Ich kann republikanische Bestrebungen gut verstehen, auch wenn ich das britische Königshaus eher mit freundlicher Verklärung sehe, aber eben von außen betrachtet. Nur das ökonomische Argument halte ich für kein sinnvolles, zumal die fürs Königshaus ausgegebenen Steuergelder selbst im UK überproportional nicht von denen kommen, für die 4,50 Pfund im Jahr eine kriegsentscheidende Summe wären.
Naja, die Frage ist ja eher, was man mit 4,50 GBP pro britischer Nase alles anfangen könnte, und ob ein Königshaus tatsächlich das sinnvollste ist, im Anbetracht von explodierender Armut.
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Zitat von gnathonemus im Beitrag #5007Hörensagen. Zahlen auf den Tisch. Akri, übernehmen Sie!
Die „Kosten“ für die britische Königshaus betrugen in den letzten drei Jahren 67,0, 69,4 und 87,5 Millionen Britische Pfund.
Besonders teuer waren dabei die Renovierungsarbeiten am Buckingham Palace. Die Elektro-, Heizungs- und Sanitäranlagen mussten ersetzt werden! Es wurde auch Asbest entfernt und alles für Besucher barrierefrei gestaltet. Es gibt für den Palast einen 10-Jahres-Renovierungsplan.
Allerdings ist das Königshaus wahrlich nicht auf finanzielle „Spenden“ angeweisen! Das private Vermögen des Königshauses wird auf rund 28 Milliarden Euro geschätzt. Queen Elizabeth II. hat ihren Kindern und Enkeln rund 410 Millionen Euro hinterlassen. In den letzten 10 Jahren erhöhte sich das Vermögen der Queen durch Erbschaften um 100 Millionen Euro. Die Königin erbte z.B. von ihrem Gatten Prinz Philip rund 14 Millionen Euro und von ihrer 2002 verstorbenen Mutter über 90 Millionen Euro.
Das Königshaus hält zudem Aktienanteile an britischen Firmen von rund 100 Millionen Euro.
Nicht vergessen solte man diverse Schmucksammlungen (allein die Sammlung der Queen hat einen wert von mehreren Hundert Millionen Euro). Dazu kommen Gestüte oder Prachtbauten wie etwa Buckingham Palast, Schloss Windsor, Schloss Sandringham oder Schloss Balmoral.
Zum Königshaus gehört auch die "Crown Estate" - eine milliardenschwere Immobilienholding mit Sitz in London. Dieses Unternehmen verwaltet den gesamten Immobilien- und Landbesitz der Königsfamilie. Dazu zählen auch etwa die Pferderennbahn Ascot oder Teile der Einkaufsmeile Regent Street.
Allein 2020 machte die Gesellschaft einen Gewinn von 420 Millionen Euro. Die "Crown Estate" überweist den Gewinn zunächst komplett an die britische Regierung. 25 % davon erhält das Königshaus als Apanage ("Sovereign Grant"). 2020 waren dies also rund 100 Millionen Euro.
Die Steuergelder, die das Königshaus als Apanage erhält, werden also im Vorfeld quasi selbst vom Königshaus über die Immobilien und Ländereien erwirtschaftet.
Die königlichen Grafschaften (Duchy of Cornwall und Duchy of Lancaster) sind eine wichtige Geldquelle für die Monarchie – und für den britischen Staat. Denn das Königshaus bezahlt eine Kapitalertragssteuer und Einkommenssteuer auf alle Einkünfte. Ebenso Gemeindesteuern für alle königlichen Residenzen. Der britische Staat erhält die Erträge des Immobilienverwalters Crown Estates (rund 300 Millionen Pfund pro Jahr nach Abzug der Apanage). Zudem gibt es Einnahmen der Royal Collection, also etwa der Ausstellung der königlichen Juwelen und der Residenzen mit jährlich Millionen von Besuchern, die Eintritt bezahlen.
Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ und der Think-Tank „Institute for Government“ schätzt die Einnahmen für den Staat auf Basis des Königshauses auf rund 2 Milliarden Pfund pro Jahr. Am stärksten profitieren der Tourismus mit Attraktionen, Hotels, Restaurants, etc. und der Handel mit royalen Souvenirs sowie der Aussenhandel (königliche Marken sind im Ausland besonders beliebt).
Zur Beerdigung der Queen: die Beerdigung von Queen Elisabeth II. hat ca. 9 Millionen Euro gekostet. Die Hochzeit von Prinz William und Prinzessin Kate im Jahr 2011 kostete 7,2 Millionen Euro. Die Beerdigung der Queen Mum (†101) im Jahr 2002 kostete ca. 6,1 Millionen Euro. Die Beisetzung von Prinzessin Diana kam im Jahr 1997 kostete 3-5 Millionen Euro.
Wesentlich teurer wird die Gesamtrechung natürlich, wenn man etwa zusätzlich die Schließung von Geschäften und öffentlichen Diensten mit berücksichtigt. Und eben den Einsatz von Polizei und Militär und Servicemitarbeitern.
Als Vergleich dient da vielleicht auch die USA: Das Staatsbegräbnis des Präsidenten John F. Kennedy kostete einst um die 12 Millionen. Über 600 Millionen Dollar kostete hingegen das Staatsbegräbnis des Präsidenten Ronald Reagan im Jahr 2004, da an diesem Tag allen Staatsangestellten ein bezahlter Ferientag gewährt wurde. Da wurden dann eben die hohen zusätzlichen Gehaltskosten dazu addiert.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Danke für die Recherche! Bottom line: der Staat verdient reichlich an der Monarchie, die Apanage ist nur ein Bruchteil dessen, was vorher in die Gegenrichtung floss, und 99,85% der Kosten für die Beerdigung der Queen waren Lohnkosten ohne Gegenleistung, also ein Geldstrom von den Kapitalisten an die einfachen Leute. Da hat man als Republikaner ja gleich doppelt Freude am Tod der Queen.
Wobei man bei solchen Vermögensberechnungen sowieso immer vorsichtig sein muss, ähnlich wie bei dem angeblichen Vermögen der Kirchen. Ein königliches Gestüt, eine Krone oder den Petersdom kann man ja nicht einfach bei E-Bay reinsetzen.
Aber bei Immoscout - bis auf die Krone. Es sei denn, die ist groß genug, dass man drin wohnen kann...
Die letzten Sechs in der Playlist: The Felice Brothers - Valley of Abandoned Songs || Charli XCX - Brat || Wunderhorse - Midas || Chime School - The Boy Who Ran the Paisley Hotel || Nick Cave and the Bad Seeds - Wild God || Nilüfer Yanya - My Method Actor
„Angebliches Vermögen“ der Kirche ist schon witzig… Das klingt wie dieses „angebliche Zölibat“, das es in der katholischen Kirche geben soll. Wenn man beim Arbeitsamt sein Vermögen angeben muss, und das kann durchaus auch das Haus sein, in dem man wohnt, zieht das eBay-Argument vermutlich nicht.
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Witzig fnde hingegen ich, dass du offenbar nicht verstehst, dass dein persönlicher Immobilienbesitz zu Wohn- oder Vermietungszwecken (den du tatsächlich kurzfristig jederzeit verkaufen könntest) nicht vergleichbar ist mit theologisch in der Nutzung gebundenen Sakralbauten samt deren Grundstücken, Altarbildern, Kronleuchtern oder mittelalterlichen Buchdrucken. All das sind aber bedeutende Komponenten im Vermögen der Kirchen und ähnlich dürfte es sich auch beim Vermögen der Königsfamilie verhalten.
Während es sicher stimmt, dass Kirche und Königshaus nicht all ihre Reichtümer zu Geld machen können, ist darüber hinaus doch mit ziemlicher Sicherheit eine nicht zu vernachlässigende Menge an liquiden Mitteln im Besitz dieser Institutionen und in irgendwelchen Investments angelegt. Gehe ich richtig in der Annahme, dass der Anteil an nicht einfach so veräußerbaren Immobilien und historisch bedeutsamen Kunstwerken am Gesamtvermögen der Kirche auch deshalb nicht so genau zu beziffern ist, weil die sich nicht in die Bücher schauen lassen?
Der Vatikan hat nebenbei seine eigene Bank, und der Immobilien-Besitz beider großer Kirchen umfasst bei weitem nicht nur Sakralbauten. Das sind sehr geschäftstüchtige Unternehmen.
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Zitat von akri im Beitrag #5031Allerdings ist das Königshaus wahrlich nicht auf finanzielle „Spenden“ angeweisen! Das private Vermögen des Königshauses wird auf rund 28 Milliarden Euro geschätzt.
Na dann ist ja gut. Das hat es sich bestimmt hart erarbeitet.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Da ich ja in der Nähe wohne… hier einmal beim Thema Kirche & Geld als Beispiel das Erzbistum Köln.
(es sind leider die Zahlen vom Stichdatum 31.12.2013; daher ein Blick in die Vergangenheit)
Der Kölner Dom? Er ist unverkäuflich. Und wird daher in Bilanzen mit dem symbolischen Wert von einem Euro geführt. Das gilt auch für diverse andere Kirchengebäude. Bei anderen Gebäuden wird allein der Herstellungswert bilanziert.
Der Ertragswert von Wohn- und Geschäftshäusern wurde anhand der Mieteinnahmen ermittelt. Ein Mehrfamilienhaus in der Kölner Innenstadt war 2013 rund 1,4 Millionen Euro wert. Und dem Kölner Erzbistum gehörten 2013 immerhin 277 Wohn- und Geschäftsimmobilien in Köln.
Zu den Immobilienanlagen im Wert von 612 Millionen Euro seitens des Kölner Erzbistums gehören auch (katholische) Schulen, Kirchen, Tagungshäuser.
Zudem ist das Erzbistum Köln an 17 Unternehmen mit beteiligt.
Darunter zwei Immobilienunternehmen: an der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mit insgesamt 25.000 Wohnungen ist das Erzbistum Köln mit 41,5 % beteiligt. Mit 70,5% war man an der Rheinwohnungsbau GmbH mit gut 6000 Wohnungen beteiligt (zumeist in Düsseldorf).
Zudem hatte das Erzbistum Köln 2013 ein rund 2,3 Milliarden Euro schweres Wertpapierdepot. Dieses wird über eine eigene Fondsgesellschaft mit mehreren Spezialfonds gemanagt wird. Der Großteil ist in festverzinslichen Papieren wie Staatsanleihen investiert, einige Immobilienfonds machten rund 16 % aus und Aktien etwa 12 %. Übrigens: das Geld muss den kirchlichen Richtlinien gemäß angelegt werden und darf nicht an Produzenten von Waffen oder Verhütungspillen gehen. Dieses Wertpapierdepot warf 2013 noch 3,3 % Rendite ab. Dies entsprach rund 77 Millionen Euro.
Das Eigenkapital des Erzbistums belief sich 2013 auf fast 2,5 Milliarden Euro. Gut 1,6 Milliarden Euro davon waren Rücklagen, die das Bistum stetig aus den Gewinnen bildet. Mit dem Geld sollen die Instandhaltung der Kirchengebäude und die Pensionen von Priestern und kirchlichen Lehrern gesichert werden. In Zeiten zunehmender Kirchenaustritte sind für die ja weniger werdenden Kirchensteuereinnahmen ebenfalls solche Rücklagen eingeplant.
Etwa zwei Millionen Euro aus dem Erzbistum Köln fließen täglich an Kirchengemeinden, Caritas, Hilfseinrichtungen und in Entwicklungsländer. Das Vermögen des Erzbistums Köln betrug 2013 immerhin ca. 3,35 Milliarden Euro. Dies ist natürlich nur Köln... nicht NRW, nicht Deutschland, nicht die Kirche weltweit...
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)