Zitat von gnathonemus im Beitrag #4213the power of the dog (jane campion, 2021)
ich kann immer noch nicht objektiv über diesen film berichten, weil er mich so mitgenommen hat, wie schon lange keiner mehr. man fühlt wirklich mit jedem einzelnen charakter mit. mit bendict cumberbatch als unverstandenem helden und außenseiter in westernland, jesse plemons, der versucht, die zivilisation auch endlich mal im wilden westen zu etablieren und dort auch mal die liebe gewinnen zu lassen, kirsten dunst ist eh die größte, wie sie das verdammt triste schicksal der frauen vor ort darstellt, aber der unumstrittene anti-held ist (nach "slow west") kodi smit-mcphee, zunächst total unsicher, aber später flamboyant, wie es seiner natur entspricht. das ist alles so großartig - schaut es euch an!
Da kann ich nur zustimmen. Plemons und Dunst sind ohnehin das coolste Hollywood-Paar seit Bogey und Bacall. Kodi Smit-McPhee sollte nur dringend mehr essen. Aber mal im Ernst: Campion liefert mal wieder alles ab, wofür man sie liebt. Sie seziert Geschlechterrollen mit viel Liebe zu den Charakteren, ohne zu verurteilen. Ganz großes… äh… Bezahlfernsehen.
ehrlich gesagt kenne ich mich mit campions werk gar nicht mal so gut aus. ansonsten kenne ich nur "das piano" und "ein engel an meiner tafel". hättest du (oder sonst jemand) noch weitere empfehlungen?
plaire, aimer et courir vite (aka "sorry angel", christophe honoré, 2018)
spielt in einer zeit als die aids-krise zwar nicht mehr in ihrer hysterischsten phase war, aber die stigmatisierung immer noch grassierte und die behandlungsmöglichkeiten beschränkt waren. der nicht mehr ganz junge schriftsteller jacques (pierre deladonchamps aus "l'etranger du lac"), der in komplizierten verhältnissen, mit exfreund, platonischem freund, fickfreund, ex-frau und sohn lebt, hiv-infiziert und in einer schaffenskrise, verliebt sich in einen erheblich jüngeren (vincent lacoste), der auch nicht so recht weiß, was er will. die beziehung, die sich daraus entwickelt, ist logischerweise auch ziemlich problematisch, on/off-like, mal distanziert, mal leidenschaftlich, es wird philosophiert, herumgealbert und gestritten, es gibt schicksalsschläge, unbeschwerte momente und das verfickte, unerbittliche virus. das ist alles so wahrhaftig, bei aller tragik so komisch wie warmherzig und so fabelhaft gespielt, dass man den film einfach lieben muss. gibt's in der arte-mediathek. unbedingt gucken!
the jacket (john maybury, 2004)
"jacob's ladder" meets "source code"? na ja, nicht so ganz, aber einerseits bedient er sich bei dem einen und nimmt ein bisschen von dem anderen vorweg und elemente von "dead zone" sind auch darin - ist also nicht gerade der originellste film, aber interessant und recht spannend ist er allemal und mit adrien brody, keira knightley, kris kristofferson, jennifer jason leigh und daniel craig hervorragend besetzt. kein must-see aber ein recht solider psycho-thriller allemal.
glengary glen ross (james foley, 1992)
visionäre tour de force, die den turbo-kapitalismus der new economy gnadenlos ausstellt und wie dieser die zwischenmenschlichen beziehungen von kollegen ruiniert, die irgendein schwachsinniges produkt an den mann oder die frau bekommen müssen, um nicht im abseits zu landen. die wortgefechte zwischen den kontrahenten zermürben dich als zuschauer, aber letztendlich muss das so. und wenn sie von solch einer darstellerriege (al pacino, ed harris, jack lemmon, kevin spacey, alan arkin, jonathan pryce, alec baldwin) dargeboten wird, ist das bei aller frustration, die einem die story bereitet, ein ganz großer genuss.
Nach geschätzt 17 Jahren hab ich mir mal wieder Wild at Heart angeschaut. Ich weiß auch nicht so recht. Ich bin großer Lynch-Fan, aber irgendwie kann ich mit diesem Werk nicht sonderlich viel anfangen. Klar, Willem Dafoe als Bobby Peru ist hervorragend, Harry Dean Stanton sowieso, Laura Dern auch. Selbst an Nicolas Cage hab ich eigentlich nichts auszusetzen. Was ich (als absoluter TP-Nerd) sehr mag sind die kurzen Auftritte einiger Twin Peaks-Darsteller aus den 90er-Staffeln.
Die Story ist was mich stört. Irgendwie will kein richtiges "Feeling" aufkommen und alles wirkt auf mich irgenwie gewollt, aber nicht gut umgesetzt. Als Roadmovie bevorzuge ich dann tatsächlich Lynch's "The Straight Story", auch wenn der natürlich in eine ganz andere Kerbe schlägt.
lustig, "wild at heart" war lange zeit der einzige lynch, mit dem ich überhaupt was anfangen konnte (neben "blue velvet", das ich aber nie so recht mochte). irgendwann hat sich die "straight story" dazugesellt, und im test of time dann auch um längen gewonnen. aber ansonsten hat mich lynch nie erreicht.
plaire, aimer et courir vite (aka "sorry angel", christophe honoré, 2018)
spielt in einer zeit als die aids-krise zwar nicht mehr in ihrer hysterischsten phase war, aber die stigmatisierung immer noch grassierte und die behandlungsmöglichkeiten beschränkt waren. der nicht mehr ganz junge schriftsteller jacques (pierre deladonchamps aus "l'etranger du lac"), der in komplizierten verhältnissen, mit exfreund, platonischem freund, fickfreund, ex-frau und sohn lebt, hiv-infiziert und in einer schaffenskrise, verliebt sich in einen erheblich jüngeren (vincent lacoste), der auch nicht so recht weiß, was er will. die beziehung, die sich daraus entwickelt, ist logischerweise auch ziemlich problematisch, on/off-like, mal distanziert, mal leidenschaftlich, es wird philosophiert, herumgealbert und gestritten, es gibt schicksalsschläge, unbeschwerte momente und das verfickte, unerbittliche virus. das ist alles so wahrhaftig, bei aller tragik so komisch wie warmherzig und so fabelhaft gespielt, dass man den film einfach lieben muss. gibt's in der arte-mediathek. unbedingt gucken!
Wüsste nicht, was man dieser treffenden Beschreibung noch hinzufügen sollte, außer vielleicht, dass der Film auch mit einem geschmackvoll ausgewählten Soundtrack zu Gefallen weiß. Wir sind hier ja immerhin in einem Musikforum. Hat mir also auch ausgesprochen gut gefallen.
Ein weiterer Klassiker von Fritz Lang: M- eine Stadt sucht einen Mörder (1931). Hervorragender früher Tonfilm, der stilistisch nichts mit der Monströsität und dem dennoch viel zitierten und visionären Film Metropolis zu tun hat (den ich dennoch liebe). Stattdessen geht es bei dem Krimi um einen Kindermörder, der Paranoia vor der Machtergreifung (jeder verdächtigt jeden) und um die Todesstrafe. Hier der komplette Film: https://www.rbb-online.de/film/mediathek...en-moerder.html
Nomadland (2020) - Erwartbar hinreißend, nicht nur wegen der mal wieder phantastischen Frances McDormand. Sie war auch diejenige, die ursprünglich die Rechte auf eine Verfilmung des Buches erwarb, um sich dann Chloe Zhao als Regisseurin auszusuchen, um den Film zu verwirklichen.
Man hätte dieses Portrait einer durch Marginalisierung entstandenen Subkultur leicht als Sozialdrama inszenieren können. Es war den Macherinnen offenbar ein großes Anliegen, trotz aller Widrigkeiten, die diese Menschen zu erleiden haben, diese nicht als Opfer darzustellen, sondern deren Optimismus und deren Solidarität herauszustellen. So untypisch es für eine US-Amerikanischen Produktion sein mag, nicht die Geschichte von Gewinnern zu erzählen, so typisch amerikanisch ist es wiederum, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, und nicht um (institutionelle) Unterstützung zu bitten. Insofern ist das in erster Linie ein Film über Freiheit.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #4228es sind schon ein paar szenen dabei, über die ich auch immer noch lachen konnte, aber die sind rar gesät. kein vergleich mit z.b. "the producers", über den ich mich auch heute noch schlapp lachen kann.
Das war schon immer mein Problem mit Mel Brooks: auf jeden brauchbaren Gag folgen zehn grauenhafte Plattheiten. Hab einiges von ihm gesehen ("Höhenkoller", "Robin Hood", "Das Leben stinkt"), aber das meiste geht gar nicht mehr. "Spaceballs" fand ich als Kind schon nicht sonderlich lustig, aber ich hatte den auch vor Star Wars gesehen. Dreißig Jahre später dachte ich, ich würde ihn in Kenntnis der Anspielungen witziger finden, als er mal wieder im Fernsehen lief. Da zuckte aber dann bei diesem albernen Scheiß kein Mundwinkel, und nach zwanzig Minuten mußte ich ihn ausmachen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Zitat von G. Freeman im Beitrag #4116Ich bin weder Schwarz noch Trans und spreche Chappelle nicht ab, dass er ein Ungleichgewicht im Kampf um Toleranz und Gleichberechtigung sieht und das kann er verhandeln, wie er will. Aber das hier war eine 24 Millionen Dollar schwere 60-minütige "Habt euch nicht so"-Veranstaltung eines in einem Elfenbeinturm sitzenden reichen Mannes, der nicht damit leben will, dass er kritisiert wird und sich dabei in Halbwissen und längst widerlegte Aussagen schmeißt. Letztlich war es deshalb auch kein Stand-Up-Special, sondern ein Referat über seine Ignoranz mit ein bis zwei netten Gags, mit der verschiedene unterdrückte Gruppen gegeneinander aufbringen wird. Schade!
Ich hab es mir jetzt angesehen und kann zwar dieses Urteil nachvollziehen, teile es aber nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass hier wirklich Minderheiten oder Menschengruppen gegeneinander aufgebracht werden, oder das Leid der einen durch das der anderen relativiert wird. Ich sehe nicht alles unbedingt so wie er, aber ich finde die Art und Weise wie er bestimmte Denkweisen gegenüberstellt und ad absurdum führt (ich meine, das ist, was er in Wirklichkeit tut) schon ziemlich clever, und wenn er mich (und bestimmt auch andere) aus der Komfort-Zone holt, ist das für mich schon einiges wert. Klar provoziert er damit eine Menge Verärgerung, möglicherweise auch Applaus von der falschen Seite, aber ich finde dieser Diskurs ist notwendig.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
noch ein toller film mit lgbtq+-thematik in der arte-mediathek und zwar aus südafrika, in dem die moderne mit den traditionen des xhosa-volkes kollidiert. eine davon ist ein initiations-ritus, bei dem die jungs in ein camp fernab der zivilisation gebracht und beschnitten werden. während der heilung werden sie von bereits initiierten tutoren betreut werden und diverse aufgaben zu erfüllen haben. einer der betreuer ist xolani, heimlich schwul, der zwar eigentlich kein interesse an dem archaischen kram hat, aber die gelegenheit nützt, um sich mit dem verheirateten vija zu treffen. in diesem jahr muss er sich aber um kwanda kümmern, einen außenseiter, der sich ebenfalls für ihn interessiert. klar, dass das auch vor dem hintergrund der homophobie dieser gesellschaft zu komplikationen führt. einerseits sehr interessant aufgrund der fremdartigkeit und der archaik des sujets, das aber auch aktuelle fragestellungen beinhaltet und der atmosphäre, die zwischen ernüchterndem realsimus und den traumartigen ritualen changiert. allerdings ist es recht schwierig, den dialogen zu folgen, weil die akteure wahnsinnig schnell sprechen und die untertitel entsprechend kurzzeitig eingeblendet werden. vielleicht mal in zeitlupe anschauen
the unforgiven (1960) the misfits (1961) the dead (1987)
zweimal western und sein letzter film. ersterer ein eher traditioneller, der zweite ein neo-western, letzterer die verfilmung einer geschichte aus james joyces "dubliners" - allesamt sehenswert, vor allem "the misfits", mit diesem unwiderstehlichen gespann aus marilyn monroe, clark gable und montgomery clift (und nicht minder beeindruckend: eli wallach und thelma ritter) und einem skript, das sehr grundlegende konflikte thematisiert: moderne vs. traditionelle lebensformen, machismo vs. weibliche selbstbestimmung, bewahrung der unabhängigkeit vs. funktionieren im kapitalistischen system – und das keineswegs mit der faust aufs auge, sondern in einem packendem, mal lustigem, mal spannendem, mal traurigem drama erzählt, in hartem schwarzweiß in atemberaubenden landschaften gefilmt. großartig! ebenso die letzten 10 min von „the dead“, die einem auf einmal vor augen führen, wohin dieser film eigentlich die ganze zeit hin will (ich sage nur: anjelica houston auf der treppe). er war schon ein genialer kopf, der huston.
Ich halte seine Verfilmung von "Moby Dick" für ein absolutes Meisterwerk. Eine der seltenen Literaturverfilmungen, in der das Buch auf seine Kernaussage eingedampft wird und perfekt funktioniert.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Sympathy For Mr. Vengeance Drehbuchautor: „Wie viele harte Schicksalsschläge willst du?“ Chan-Wook Park: „Ja.“ Junge Junge. Man weiß gar nicht recht, was man hierzu sagen soll. Mit Park hatte ich bisher immer Probleme, und dieser Film setzt die Reihe fort. Immer, wenn ich in der Handlung drin war, kam wieder eine merkwürdige Szene oder ein seltsamer Moment, der mich rausgerissen hat. Die Gewalt in der zweiten Hälfte war mir auch wieder viel zu viel. Stilistisch ist das ganze Ding sehr interessant und auch die Schauspielerei überzeugt, aber unterm Strich blieb wieder Befremdung und Ekel. (5/10)
Beautiful Boy Felix van Groeningen hat es mit den deprimierenden Themen. Hier geht es um Drogensucht, und das ist intensiv und niederschmetternd. Steve Carrell in einer ernsten Rolle spielt den hilflosen Vater sehr überzeugend, das hätte ich ihm nicht zugetraut. Auch der Rest der Besetzung ist erstklassig. Weiß aber nicht, ob ich den noch mal sehen möchte. (8/10)
Anon Die Menschen mögen diesen Film nicht so. Warum, ist mir unklar. Andrew Niccol erschafft hier eine faszinierende und beunruhigende Zukunftsvision und verbindet sie mit einer Krimihandlung. Deren Auflösung gerät etwas sehr konventionell, aber das ist mein einziger Kritikpunkt. Die Optik ist der Wahnsinn. Kühl und durchkalkuliert, extrem elegant. Diese Künstlichkeit setzt sich auch bei den Dialogen fort, ebenso bei der tollen Musik. Für mich ergab das eine stimmige Melange. Werde mir den Film auch noch mal ansehen und mir alles durchlesen, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. (8/10)
Hatari! Überholte Rollenbilder hin, fragwürdige Berufsfelder her: Das ist ein verdammt unterhaltsamer Film. Das Ensemble hat eine tolle Chemie zwischen sich, macht richtig Spaß. Amüsante Szenen, gute Dialoge, als Kind hätte ich mir den bestimmt einmal alle zwei Wochen angesehen. Außerdem habe ich gelernt, dass das bekannte Stück „Baby Elephant Walk“ von Henry Mancini aus diesem Film stammt. (8/10)