Ein Krieg ist keine Sportveranstaltung, hat aber dennoch auch Regeln.
Kriegsverbrechen sind ja in den Genfer Konventionen geregelt.

Etwa die Tötung, Folter oder schwere Körperverletzung von Zivilisten und Kriegsgefangenen.
Oder die willkürliche Zerstörung oder Aneignung von Gegenständen.
Ebenso Vertreibungen, Geiselnahmen und "andere schwere Verstöße“.
Darunter fallen gezielte Angriffe auf zivile Objekte und humanitäre Hilfsmissionen.
Oder Plünderungen und die Verwendung von Giftwaffen.
Ebenso Vergewaltigung, Sklaverei, Zwang zur Prostitution, Einsatz von Kindersoldaten oder das gezielte Aushungern von Zivilisten.

ABER: nicht jeder tote Zivilist wurde auch zwingend widerrechtlich getötet.
Angriffe auf Städte, Dörfer oder Schulen oder selbst gezielte Tötungen sind keine Kriegsverbrechen, wenn sie militärisch gerechtfertigt sind.
Kriegsverbrechen sind es, wenn eine unnötige Zerstörung und ein Leiden zu Opfern führt, die den militärischen Nutzen übersteigen.

Kriegsverbrechen werden vom Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag verfolgt.
Es gibt dabei drei Indikatoren.
1) die Kriegsparteien müssen immer versuchen, zwischen ziviler und kriegsführender Bevölkerung zu unterscheiden.
2) Streitkräfte müssen mit verhältnismäßiger Gewalt auf einen Angriff reagieren.
Wird etwa ein Soldat getötet, ist es nicht verhältnismäßig, im Gegenzug eine ganze Stadt zu bombardieren
3) Schaden soll von der Zivilbevölkerung abgehalten oder so gering wie möglich gehalten werden

An der Formulierungen „versuchen“, „verhältnismäßige Gewalt“ oder „so gering wie möglich“ wird deutlich, dass nicht alle zivilen Opfer automatisch Teil von Kriegsverbrechen sind.
Werden von zivilen Häusern aus Truppen mit Panzerfäusten, Gewehren oder Molotow-Cocktails angegriffen, werden diese Häuser zu militärischen Zielen.
Der Angriff etwa auf Krankenhäuser oder Schulen kann militärisch gerechtfertigt sein, sollte dort etwa Militärgut eingelagert sein.
Oder sollten sich dort Truppenteile der gegnerischen Seite aufhalten, beraten, verstecken, etc.

Russland hat mit seinem Angriffskrieg gegen die Völkerrechtskonventionen verstossen.
Die Ukraine darf sich als angegriffener Staat laut "Römischen Statut" verteidigen.

Aber: weder Russland noch die Ukraine haben das "Römische Statut" bislang ratifiziert.
Rechtlich liegen sie daher beide nicht in der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichthofs.
Der ermittelt aktuell aufgrund einer Ad-hoc-Erklärung nach der Annexion der Krim im Jahr 2014.

Zitat von Lumich im Beitrag #450

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Möglicherweise wurde die Sinnfrage den meisten Soldaten sorgsam abtrainiert, aber nochmal: Mir fehlt es da an Vorstellungskraft, wie so etwas geht. Da bin ich offensichtlich zu weit weg von.

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Zitat von Sugate im Beitrag #442

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ich fand diese einstellung manchmal leicht ignorant, aber: ich muss mich bei den nachrichten erstmal ausklinken.

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Ich halte unsere gesamte Zivilisation in dieser Hinsicht für fragil, spätestens wenn es um das eigene Überleben geht oder man uns das glauben macht, ist der Steinzeitmensch in uns zurück.
Nach einigen Tagen Überlebenstraining beispielsweise verliert man aufgrund von Hunger schon jegliche Hemmung, ein Tier zu töten (inzwischen kein Bestandteil der Ausbildung mehr!), entsprechend lassen sich Menschen sicher auch manipulieren, wenn es um das Töten von Menschen geht.

Ich verstehe diese ganzen Irrlichter nicht, die jetzt behaupten, alles sei von der Ukraine gestellt und die Ukrainer sollen doch einfach kapitulieren. Vom Corona-Leugner zum Leugner von Kriegsverbrechen. Das ist so unfassbar. Wo ist man da falsch abgebogen? Und warum habe ich das Gefühl, die meisten von denen sitzen im Osten Deutschlands?

Ja, gerade bei Facebook ist das schwer erträglich und ja, vermutlich vorrangig im Osten, ansonsten scheint mir eine 90%ige Überschneidung mit Impfgegnern vorzuliegen, wenn man sich die Profile anschaut.

Andererseits stößt mir durchaus auch auf, wie schnell jetzt medial und auch auf Seiten der EU von einem "Massaker" und schlimmerem die Rede ist. Natürlich ist es wichtig, sich moralisch klar zu positionieren, aber wir dürfen im Angesicht moralischer Erregung nicht unsere Grundsätze verraten, es gibt einen guten Grund, warum Menschen jahrelang darin ausgebildet werden, basierend auf Zeugenaussagen, Foto- und Filmmaterial, Bodenanalyse, Satellitenbildern und vor allem Autopsien solche Anschuldigungen zu überprüfen.
Im schlimmsten Fall spielt man damit der russischen Propaganda sogar in die Hände, falls diese mit eigenen Aufnahmen belegen kann, dass ein großer Teil der nun aufgefundenen Toten bei Kampfhandlungen in den letzten Tagen gestorben ist oder sogar selbst in diese verwickelt war. Es ist ja nunmal nicht so, dass die Russen da einfach abgezogen sind, sondern die Ukrainer haben selbst bekannt gegeben, dass sie die abziehenden russischen Kräfte angegriffen haben (was legitim ist) und es dabei zu massiven Kämpfen in und um die Stadt kam.
Nicht falsch verstehen: Es gibt sehr schwerwiegende Indizien für Folter und gezielte Tötungen von Zivilisten durch die russischen Soldaten, außerdem gibt es mehrere dutzend, möglicherweise hunderte (auch da ist möglicherweise unklar, ob diese alle jetzt gestorben sind oder auch schon vor Wochen bei den schweren Kämpfen um die Stadt) Tote in den Straßen und Massengräbern. Daraus folgt aber eben nicht automatisch, dass im Rahmen von Massakern hunderte Zivilisten ermordet wurden, genau so lesen sich aber viele Berichte und Statements.

Die Unterscheidung ist schon wichtig, und ebenso wie bei Kriminalfällen ist Sorgfalt geboten in der Berichterstattung - das sehe ich ganz genauso. Bisher glaube ich zumindest, nur von „Hinweisen auf Massaker“ gelesen oder gehört zu haben, aber ich werde mal drauf achten.

Die Aufmacher sind schon fragwürdig, dass es ein Massaker gab, wird darin gar nicht mehr hinterfragt (willkürliche Auswahl):

Bild entfernt (keine Rechte)

Bild entfernt (keine Rechte)

Bild entfernt (keine Rechte)

Ja, schlampige Arbeit würde ich das mal nennen.

Ich würde sogar Kalkül unterstellen. Solche Signalworte sorgen für mehr Klicks.

Ich finde auch das Verhängen von schärferen Sanktionen grundsätzlich richtig, aber es ist zu früh, dies mit diesem "Massaker" zu begründen. Mir kommt dieses Urteil zu schnell

Human Rights Watch zumindest sieht es als ausreichend belegt an, und es sind viele Journalisten vor Ort.

Hier wird auf einer staatlichen russischen Seite auch recht konkret ein Genozid angekündigt. (Habe nur Auszüge auf Englisch gelesen, aber wer es interessiert, kann es sich sicher irgendwie übersetzen lassen)

https://ria.ru/20220403/ukraina-1781469605.html

Zitat von faxefaxe im Beitrag #462

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Human Rights Watch zumindest sieht es als ausreichend belegt an, und es sind viele Journalisten vor Ort.

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Ja, da hast Du wohl recht.

(Wobei sicherlich hunderte Menschen Kriegsverbrechen zum Opfer fielen, schon durch Bombardierung von Wohngebieten.
Aber hier geht es ja um ein mögliches Massaker während der Besetzung. )

Ja, absolut. Ich fürchte, insgesamt wird das am Ende des Krieges leider eine lange und gut belegte Liste an russischen Kriegsverbrechen ergeben.