Zitat von kafkaktus im Beitrag #5160The Banshees of Inisherin
Martin McDonagh hat die Band aus „In Bruges“ wieder zusammengebracht – und hervorragend mit Kerry Condon und Barry Keoghan (!) ergänzt. Colin Farrell mit seiner wahrscheinlich besten Leistung als Schauspieler überhaupt und Gleeson sowieso immer eine Bank. Vor der wunderschönen irischen Kulisse und entsprechendem Score offenbaren sich ländliche Dramen. Im Mittelpunkt stehen zwei Männer, von denen einer beschließt, die verbindende Freundschaft zu beenden, was einen Konflikt um Weltanschauungen, Freundschaft und Selbstverwirklichung vom Zaun bricht und Ängste offenlegt. Das ganze steigert sich – wie erwartet – in absurden Humor. Einer der besten Filme, die ich dieses Jahr gesehen hab.
Volle Zustimmung. Der Film ist unglaublich gut — vielleicht der beste von Martin McDonagh. Barry Keoghan spielt erneut herausragend neben Colin Farrell. Zuvor spielten beide zusammen in Lanthimos‘ „The Killing Of A Sacred Deer“, ebenfalls herausragend. Brendan Gleeson ebenso beeindruckend. Das Lied, das er im Film auf der Fiedel komponiert, hat er tatsächlich geschrieben und gespielt.
Erwähnen sollte man auch die ganzen Inselbewohner, die, so liebevoll die gezeichnet sind, am Ende oftmals bösartig oder mindestens ignorant sind. Kerry Condon, in der Rolle als Colin Farrell‘s Schwester, scheint die einzige zu sein, die das merkt und nicht aushalten kann.
Der Film ist so komisch wie traurig. Ich bin wirklich mit schwerem Herzen aus dem Kino gegangen.
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Virunga (GB/CGO 2014, R: Orlando von Einsiedel) Und noch eine Netflix-Doku. Diesmal geht es in die Demokratische Republik Kongo. Regisseur Orlando von Einsiedel begleitet Ranger des Virunga-Nationalparks, ein Weltkulturerbe. Schon im normalen Alltag besteht immer die Gefahr, von Wilderern getötet zu werden. Heikel wird die Lage, als ein britisches Unternehmen im Kongo nach Erdöl suchen will. Die Hälfte des möglichen Gebietes liegt im Nationalpark, wo Erdölförderung verboten ist. Doch Geld regelt die Welt - und Rebellen dringen in den Nationalpark ein. Das Leben der Ranger um ihren Chef Emmanuel de Merode und die vier Berggorillas in deren direkter Obhut ist in Gefahr. Einer der eindringlichsten Sätze fällt schon zu Beginn: Die Mutter eines Rangers bat ihn nach dem Bürgerkrieg, aus der Armee auszutreten, weil es dort zu gefährlich sei. Als Ranger ist die Gefahr nicht minder gering. Und beinahe ganz zum Schluss erkennt man, welche Auswirkungen der brutale Klang des Krieges auf die Tiere hat. Eine starke Doku. 8/10
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Zitat von gnathonemus im Beitrag #5122 the worst person in the world (joachim trier (2021)
und wieder schafft es trier (nach "reprise", "oslo, august 31st", "louder than bombs" und "thelma") nicht, mich zu enttäuschen :-) ... und eskil vogt (drehbuchmitautor) begeistert auch schon das zweite mal innerhalb eines jahres (neben "the innocents"). es geht um julia, eine junge frau, die vor lauter ambitionen nix auf die reihe bekommt; erst im berufsleben und dann auch in der beziehung mit dem comic-zeichner aksel ... und die darstellung dieses scheiterns gelingt ganz ohne blaming or shaming, obwohl man die protagonisten manchmal ohrfeigen möchte, ob ihrer dusseligkeit - aber im anschluss, gleich wieder knuddeln, weil sie so liebenswürdig sind. und das macht die wahrhaftigkeit des films aus und oslo ist so schön und renate reinsve und anders danielsen lie spielen so toll. hach, was für ein großartiger film!
Ja, ziemlich großartig und berührend. Vor allem wie unaufgeregt es Trier schafft, von der Liebe, dem Leben und der Suche nach dem eigenen Platz in der Welt zu erzählen. Einmal darf ja sogar die Zeit still stehen.
jaaa, was für ein grandioser moment. ich muss diesen film unbedingt ganz bald wieder sehen.
zunächst aber:
coco (lee unkrich, adrian molina, 2017)
wie oft muss ich mir von filmen eigentlich noch erzählen lassen, dass das wichtigste und größte doch immer die familie ist? und der film widerlegt das eigentlich auch noch ziemlich konsequent - bis auf den unvermeidlichen schluss, wo dann natürlich alles mirakulös in ordnung kommt und alle sind happy happy joy joy. pixar hat bei mir durchaus einen bonus bei mir, was bestimmte emotionen betrifft, die die filme in mir wecken sollen, aber hier geht mir der kitsch und die sentimentalität zu weit. und die musik ist auch nix für mich.
privilege (peter watkins, 1967)
steven shorter ist DER pop star eines vage in der zukunft angelegten uk ... und er wird von staat, kirche und industrie als gesicht deren agendas instrumentalisiert. die künstlerin vanessa ritchie versucht, ihn aus seiner lethargie zu reißen und eventuell zu einem ausbruch aus dem system zu bewegen. anfangs ist diese mediensatire bzw. groteske über einen liberal sich gebendes, repressives system noch recht überzeugend, tragisch-komisch und auch spannend, aber gegen ende wird sie dann zusehends plakativ, vorhersehbar und verliert dadurch an impact. in den hauptrollen sieht man paul jones, den damaligen sänger bei manfred mann (sehr gut) und jean shrimpton, eines DER swinging sixties models schlechthin (zwar recht hölzern agierend, aber irgendwie doch faszinierend).
Ich war in der Hypokunsthalle in München in der "JR: Chronicles"-Ausstellung. Die war so unglaublich gut, dass ich es überall herumerzählen muss. Die Ausstellung geht nur noch bis Ende nächster Woche, aber wer in München die Chance hat reinzugehen, sollte das tun.
sieh an, was ich auf mubi gefunden habe:
visages villages (agnes varda, 2017)
doku über einen gemeinsamen trip durch die (meist) ländlichen regionen von frankreich, den varda zusammen mit jr unternommen hat, und währenddessen sie mit bürgern dieser dörfern, durch die sie tingeln, zahlreiche kunstaktionen im öffentlichen raum anzetteln - einige sehr gelungen und oft herzerwärmend, manche nicht so. aber das zeigt uns das dasein der künstler*innen, hit or miss, try and error und die beiden haben wirklich ein tolles verhältnis, sind produktiv, ratlos, kabbeln und knuddeln sich - es ist eine freude. jetzt habe ich noch ein bisschen mehr lust auf die ausstellung bekommen. am freitag sollte es klappen.
wie oft muss ich mir von filmen eigentlich noch erzählen lassen, dass das wichtigste und größte doch immer die familie ist? und der film widerlegt das eigentlich auch noch ziemlich konsequent - bis auf den unvermeidlichen schluss, wo dann natürlich alles mirakulös in ordnung kommt und alle sind happy happy joy joy. pixar hat bei mir durchaus einen bonus bei mir, was bestimmte emotionen betrifft, die die filme in mir wecken, aber hier geht mir der kitsch und die sentimentalität zu weit. und die musik ist auch nix für mich.
Ja, Pixar liefert leider auch oft nur noch Standardware ab. "Soul" war vielleicht noch eine Ausnahme.
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Hiermit geht meine kleine Noah-Baumbach-Reihe zu Ende — mehr haben Netflix und Prime nicht. Dieser Film ist deutlich schwerer und melancholischer als die anderen Filme, die ich von Baumbach kenne, was nicht verwundert, weil er dort seine eigene Scheidung von Jennifer Jason Leigh verarbeitet. Insofern ist der Titel vielleicht irreführend, weil es um Scheidung geht und weniger um die Ehe. Die ist nämlich zu Beginn des Filmes schon vorbei. Für Scarlett Johansson und Adam Driver gehörte das wahrscheinlich zu den intensivsten Rollen, die sie je gespielt haben. Auch Johansson hatte bereits Erfahrungen mit Scheidungen (zwei bei ihr). Laura Dern spielt die Anwältin von ihr. Das Vorbild für ihre Rolle war die Scheidungsanwältin von Dern, Johansson und Baumbach. Ich weiß nicht, ob die Darstellung ihr schmeichelt. Wenn ja, muss sie wirklich unerträglich sein.
Wer selbst unter einer schlimmen Scheidung zu leiden hatte, dem könnte der Film vielleicht zu viel sein. Mir schien der Film etwas empathischer mit Adam Driver‘s Rolle umzugehen, was nicht verwundert, weil Baumbach ja seine eigene Geschichte verarbeitet. Dennoch wird auch seine Rolle nicht weniger differenziert dargestellt, also mit all seinen Fehlern.
Mich hat der Film sehr berührt, und kann ihn wärmstens empfehlen.
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wie oft muss ich mir von filmen eigentlich noch erzählen lassen, dass das wichtigste und größte doch immer die familie ist? und der film widerlegt das eigentlich auch noch ziemlich konsequent - bis auf den unvermeidlichen schluss, wo dann natürlich alles mirakulös in ordnung kommt und alle sind happy happy joy joy. pixar hat bei mir durchaus einen bonus bei mir, was bestimmte emotionen betrifft, die die filme in mir wecken, aber hier geht mir der kitsch und die sentimentalität zu weit. und die musik ist auch nix für mich.
Ja, Pixar liefert leider auch oft nur noch Standardware ab. "Soul" war vielleicht noch eine Ausnahme.
Sehe ich auch so ... Pixar hat leider nachgelassen, "Soul" fand ich aber auch wieder prima. "Turning Red" muss ich mir noch anschauen, der soll nicht verkehrt sein.
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
rabiye kurnaz vs. george w. bush (andreas dresen, 2022)
was mit "gundermann" gut ging - eine wahre geschichte auf kreative, bzw. auf eine zumindest wahrhaftig anmutende weise zu erzählen, hat dresen auch mit diesem film wieder versucht ... nur ist es ihm leider nicht so gut gelungen. er hat sich diesmal überhaupt nicht getraut, die politische dimension dieses unglaublichen falls explizit zu machen, in dem eine mutter versucht, ihren sohn frei zu bekommen, der zu unrecht in guantanamo gefangen gehalten und gefoltert wurde. es ist ja völlig in ordnung, den fokus auf die mutter und wie sie mithilfe ihres anwalts diesen scheinbar aussichtslosen kampf aufnimmt, zu richten und auch durchaus, dass einem frau kurnaz zunächst mit komödiantischen mitteln vorgestellt wird (was von vielen rezensenten kritisiert wurde), aber dann, wenn es wirklich ernst wird, bleibt der film halt immer noch hauptsächlich im privaten. die skandalösen vorgänge in der politik und in den geheimdiensten, die diese tragödie überhaupt ausgelöst haben, werden nur am rande gestreift. schade, da wäre mehr drin gewesen. sehenswert ist der film hauptsächlich wegen der darsteller: meltem kaptan und alexander scheer. beide großartig.
star trek beyond (justin lin, 2016)
wie die beiden vorgänger no-bullshit-action-science-fiction-getöse für den gepflegten popcorn-abend auf der couch. halb so wichtigtuerisch wie die letzte star wars-trilogie, dafür wenigstens einigermaßen stringent erzählt und mit einem humor ausgestattet, der wirklich zieht. justin lin hat j.j. abrams würdig beerbt (auch wenn er sonst nur ziemlichen müll zu verantworten hat).
aeon flux (karyn kusama, 2005)
a propos müll ... karyn kusama schätze ich eigentlich sehr. girlfight, the invitation, destroyer - alles gute bis großartige filme, aber das hier: nö. in die zeichentrickserie auf mtv, auf der der film basiert, hatte ich damals ein paar mal reingeschaut, fand ich ziemlich interessant, da ganz schön brutal und sexuell explizit, wirklich drangeblieben bin ich aber nicht. davon ist - hallo amerikanischer film - natürlich nur die brutalität übrig geblieben. charlize theron strahlt zwar kühle sexiness aus, aber das ist auch schon alles. der rest ist ein kruder action-plot, der zwar einigermaßen stylish aussieht, aber weder kommt sonderlich spannung auf, noch können die schauspieler überzeugen, was ihnen allerding bei den dürftig ausgearbeiteten rollen kaum anzulasten ist. ehrenrettung für die regisseurin: die produzenten haben ihre schnittfassung nicht akzeptiert und den film nachträglich ordentlich verstümmelt. vielleicht wäre es also gar keine so laue nummer gewesen ...
the banshees of inisherin (martin mcdonagh, 2022)
die lobeshymnen, die der film eingeheimst hat, die golden globes ... alles vollkommen gerechtfertigt. ist aber alles gerade noch zu frisch, als dass ich ausführlich darüber berichten könnte. er nagt immer noch innerlich an mir, aber das ist ja fast immer ein hinweis auf die qualität des films. eins ist allerdings sicher: colin farrell ist der wahnsinn. allein seine mimik, gestik, wut und verzweiflung zu betrachten ist schon das eintrittsgeld wert. wir sehen uns bei den oscars ... (hoffentlich)
Downton Abbey - Season 1 (GB 2011, D: Hugh Bonneville, Jessica Brown Findlay, Laura Carmichael, Jim Carter, Brendan Coyle, Michelle Dockery) Ich gebe zu: Nach der ersten Folge hatte ich ans Aufhören gedacht. Denn einige der Handlungsstränge waren dann doch zu sehr konstruiert und vorhersehbar. Aber die opulente Ausstattung und die noch bessere Darstellerriege haben mich dann zumindest überzeugt, auch noch Folge 2 zu gucken - und ab da war ich gefangen. Wie Julian Fellowes es schafft, diese Diskrepanz zwischen Adel und ihren Dienern darzustellen, ist absolut gelungen. In Downton Abbey leben zwei Klassen unter einem Dach, und in dieser ersten Staffel sind sie - bis auf ganz wenige Ausnahmen - auch ganz klar voneinander getrennt. Vom Untergang der Titanic bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs entspinnt sich diese Staffel, die manchmal ein wenig mehr Intrigen vertragen könnte, aber dann doch einfach so gut ist, dass man weiterschauen möchte. 8/10
Das Waisenhaus (E/MEX 2007, R: J. A. Bayona, D: Belén Rueda, Fernando Cayo, Roger Príncep, Mabel Rivera, Montserrat Carulla) Ich war ein wenig vorsichtig nach der Enttäuschung mit dem "Babadook". Und am Anfang hatte ich sogar Angst, dass es wieder ein "Seltsames Kind sieht Gestalten"-Debakel wird. Doch zum Glück steckt hinter "Das Waisenhaus" viel mehr. Ja, Mystery-Fans werden vielleicht sogar schnell auf die Lösung kommen, aber ich bin ohnehin nicht gut darin, Auflösungen vorherzusagen und Zeichen zu erkennen. Und deshalb fand ich ein paar Ideen hier äußerst gelungen und den Film wirklich gut, nicht mehr, nicht weniger. 7/10
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Springsteen on Broadway (USA 2018, R: Thom Zimny, D: Bruce Springsteen, Patti Scialfa) Ich bin nicht der weltgrößte Springsteen-Fan. Aber ich mag einiges von ihm sehr gerne. Und "Born to Run" gehört nicht nur zu meinen Lieblingssongs, sondern auch zu meinen Lieblingsalben. Dennoch war ich mir sicher: Diese 2,5-Stunden-Show werde ich in Etappen schauen - und war dann doch gefesselt. Springsteen gab zwischen Oktober 2017 und Dezember 2018 im Walter Kerr Theatre sowie zwischen Juni 2021 und September 2021 im St. James Theatre insgesamt 236 Shows in New York. An zwei Abenden war auch Netflix zugegen und zeichnete die Show auf. Darin wirft Springsteen einen Blick zurück auf sein Leben und auf seine Karriere. Und es wird persönlich: Er erzählt vom depressiven Vater, von der tanzenden Mutter, er erzählt, was ihn zu "Born in the USA" inspiriert hat, erinnert sich an Clarence Clemens und er gibt zu, dass er ein Lügner ist, weil er das, über das er singt, nie erlebt hat. Das ist mal witzig, mal einen Tick zu spirituell und predigend, mal todtraurig. Dazwischen singt er. 15 Songs, alle reduziert aufs Wesentliche - auf die Begleitung durch Klavier und Gitarre (und Mundharmonika). Nur in zwei Songs wird er von seiner Frau Patti Scialfa unterstützt. Diese reduzierten Versionen kennt man ja dann doch über die Jahre von ihm. Aber es ist dann immer wieder schön, sie zu hören. 8/10
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