Walter White war ja bewusst so angelegt, dass man ihn und sein Handeln am Anfang (!) noch verstehen konnte - zumindest die Intention, seine Familie abzusichern. Hud Boone ist von Anfang an ein Arschloch.
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A Complete Unknown Dylan-Biopic von der Ankunft in New York bis zum Newport Newport Festival 1965, auf dem er ins Elektrische wechselte und einen Skandal auslöste. Das ist schon alles nette Unterhaltung, popkulturelles Historienkino im Stile von Biographien wie „Walk the Line“ oder „Ray“. Gut gestaltet, schaubildartig inszeniert, stark verdichtete aber durchaus funktionierende Dramaturgie. Man erfährt eigentlich nichts Neues. Dylan wird als enigmatischer Charakter dargestellt, wie es sein Klischee anscheinend verlangt, ohne da viele Deutungen anzubieten, wodurch die Person merkwürdig eindimensional bleibt. Das gilt eigentlich für die meisten Figuren – was zumindest bei Pete Seeger tatsächlich sogar irgendwie spannend ist. Chalamet spielt das schon sehr gut, bis zum letzten Nuschler, aber ich finde es immer schwierig, solche Imitationen zu bewerten.
The Brutalist Ein jüdischer Architekt, Bauhausschüler, überlebt den Holocaust, geht nach America und soll nach anfänglichen Startschwierigkeiten ein monumentales Projekt für einen eifersüchtigen Mäzen umsetzen. Dabei muss er erfahren, dass der amerikanische Traum seine Grenzen hat und Antisemitismus ihn auch im neuen Leben verfolgt. Der Film schreit nach „episch“ und „Oscar“. Und visuell wird er dem auch absolut gerecht. Die Bildsprache ist neu, beeindruckende Bilder und spannende Perspektivwechsel interagieren mit den klaren Linien der titelgebenden Architektur. Aber wenn man „There will be Blood“ sein will, dann reicht es einfach nicht, die Laufzeit auf dreieinhalb Stunden (!) aufzublasen. Dann braucht man eben auch Figuren, die das tragen, und eine entsprechende Story. Das fehlt aber leider. Die Personen sind relativ schnell auserzählt und entwickeln sich nicht mehr, die Handlung schleppt sich ab einem bestimmten Zeitpunkt mühsam dahin.
A Real Pain Zwei Mittdreißiger, Cousins, die zusammen aufgewachsen sind, aber deren Wege sich irgendwann getrennt haben, reisen gemeinsam auf den Spuren ihrer jüdischen Großmutter eine Woche nach Polen. Der Ausflug entwickelt sich zur Therapiesitzung, in der Familienbeziehungen und geerbte Traumata bearbeitet werden. Natürlich ist das alles nicht neu. Die Story lebt von den unterschiedlichen Charakteren, Eisenberg spielt (einmal mehr) den introvertierten, sicherheitsfixierten Biedermann, Culkin den extrovertiert-emotionalen Slacker. Im Gegensatz zu so vielen Filmen und Romanen der letzten Zeit wirkt der Roadtrip aber nicht wie ein erzwungen-absurdes Vehikel, sondern funktioniert als glaubhafte Dramaturgie. Das ist alles behutsam und schwungvoll erzählt, an den richtigen Stellen witzig oder dramatisch. Polen im Sommer sieht gut aus. Und Culkins Oscar-Nominierung gerechtfertigt, auch wenn ich nicht verstehe, warum er Nebendarsteller sein soll. Hat mich berührt. Und der Film zeigt endlich mal wieder, dass es keine zwei Stunden für einen guten Film braucht.
A plein temps (Julie – Eine Frau gibt nicht auf) Julie versucht als alleinerziehende Mutter, ihren stressigen Job in Paris, eine laufende Bewerbung auf eine andere Stelle, den Streik der Verkehrsgesellschaft und die Kinder unter einen Hut zu bekommen. Ein Kredit sitzt ihr ebenfalls im Nacken. Das ist die Handlung. Klingt langweilig? Ist aber ultraspannend. Ein treibender Score und eine hervorragende Inszenierung, ganz zu schweigen von der tollen Leistung der Hauptdarstellerin Laure Calamy, sorgen für ein packendes Filmerlebnis. Julies Stress überträgt sich voll auf den Zuschauer. So krass ist das wahre Leben und ich hab die ganze Zeit mitgezittert, ob das halbwegs gut ausgeht. 8/10
Like a Complete Unknown (USA 2024, R: James Mangold, D: Timothée Chalamet, Edward Norton, Elle Fanning, Monica Barbaro, Boyd Holbrook) 141 Minuten, die wie im Flug vergehen. Ein Hauptdarsteller, der sich jahrelang auf die Rolle vorbereitet hat und wie Norton, Barbaro und Holybrook selbst singen. Und ein Regisseur, der es schafft, packend die Wandlung vom netten Folk-Bobby zum Eigenbrötler Bob Dylan zu erzählen. Timothée Chalamet, den ich in den "Dune"-Filmen als Leader nicht ernst nehmen kann, spielt den Dylan großartig. Edward Norton ist ebenfalls toll. Boyd Holbrook hat die Lacher als Johnny Cash auf seiner Seite und in Monica Barbaro als Joan Baez habe ich mich vom ersten Augenblick an verliebt. Und für jemanden wie mich, der die Musik Dylans in den 60ern fantastisch findet, ist das natürlich ein Traumfilm. Wie berauscht bin ich aus dem Kino gekommen, hatte zwischendurch Tränen in den Augen, weil die Chemie zwischen Chalamet und Barbaro bei den Duetten stimmt und ich ergriffen war. Dass sich vielleicht nicht alles so zugetragen, wie erzählt, dass einiges vielleicht romantisiert wird - geschenkt. Ich war geflasht und gebe zunächst eine 10/10 (und habe die Freundin schon darauf vorbereitet, dass ich den Film in zweieinhalb Wochen noch einmal sehen will).
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Cuckoo Fieses kleines Horrofilmchen aus deutschen Landen, eigenwillig und abgedreht und sogar ein bisschen gruselig. Dan Stevens hat offensichtlich Freude an seiner Rolle, diese Hunter Schafer scheint auch recht begabt. Optisch ist das Ding international konkurrenzfähig, vor allem die Nachtaufnahmen sind geil. 7/10
Du hast offenbar nie "Euphoria" gesehen, da hat Hunter Schafer ja eine größere Rolle.
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Der neue Film von Bong Joon Ho spielt in einer dystopischen Zukunft, in der ein mittelloser Verlierer auf der Flucht vor einem brutalen Kredithai, sich freiwillig meldet für ein Besiedlungsprogramm auf einem fernen Planeten als "Expendable", also als jemand, der nach "Gebrauch" schnell entsorgt und neu geklont werden kann, jeweils mit den Erinnerungen des Vorgängers. Durch einen Fehler gibt es plötzlich dieselbe Person zweimal, was augenblicklich zum Problem wird.
Mit rabenschwarzem Humor wird hier eine zynische Gesellschaft gezeichnet, in der neue Dimensionen von Ausbeutung praktiziert werden. Die Siedler-Expedition wird angeführt von einem Ex-Politiker, der von seinen Anhängern wie ein Sektenführer verehrt wird. Die Parallelen zu Donald Trump sind unübersehbar, auch wenn Mark Ruffalo ihn in seinem Spiel nicht imitiert.
Robert Pattinson überzeugt in der Darstellung beider Mickeys, die sich charakterlich unterscheiden. Die Charaktere von Stephen Yeun und Toni Collette sind, wie Mark Ruffalo, stark comichaft gezeichnet, wie viele andere auch. Das erinnert in seinem Humor und seiner Ästhetik an "Snow Piercer". Schmunzeln musste ich über die kleine Nebenrolle von Thomas Turgoose, den man von dem Film und der gleichnamigen Serie "This Is England" kennt. Britische SchauspielerInnen sieht man, wenn mein Gefühl mich nicht trügt, immer häufiger in Hollywood-Produktionen.
139 Minuten sind vielleicht etwas lang. Die Filme von Bong Joon Ho haben (fast?) immer eine gesellschaftskritische Message. Ob diese oder doch eher die zahlreichen Action-Elemente hinterher den größeren Eindruck hinterlassen, mag vom Betrachter abhängen. Intellektuell überfordert wird hier sicherlich niemand. Der Film macht Spaß, so viel kann man sagen.
Komme auch gerade aus dem Kino. Mickey 17 ist definitiv unterhaltsam, aber irgendwie dann doch recht platt. Pattinson spielt gut, aber der Humor ist manchmal doch ein bisschen vorhersehbar. Und auch die Message ist deutlich weniger interessant (und irgendwie plump) im Vergleich zum deutlich nuancierteren „Parasite“. Mir war Ruffalo tatsächlich zu viel Trump-Imitation.
wahnsinn, wie ein thema/ereignis wie der terroranschlag auf das israelische olympiateam 1972, das ja schon hundertmal durchgenudelt, verfilmt und abgefrühstückt scheint, filmisch nochmal dermaßen spannend und intellektuell anspruchsvoll umgesetzt werden kann, obwohl man zu wissen denkt, was für eine scheiße da abgelaufen ist. aber aus der perspektive des fernsehteams von abc, das die erste live-übertragung von olympischen spielen bewerkstelligt hat, ergibt sich nochmal eine ganz andere sichtweise auf die ereignisse - und die fällt nicht gut aus. ich will das nicht spoilern, aber so viel dazu: die praxis der hautnahen berichterstattung, die emotionen einfordert, um einschaltquoten zu generieren, kommt nicht sehr gut weg. und das alles wurde mit eine dringlichkeit und einem spannungsaufbau inszeniert, dass es einen in den kinosessel presst, obwohl man ja weiß, wie beschissen das alles ausging. große kunst ist das - mit tollen schauspielern (john magaro, peter sarsgard, ben chaplin und - mal wieder - die großartige leonie benesch) - ein kleines großes spektakel, das einen mit größter nachdenklichkeit hinterlässt.
ghost world (terry zwigoff, 2001)
was? über 20 jahre ist das schon wieder her? aber klar, scarlett johansson war damals noch eine teenagerin - thora birch gerade noch so, aber die trägt diesen film fast im alleingang, als totale misfit, die nach abschluss der high school absolut keinen plan hat und es sich zur aufgabe gemacht hat, den supernerd seymour (auch superb: steve buscemi) an die sonnenseite des lebens zu führen, auch wenn sie ihr eigenes dabei total abfuckt. der liebevolle umgang mit den figuren ist natürlich zu einem großen teil der vorlage in daniel clowes' großartiger graphic novel geschuldet, aber wichtig ist auch, dass zwigoff das in seinem film absolut adäquat (wenn nicht sogar eine spur besser) umgesetzt hat. humor und tragödie halten sich hier so eine wunderbare balance - es ist zum heulen schön.
Hamilton (USA 2020, R: Thomas Kail, D: Lin-Manuel Miranda, Phillipa Soo, Leslie Odom Jr., Renée Elise Goldsberry) Endlich geschafft. Aber ich hätte es mir denken können: Musicals und ich. Und dann auch noch 160 Minuten. Und dann auch noch über einen der amerikanischen Gründerväter. Das ist schon objektiv alles ganz cool. Rap und R&B sind modern für ein Musical. Aber es ist ein zweieinhalbstündiges Text-Gewitter, das anstrengt. Ich mach's kurz. Ich hab' irgendwann abgeschaltet, weil es mir zu viel war, erkenne aber die Leistung an und gebe freundliche 6/10.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von JackOfAllTrades im Beitrag #6979Like a Complete Unknown (USA 2024, R: James Mangold, D: Timothée Chalamet, Edward Norton, Elle Fanning, Monica Barbaro, Boyd Holbrook) 141 Minuten, die wie im Flug vergehen. Ein Hauptdarsteller, der sich jahrelang auf die Rolle vorbereitet hat und wie Norton, Barbaro und Holybrook selbst singen. Und ein Regisseur, der es schafft, packend die Wandlung vom netten Folk-Bobby zum Eigenbrötler Bob Dylan zu erzählen. Timothée Chalamet, den ich in den "Dune"-Filmen als Leader nicht ernst nehmen kann, spielt den Dylan großartig. Edward Norton ist ebenfalls toll. Boyd Holbrook hat die Lacher als Johnny Cash auf seiner Seite und in Monica Barbaro als Joan Baez habe ich mich vom ersten Augenblick an verliebt. Und für jemanden wie mich, der die Musik Dylans in den 60ern fantastisch findet, ist das natürlich ein Traumfilm. Wie berauscht bin ich aus dem Kino gekommen, hatte zwischendurch Tränen in den Augen, weil die Chemie zwischen Chalamet und Barbaro bei den Duetten stimmt und ich ergriffen war. Dass sich vielleicht nicht alles so zugetragen, wie erzählt, dass einiges vielleicht romantisiert wird - geschenkt. Ich war geflasht und gebe zunächst eine 10/10 (und habe die Freundin schon darauf vorbereitet, dass ich den Film in zweieinhalb Wochen noch einmal sehen will).
Ich kann jedes Wort unterschreiben, und auch ich werde ihn wohl nochmal ansehen. Die letzten 30-40 Minuten sind der Wahnsinn.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Hush...Hush, Sweet Charlotte (Robert Aldrich, 1964)
Robert Aldrich taucht seinen betörenden Mystery-Thriller "Wiegenlied für eine Leiche" in schwarz-weiße Schlagschatten, die dem Film seine düstere, an einen Albtraum angelehnte Grundierung verleihen. Bette Davis zeigt in ihrer Rolle der Charlotte das nötige Pathos ... Agnes Moorehead ist als Haushälterin brillant ... aber es ist Olivia de Havilland, die hier besonders heraussticht und den Film so sehenswert macht.
Olivia de Havilland erhielt die Rolle übrigens erst, nachdem Joan Crawford (man munkelt wegen vorgetäuschter Krankheit) ausgeschieden war ... die Dreharbeiten waren da bereits im Gange und mussten für eine ganze Weile unterbrochen werden.
"You're my favorite living mystery." (Harry Willis)
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)