eine familiengeschichte - was sonst? drei schwestern erfahren, dass ihr vater, der sich vor langer zeit aus dem staub gemacht hat, gestorben ist. sie fahren trotzdem zu seiner beerdigung und erfahren, dass sie eine 12jährige halbschwester haben, zu der sie schnell einen draht aufbauen und laden sie ein, zu ihnen zu ziehen und sie nimmt die einladung an, da sie in ihrem eigentlichen heimatort nichts mehr hält. der haushalt dieser 4 schwestern ist das thema des films und das erscheint erstmal ziemlich unspektkulär, aber koreeda wäre nicht koreeda, wenn er das nicht mit tollen charakterzeichnungen und signifikanten interaktionen der protagonistinnen aufladen würde. ein oberflächlich vor sich hin mäandernder film, der aber - wie immer - viel stoff zur reflektion bietet und sich nahtlos in sein oeuvre einfügt.
agora (alejandro amenabar, 2009)
ok, ein sandalen-film. die erwartungen waren trotz der durchaus lobenswerten werke des regisseurs, "the others" und "the sea inside" relativ gering. aber gerade wenn man kontemporäre beiträge dieses genres berücksichtigt ("troja", "alexander"), hat "agora" doch ein bisschen mehr zu sagen. es geht um hypatia (rachel weisz), eine gelehrte, die im 4. jahrhundert n. chr. in alexandria lehrte. das aufstrebende christentum hatte allerdings keinen bock auf 1. jemanden, der ihre lehren in frage stellt und 2. eine frau, die was drauf hat. auch wenn sie die gunst des amtierenden (zum christentum konvertierten) präfekten orestes (oscar isaac) hatte, gegen den spirituellen führer kyrill (ein heiliger!) hatte sie keine chance. wie auch immer, in diesem film wird keine partei eingenommen. "heiden", christen, juden - alle haben schuld auf sich geladen - und dass eine frau darunter gelitten hat, ist nur all zu konsequent.
hoje eu quero voltar sozinho (oder "heute gehe ich allein nachhaus", daniel ribeiro, 2014)
coming out/of age-geschichte eines blinden teenagers aus sao paulo - unsentimental, aber sehr berührend erzählt. kein meisterwerk, aber doch sehr viel richtig gemacht. sehr lohnender und schöner film.
figaros wölfe (dominik galizia, 2017)
irre avantgarde-film-scheiße - genauso gaga wie faszinierend. man versteht nix, aber es passiert einiges und es gibt vieles, worüber es sich nachzudenken lohnt. ein bisschen wie diese off-theaterstücke, in die ich früher gerne gegangen bin (zu denen ich aber in letzter zeit den draht verloren habe). und franz rogowski ist dabei!
Promising Young Woman (2021) Kein Film, wenn man sowieso gerade unglücklich ist, aber eindeutig ein Film, den man nicht einfach abbrechen kann ... Zur Handlung kann ich nicht viel schreiben, ohne des Spoilerns bezichtigt zu werden, daher nur so viel: Ein überzeugender Rape-&-Revenge-Thriller mit besonderem Dreh. Intensiv, anrührend, frustrierend, leider viel zu nah an der Realität. Eindeutige Empfehlung.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
vui zvui zeigs für gscheide reviews, daher nur eine enttäuschende auflistung mit meinen imdb-bewertungen und die eine oder andere randbemerkung dazu:
der dunkle kristall (jim henson, frank oz, 1982) 7/10 (als damals 12jähriger fand ich den ziemlich creepy; heutzutage begeistert immerhin noch das creature design und das world building)
the housemaid (kim ki-young, 1960) 8/10 (vorlage zum 2010er remake [und diesem schwer überlegen] und inspiration für bong-joon hos "parasite" und das merkt man und das erfreut)
jimmy's hall (ken loach, 2014) 7/10 (historisches aus irland, einige jahre nach "banshees of inisherin" spielend [1932] und daher eine gute ergänzung dazu, aber ein völlig unterschiedlicher film - für ken loach-verhältnisse aber eher solide als brilliant)
the good girl (miguel arteta, 2002) 7/10 (mir bisher völlig unbekannte indie-perle mit einer begeistenden jennifer aniston, der man mit einer mischung aus amüsement und verachtung dabei zusehen kann, wie sie sich in die scheiße reitet, plus einer tollen weirdo-performance von jake gyllenhall)
the beta test (jim cummings, pj mccabe, 2021) 8/10 (cummings dritter film nach "thunder road" und "the wolf of snow hollow" und sein weirdester bis jetzt - eine erotikthriller/hollywood-satire zum fremdschämen und kaputtlachen. cummings ist einer der besten zur zeit!)
pass over (spike lee, 2018) 8/10 (ein abgefilmtes theaterstück, das "warten auf godot" in die gegenwart eines chicagoer ghettos holt, beeindruckend inszeniert, gespielt und gefilmt. anstrengend, aber faszinierend)
teenagers from outer space (tom graeff, 1959) 5/10 (sci-fi-trash über eine alien-invasion, ohne teenager oder aliens, dafür aber mit einem monsterhummer, vielen, vielen skeletten und billigsten effekten, aber irgendwie rührend und äußerst amüsant)
the last time i saw macao (joao pedro rodrigues, joao rui guerra da mata, 2012) 7/10 (dokumentarisch anmutender thriller, in dem regisseur nr. 2 nach jahren nach macao zurückkehrt, um eine befreundeten drag-queen aus einer nicht näher definierten gefährlichen verstrickung zu retten. sehr essayistisch angelegt, ohne stringenten plot, aber mit tollen bildern der mir bisher unbekannten stadt. irgendwie undurchdringlich, hat mich aber komplett reingezogen)
mouchette (robert bresson, 1967) 9/10 (und dann wieder dieses staunen darüber, wie bresson aus so einer einfachen geschichte, spärlichsten dialogen und auch sonst minimalistischster herangehensweise ans filmemachen sooo viel raus holt, dass einem nur noch die spucke wegbleibt. was für ein genie!)
Om Shanti Om (IND 2007, R: Farah Khan, D: Shah Rukh Khan, Deepika Padukone, Arjun Rampal, Kirron Kher, Shreyas Talpade) Ich habe das fast dreistündige Werk auf zwei Abende verteilt und war doch überrascht. Ich weiß nicht, ob das immer so ist, aber ich hatte das Gefühl, dass hier die Bollywood-Filmerei mit ganz viel Augenzwinkern betrachtet wird. Dazu gibt es ein wenig Mystery, ein wenig Krimi. Und eine Tanzdarbietung mit allen Größen Bollywoods. Ein Fan werde ich mit Sicherheit nicht. Aber hat auch nicht wehgetan. Und gerade am Anfang habe ich doch ein paar Mal lauthalt lachen müssen. 6/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Der dunke Kristall ist kostenlos bei Netflix und steht auf meiner Liste.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
die geschichte von karl koch, einem hacker und verschwörungsgläubigen, der sich für geld von den sowjets zur spionage instrumentalisieren ließ - zunächst aus "idealistischen" gründen, um als gegengewicht zum amerikanischen imperialismus zu fungieren, zusehends aber um seinen hedonistischen lifestyle incl. kokainsucht zu finanzieren. seine krude weltsicht samt paranoia ist hervorragend dargestellt - allen voran durch die performance von august diehl. ein politisch wie künstlerisch großartig umgesetztes sujet - sowas war und ist im deutschen kino so selten wie lobenswert.
cycling the frame/the invisible frame (cynthia beatt, 1988/2009)
tilda swinton fährt mit dem fahrrad die berliner mauer entlang - 88' die tatsächliche innerhalb westberlins, '09 mal auf der westseite, dann wieder im osten (das was davon übrig ist). das ist faszinierend, denn manchmal sieht man parallelen, meistens aber die extremen unterschiede - dabei wird absolut keine wertung vorgenommen. tilda kommentiert das durch ihren stream of conciousness, der hier und da auf den punkt ist, dann wieder rätselhaft, auf jeden fall aber poetisch. ganz wunderbar!
salvador (oliver stone, 1986)
kriegssituationen und deren zwiespältigkeiten darzustellen - kaum jemand hat das jemals so gut hingekriegt wie oliver stone. und mit diesem film hat er die blaupause dafür geliefert. zunächst geht es komödiantisch los (fast wie in "fear and loathin in las vegas"), aber mit all dem chaos und der groteske - die dich als zuschauer für sich einnimmt - kriegt er dich, sobald es ans eingemachte geht. warum? zum teufel? geht es nie um die kleinen leute? weil es dem kapital einfach scheißegal ist. und das stellt stone aus. immerhin!
The Menu fand ich schön konsequent und ansprechend bösartig seiner kritisierten Bevölkerungsgruppe gegenüber. Ich verleihe feierlich 9 von 10 Pacojets und rufe: We love you, Chef!
Aya und die Hexe ist der erste Studio Ghibli-Film mit 3D-Animation und bekommt reihum aufs Maul, mir hat er ganz gut gefallen. Die erwähnte Animation kommt jedoch niemals über das Niveau einer Kinderkanal-Produktion hinaus und wäre als klassischer Zeichentrickfilm auch möglich gewesen. 7 von 10 Puddings.
The Last Shift (2014) Nein, nicht die Komödie, sondern die ziemlich gelungene B-Horror-Perle. Eine junge Polizistin muss an ihrem ersten Tag direkt mal eine Nachtschicht in einer gerade aufgegebenen Polizeiwache verbringen und dort auf die HAZMAT-Leute warten, die potenziell infektiöse Beweismittel zur Vernichtung karren sollen. Dummerweise ist auch noch Jahrestag eines schrecklichen Verbrechens, bei dem ein Charles-Manson-artiger Sektenführer und seine Jüngerinnen mehrere Leute brutal abgeschlachtet haben - unter anderem den Vater unserer Heldin, der dort im Polizeieinsatz war. Es dauert denn auch gar nicht lange, bis es in der weitestgehend leeren Wache zu spuken beginnt. Man sieht, dass der Film nicht der teuerste war, aber dafür sind sowohl Schauspielleistung, als auch Effekte wirklich gelungen. Die Masken sind sogar ausgesprochen beängstigend und der Score passend. Ein bisschen viele Schockeffekte sollen vermutlich über Schwächen im Drehbuch hinwegtäuschen, aber insgesamt funktioniert dieser Film - zumindest für mich - sehr gut. Beängstigend!
Triangle of Sadness (2022) Eine Empfehlung einer Freundin, die auch der Liebste unbedingt sehen wollte. Nachdem ich "The Square" schon recht gern mochte, nahm ich an, nichts falsch zu machen. Richtig! Eine unterhaltsame Satire auf Reiche, Schöne & die, die es vielleicht mal werden. Und noch vieles mehr, wenn auch vielleicht nicht ganz so viel, wie die Kritik draus machen will. Was soll man zur Handlung sagen? Vielleicht nur so viel: Das Pärchen Carl und Yaya, beide Models, erleben erst ihre seltsame Influencer-Modewelt, dann eine surreale Kreuzfahrt und schließlich eine Art bizarren Neuanfang.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
The Banshees Of Inisherin Das ist mal ein eigenwilliger Film. Bin mir nicht sicher, ob die verschiedenen Tonalitäten in Handlung und Dialog zueinander passen, aber ich musste anschließend noch länger über das Ding nachdenken. Ein gutes Zeichen. Was will mir McDonagh mitteilen? Ich weiß es nicht. Fand den aber nahbarer als "Three Billboards" und vor allem "Seven Psychopaths" und verleihe feierlich 8 von 10 Fingern. Es lohnt sich schon alleine für die tollen Bilder aus Irland.