Es existieren Verfolgungsjagden, die im Gedächtnis bleiben, bspw. in Filmen wie "The French Connection", "Bullitt", "Ronin" oder "The Blues Brothers". Die Verfolgungsjagd in "Leben und Sterben in L.A." gehört sicherlich auch zu diesen Meilensteinen. Der Rest des Films ist ebenso unterhaltsam wie spannend und zeigt sich sehr zynisch in der Darstellung orientierungslos gewordener Menschen. Das Geldfälschergeschäft erscheint gut recherchiert, basierend auf einem Roman von Gerald Petievich (ehemaliger Special Agent beim Secret Service), der auch am Drehbuch mitwirkte. 8/10
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
Die Wannseekonferenz Eindrücklich. Regisseur Matti Geschonneck macht alles richtig, inszeniert kühl und sachlich und verzichtet vollständig auf Musik. Dadurch wirkt der Film schon fast dokumentarisch und verlässt sich vollständig auf sein (überwiegend gutes) Ensemble und die Dialoge. Wir wissen ja nicht im Detail, wie diese Gespräche ausgesehen haben mögen, aber man kann sich gut vorstellen, dass sie ziemlich genau so abgelaufen sind. Das Drehbuch arbeitet hervorragend heraus, dass sich diese Männer nicht nur hinter ihren bürokratischen Posten versteckt haben, sondern diese geradezu erfunden haben, um sich keiner direkten Verantwortung stellen zu müssen. Über die Ermordung von Millionen Menschen wird gesprochen wie über die Beschlussvorlage zu einer Umgehungsstraße. Und zwar inklusive des politischen Kompetenzgerangels. Je länger ich über den Film nachdenke, desto besser wird er. (8/10)
Zitat von Olsen im Beitrag #4473Die Wannseekonferenz Eindrücklich. Regisseur Matti Geschonneck macht alles richtig, inszeniert kühl und sachlich und verzichtet vollständig auf Musik. Dadurch wirkt der Film schon fast dokumentarisch und verlässt sich vollständig auf sein (überwiegend gutes) Ensemble und die Dialoge. Wir wissen ja nicht im Detail, wie diese Gespräche ausgesehen haben mögen, aber man kann sich gut vorstellen, dass sie ziemlich genau so abgelaufen sind. Das Drehbuch arbeitet hervorragend heraus, dass sich diese Männer nicht nur hinter ihren bürokratischen Posten versteckt haben, sondern diese geradezu erfunden haben, um sich keiner direkten Verantwortung stellen zu müssen. Über die Ermordung von Millionen Menschen wird gesprochen wie über die Beschlussvorlage zu einer Umgehungsstraße. Und zwar inklusive des politischen Kompetenzgerangels. Je länger ich über den Film nachdenke, desto besser wird er. (8/10)
dem kann ich mich vollumfänglich anschließen. ein harter brocken, aber man sollte ihn mal geschluckt haben.
Sehr nachgehen wird mir sicher die Szene kurz vor Schluss, als die Konferenz beendet ist und alle noch rumstehen und ein bisschen reden. Und dann endlich fallen diese bürokratischen Verklausulierungen weg, mit denen sie vorher neunzig Minuten rumgemacht haben, und sie sprechen Tacheles. Und uns als Zuschauern wird noch mal dick unterstrichen klar gemacht, dass sie genau wussten, was sie da beschlossen haben.
hab ich eigentlich immer als einen der schwächeren filme in nolans werk eingeordnet, wurde jetzt aber beim zweiten schauen eines besseren belehrt. ich habe zwar noch nie ein problem mit seiner art der kühlen inszenierung gehabt, aber dieser hebt sich schon deutlich von seinen arthouse-blockbustern ab, denn hier geht's ihm v.a. um die charaktere und ihre interaktionen, die er zwar auch mit einer gewissen distanz betrachtet und behandelt, aber man fühlt sich als zuschauer eher in die story "hineingezogen", sympathisiert, leidet, verabscheut gewisse handlungen, charakterzüge, etc.. ich empfinde das zwar nicht per se als qualität, aber nolan macht das auch mit einer gewissen meisterschaft und die hab ich wohl erst erkennen können, nach dem ich beim schauen nicht hauptsächlich auf das mysterium fixiert war, aber das ging mir eigentlich auch mit "memento" ähnlich.
reversal of fortune (barbet schroeder, 1990)
oder "die affäre der sunny von b." über ein gerichtsverfahren im upper class milieu gegen claus von bülow, der 1980 unter verdacht stand seine schwer drogen- und alkoholabhängige frau sunny umgebracht zu haben, bzw. zumindest ihren tod billigend in kauf genommen zu haben. das drehbuch basiert auf der schilderung durch den anwalt von bülows, der damit beauftragt wurde, den ursprünglichen schuldspruch in der revision zu kippen. der fall an sich ist - ehrlich gesagt - schnurzpiepe, halt so eine klatschpressentragödie ... aber: 1. auf eine art und weise inszeniert, dass das interesse dann doch ziemlich schnell geweckt wird, denn die montage von rückblenden, die darstellung der verschiedenen möglichkeiten, wie der tathergang gewesen sein könnte oder auch nicht, die undurchsichtigkeit der zeugen (und des vermeintlichen täters), das macht den zuschauer fast zwangsläufig zu einem mitglied des ermittlerteams des anwalts ... uuund: das ganz große 2. jeremy irons und glenn close, als das vom reichtum verdorbene und gelangweilte paar, das kaum miteinander, aber irgendwie auch nicht ohne einander kann ... dieses spiel ist so meisterhaft, dass einem die spucke wegbleibt. schade, dass nur irons dafür einen oscar bekommen hat. wirklich ganz ganz große kunst!
paris, je t'aime (diverse regisseure, 2006)
meines wissens der erste aus der "..., i love you" reihe (die es auch mit new york, rio, berlin, etc. gibt), also: rennomierte (meist arthouse-) regisseure steuern kurzfilme bei (hier 16 stück in knapp 2 stunden), die eben in jener stadt spielen und wohl für irgendwas stehen soll, das die stadt für die filmemacher repräsentiert. klar, dass ein durchwachsenes ergebnis dabei rauskommt. manches ist nichtssagend, manches fürchterlich klischeehaft (ganz schlimm: ein paar von pantomimen trifft und verliebt sich unter widrigen umständen - kitsch im quadrat von sylvain chomet und leider waren auch die beiträge von wes craven und alexander payne so malen-nach-zahlen-paris-porträts), aber es gibt auch highlights und die werden glücklicherweise mit fortgesetzter laufzeit häufiger, so dass man gerne dranbleibt. meine favoriten waren die beiträge von den coens (mit steve buscemi) und dem eigentlich hauptsächlich als kameramann tätigen christopher doyle (mit barbet schroeder), weil die so richtig schön drüber sind und eigentlich auf paris pfeifen, außerdem die von alfonso cuaron (mit nick nolte und ludivine sagnier) und tom tykwer (mit natalie portman), weil sie zwar die romantikschiene bedienen, aber das auf eine lustige und ideenreiche weise. auch gut: die vampirgeschichte von vincenzo natali (mit elijah wood und olga kurylenko) oder einfach so kurze aber sympathische spotlights wie die von gerard depardieu, olivier assayas oder gena rowlands. fazit: kein muss, aber insgesamt doch recht unterhaltsam.
Lustig, Paris, je t'aime hatte ich auch angefangen, mich dann aber umentschieden.
Der Geschmack von Rost und Knochen (F/B/SGP 2012, R: Jacques Audiard, D: Marion Cotillard, Matthias Schoenaerts) Eine Liebesgeschichte, ein Sozialdrama, eine ungute Vater-Kind-Beziehung. Der Belgier Alain zieht mit seinem Sohn zu seiner Schwester nach Frankreich, wo er als Türsteher, Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes und als Hinterhof-Fighter sein Geld verdient. Bei einem Türsteherjob lernt er die Orca-Dompteurin Stéphanie kennen - die kurze Zeit später bei einem Arbeitsunfall beide Unterschenkel verliert. Alain führt Stéphanie wieder in den Alltag zurück, gibt ihr neuen Lebensmut - und nach und nach entspinnt sich eine Freundschaft plus. Wie so oft gibt es dann den dramatischen Break, der die ganze Situation verändert. "Der Geschmack von Rost und Knochen" ist mit Sicherheit kein Feelgood-Movie, er hat auch zwischendurch ein paar Längen. Er erzählt aber auch eine interessante Freundschaft zweier Außenseiter. 7/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
rainer werner fassbinder & oskar roehler -> faust aufs auge. enfants terribles waren/sind sie beide auf ihre art, hoch ambitioniert ebenfalls, die unterschiede liegen im talent und können. das heißt aber nicht, dass roehler nicht auch gute filme machen kann (oder im falle der "unberührbaren" auch mal einen großartigen). der hier gehört immerhin zu seinen besseren. er fixiert sich dabei auf genie und wahnsinn fassbenders und (leider ein bisschen zu stark) auf seine männergeschichten, denn frauen haben ja eine durchaus bedeutende rolle in seinem leben und seiner arbeit gespielt, nur leider kommen sie hier zu kurz (und haben seltsamerweise fast alle andere namen bekommen, im gegensatz zu den herren, die in ihren rollen genau so heißen, wie im echten leben). gut hat mir hingegen das artifizielle, theaterhafte der inszenierung und der ausstattung gefallen und das schauspiel - allen voran natürlich die tour de force, die oliver masucci als rwf hingelegt hat, hary prinz als sein ewiger fußabtreter kurt raab und eva mattes in einem herzallerliebsten kurzauftritt als brigitte mira
the magnificent seven (john sturges, 1960)
hab ich in frühester jugend bestimmt mal zusammen mit papa angeschaut, aber keinerlei erinnerung mehr daran (sobald ein western lief, wurde so gut wie immer eingeschalten - und in den 70ern und frühen 80ern war das noch ziemlich oft). leider kenne ich die vorlage "die sieben samurai" von kurosawa immer noch nicht, aber ich könnte mir vorstellen, das wir es hier mit einer gewissen trivialisierung des stoffs zu tun haben, was nicht heißt, dass der film irgendwie dumm ist. nein, im gegenteil, die mischung aus action, drama und komödiantischen momenten halte ich für ziemlich gelungen. wenn's dann mal "philosophisch" wird, sollte man dann lieber nicht so genau hinhören, aber richtig störend wirkt sich das nicht wirklich aus und dann ist da natürlich dieser unschlagbare cast mit yul brynner, steve mcqueen, charles bronson, james coburn, eli wallach und fürs auge und die lachmuskeln unser allerliebster hotte buchholz (schmacht!).
the twentieth century (matthew rankin, 2019)
was zur hölle habe ich da gerade gesehen? das ist so ziemlich der abgefahrenste scheiß seit ... schlagmichtot. ein märchen in 10 akten über einen ambitionierten, aber leicht trotteligen burschen, der schon von der dominanten mutter in die wiege gelegt bekommen hat, einmal premierminister von kanada zu werden und das land ins 20. jahrhundert zu führen. da irgendwas nacherzählen zu wollen, ist ein hoffnungsloses unterfangen, da alles wirklich komplett grotesk ist. tim burton und terry gilliam mit ihren erwachsenenmärchen oder auch sein irrer landsmann guy maddin wären noch die naheliegendsten referenzen, aber auch die werden dem film nicht wirklich gerecht. auf jeden fall würde sich allein dafür das mubi-probeabo lohnen. aber schnell! der film ist nur noch 4 tage verfügbar.
Wild Bill - Vom Leben beschissen! (GB 2011, R: Dexter Fletcher, D: Charlie Creed-Mills, Will Poulter, Sammy Williams, Charlotte Spencer, Liz White, Leo Gregory, Neil Maskell, Iwan Rheon, Jason Flemyng, Jaime Winstone, Olivia Williams, Andy Serkis) Boah, der deutsche Neben-/Untertitel ist ja wieder mal beschissen. Denn besagter Wild Bill wurde nicht vom Leben beschissen, sondern hat das selbst getan. Mehr als acht Jahre saß er im Knast. Als er rauskam, macht er sich auf in seine alte Wohnung: Dort findet er nur noch seine beiden Söhne (15 und 11) wieder, die Mutter der beiden hat sich nach Spanien abgesetzt. Bill erkennt nach und nach - erst zwangsweise, später freiwillig -, dass er sein Leben ändern muss und seinen Söhnen ein guter Vater imn Rahmen seiner Möglichkeiten sein sollte. Dexter Fletcher ist, was die Regie angeht, ein Schüler Guy Ritchies. Schließlich hat er in dessen besten Filmen "Bube Dame König grAs" und "Snatch" mitgespielt und konnte ganz genau sehen, wie diese Mischung aus schrulligen Typen, cooler Musik und Erzählen einer Story funktioniert. Und so wirkt Fletchers Debüt auch wie eine Ritchie-light-Version. Pluspunkt: Fletcher nutzt wirklich den Song "The Watershed" von Mark Hollis im Soundtrack. 7/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Der Rausch Der Mensch wird mit einem 0,5 Promille Defizit geboren, also versuchen vier Lehrer das auszugleichen. Stellenweise witzig, traurig, tragisch. Faxe würde schreiben, hab ich ganz gern gesehen.
The Peanut Butter Falcon Indiefilm-Malen-nach-Zahlen, aber es kommt ein ganz brauchbares Ergebnis mit einigen schönen Szenen dabei heraus. Ob es unbedingt noch gewalttätige Rednecks gebraucht hätte, lasse ich mal dahingestellt. (7/10)