Geliebt sei, der sich hinsetzt. Keine Ahnung, fragt mich nicht. Ich könnte reagieren wie der leicht gebeutelte Vater, der seinen Gedichte verfassenden Sohn in der Psychiatrie besucht, der ebenso wenig weiß, was das alles soll.
Nachdem mir im letzten Jahr der Trailer zu "Eine Taube sitzt auf einem Ast und denkt über das Leben nach" untergekommen ist, wollte ich mich mit dem schwedischen Surrealistien-Boy Roy Andersson beschäftigen. Sein dritter Film ist in jedem Fall ein Köpfer in das kalte Wasser seiner Filmografie. Eine artifizielle Tragödie über das Scheitern des Menschen in der Moderne, über den Zwang seine Probleme mit Geld lösen zu müssen und in letzter Instanz ein völlig absurdes Stück Film, welches mit Fragezeichen um sich wirft wie Kalle, der seine gefloppten Jesus-Kreuze auf eine karge Mülllandschaft schmeißt. Eingestreut sind sensationell gefilmte Szenen blanken Wahnsinns, wie die magic show gone wrong, in welcher der Sägetrick bei dem armen Freiwilligen nicht so ganz funktioniert und ich plötzlich so ein Stechen in der Magengrube verspürte. Der 100-Jährige Polizeigeneral, der sich als seniler Nazi entpuppt, der gehängte Pole, die sich auspeitschende Menschenmasse auf der Straße, die es schaft den Fokus ihrer Szenen komplett umzudrehen etc. etc.
Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll, ich weiß nur, dass ich mehr Filme von Roy Andersson sehen will.
Whiplash Der King liebt den Film, da musste ich also gestern durch. War halb so schlimm. War sogar ziemlich, ziemlich gut. Nachdem ich am Silvesterabend mit Jazz gequält wurde, dem ich beim besten Willen nichts abgewinnen konnte, fürchtete ich mich ein wenig. Aber mir hätte klar sein sollen, dass die Musik für solch einen Film etwas "massenkompatibler" (also: auch für Leute ohne Ahnung (also: Leute wie mich) hörbar) gewählt wird. Schön war's, musikalisch! Auch schauspielerisch: Wieder einmal freue ich mich darüber, dass ich weitestgehend alleine arbeite, alleine über Wohl & Weh meines Outputs entscheiden darf und vor allen Dingen nicht mit grauenerregend egozentrischen, sozial absolut inkompatiblen Vollpfosten arbeiten muss. (Der King sieht das ähnlich, wenn auch aus der Egozentriker-Ecke heraus. Ohne ein Vollpfosten zu sein. ;-)) Auch wenn eine gewisse Leidenschaft für das eigene Tun und die angestrebte Karriere vermutlich tatsächlich der Schlüssel zu wahrer Meisterschaft (und damit im Idealfall Erfolg) ist -- ich will weder so enden wie der abstoßende Fletcher, noch wie der nicht minder abstoßende Neimann. Deren Fähigkeiten honoriere ich allerdings, und erfreute mich sehr an ihrem Machtkampf. Gerne wieder, also 8/10.
Zitat von Krautathaus im Beitrag #433Logiklöcher haben mich bei Snowpiercer nie gestört, weil Einfallsreichtum und die grundsätzliche Idee eine Klassengesellschaft in den ewigen Kreislauf (Perpetuum Mobile wtf!) eines Zuges zu setzen, spektakulär in Szene gesetzt wurde. Gerade Comicverilmungen dürfen durchaus etwas unlogisch sein, müssen doch nicht wissenschaftlich verifiziert werden.
Ich frag mich ja auch bei "The Dark Knight" nicht, ob das alles logisch ist. Aber bei "Snowpiercer" ist es schon die Grundvoraussetzung, die mich nervt. Warum zur Hölle sollte man einen Zug bauen? Wer hat die ganzen Schienen in der Eiszeit gebaut? Warum gibt es überhaupt eine Mehrklassengesellschaft? Warum gehen die Teile des Motors kaputt (und werden von Kindern ersetzt!), aber nie der Zug? Und zum Ende: What the Fuck? Da kämpfen die sich nach vorne durch, nur um den ganzen Zug in die Luft zu jagen?
Dann hatte ich auch noch ein Riesenproblem mit der Darstellung: Dreckig sah es aus, aber dann kommen immer wieder Holzhammer-Satire-Elemente, besonders die total überzogene Innenministerin Tilda Swinton. Entweder nehme ich das ganze ernst oder nicht. So war es etwas halbgar.
Über komische Sachen wie den Ultrabösewicht, der nach seinem Tod wieder aufersteht oder der Waggon mit diesen komischen Fightern in Skihauben, die sich erstmal ihre Axt mit Fischblut einreiben, breite ich lieber den Mantel des Schweigens.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Dheepan Trotz Goldener Palme in Cannes für mich nicht ganz das Meisterwerk, das Audiard mit Un Prophète gelungen war und auch nicht das große Melodram, das De rouille et d'os vor allem wegen der brillanten Hauptdarsteller Cotillard und Schoenaerts war. Aber durchweg packend und mit tollen Protagonisten in vielen sehr schönen, kleinen Szenen. Die große gewalttätige Eskalation hätte ich zum Schluss allerdings nicht gebraucht, um die Geschichte dramaturgisch abzurunden.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Diese Begeisterung für 'Whiplash' kann befremdet mich. Klar, die Musik ist gut. Und immer wieder mal hebt es sich von anderen "du-schaffst-es-wenn-du-dich-nur genug-anstrengst"-Hollywoodfilmen ab, da ja auch die negativen Folgen dieser Überzeugung herausgearbeitet werden. Aber am Ende bleibt es halt doch ein weiterer "du-schaffst-es-wenn-du-dich-nur genug-anstrengst"-Hollywoodfilm.
Zitat von Berthold Heisterkamp im Beitrag #442Für mich ist es eigentlich eher ein "War's das wirklich wert?"-Film.
Ich finde gerade diese Besessenheit mitreißend. Der Film zeigt genau das, was ich am Jazz liebe: daß es größtenteils eben keine piefige Studienratsmusik ist, auch wenn einem das einige elitäre Schmocks glauben machen möchten, sondern Musik, die genau solche Hingabe und wahnsinnige Charaktere hervorgebracht hat wie die Rockmusik. Zudem finde ich die bedingungslose Hingabe an eine Kunst faszinierend. Etwas, was ich bei "Kreisklassenhölle" noch hatte und gerade wiederentdecke.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Ich danke der Welt für Charlie Parker, aber eine derartige Besessenheit werde ich nie besitzen (ja, nicht einmal verstehen), und ich bin nicht böse drum. Mitreißend ist das Ergebnis ganz sicher, aber wo Anorak Twin einen "du-schaffst-es-wenn-du-dich-nur genug-anstrengst"-Hollywoodfilm gesehen hat, sehe ich das Psychogramm zweier Wahnsinniger. Ein Besessener prügelt aus einem anderen Besessenen alles Menschliche heraus, was zu großer Kunst (bzw. erstmal zu großem Können) führt. Erstrebenswert im Hinblick auf das Individuum scheint mir das nicht.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Zitat von Berthold Heisterkamp im Beitrag #447aber wo Anorak Twin einen "du-schaffst-es-wenn-du-dich-nur genug-anstrengst"-Hollywoodfilm gesehen hat, sehe ich das Psychogramm zweier Wahnsinniger. Ein Besessener prügelt aus einem anderen Besessenen alles Menschliche heraus, was zu großer Kunst (bzw. erstmal zu großem Können) führt.
Genau so sehe ich das auch und ich kann nicht nachvollziehen, wie man da die übliche Hollywood- Erfolgsstory sehen kann. In der Schlußfolgerung unterscheiden wir uns allerdings: ich halte Extreme durchaus für erstrebenswert und notwendig, um etwas zu schaffen. Daß das nicht immer gutgeht, ist eine andere Sache. Aber Großes wurde oft geschaffen, weil Menschen bereit waren, ihr Leben ihrem Werk unterzuordnen. Inwieweit man das für sich selbst als erstrebenswert ansieht, bleibt ja jedem selbst überlassen, mir nötigt es Respekt ab.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Warum zur Hölle tue ich mir nach "Interstellar" noch einen McConaughey-Film im Originalton an? Da kann ich ja direkt was auf russisch gucken! Ansonsten: Toll geschauspielert, besonders von Leto (der Moment, als er bei seinem Vater ist - großartig!), aber natürlich auch von McConaughey. Unglaublich, wie mager die beiden aussehen. Aber Symapthie für Ron Woodroof kommt nicht auf. Er bleibt die ganze Zeit über ein texanischer Kotzbrocken.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #448 In der Schlußfolgerung unterscheiden wir uns allerdings: ich halte Extreme durchaus für erstrebenswert und notwendig, um etwas zu schaffen. Daß das nicht immer gutgeht, ist eine andere Sache. Aber Großes wurde oft geschaffen, weil Menschen bereit waren, ihr Leben ihrem Werk unterzuordnen. Inwieweit man das für sich selbst als erstrebenswert ansieht, bleibt ja jedem selbst überlassen, mir nötigt es Respekt ab.
dummerweise sind diese menschen nach meiner erfahrung meist umso bereiter, das leben anderer menschen ihrem werk unterzuordnen. spätestens da verzichte ich gerne auf große werke. mittelmäßigkeit ist unterbewertet.