das geschreibsel zu den restlichen filmfestbeiträgen will mir nicht so recht von der hand gehen, daher erstmal, was ich seitdem sonst so gesehen habe:
fight club (david fincher, 1999)
nachdem ich den letzten re-watches immer weniger abgewinnen konnte, war ich diesmal doch wieder recht angetan. manchmal muss man einfach zeit verstreichen lassen, um die qualitäten eines films wieder schätzen zu lernen. vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass ich zur zeit auch ganz gerne alles in die luft jagen möchte (und dabei "where is my mind" hören).
kimi (steven soderbergh, 2022)
ein kleiner, straighter thriller, der einfach nur ein kleiner, straighter thriller sein möchte, nicht abstreitet, bei "rear window" oder "copykill" abzukupfern, aber gerade deshalb so gut ist ... und zoe kravitz auch, die den film fast im alleingang trägt. blau ist eine warme farbe und soderbergh wieder in form.
licorice pizza (paul thomas anderson, 2021)
endlich. ich glaube, anderson, wie sein namensvetter wes in seinen letzten filmen, hat den hier gedreht und eine teenage-romanze drumherum gebaut, um wahnsinnig viele wahnwitzige ideen, beknackte szenen und ganz viel perfektes zeit- und lokalkolorit (l.a. in den 70ern) hineinzupacken. für mich ist das völlig legitim und hat mich ein wenig an einen anderen lieblingsfilm - "wiener dog" von todd solondz - erinnert. großartig!
la voce della luna (federico fellini, 1990)
noch so ein meister des wahnwitzes und sein letzter abendfüllender spielfilm. und er hat nochmal alles reingepackt, was ihn auszeichnet, als hätte er ein statement bzw. testament abgeben bzw. -legen wollen: das verschwimmen von traum und realität, philosophische betrachtungen und soziale analyse mit kindlichem blick, perfekt choreographiertes statistengewusel, hochartifizielle setdesigns und eben wahnwitz, dass es kracht. vielleicht kracht es hier ein wenig zu laut und plakativ, um die qualität solcher meisterwerke wie "8 1/2" oder "le notti di cabiria" zu erreichen, aber selbst dieser eher marginale eintrag in seiner filmographie ist immer noch ein genuss.
vfw (joe begos, 2019)
and the wahnwitz continues ... . diesmal mit diesem üblen b-movie, der wohl die apokalyptische variante von "assault on precinct 13" sein will ... oder unfreiwillig ist. eine junge frau, deren schwester von einem drogenbaron in den tod getrieben wurde, klaut ihm den stoff, der für einen großangelegten deal vorgesehen war, wird erwischt und flüchtet in den treffpunkt der vfw (veterans of foreign wars) und gemeinsam müssen sie sich dann gegen eine horde thugs zur wehr setzen. gleich zu beginn wird ein schädel gespalten und damit ist der tonfall des films gesetzt. es splattert also munter weiter, die veteranen - angeführt durch stephen lang - dürfen die üblichen alte-toughe-männer-sprüche absondern - es ist ekelhaft, ... aber halt auch ziemlich unterhaltsam und wer an übertriebener gewalt seinen spaß hat, kommt ordentlich auf seine kosten.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #4861licorice pizza (paul thomas anderson, 2021)
endlich. ich glaube, anderson, wie sein namensvetter wes in seinen letzten filmen, hat den hier gedreht und eine teenage-romanze drumherum gebaut, um wahnsinnig viele wahnwitzige ideen, beknackte szenen und ganz viel perfektes zeit- und lokalkolorit (l.a. in den 70ern) hineinzupacken. für mich ist das völlig legitim und hat mich ein wenig an einen anderen lieblingsfilm - "wiener" von todd solondz - erinnert. großartig!
Ich hab den jetzt endlich auch gesehen, hab mir dafür sogar die BluRay gegönnt. Der macht schon Spaß zu sehen, allerdings würde ich ihn nicht zu den besten Filmen zählen, von P. T. Anderson. Völlig unverständlich waren für mich die Oscar-Nominierungen für Sean Penn (der hat ihn sogar bekommen), Tom Waits und Bradley Cooper. Jedem von denen gönne ich das, aber die große Ausnahmeleistung konnte ich jetzt nicht feststellen - bei Cooper vielleicht noch am ehesten. Wäre der Film nicht so verdammt gut gemacht, würde man ihn schnell vergessen. Der Inhalt spielt diesmal keine große Rolle. Es geht eher um die Verrücktheit und die Nostalgie. Beides fängt Anderson brilliant ein, und mehr ist eigentlich nicht zu sagen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
paul schrader: je oller, je doller. nun ja, wie man's nimmt. nach zwei wahnsinns-drehbüchern für scorsese (*taxi driver" & "raging bull"; später dann noch "the last temptation of christ" und "bringing out the dead") und einem eigenen lauf als regisseur in den späten 70ern/frühen 80ern (blue collar, hardcore, american gigolo, cat people, mishima) mäanderte seine karriere mit hits and misses vor sich hin, bis er mit "dog eat dog" (2016) wieder einen recht passablen film hinbekommen hat und dann mit "first reformed" (2017) ein meisterwerk hinlegte. und "the card counter" steht dem kaum nach. oscar isaac spielt einen ex-soldaten, der als folterknecht des irak-kriegs als sündenbock herhalten musste und für jahre in den knast wanderte, sich dort das glücksspiel beibrachte und fortan durch die casinos zieht, um routiniert seinen lebensunterhalt zu bestreiten. dass dabei so gar nix stimmt, merkt man schnell und nachdem er vom sohn eines ex-kameraden angesprochen wird, der rache für den selbstmord seines vaters und seine verkorkste jugend will, nimmt das schicksal seinen lauf. zu den vorangegangenen ereignissen wird so gut wie nix erklärt (es gibt nur ein paar albtraum-sequenzen), es gibt fast nur die gegenwart, die seltsame dreiecksbeziehung zwischen isaac, tye sheridan und tiffany haddish und willem dafoe als antagonisten und damit ist es gut. es bleibt jede menge raum für eigene gedanken, interpretation und weiterspinnen der story. und das rechne ich schrader hoch an. dass er seinem publikum genau das zutraut.
martyrs (pascal laugier, 2008)
so, hab ich das also auch mal hinter mich gebracht. was bleibt ist erschütternde leere und entsetzen über die niedertracht und dummheit dieses films. laugier dachte wohl, wenn man torture porn stylish verpackt und mit einem subtext versieht, der - wie man ihn dreht und wendet - absolut keinen sinn ergibt, erhebt ihn das als film aus dem horrorkosmos. nö, eben nicht. wenn gerade keine unerträgliche gewalt stattfindet, langweilt er kolossal mit szenen und einstellungen, die wahrscheinlich intensiv sein sollen, aber einfach nur banal sind (z.b. das folteropfer zerrt minutenlang an den ketten, mit denen sie gefesselt ist, die wiederholten zwangsfütterungen, etc.pp.). einer der schlechtesten filme, die ich je gesehen habe.
the man standing next (min-ho woo, 2020)
koreanischer polit-thriller, der eine episode dieses geschundenen landes nachzeichnet, in dem es nach einer periode der relativen beruhigung und demokratisierung, durch die korrumpierung der eliten und vor allem der unwidersprochenen herrschaft des immer despotischer agierenden präsidenten zugeht, als hätte sich nix geändert. der geheimdienst-chef, hin- und hergerissen zwischen der loylität zu seinem ehemaligen weggefährten und dem willen, das grausame schicksal, das dieser für sein land vorgesehen hat, abzuwenden, laviert zwischen pflichterfüllung und gewissensentscheidung hin und her. dieser konflikt, dargestellt mit nüchternem spiel, wunderschönen bildern, in stringenter inszenierung macht den film aus. so desillusionierned, wie großartig.
ich mag die sparks, ich mag die (meisten) filme von leos carax und ich mag adam driver und marion cotillard und ich mochte die ersten 3 minuten von "annette", in denen o.g. personal in einem beschwingten song ankündigt, dass es jetzt gleich losgeht. dann setzt sich driver aufs motorrad, um zu seinem auftritt als "comedian" zu fahren und cotillard in eine limousine, die sie zur oper bringt, in der sie die attraktion schlechthin ist. und mittels ihrer auftritte werden ihre charaktere gleich mal ausgestellt - er sonderbar, irgendwie unheimlich und v.a. überhaupt nicht lustig (man fragt sich, warum dieser typ so gefeiert wird), sie die reinheit und unschuld in person (auch wenn man sie später beim cunnilingus und beim pissen beobachten darf) - und damit sind sie für die restlichen 2 stunden festzementiert. dann bekommen sie ein kind, gespielt von der schwester von chucky, der mörderpuppe. die ist zwar etwas freundlicher, aber fast genauso creepy und dann gibt's nur noch tragödie und verwerfliches auf schultheaterniveau - moralkeule inklusive. und das alles wird fast ausschließlich gesungen, aber die songs haben nichts von der kreativität und dem witz, den man von den sparks gewohnt ist. meistens werden in repetetiver manier bedeutungsschwangere verse skandiert - musikalische qualität: nicht vorhanden. einzig visuell hat der film was zu bieten, aber was hilft's, wenn das drehbuch strunzdoof ist und das geträller an den nerven sägt. ich bin da nur dabei geblieben, weil ich es einfach nicht glauben konnte, dass unter beteiligung all dieser - normalerweise verlässlichen - größen wirklich so etwas desaströses entstehen könne. ich wurde eines besseren belehrt.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #4864er sonderbar, irgendwie unheimlich und v.a. überhaupt nicht lustig (man fragt sich, warum dieser typ so gefeiert wird
die wundersame welt des louis wain/ will sharpe, 2021
wtf?! mag sein, dass ich mir etwas anderes vorgestellt habe, aber das gesehene war ent-setz-lich. einen stoff, der so viel düsteres und gebrochenes mit sich bringt, in dieser form zu verfilmen... nun, das muss man erst einmal bringen. der film beginnt als trottelkomödie im staubigen jane austen-setting und vermag sich über seine gesamtlänge auch nicht mehr zu retten, schade drum. fast wirkt es, als wäre all dies nur gedreht worden, um im nachgang katzenbildchen verkaufen zu können. ein elfmeter, meilenweit am tor vorbeigeschossen. 2/10
Ich hab gestern einen davon angeschaut. "Quo vadis, Aida" ging aber nicht so an mich, wie ich erwartet hatte. Ich glaube, das lag viel an der Synchronisation. Man redet Englisch und Niederländisch in den anderen Rollen, aber die arme Hauptfigur bekommt wieder diesen furchtbaren deutschen Studisound übergestülpt. Seufz.
Zitat von Olsen im Beitrag #4870Ich hab gestern einen davon angeschaut. "Quo vadis, Aida" ging aber nicht so an mich, wie ich erwartet hatte. Ich glaube, das lag viel an der Synchronisation. Man redet Englisch und Niederländisch in den anderen Rollen, aber die arme Hauptfigur bekommt wieder diesen furchtbaren deutschen Studisound übergestülpt. Seufz.
ja, das ist ein bisschen doof. nichtsdestotrotz fand ich den film sehr sehenswert.
und sonst so:
nebenan (daniel brühl, 2021)
kammerspiel von und mit daniel brühl, der ein bisschen sich selbst spielt und peter kurth, sein nachbar, die sich scheinbar zufällig in der kneipe treffen, kurz bevor brühl zu einem wichtigen casting aufbrechen muss und so nach und nach entspinnt sich ein raffinierter plot, aus dem niemand ungeschoren rauskommt. wurde komischerweise oft als vanity project von brühl denunziert, aber hey, wieviel eitelkeit kann in so einem kleinen film stecken und sowohl die figur, die er darstellt, als auch das was sie repräsentiert (nämlich schauspieler à la brühl) kommen dabei besonders gut weg. man kann ihm zwar - fünf mal um die ecke gedacht - einen strick daraus drehen, muss man aber nicht. ich hab mich auf jeden fall köstlich unterhalten gefühlt.
the rainmaker (francis for coppola, 1997)
ja, die zeiten von "the godfather", "the conversation" und "apocalypse now" waren vorbei, aber ein solides gerichtsdrama nach john grisham mit thriller-elementen sowie komödiantischem einschlag hat er auch jahre später noch ganz gut hingekriegt, v.a. auch dank toller schaupielerischer leistungen von matt damon, danny devito, mickey rourke, und john voight.
les revenants (robin campillo, 2004)
der etwas andere "zombie"-film. es ereignet sich eine massenweise auferstehung von toten, die in keiner weise bösartig agieren, aber trotzdem ziemlich seltsam sind. ihre angehörigen versuchen, wieder eine beziehung mit ihnen aufzubauen, aber irgendwas stimmt nicht. ein film, der viele rätsel aufgibt und fragen stellt und das ist dem thema tod, trauer, wiederauferstehungsglaube sehr angemessen. der wird mir noch eine zeitlang im hirnkastel herumgeistern.
la fine fleur (pierre pinaud, 2020)
hab ich, wie andernorts erwähnt, wegen catherin frot ausgewählt, kitsch vermutet, aber glücklicherweise nur ein erträgliches maß davon bekommen. für eine aktuelle französische feel-good-komödie ist da nämlich noch genügend pfeffer und subversion enthalten, damit man es sich darin nicht allzu gemütlich machen kann.
Ich weiß, du hast es nicht mit Serien. Aber die auf diesem Film basierende würde ich dir doch wärmstens ans Herz legen wollen.
ja, die würde mich auch interessieren, aber auf prime kostet sie extra und noch einen streaming-anbieter will ich mir auch nicht aufhalsen. meine watchlisten platzen eh schon aus allen nähten. da bräuchte ich noch ein extraleben für.
um es kurz zu machen: nutzer, die diesen film schauten, schauten auch "conan der barbar". unfreiwillig komisch, "ich bin olga aus dem birkenwald" wird in meinen sprachschatz eingehen.
tick, tick… BOOM! Musicalfilme haben bei mir leichtes Spiel, ich mag dieses Genre einfach. Und wenn es dann noch ein Musical ÜBER ein Musical ist, wie viel besser kann es werden? Andrew Garfield spielt (und singt) fabelhaft, auch der Rest des Ensembles überzeugt auf ganzer Linie. Sie alle bringen einem auf lustige und zum Schluss hin traurige Art das kurze Leben dieses begabten Menschen näher. Und wenn ich dran denke, kommen mir schon wieder die Tränen. Ganz toller Film. (9/10)