Black Narcissus Sehr interessanter Film! Wenn ich vorher nicht gelesen hätte, was das zentrale Thema ist, hätte ich es eventuell nicht verstanden, es findet sehr codiert statt oder über Symbolik. Selbst, wenn man das ignoriert, bekommt man eine eigenartige angespannte Atmosphäre, tolle Setdesigns und sehenswerte Bilder in schönen Farben. So eine Revolution wie Technicolor könnten wir inzwischen wieder gut brauchen, wo so viele Filme hinter einem digitalen Grauschleier verschwinden, der alles gleich aussehen lässt. Wie dem auch sei, ich sollte mehr Filme von Powell/Pressburger schauen, "The Red Shoes" mochte ich auch schon. 8/10
Erst hat er Angst, dann fängt er Feuer: Normalerweise meide ich deutsche TV-Produktionen wie der Teufel das Weihwasser, aber wenn Fernsehliebling Bjarne Mädel seinen Einstand als Regisseur gibt, drücke ich noch mal beide Augen zu. Im Erstling präsentiert sich Sörensen als eine Art ungewaschener Adrian Monk. In der ersten halben Stunde gibt es noch den ein oder anderen Schmunzler, danach wird der Tonfall, wie es der Fall verlangt, stetig erntshafter. Die Figuren sind immer hübsch dran am Klischee, sodass das Debüt kaum mehr ist als ein Krimi auf Tatort-Niveau, aber einer, der einen schalen Geschmack im Mund hinterlässt. Der Zweitling macht bereits im Vorspann klar, dass man hier formal wie inhaltlich mehr will als nur einen Neuaufguss: Die Titelfigur setzt gleich zu Beginn seine Tabletten ab, was Bjarne Mädel Gelegenheit gibt, seinen Sörensen hier zwischendurch mal laut lospoltern zu lassen, und das ist ein Riesenspaß. Großes Lob gibt es außerdem für die genaue Figurenzeichnung, die Charaktere sind selten sympathisch, aber durchweg glaubwürdig. Das Ergebnis ist ein Film...wie formuliere ich das jetzt so, dass es keiner versteht...ein Film, der ein wenig aussieht wie Lars von Trier auf deutsch. Teil 3 darf gerne kommen.
6,5/10 8/10
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Shoplifters - Familienbande (J 2018, R: Hirokazu Kore-eda, D: Lily Franky, Ando Sakura, Matsuoka Mayu, Kiki Klin) Was bedeutet Familie? Diese Frage hat sich Hirokazu Kore-eda wohl schon bei "Vater und Sohn" 2013 gestellt und sie für "Shoplifters" ausgearbeitet. Das Ehepaar Osamu und Nobuyo lebt mit der Oma, einer Tochter und einem Sohn auf engstem Raum zusammen. Sie leben von der Witwenrente der Oma und ein paar schlecht bezahlten Jobs. Osamu und Sohn Shota verüben deshalb Ladendiebstähle. Auf dem Heimweg von einem, entdecken sie die kleine Yuri auf einem Balkon sitzend und nehmen das offenbar misshandelte Kind mit - und bieten ihm Geborgenheit. Was bedeutet Familie? Ist es die Blutsverwandschaft? Rechtlich gesehen ja. Aber ist Familie nicht auch eine Gruppe von Menschen, in der man sich wohl fühlt? In der man respektvoll miteinander umgeht, einen jeden achtet und schätzt? Die Familie Shibata in diesem Film ist genau so ein Fall. Dass noch viel mehr hinter der Fassade der einzelnen Personen steckt, sollte auch klar sein. 8/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von Mory im Beitrag #6341Nach einem Flugzeugabsturz. Unter Schock. Ohne passende Kleidung oder Ausrüstung. Ohne Vorräte. Ohne Karte. Ohne auch nur die geringste Ahnung, wo genau du gerade bist. Mit zahlreichen Verletzten, die versorgt werden müssen. Im Hochgebirge.
Am Ende mußten ja doch welche loslaufen. Dann kann man das ja auch gleich am Anfang machen. Hätte ich in beiden Fällen (wenn ich aktiv werde oder passiv bleibe) eine Überlebenschance von 50:50, würde ich mich für den aktiven Part entscheiden. Natürlich hat man gut reden, aber ich kenne mich selbst genug. Ich hätte da nicht rumsitzen und warten können. Da ich aber nie in die Situation kommen werde, das zu beweisen, ist das Spekulieren darüber natürlich müßig.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #6349 Am Ende mußten ja doch welche loslaufen. Dann kann man das ja auch gleich am Anfang machen.
Warten ist aber in der Regel in so einem Fall in den ersten 72 Stunden rationaler, schließlich finden Suchtrupps leichter ein Flugzeugwrack als einen einzelnen Menschen, der benommen und orientierungslos durchs Unterholz stapft. Dazu kommt je nach Region die Gefahr durch wilde Tiere, die man in der Gruppe und mit Hilfsmitteln sowie ggf. Feuer besser auf Distanz halten kann. Erst nach einigen Tagen ist loslaufen die rationalere Option.
Wie gesagt: es ist alles müßig. Werde hoffentlich nie in eine derartige Situation kommen, vor allem, da sich die Beweisführung aufgrund meines eingeschränkten Allgemeinzustands nicht einfacher gestalten würde.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Ja, ich bräuchte das auch nicht. Hatte in Mali ein paarmal den Gedanken, was wohl passiert, wenn der Hubschrauber abstürzen würde. War da teilweise der einzige Bewaffnete an Bord und wir waren hunderte von Kilometern vom nächsten Ort entfernt, der noch von der Regierung kontrolliert wurde. Da war schon gut Nervenkitzel im Spiel, aber landschaftlich natürlich super.
"Talk To Me" bietet alles, was man sich von einem Horrorfilm wünschen kann: originelle Ideen, gute Schauspieler (allen voran Sophie Wilde), diverse Jumpscares, wachsendes Grauen und ein starkes Gefühl der Allegorie. Ein guter Horrorfilm, der einem Gänsehaut bereitet ...
"Talk to me ..." (Mia)
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
tja, so ist das oft mit den herzensprojekten. man merkt, dass da herzblut drinsteckt, aber vor lauter überambition kommt leider nur murks raus. in diesem fall immerhin nicht kompletter, aber da hat sich wayne definitiv verhoben. statt einer straighten inszenierung der schlacht um alamo - mit tollen bildern, tollen schauspielern (wayne selbst, richard widmark, laurence harvey) und deren konflikte untereinander, guter musik und einem spektakulären endkampf - muss ein nebenschauplatz nach dem anderen bespielt und pathetisch-gestelzte dialoge abgesondert werden, die vollkommen deplaziert wirken. wie gesagt, keine totale gurke, aber wayne hätte dann doch besser beim schauspiel bleiben sollen.
Herr Bachmann und seine Klasse (D 2021, R: Maria Speth, mit: Dieter Bachmann) Ich hatte tierischen Respekt vor der Laufzeit. 3:37 Stunden! Also ein normaler Scorsese, nur ohne Schießereien. Aber ich war auch neugierig. Wie eben schon in "Moin Moin" geschrieben: Die ersten 20 Minuten war ich etwas irritiert über den pädagogischen Ansatz, weil er für eine Gesamtschule doch eher ungewöhnlich ist. Dieter Bachmann, Lehrer einer sechsten Klasse im hessischen Stadtallendorf, musiziert mit den Kindern, übt mit ihnen Jonglage, beendet einen Schultag auch schon mal 15 Minuten früher. Aber viel spannender: Er redet viel mit den Kindern, von denen die meisten einen Migrationshintergrund haben. Fragt sie über ihre Herkunft, ihre Familie. Er ist zwar immer Autoritätsperson, aber eben so gut es geht auf Augenhöhe, zeigt Wertschätzung - und er hinterfragt Aussagen und das Verhalten der Schüler. Er geht dem Warum nach. Das fand ich sehr beeindruckend. Und die 217 Minuten vergingen wie im Flug. 9/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ein kleiner, dreckiger Thriller mit echtem Mitternachtsfilm-Appeal und einem gut aufgelegten Patrick Stewart. Saulnier ("Blue Ruin") sorgt mit Sinn für Authentizität für einen recht gelungenen Indie-Grindcore-Abend ...
"I am Odin himself!" (Pat)
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
Ich hab irgendwie nicht mehr so viel Lust, Kritiken zu schreiben, merke ich in letzter Zeit. Hab jedenfalls "Quigley Down Under" gesehen, zum ersten Mal seit 30 Jahren: 8/10.
Das einzig Gute an der Flugannullierung: Ich konnte dann heute Abend noch einen Film bei Arte schauen, bevor er ausläuft...
This Is England (GB 2006, R: Shane Meadows, D: Thomas Turgoose, Stephen Graham, Jo Hartley, Joe Gilgun, Andrew Shim, Vicky McClure) England 1983. Ein Pulverfass. Ein Krieg, der kritisch gesehen wird. Hohe Arbeitslosigkeit. Und Schuld haben die Ausländer. So einfach ist die Welt von Skinhead Combo. Und damit packt er den zwölfjährigen Shaun bei der Ehre. Der hat im Falkland-Krieg seinen Vater verloren, wird gehänselt von den Mitschülern. Skinhead Woody, der mit Politik wenig am Hut hat, ermöglicht ihm erstmals ein Zugehörigkeitsgefühl. Das wird durch die Rückkehr Combos aus dem Knast jäh gestört. Die Gruppe trennt sich - und Shaun schließt sich dem unberechenbaren Nazi an. Shane Meadows taucht nicht tief ein in die Skinhead-Szene bei der Verarbeitung eigener Erlebnisse. Er zeigt aber schon die verschiedenen Strömungen auf. Es ist aber vielmehr das Porträt von Shaun, dargestellt von Schauspielneuling Thomas Turgoose. Der Junge will nicht mehr, als irgendwo dazuzugehören und sucht einen Ersatz für seinen Vater. Dabei wird er schneller erwachsen, als er gucken kann. 8/10
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed