Achtung! Wer die Serie noch nicht gesehen hat: Ich spoilere!
Succession - Season 3
Am Ende von Staffel 2 wirkte der große Logan Roy angeschlagen. Sein Sündenbock hat ihn verraten und wollte ihn ans Kreuz nageln. Aber sein "ältester Sohn" Kendall (der eigentlich sein Zweitgeborener ist) fällt tief in dieser Staffel. Erst gelingt es ihm nicht, seine beiden Geschwister Shiv und Roman auf seine Seite zu ziehen. Und dann wird er immer einsamer. Unrühmlicher Höhepunkt: Seine Geburtstagsparty, bei der er endlich wach wird. Auch wenn Logan und seine dröflzig "Fuck offs" pro Folge die Hauptfigur sind - es ist Kendall, der hier mit 40 endlich erwachsen wird. Roman ist davon noch weit entfernt. Er ist derjenige in dieser Staffel, der seinem Vater offenbar am nächsten ist. Bis eines seiner Dickpics aus Versehen auf dem Handy des Patriarchen landet. Und Shiv? Die merkt, dass sie ihrem Vater egal ist. Und selbst ihr Ehemann Tom hat so langsam die Nase voll von ihrem Egotrip. Tragisch ist wieder einmal Connor, der tatsächlich Präsident der USA werden will, aber keine Chance hat. 8/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Spider-Man: Across the Spider-Verse (USA 2023, R: Joaquim Dos Santos, Kemp Powers, Justin K. Thompson) Schon der erste Teil war eine Wonne. Total erfrischend. Verrückt. Mit einem einmaligen Animationsstil. Teil 2 legt in jeder Hinsicht ein paar Schippen drauf. Ein neuer Bösewicht namens Spot bedroht die Welt. Und sämtliche Paralleluniversen dazu. Spider-Man und all seine Inkarnationen in jedem Universum müssen ihn aufhalten. Oder doch nicht? Dieser Animationsfilm ist der komplette Wahnsinn. Jedes Universum hat seinen eigenen Stil. Und dann vermischen sie sich, wenn sie zusammenkommen. Zwischendurch war der Film sogar fast perfekt, ich dachte kurz über eine 9 nach. Aber am Ende ist er doch sehr lang und die Story vielleicht eine Spur zu kompliziert. Und ein offenes Ende ist auch nicht immer so schön. 8/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
vizeleutnant charles eismayer ist ein schleifer von einem ausbilder im österreichischen bundesheer. und schwul. aber das lebt er schön im verborgenen aus, während er frau und kind vernachlässigt ... bis der tschusch mario falak in seiner truppe landet, der recht offen mit seiner homosexualität umgeht und ihn in seiner herausfordert. was folgt ist ein furztrocken erzähltes drama, das mich aber emotional total umgehauen hat, was zu einem großen teil dem großartigen schauspiel von gerhard liebmann als eismayer geschuldet ist, aber natürlich hatten buch und regie von david wagner einen signifikanten anteil. das ganze beruht übrigens auf tatsachen. ein ganz und gar großartiger film!
Noch schnell angeschaut, bevor er endgültig aus dem Kino verschwindet. Zunächst mal die wenigen schlechten Seiten: Der Film ist manchmal sehr mit dem Holzhammer gestrickt. Zum Glück funktioniert er in seiner zeitweiligen Krassheit (oder eher: trotz ihr) dann trotzdem. Mir wurde da zeitweise deutlich zu viel gekotzt. Und die Figur des reichen Russen war mir auch zu klischeebeladen. Iris Berben ebenfalls etwas verschenkt. Da endet dann aber auch die Liste mit den Mankos. Ansonsten ist das toll gespielt, skurril, lustig, unverblümt, und die Szenen fast alle extrem auf den Punkt. Und dann gibts da ja noch die Beziehungsebene unterhalb des Klamauks, der Kapitalismus-Kritik und dem Lord of Flies-Szenario, die wahrscheinlich eigentlich im Zentrum steht. Und diese Doppelbödigkeit macht die Holzhammersache dann doch wieder wett. Man kann dem Film vorwerfen, dass er ein wenig zu viel gleichzeitig sein will und deshalb etwas lang geworden ist. Tatsächlich schafft er es aber, die zwei Ebenen gut zu verschmelzen. Und wenn dafür eine Kotzorgie als Angelpunkt notwendig war, dann kann ich gut damit leben.
Ein guter Freund und ich treffen uns seit 10+ Jahren zu jedem neuen Fast-Furious-Film (also, wir treffen uns auch so regelmäßig, aber das ist immer ein Anlass) und weil er nun in Köln wohnt, haben wir uns gedacht: Lass uns doch auf halbem Wege treffen und da war für uns Essen noch am besten machbar.
Also stieg ich für 60 Minuten in einen ICE, um mit ihm in einem urhässlichen Cinemaxx-Klops zu sehen, wie Vin Diesel in Fast X erneut seine liebsten Glückskeks- und Kalendersprüche droppt, während Jason Momoa Leichen die Fußnägel lackiert und Brie Larson Dinge sagt, wie "Schnapp ihn dir". Wie immer ein Spaß. Hilft ja nix, die Bewertungsmaßstäbe sind hier andere. Überhaupt ein wunderbarer Tag.
Pro-Tip: Burger im Bebop essen. Sehr, sehr lecker. Man kann noch ein Philosophen-Quartett spielen und lernen, dass Noahm Chomsky 5,5, Millionen Dollar schwer sein soll.
Mixed by Erry (2023) Zufälliger Netflix-Fund. Ein Glück! Enrico "Erry" Frattasio möchte gerne DJ werden. Aber er lebt in eher ärmlichen Verhältnissen im Neapel der 80er-Jahre, was die Mission eher schwierig macht. Nach einigen Problemen in Sachen Jobs und Leben hat er immer mehr Erfolg mit selbstgemachten Mixtapes, die er im Viertel verkauft - und nach und nach errichten er und seine beiden Brüder gegen Mafia- und Polizei-Widerstände das größte Piraterie-Netzwerk Italiens. Und zwar wirklich, wirklich groß! Ein saumäßig witziger, charmant erzählter Film nach einer wahren Geschichte mit richtig, richtig guter Musik. UNBEDINGTE Empfehlung für alle hier. Mit italienischem O-Ton hat das Ganze gleich dreimal so viel Flair.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
henry: portrait of a serial killer (john mcnaughton, 1986)
einer von diesen filmen, nach denen man sich am liebsten mit domestos waschen möchte, so beschmutzt fühlt man sich von all der niedertracht, der beiläufigkeit und dem vergnügen mit denen zunächst nur henry und dann sein noch üblerer kumpane otis wahllos leute ... und natürlich bevorzugt frauen abschlachten. und dann ist da noch otis' schwester becky, die so ahnungslos ist und so süß ... hach! jepp, aber so scheiße das alles klingt, in seiner roheit, schonungslosigkeit und verzweifeltheit ist das ein großartiger film - so leid es mir tut.
the big country (william wyler, 1958)
schiffahrtskapitän jim mckay (gregory peck) folgt seiner verlobten pat von der aufgeklärten ostküste ins nirgendwo im seeehr ländlichen westen und gerät dort in die fehde zwischen zwei verfeindeten familienclans - und pat ist die tochter des oberhauptes des einen. aufgrund seiner zivilisierten sitten und seines zurückhaltenden auftretens halten ihn die familie und auch die sonstigen bewohner für einen feigling, aber der verfolgt seine eigene agenda und sorgt für so manche überraschung (um es mal vorsichtig auszudrücken). nun, einerseits schwingt da schon ein bisschen verachtung für das gemeine landvolk mit, aber hey, klischees haben doch meistens einen realen ursprung und v.a liegt die betonung hier darauf, dass zivilisiertheit eben auch menschlichkeit und gerechtigkeit mit sich bringt ... und wenn diese botschaft in so einem monumentalen epos mit überwältigenden bildern, tollem soundtrack und großartigem schauspiel (u.a. gab's einen oscar für burt ives) verpackt wird - wer wäre ich, da nein zu sagen.
the wild bunch (sam peckinpah, 1969)
und weil's so schön war, gleich noch einen western-klassiker hinterher. einer der quasi den dreck von "henry: ..." mit der monumental-epik von "big country" vereint. eine plot-zusammenfassung erübrigt sich. peckinpah hetzt kerle aufeinander, die einerseits alle dreckschweine sind, deren motivation man aber irgendwie auch versteht, seien es die mitglieder einer räuberbande oder einer kopfgeldjägertruppe. und die geraten in ihrem privatkrieg auch noch in einen innermexikanischen konflikt, womit dann alles komplett aus dem ruder läuft. das resultat ist ein abgesang auf den klassischen western. es wird wahllos abgeknallt, das blut spritzt in fontänen, gefangene werden sowieso nicht gemacht. trotzdem gibt's jede menge schöne zwischenmenschliche momente, brüllend komische szenen und jede menge miesen tex-mex-sound (der aber genauso muss) plus william holden und ernest borgnine als schauspielerische highlights. herrlich!
Die unglaubliche Geschichte der Roseninsel (2020) Weil mir Mixed by Erry so gut gefiel und der Regisseur offenbar noch einen Netflix-Film gemacht hat, war gestern klar, was angeschaut wird. Die Roseninsel also, die sagenumwobene künstliche Insel (= Stahlplattform) vor der Küste Riminis, gebaut irgendwann in den späten 60ern von einem Ingenieur, der in internationalen Gewässern einen eigenen Staat gründen wollte. So viel zur wahren Geschichte, der Rest ist unterhaltsame Dramatisierung. Und zwar richtig, richtig unterhaltsam. Seltsame Gestalten tun sich auf der Insel zusammen und arbeiten gemeinsam an ihrem idealen Land - mitsamt zahllosen Partygästen, die auf Booten von der Küste kommen und die Gesetzlosigkeit dieses Ortes feiern. Ernster, aber nicht weniger unterhaltsam wird es, wenn auch Politik und Kirche ihr Fett weg kriegen. Und wieder ist der Soundtrack ausgesprochen hörenswert. Schau mal rein!
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Kurzform: Nur ein 75-minütiger Edit von Justice' "Stress" als Score hätte diesen Film besser machen können.
Langform: Seit "Uncut Gems" bin ich, glaube ich, Fan von stressigen Filmen. 75 Minuten, praktisch nur ein Setting. Die junge Danielle muss mit ihren Eltern auf eine Trauerfeier einer Frau, die sie nicht kennt, rennt ihrer alten Flamme in die Arme, schmiedet mit ihren übervorsichtigen Eltern Ausreden, um sich nicht für Entscheidungen rechtfertigen zu müssen, die niemand von den übergriffigen, verkrusteten Alten versteht und dann steht ihr sugar daddy in der Tür. Nebst Frau und Kind. Alles spitzt sich zu, Kartenhäuser stürzen ein, Handys werden verloren und dabei schafft es Emma Seligman mit ihrem Debüt (!) so viele tolle Beobachtungen unterzubekommen, während sie mit genau den richtigen Kamera- und Musikhandgriffen so einen intensiven Stress vermittelt. Wirklich toll. Bei Mubi.
Gestern kam der Trailer zu Emma Seligmans zweitem Film "Bottoms" raus und ich hab' richtig Lust.
solider thriller mit eastwood himself als meisterdieb, der bei einem einbruch zeuge eines mordes wird und dann versucht sich da rauszulavieren, ohne selbst in die fänge der justiz zu gelangen - mit einem monster-cast (ed harris, laura linney, gene hackmann, judy davis, scott glenn, etc. pp.), dem zuzuschauen natürlich großen spaß macht. nix für die ewigkeit, aber gute unterhaltung allemal.
mars attacks! (tim burton, 1996)
einer der filme, die ich wieder und wieder und wieder ... ihr wisst schon. mit einem noch monströseren cast (jack nicholson, glenn close, pierce brosnan, sarah jessica parker, michael j. fox, annette bening, natalie portman, lucas haas, jack black, christina applegate, ...), der zum größten teil genüsslich geschlachtet wird. und das schönste ist, dass ein riesen-budget dafür aufgewendet wurde, um den film so billig auszusehen lassen, wie jeden x-beliebigen 50ies science fiction trash. grandios!
the boss of it all (lars von trier, 2006)
huch, warum nimmt dieser film in von triers werk keinen so hohen stellenwert ein? ein feigling von ceo hat seinen angestellten vom anfang der firma vorgespielt, dass nicht er all die fiesen unternehmerischen entscheidungen zu verantworten hat, sondern ein ominöser oberboss in den usa. und nun soll das unternehmen verkauft werden und der schauspieler christopher wird engagiert, um diesen oberboss zu mimen. von trier hat daraus sowohl eine beißende satire auf das aktuelle neoliberale geschäftsgebaren gezimmert, als auch einen kommentar zum thema schauspiel und filmemachen selbst abgegeben, das einen so belustigt wie nachdenklich hinterlässt. ein äußerst unterschätzter film, wenn ihr mich fragt.
true crime (clint eastwood, 1999)
oh je, das ist wirklich einer der tiefpunkte in eastwoods regie-karriere. er versucht darin als total kaputter journalist einen zum tode veruteilten, den er für unschuldig hält, vor der vollstreckung der exekution zu bewahren - und das ist so unglaubwürdig, wie übertrieben auf die spitze getrieben und letztendlich in ein kitsch-ende mündend ... nee, kinners, so einen schmu lass ich mir nicht ungestraft auftischen.
Religulous (USA 2008, R: Larry Charles, D: Bill Maher) Der Comedian Bill Maher, ein Atheist, macht sich auf die Suche nach dem Kern der Religion. Natürlich ist das witzig, wenn Menschen an Wissenschaft zweifeln, aber sich bei Religion einfach mit dem Glauben rausreden. Aber zum einen ist das absolut vorhersehbar (einziger nicht vorhersehbares Statement ist ein Priester im Vatikan, der dafür umso irrer wirkt), zum anderen finde ich Maher - vielleicht auch bedingt durch die übertriebene dokuhafte Synchronisation - absolut unsympathisch. Schade. 6/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
The Good Nurse Ein exzellentes Beispiel für einen Film, über den man am besten inhaltlich nichts weiß. Denn so kann man eine ganze Weile miträtseln, ob und was vor sich geht. Aber auch so: Jessica Chastain und Eddie Redmayne vor, Tobias Lindholm hinter der Kamera, das geht nichts schief. Je mehr Filme ich von Lindholm sehe, desto begeisterter bin ich von seiner Arbeit. Szenen haben genau die richtige Länge, Figuren sagen viel über ihre Gesichtsausdrücke, die Atmosphäre stimmt einfach, alles wirkt superauthentisch. Bin gespannt, was er als nächstes macht. (8/10)
El último vagón Netflix hat seiner mexikanischen Eigenproduktion ungefähr 10 Pesos Werbeetat gespendet. Eine Synchronisation in Deutsch gibt es auch nicht. Daher wird dieser Film niemals das Publikum finden, das er erreichen könnte und sollte. Aber lasst euch davon nicht abschrecken, denn Ernesto Contreras („El Chapo“) Regiearbeit ist ein wunderbares, streckenweise bezauberndes Werk aus der Ecke des sozialen Realismus. Es geht um eine Gruppe von Kindern in einem Camp für Wanderarbeiter an der Eisenbahn – und um eine alte Lehrerin, die versucht, diesen Kindern etwas Bildung angedeihen zu lassen. Wirklich eine sehr schöne Geschichte, hervorragend gespielt, mit charismatischen Kindern besetzt und äußerst sehenswert. Ich mag das sehr, wenn ich nach Filmen in einer traurigen, aber sanft-gelösten Stimmung bin, und „El último vagón“ liefert voll ab. (9/10)