zum jahresende hab ich mir noch den neuen lanthimos gegönnt. thematisch geht der film in eine andere richtung als seine früheren werke, wo es eigentlich immer um starre, autoritäre systeme ging, mit einem strengen und absurden regelwerk, gegen dass mindestens ein(r) aufbegehrt. das starre system, in form einer freudlios wirkenden familie, die formal alles besitzen, ist schon vorhanden, aber ansonsten bewegt sich der film in eine andere richtung. er ist lose angelegt an die griechische sage von iphigenie, die (in einer fassung) von ihrem vater agamemnon an artemis geopfert werden musste, um eine schuld zu begleichen. in einer anderen fassung wurde stattdessen eine hirschkuh geopfert - daher der titel des films.
der flm spielt allerdings nicht im antiken griechenland, sondern in der usa der gegenwart. colin farell spielt einen herzchirugen, der vor einigen jahren den tod eines mannes verschuldete, weil er betrunken operierte. der sohn des verstorbenen schleicht sich nun in sein leben. erst scheint es, als würde er nach einer vaterfigur suchen, später stellt sich heraus, dass es um rache geht, bzw. im sinne der sage, um die begleichung einer schuld.
wer die filmsprache von lanthimos nicht kennt, wird über weite strecken irritiert sein über die hölzernen dialoge. in der zweiten hälfte des filmes intensiviert sich die stimmung, und man begreift langsam, warauf das ganze abzielte. barry keoghan spielt den sohn des verstorbenen, und seine schauspielerische leistung ist wirklich überragend, wie der film insgesamt auch. giorgos lanthimos gehört für mich z.zt. zur top-auswahl der spannendsten regisseure.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
mein herr gemahl hat nun nach mehr als einem jahr arbeit, ganz viel hirnschmalz und herzblut sein projekt vollendet, sämtliche shakespeare-sonette (schlappe 154 stück) unter verwendung von schüttelreimen zu übersetzen.
das interessiert mich um ein vielfaches mehr als die vermutet verquaste filmische umsetzung derselben. als großer morgenstern/schwitters/ringelnatz/gernhardt-fan liebe ich bekloppte lyrik und/oder ihre parodien, und wüsste gerne, ob dein gemahl das werk öffentlich feilbietet, oder nur im geselligen familienkreis nach genuß mehrerer gläser persico vom handgeschriebenen büttenpapier abliest?
doch doch, wird veröffentlicht, muss aber jetzt noch professionell lektoriert werden. das kann bei dem umfang natürlich dauern. ich werde laut geben, sobald die schwarte zu haben ist.
Spannend bis zum Schluß und erwartungsgemäß wunderbar fotografiert. Man muß allerdings auf Kleinigkeiten acht geben, sonst könnten einem wichtige Details entgehen.
Ben-Hur Lange nicht mehr gesehen und immer noch großartig. Dreieinhalb Stunden verfliegen im Nu, Miklos Rozsas Musik pfeift man noch einen Tag später unter der Dusche vor sich hin und am Schluss hab ich mir wieder die Augen rausgeflennt. So muss das sein. 10/10
großartiger ensemblefilm von armando ianucci, der unter leichter beugung der historie die skurrile situation beschreibt, in die das machtvakuum nach dem stalinistischen terror alle beteiligten stürzte (in diesem interview erzählt er, wie er manches sogar untertreiben musste, um den film nicht vollends zur klamotte zu machen). zentrales element ist der machtkampf zwischen nikita chruschtschow (steve buscemi) und dem skrupellosen geheimdienstchef lawrenti beria (simon russell beale), der bekanntermaßen zuungunsten des letzteren ausging. flankiert werden die beiden von hilflosen ideologen wie dem durch stalins tod gerade noch der deportation entgangenen ex-außenminister molotow (michael palin) oder dem formellen nachfolger stalins, malenkow (jeffrey tambor), dessen ratlose handpuppenhaftigkeit in diesem intrigantenstadel fast schon rührend wirkt; aber auch von kernigen machern wie dem weltkriegsgeneral schukow (jason isaacs), fiesen macchiavellisten wie den ZK-mitgliedern mikojan und kaganovitsch, sowie den verpeilten kindern stalins, denen offenbar von vornherein nie irgendein realitätssinn zu eigen war. die ereignisse als solche sind derart absurd, dass ianucci nicht viel tun muss, um ihnen einen komödiantischen anstrich zu geben (die riege alter männer spielt ohnehin fantastisch); er setzt aber immer wieder beklemmende momente des herrschenden terrors dagegen und sorgt so dafür, dass die farce nicht das leid vergessen lässt, das ihr begleiter war. gegen ende gibt es auch zunehmend weniger zu lachen, dafür sehr viel zu schlucken. der film soll im märz auch nach deutschland kommen; in GB und USA lief er schon im november. ansehen!
hat mich aufgeheitert und damit bestens seinen job getan. sooo liebevoll gemacht. am besten fand ich die tanz/step-szene der seemänner mit channing tatum.
Ich weiß nicht, wie der hier aufgenommen wurde. Ich habe mich aber die fast zwei Stunden gut unterhalten gefühlt. Natürlich ist da alles irgendwo zusammengeklaut. Natürlich ist am Ende Friede Freude Eierkuchen, obwohl Chris Pratts Jim hier eine Entscheidung fällt, die das Leben von Jennifer Lawrences Aurora zerstört. Und ich finde, da ist auch vieles etwas hanebüchen und zufällig. Aber ich mag die beiden Hauptdarsteller, ich mag Michael Sheen als Barkeeper und ich mag natürlich auch Laurence Fishburne und Andy Garcia (was für eine Screentime!). Deshalb übertreibe ich mal und gebe 8/10.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von Lumich im Beitrag #1921The Killing Of A Sacred Deer (2017) ...
Hab den Film vor einigen Tagen auch gesehen und weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll. Fand ihn einerseits schon deshalb interessant, weil die Machart von Lanthimos halt einfach einzigartig ist und sich nicht mit anderen Werken vergleichen lässt. Die großartige schauspielerische Leistung der beiden Teenager war auch ziemlich beeindruckend. Dennoch gingen mir die unglaublich hölzernen und zum Teil einfach nur stupiden Dialoge stark auf die Nerven. Dass man zu keiner Figur im Film so etwas wie Sympathien aufbauen konnte empfand ich auch eher als negativ angesichts der Grundthematik des Films. Emotional hat mich das alles nicht wirklich packen können.
Ich denke, das ist der Sinn vom ganzen. Der/die Zusehende soll keine Sympathien mit irgendwem aufbauem und auch nicht emotional gepackt werden, daher die "hölzernen" u.s.w. Dialoge.
Großartiger Film - wie immer!
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig
Bei mir hat das wieder einmal hervorragend funktioniert, Lanthimos ist einfach mein Lieblingsweirdo im aktuellen Kino. Die Kamera, holy moly, die Schauspieler etcetc. "Emotional" hatte ich keine Probleme, dass sowas gerade diesen Menschen passiert, hat mir gut gefallen und die "ene,mene,miste"-Szene ist eine der besten 2017 gewesen.
siehe avatar. nach "mon oncle" erst mein zweiter tati und eigentlich noch hingerissener. dieses statistenballett, diese geräuschkulisse, dieses babylonische sprachgewirr, diese kulissen, diese tableaus und v.a. diese total außer rand und band geratende party, in der sich die ganze schöne neue welt im chaos auflöst - fantastisch. ich ziehe die höchstwertung.
das ist tatsächlich auch mein lieblings-tati. jetzt musst du noch "die ferien des monsieur hulot" sehen, der rest ist dann die kür für fans (wobei: auch prima).
Zitat von tenno im Beitrag #1934das ist tatsächlich auch mein lieblings-tati. jetzt musst du noch "die ferien des monsieur hulot" sehen, der rest ist dann die kür für fans (wobei: auch prima).
jepp, steht schon auf der liste und den onkel werde ich mir auch nochmal reinziehen. ist schon so lang her.
leider hat der sich ja mit der aufwändigen produktion von "playtime" komplett ruiniert und er hat dann mehr oder weniger mit der filmerei aufgehört. schade. was da sonst noch alles hätte kommen können.