Zitat von Lumich im Beitrag #267Dass die Hamas auf lange Sicht einen Großteil seiner Gunst einbüßen könnte, halte ich jedoch für möglich.
Das glaube ich nicht. Der Haß auf Israel ist einfach zu groß, da spielt es keine Rolle mehr, wer da noch was sagt. Dann wechselt man unterstützungstechnisch halt zur Hisbollah oder zum islamischen Jihad, hauptsache Ummah.
Denn laut Umfrage war der Hass auf Israel am 6.10. nicht so blind, dass man einfach irgendwem hinterhergelaufen wäre. Auf die nächste Messung bin ich sehr gespannt. Da kann es durchaus einen Backlash geben - wäre menschlich ja auch verständlich. Man sitzt ja nicht in Gaza, verliert Verwandte und Freund*innen und denkt sich: "ja gut, was sonst hätte Israel sonst tun sollen?"
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Ich ertappe mich derzeit gelegentlich bei dem Gedanken, ob ein demonstrativ pazifistisches Nichtreagieren Israels mit Ausnahme von Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln (und Verstärkung des Grenzschutzes zum Gazastreifen) via Türkei und Katar nicht ein erfolgreicher Überraschungscoup gewesen wäre, der die Strategie der Hamas komplett konterkariert hätte. Aber diesen Ansatz hätte Netanjahu innenpolitisch vermutlich nicht verkaufen können und ja, zumindest der Raketenbeschuss aus Gaza muss ja trotzdem militärisch unterbunden werden, da kann man nicht auf langfristige Verhandlungen setzen.
Ich glaube, das hätte man innenpolitisch wirklich nicht verkaufen können. Gleichwohl hätte es sicherlich etwas gebracht - zumindest mehr als das massive Bombardement jetzt. Wenn ich mir vorstelle, dass Luxemburg (random ausgewähltes kleines Nachbarland) Deutschland abgrundtief hassen würde und Terroristen tausende Menschen hierzulande massakriert hätten, kann ich mir nicht vorstellen, dass Deutschland in der Folge pazifistisch reagiert hätte. Vor allem, wenn so undurchsichtig ist, wo sich diese Terroristen aufhalten, weil ganz Luxemburg untertunnelt wäre.
Was ich so aus Israel mitkriege, sind selbst linke Israelis aktuell für die Bombardierungen - es geht im Grunde nur um das Ausmaß. Ich kann euch in den sozialen Netzwerken übrigens sehr Felix Tamsut empfehlen. Israelischer Sportjournalist, der in Köln lebt und sehr differenziert (aber dennoch emotional) über das Ganze berichtet und immer wieder interessante Dinge teilt.
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Krasser Vorschlag, eine Terrorgruppe 1200 Leute massakrieren zu lassen, und dann zu sagen: "Reagieren wir mal gar nicht, um sie zu überraschen." Schwäche zu zeigen, ist, glaube ich, auch nichts, was sich Israel in der Bedrohungslage leisten kann.
ich finde es tatsächlich krasser dass israel offensichtlich nur den hammer als antwort für alle probleme zu haben scheint. wie harari es formuliert hat: das jetzt sind nur versuche die vergangenheit zu ändern/dinge zu begleichen, man vermisst den blick in die zukunft.
Hat es nicht. Die Hammer-Antworten sind halt bloß diejenigen, die hierzulande überhaupt wahrgenommen werden.
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Zitat von faxefaxe im Beitrag #277Krasser Vorschlag, eine Terrorgruppe 1200 Leute massakrieren zu lassen, und dann zu sagen: "Reagieren wir mal gar nicht, um sie zu überraschen." Schwäche zu zeigen, ist, glaube ich, auch nichts, was sich Israel in der Bedrohungslage leisten kann.
Ich bin bei der Thematik ja grundsätzlich einer Meinung mit dir und ja, dass eine Nicht-Reaktion v.a. in der arabischen Welt als Schwäche verstanden werden kann, das Risiko sehe ich auch. Aber da die Hamas mit dem Angriff primär das Ziel verfolgt hat, jeglichen Friedens- und Aussöhnungsprozess (auch zwischen Israel und Saudi-Arabien etc.) zu torpedieren und global viele Muslime mit neuem Schwung gegen Israel aufzustacheln, dann ist ihnen das ja nun auch dank der soliden israelischen Reaktion exakt gelungen. Und was kommt nach der Zerstörung der Hamas und der Tötung ihrer Führung? Deren größte Konkurrenten um die Macht im Gazastreifen sind ja nicht die Fatah sondern noch radikalere Gruppen mit Nähe zum IS und Al Qaida.
Israel hat sich ja im Grunde immer nur für einige Jahre wieder Luft zum Überleben verschafft. Das könnte auch diesmal gelingen. Im Idealfall nutzt man diesmal die Zeit. Eine Nichtreaktion hätte meiner Meinung nach zum einen zu weiteren Angriffen ermuntert, und zum anderen erforderlich gemacht, dass diese noch spektakulärer ausfallen, bis Israel dann doch reagiert. Spätestens bei öffentlicher Tötung der Geiseln wäre Israel ja schon in Zugzwang gewesen.
Wenn eine, ohne jeden Zweifel, überlegene Militärmacht sich nicht für einen Großangriff entscheidet, ist das dann wirklich eine Nichtreaktion? Es ist nicht so, dass ich eine bessere Lösung hätte, aber so richtig besonnen kommt mir die Reaktion Israels, bei allem Verständnis, nicht vor.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von faxefaxe im Beitrag #282 Eine Nichtreaktion hätte meiner Meinung nach zum einen zu weiteren Angriffen ermuntert, und zum anderen erforderlich gemacht, dass diese noch spektakulärer ausfallen, bis Israel dann doch reagiert. Spätestens bei öffentlicher Tötung der Geiseln wäre Israel ja schon in Zugzwang gewesen.
Ich fürchte, dass die Hamas gegenüber dem eigenen Zielpublikum durch die israelische Militäraktion jetzt exakt die moralische Rechtfertigung zur Tötung der Geiseln bekommen hat, die sie sich erhofft hat. Erst unbewaffnete Zivilisten massakrieren, dabei Frauen, Kinder sowie Alte entführen und dann trotz massiver israelischer Zurückhaltung auch noch bestialisch umbringen, das hätte (neben beträchtlicher Zustimmung, so pessimistisch muss man wohl sein), sicherlich durchaus auch zu Ablehnung in breiten Kreisen der muslimischen Welt aber auch im pro-palästinenschen Milieu weltweit geführt.
Und ja, ich fürchte auch, dass es Israel vor allem darum geht, jetzt wieder drei Jahre relativer Ruhe zu haben, aber eine Vision für eine dauerhafte Lösung des Konflikts sehe ich nicht (nicht falsch verstehen, 70% der dafür nötigen Wegstrecke sehe ich auf palästinensischer Seite, nicht auf israelischer).
Im besten Fall - egal, ob Israel zurückschlägt oder nicht - behalten sie die Geiseln über Jahre als Pfand gefangen. Da sie eine Reaktion Israels erzwingen wollten, hätten sie aber natürlich keine Skrupel, die Geiseln umzubringen, bis Israel reagiert. Der Is hat sich auch nicht um sein Image in der arabischen Welt gesorgt.