Aber fürchtet euch nicht: Wie das so ist in der Kunst, spricht eine mögliche Interpretation eines Werkes keinesfalls anderen Varianten die Existenzberechtigung ab.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
In Teil 4 gibt es einiges, was diese Interpretation auch nochmal unterstützt. Irgendwo habe ich auch gelesen, dass der ursprüngliche Plan sogar war, dass im ersten Matrix-Teil eine Figur innerhalb der Matrix ein anderes Geschlecht haben sollte, als außerhalb, dass das aber von Warner Bros. verhindert wurde.
In Teil 4 geht das dann mit dem Geschlechterthema so weiter:
Thomas Anderson programmiert, wieder in der Matrix, an einem Computerspiel herum, dass „Binary“ heißt, aber einfach nicht fertig wird und „over budget“ ist, während sein Corporate Overlord von ihm nur Matrix 4 will. Währenddessen hat der neue Architekt der Matrix entdeckt, dass die Matrix stabiler läuft und mehr Energie freisetzt, wenn Neo und Trinity beide in ihr gefangen sind, sich sehen und begehren dürfen aber auf keinen Fall zusammenkommen dürfen. Die Trennung und ständige Anziehung zwischen den Geschlechtern setzt Energien frei, die vom System ausgenutzt werden. Im Laufe des Films dann stellen die beiden fest: In dieser neuen Matrix ist es nicht mehr der sehr maskuline Held Neo, der der Auserwählte ist, sondern sie sind es beide, die weibliche Seite nimmt sogar die Führungsrolle ein - am Ende ist es Trinity, die weibliche Seite des auserwählten Paares, die den beiden wieder das Fliegen beibringt. Am Ende ist es Trinity, die den Architekten/Analysten vermoppt. Er - ganz konservativer Patriarchat-Macho - fragt Neo provozierend „Can‘t you control her?!“. Am Ende ist die Lösung dann, dass Neo und Trinity Hand in Hand davon fliegen und den Himmel mit Regenbogenfarben bemalen wollen, um die Leute in der Matrix aus ihrer selbstgewählten Ahnungslosigkeit aufzurütteln. Dabei spielt im Hintergrund „Killing in the Name“ aber von einer Frau gesungen.
Ich habe das auch erst im Vorlauf des vierten Films zum ersten Mal aufgeschnappt. Ich halte das auch nicht für die seit jeher hochgehaltene, allgemeingültige Lesart. Viele Zuschauer werden, wie du und ich bis vor kurzem auch, einfach einen Film über Computersimulationen, freien Willen und Cybergoths in engem Latex gesehen haben.
Naja, ich hab von Anfang an die starken religiösen Untertöne gesehen, aber auf die Idee, dass der Film zusätzlich auch noch eine Metapher auf Geschlechtsfragen sein könnte, bin ich nicht gekommen.
Ich habe zum Beispiel nie ganz verstanden, was die religiöse Botschaft des Filmes eigentlich ist, auch wenn mir die biblischen Namen natürlich auch aufgefallen sind, und der Jesus-Engel-Neo am Ende von Teil 3.
Don‘t Look Up Das ist dann wohl der „Dr. Strangelove“ unserer Zeit. Mit absoluter Starpower erklärt uns Adam McKay in dieser gut geschriebenen Parabel, wie absurd die Klimawandelleugnung ist. Das ist schon zum großen Teil ziemlich lustig und auch ziemlich wahr, aber im Grunde auch eine etwas abgelutschte Botschaft. Mir kam das im Grundsatz etwas offensichtlich vor. Ich bin am Ende zwar amüsiert aber auch zynischer und nicht wirklich schlauer. Bei allem Witz ist da irgendwie wenig Weisheit (außer „Handeln! Jetzt!“) sondern vor allem Defätismus. Wer ein bitteres Lachen im Hals kleben bleiben haben möchte, der oder dem kann ich diesen Film sehr empfehlen. Wer so schon bitter genug ist ob der ganzen Klimanummer und sich machtlos fühlt, lässt vielleicht lieber die Finger davon.
Zitat von Olsen im Beitrag #4287Alfie Dieser Film wird mit zunehmender Länge ganz schön belastend. Michael Caine hin, Swinging Sixties her, es ist schwer, dieser furchtbaren Figur zwei Stunden dabei zuzusehen, wie sie Frauen miserabel behandelt und manipuliert. Es ist auch keine charakterliche Weiterentwicklung festzustellen, selbst wenn Alfie gegen Schluss mal ein oder zwei Sätze in diese Richtung fallen lässt. Kann man sich wegen der Stilistik mal ansehen, muss aber nicht. (5/10)
hm, also prinzipiell ist gegen die darstellung problematischer charaktere im film nichts einzuwenden, gut finden muss man es nicht und anstrengend kann es natürlich auch sein. jepp, alfie ist ein toxischer typ, der einen mit der direkten ansprache auch noch ständig versucht, auf seine seite zu ziehen und scheinbar unverbesserlich ist, aber ich finde der film lässt auch keinen zweifel daran, das er halt ein uneinsichtiges arschloch ist ... und dann konfrontiert er ihn doch mit einigen breitseiten (die taufe des halbbruders seines sohnes, die abtreibung, der jüngere im bett seiner geliebten, bei der er sich so gerne "zur ruhe gesetzt" hätte) und letztendlich bleibt ihm ein streunender hund. die charakterliche weiterentwicklung, die darauf folgt ist extrem subtil, aber auch realistisch, weil sich ein arsch wie alfie einfach nicht von einem auf den anderen augenblick umkrempeln lässt. vielleicht wird er das auch nicht, aber einen dämpfer hat er auf jeden fall verpasst bekommen. so läuft's halt und trotzdem ist der film total amüsant und michael caine eine wucht. gut, dass ich mich nicht habe abschrecken lassen.
Wenn ich es nicht in falsch in Erinnerung habe, kam der Film bei seiner Kinopremiere gar nicht so gut weg. Aber ich finde den wie alle Sofia Coppola Filme sehr ansprechend. Sie beobachtet wieder sehr schön und den Personen hat sie die nötigen Zwischentöne und Feinheiten überzeugend auf den Leib geschrieben. Bill Murray kommt erwartungsgemäß groß raus, aber auch Rashida Jones spielt ihre Rolle sehr toll. New York lässt sich natürlich leicht gut filmen, wird hier aber besonders schön inszeniert. Die Welt der Reichen hätte es für mich nicht unbedingt gebraucht, aber vielleicht trägt das an der Stelle einfach gewisse autobiografische Züge. Das Thema mit Geld und Erfolg wird in dem Film auch mal als problematisch angesprochen.
Der dritte Film von Miranda July (lange hat es gedauert) über nicht geliebte Kinder und diese eine verdammte Umarmung, nach der sich jede:r einmal im Leben sehnt. Verpackt wird das in einen Film über eine Familie von in Armut lebenden Trickbetrüger:innen, die irgendwann auf eine potenzielle Komplizin treffen, die mehr Zuneigung erhalten soll als die eigentliche Tochter, deren Name mehr über die Beziehung aussagt als alles andere (wird im Film erklärt). Nett. July darf wieder öfter Filme drehen.
Pig
Das ist der Film. Nicolas Cage will 90 Minuten sein Schwein zurück. Es geht um Trauer, Reue und was man im Leben wirklich braucht, aber im absoluten bare minimum an Film. Kann man deshalb ziemlich öde finden, klar. Zwei Bilder fand ich wirklich stark, eines davon ist das allerallerletzte. Das hätte mMn auch der ganze Film sein können, damit wäre alles erzählt.
Holla, ist das ein wuchtiges Ereignis. Anfangs fand ich den abstrakten Stil, die Mischung aus Theaterinszenierung und klassisch filmischer Mittel ein wenig anstrengend und vor allem distanzierend. Doch man gewöhnt sich recht schnell daran und dann erzeugt die Bildsprache eine immense Wirkung. Joel Coen hat hier einen beeindruckenden visuellen Stil aus Licht und Schatten gefunden. Keine Szene wirkt überladen, alles ist schlicht, aber dennoch ungemein bildgewaltig. Denzel Washington spielt Macbeth eindrucksvoll und Kathryn Hunter als Hexe(n) sorgt für einen ziemlich kalten Schauer. Zur Handlung muss man wohl nichts sagen, aber so düster wurde sie wohl noch nie eingefangen.