, wie "die linke" um formulierungen gerungen hat, auf die man sich mehrheitlich einigen konnte. zu sagen, dass der mauerbau ein verbrechen war, dass der schiessbefehl ein verbrechen war, sorgt bis heute für heftige debatten auf den parteitagen. ein anderes beispiel war die recht durchsichtige provokation der cdu mit dem stichwort "unrechtsstaat", die "die linke" zu einer diffamierung der einfachen ddr-bevölkerung stilisierte. dabei ist es offensichtlich, dass staatsorgane der ddr verbrecherisch gehandelt haben. da gibt es überhaupt nichts zu deuten, und schon gar nicht zu verteidigen.
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zur frage an sich: eins dieser themen ist beispielsweise der mauerbau. es war ein einziges trauerspiel zuzusehen, wie "die linke" um formulierungen gerungen hat, auf die man sich mehrheitlich einigen konnte.
nun ja, ein solches vorgehen ist ja in der politik standard. in dem satz könntest du "die linke" auch durch jede andere partei ersetzen. verbrechen werden geschönt. ist nicht schön, aber isso.
Zitat von Lumich im Beitrag #2532zu sagen, dass der mauerbau ein verbrechen war, dass der schiessbefehl ein verbrechen war, sorgt bis heute für heftige debatten auf den parteitagen.
hast du auch links zu einer oder mehrerer dieser debatten? ich habe weder den letzten parteitag noch die 20 davor verfolgt, aber jetzt bin ich neugierig.
"unrechtsstaat" ist übrigens auch ein schönes stichwort. vor einigen jahren von einem meinungsinstitut befragt, ob die ddr ein solcher war, musste ich zwangsläufig verneinen. denn das pauschal zu bejahen, ohne dass die frage in einen kontext gesetzt wird, was dann ja doch nur den meinungsmachern in die hände spielt, war mir tiefst zuwider.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #2533nun ja, ein solches vorgehen ist ja in der politik standard. in dem satz könntest du "die linke" auch durch jede andere partei ersetzen. verbrechen werden geschönt. ist nicht schön, aber isso.
hä?
Zitat von Lumich im Beitrag #2532hast du auch links zu einer oder mehrerer dieser debatten? ich habe weder den letzten parteitag noch die 20 davor verfolgt, aber jetzt bin ich neugierig.
musst du selber googeln.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #2533"unrechtsstaat" ist übrigens auch ein schönes stichwort. vor einigen jahren von einem meinungsinstitut befragt, ob die ddr ein solcher war, musste ich zwangsläufig verneinen. denn das pauschal zu bejahen, ohne dass die frage in einen kontext gesetzt wird, was dann ja doch nur den meinungsmachern in die hände spielt, war mir tiefst zuwider.
wie gesagt: den begriff muss man nicht mögen. allerdings so zu tun, als würde er eine gesamte bevölkerung diffamieren, anstatt ihn auf staatliche strukturen zu beziehen, was nun mehr als naheliegend ist, ist kein ehrlicher umgang. im grunde genommen wird ein böses spiel getrieben mit einem teil der ostdeutschen bevölkerung, deren feindselige haltung gegenüber "dem westen" so weit geht, dass selbst kritik am sed-regime, zumindest sofern sie aus westlicher richtung kommt, als angriff auf die eigene person oder kultur gewertet wird. bei allem verständlichen frust über die art und weise, wie die ddr von der bundesrepublik geschluckt wurde, ist das eine absurde entwicklung, aus der die pds (später "die linke") seit jeher kapital geschlagen hat.
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die umverteilung des kapitals von unten nach oben nimmt hier aber auch langsam formen an, die einem die verwendung des wortes nahelegt. die einzige partei, die dagegen was sinnvolles unternehmen würde, ist die linke. riexingers vorschläge auf dem parteitag klangen recht vernünftig (anhebung der spitzensteuersätze, erbschaftssteuer und v.a. wiedereinführung der vermögenssteuer). aber leider kann ich die nicht wählen, solange sahara an der spitze steht.
Zitat von Lumich im Beitrag #2532hast du auch links zu einer oder mehrerer dieser debatten? ich habe weder den letzten parteitag noch die 20 davor verfolgt, aber jetzt bin ich neugierig.
musst du selber googeln.
müssen muss ich nicht und wollen will ich auch nicht. es wäre nämlich hilfreich, wenn wir beide über die beiden quellen verfügen würden, und ich mich nicht erst blindlings durch 20 parteitage durchklicken müsste.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #2533"unrechtsstaat" ist übrigens auch ein schönes stichwort. vor einigen jahren von einem meinungsinstitut befragt, ob die ddr ein solcher war, musste ich zwangsläufig verneinen. denn das pauschal zu bejahen, ohne dass die frage in einen kontext gesetzt wird, was dann ja doch nur den meinungsmachern in die hände spielt, war mir tiefst zuwider.
Zitat von Lumich im Beitrag #2534wie gesagt: den begriff muss man nicht mögen. allerdings so zu tun, als würde er eine gesamte bevölkerung diffamieren, anstatt ihn auf staatliche strukturen zu beziehen, was nun mehr als naheliegend ist, ist kein ehrlicher umgang.
man muss nicht so tun, und unehrlich ist es auch, und ich würde dem protest der linken niemals zustimmen. aber wir reden hier immer noch über politik, auch wenn der reflex in dieser konsequenz unangenehm an petry oder gauland erinnert.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.